Innere Medizin: Leberzirrhose

Aus Wikibooks



ICD-10-GM 2007
K70-K77 - Krankheiten der Leber

Synonyme[Bearbeiten]

Etymologie[Bearbeiten]

szirrhös: derb, schrumpfend

Definition[Bearbeiten]

Epidemiologie[Bearbeiten]

Ätiologie[Bearbeiten]

  • Alkoholtoxisch
  • Chronische Virushepatitis (B, C, D)
  • NASH (Nicht-alkoholische Steatohepatitis), Fettleber, nutritiv-toxische Genese
  • Biliär (Primär sklerosierende Cholangitis (PSC), primär biliäre Zirrhose (PBC))
  • Hämochromatose
  • Andere Stoffwechselerkrankungen (Galaktosämie, Fruktose-Intoleranz, Glykogenosen, Morbus WILSON, α1-Antitrypsinmangel
  • nutritiv-toxisch
  • Leberstauung z.B. bei Rechtsherzinsuffizienz (Zirrhose cardiaque)
  • idiopathisch

Pathogenese[Bearbeiten]

Chronische Entzündung -> Irreversible Vernarbung des Leberparenchyms

  • -> Einschränkung der Leberfunktion
    • -> Reduzierte Entgiftungs- und Ausscheidungsfunktion
      • -> Kompromittierter Harnstoffzyklus -> Ammoniak-Anstieg -> Hepatische Enzephalopathie v.a. bei Eiweißexposition (Ösophagus-/Fundusvarizen-Blutung!)
      • -> Gestörte Biotransformation
        • -> Verzögerter Abbau von Androgenen -> periphere Umwandlung in Östrogene -> Gynäkomastie, Bauchglatze, andere endokrine Störungen
        • -> Reduzierte Bilirubin-Ausscheidung -> Ikterus (Gelbsucht)
    • -> Reduzierte Synthesefunktion
      • -> Albumin-Mangel -> Verringerter kolloidosmotischer Druck im Kapillarbett -> Ödeme, Aszites -> Hypotonie, Kollapsneigung, erektile Dysfunktion
      • -> Mangel an Gerinnungsfaktoren (z.B. der Vitamin K-abhängigen) -> Gerinnungsstörungen (Quick erniedrigt) -> Lebensbedrohliche Blutungen
      • -> Reduzierte metabolische Funktion (Glycogenspeicherung, Gluconeogenese) -> Hypoglykämien
  • -> Erhöhung des intrahepatischen Gefäßwiderstandes -> Erhöhung des portalvenösen Blutdrucks
    • -> Aszites -> Spontane bakterielle Peritonitis (SBP)
    • -> Splenomegalie
    • -> Aktivierung der Umgehungskreisläufe
      • -> Caput medusae
      • -> Ösophagus- und Fundusvarizen -> Lebensbedrohliche Blutungen
  • -> Infektneigung
    • -> Spontane bakterielle Peritonitis (SBP)
  • -> Tumorinduktion

Bei Alkoholikern oft zusätzlich:

  • Vitamin-Mangel
    • Thiamin- bzw. Vitamin B1-Mangel -> Korsakow-Syndrom (Ataxie, Amnesie, Konfabulation)
    • Pyridoxalphosphat- bzw. Vitamin B6-Mangel
    • Cobalamin- bzw. Vitamin B12-Mangel -> Hyperchrome makrozytäre Anämie
    • Folsäure-Mangel -> Hyperchrome makrozytäre Anämie
  • Ethyltoxische Polyneuropathie
  • Zerebrale Schädigung
  • Psychiatrische Störungen: Alkoholhalluzinose, Delir

Symptome[Bearbeiten]

  • Oberbauchbeschwerden, Völlegefühl
  • Aszites (Bauchwassersucht)
  • Leberhautzeichen: Lacklippen, Weißnägel, Ikterus, Caput medusae, Gefäßspinnen (benigne arterielle Gefäßproliferate), Palmarerythem, Bauchglatze bei Männern.
  • Schwindel, Hypotonie, Konzentrationsstörungen und mentale Beeinträchtigung, hepatisches Koma
  • GI-Blutung (Varizen)
  • Ggf. Foetor hepaticus

Komplikationen[Bearbeiten]

  • Aszites
  • Hypotonie
  • Hepatische Enzephalopathie und Coma hepaticum
  • Lebensbedrohliche Blutung (hohe Letalität)
  • Hepato-renales Syndrom
  • Infektion z.b. spontane bakterielle Peritonitis, Soor
  • Malignom (hepatozelluläres Karzinom (HCC))

Differentialdiagnosen[Bearbeiten]

Diagnostik[Bearbeiten]

Anamnese: Ursachen (Alkohol, Noxen, Stoffwechselstörungen, Familienanamnese, Berufsanamnese), Verlauf

Körperliche Untersuchung: Leberhautzeichen, Aszites, Puls und RR, orientierender neurologischer und psychiatrischer Status.

