Go/ Taktische Konzepte/ Spielanalysen
Ein beliebtes Format von japanischen Go-Büchern ist die Analyse von Meister-Partien, oftmals durchgeführt von einem der beteiligten Spieler. Fraglich ist der didaktische Nutzen insbesondere für Anfänger, da die Züge Einzelentscheidungen sind und eine Verallgemeinerung schwierig ist. Unbestritten ist der Reiz, die Überlegungen zu bestaunen.
Kitani Minoru - Sakata Eio (11-03-1959)
[Bearbeiten]Ein schönes Beispiel, das die Komplexität von Entscheidungen im Mittelspiel veranschaulicht, findet sich in einer Partie vom 11. März 1959 in Tokio zwischen den 9-dan Heroen Kitani Minoru mit Schwarz gegen Sakata Eio mit Weiß, der dieses Spiel freundlicherweise gleich selbst analysiert hat. Kitani war bekannt dafür, gerne sicheres Eckterritorium zu erobern. Sakata passte sich an und zielte mit den Joseki auf Außeneinfluss.
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Dia 1 zeigt die Situation an einer Seite nach Zug 31. Für die strategische Beurteilung ist noch wichtig zu sagen, dass Sakata liebend gerne ein Shimari an der Ecke links unten gespielt hätte, da Schwarz die Ecke links oben bereits abgegrenzt hat.
Weiß 32 leitet das Mittelspiel ein. Schon hier verabschiede ich mich als ambitionierter Laie aus den Überlegungen, wäre doch die Verbindung auf a ein guter Zug, um das schwarze Aji an der Seite stark zu vermindern.
Die Überlegung hinter Weiß 32 veranschaulicht Dia 2+3. Schwarz spielt als Antwort auf die Verbindung den plump aussehenden Stein 33. Allerdings beinhaltet dieser eine nette Drohung.
Unbeantwortet führt die Drohung zu einem Desaster für Weiß. Nach dem dann erzwungenen sagari W36 und dem schwarzen Hüpferchen S37, ist das mit zweieinhalb schwarzen Ecken teuer bezahlte Gebiet nur noch Staub.
Weiß müsste dies natürlich mit einem Verteidigungszug verhindern. Wie eingangs erwähnt, will Weiß aber einen Shimari woanders spielen. Benötigt also sente, was nach Weiß 32 als Verbindung in weite Ferne rücken würde.
Folgerichtig soll W32 in Dia 1 Schwarz dazu nötigen, die eigene Stellung zu verteidigen und in gote zu enden.
Eine durchaus plausible Zugfolge für diesen Fall zeigt Dia 4. S33 verlängert, um ein weißes Hane zu verhindern. Ebenso zwangsläufig ist der Abtausch W34/S35, nach dem Weiß gemütlich auf 36 verbinden kann. S37 muss die schwarze Ecke retten.
Der Zug Weiß 38 ist toll. Zum einen wird die auch jetzt bestehende Drohung des hasami-tsuke aus Dia 2 entschärft. Gleichzeitig ist er offensichtlich sente und Weiß bekommt sein Shimari woanders.
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Allerdings ist sich der Kämpe Kitani der geschilderten Möglichkeiten und der Ziele von Sakata durchaus bewusst. So "einfach" bekommst du nicht sente. Und er spielt den scheinbar hoffnungslosen Schnitt S33.
Nicht nur um den Shimari zu verhindern, sondern auch um im weißen Gebiet zu wildern. Die nach obigen Überlegungen notwendige Sequenz in Dia 5 endet nach W44 mit einem Kompromiss, der für die untere Seite eine Sackgasse ist.
Was für Weiß der Shimari wäre, ist für Schwarz das Kakari. Tenuki kann Schwarz aber nicht spielen, da Weiß auf a ein Riesenzug ist. Das Anforderungsprofil für Schwarz 45 ist nicht bescheiden. Der Zug soll die Schwäche berichtigen und zumindest Kompensation für das weiße Shimari erhalten.
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Schwarz spielt ein warikomi. Er endet zwar nach S47 in Gote und Weiß kann die letzte Ecke abgrenzen, aber die weißen Steine bleiben mit einigen Defekten zurück.