Labor: Routine-Labor einschl.

  • Ammoniak - Entgiftungsleistung (bei V.a. hepat. Enzephalopathie)
  • CHE, Quick/INR - Syntheseparameter
  • GOT, GPT, GGT, AP - Aktivität der Lebererkrankung, Cholestase
  • Amylase, Lipase - (Begleit-)Pankreatitis bei Alkoholikern
  • Kreatinin - Hepato-renales Syndrom
  • CRP - Infektion, Entzündung
  • BB - Leukozytose, Anämie, Thrombopenie
  • Vitaminstatus bei Alkoholikern

Sonographie: Aszites, Lebergröße und -morphologie, Malignom, Gallengänge

Diagnostische Aszitespunktion:

  • Labor (Eiweiß, Leukos)
  • Pathologie (Tumorzellen, Infektion)
  • Mikrobiologie (Infektion)

Therapie[Bearbeiten]

Therapieprinzipien:

  • Ausschaltung der Noxen (z.B. Alkoholkarenz, Therapie einer Virushepatitis, regelmäßiger Aderlass bei Hämochromatose)
  • Prophylaxe, Früherkennung und Therapie der Komplikationen

Ernährung: Bei hepat. Enzephalopathie eiweißarme Kost -> Verminderte Ammoniakbildung. Ggf. Beschränkung der Trinkmenge bei Aszites.

Medikamentöse Therapie:

  • Enzephalopathie: Lactulose p.o. und ggf. als Einlauf -> Zersetzung durch Bakterien -> Ansäuerung des Darminhalts -> Umwandlung von NH3 in schlecht resorbierbares NH4+ -> Erhöhte Ammoniak-Ausscheidung über den Darm (auch durch beschleunigte Passage)
  • Gerinnungstörungen: Vitamin K
  • Prophylaxe einer GI-Blutung: PPI, Senkung des Pfortaderhochdrucks mit Beta-Blockern
  • Aszites: Diuretika, Humanalbumin bei Albuminmangel, Pfortaderdrucksenkung mit Beta-Blockern
  • Antibiose bei Infekt
  • Antimykotika bei Soor

Aszitespunktion (therapeutisch): Zur Entlastung können mehrere Liter abpunktiert werden. Danach ggf. Substition von Humanalbumin.

TIPS (transjugulärer porto-systemischer Shunt): Technik: Interventionelle Anlage eines Shunts zwischen V. cava und V. portae durch einen Radiologen. Vorteil: Senkt Pfortaderhochdruck. Nachteil: Vermindert die Leberperfusion. KI daher: hepatische Enzephalopathie. Indikation: ?

Endoskopische Varizen-Behandlung: Endoskopische Gummiband-Ligatur, Verödung. Bei Blutung endoskopische Blutungstillung oder ggf. Kompressionssonde (Senkstaken-Blakemore-Sonde, Linton-Nachlass-Sonde).

Lebertransplantation: Ultima ratio. Problem: Spendermangel. Dringlichkeit d.h. Rang auf der Warteliste richtet sich nach dem MELD-Score (Model of End Stage Liver Disease), errechnet aus

  • Serum-Kreatinin (mg/dl)
  • Bilirubin gesamt (mg/dl)
  • INR (international normalized ratio)

Follow-up: Regelmäßige Kontrolle wegen Malignom-Risiko.

Verlauf und Prognose[Bearbeiten]

Prophylaxe[Bearbeiten]

  • Alkohol meiden.
  • Impfung gegen Hepatitis B
  • Prävention von Nadelstichverletzungen (Hepatitis C!)
  • Prävention der Fettleber (Normgewicht, mediterrane Kost, Bewegung)

Geschichte[Bearbeiten]

Literatur und Weblinks[Bearbeiten]



Haftungsausschluss und allgemeiner Hinweis zu medizinischen Themen: Die hier dargestellten Inhalte dienen ausschließlich der neutralen Information und allgemeinen Weiterbildung. Sie stellen keine Empfehlung oder Bewerbung der beschriebenen oder erwähnten diagnostischen Methoden, Behandlungen oder Arzneimittel dar. Der Text erhebt weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch kann die Aktualität, Richtigkeit und Ausgewogenheit der dargebotenen Information garantiert werden. Der Text ersetzt keinesfalls die fachliche Beratung durch einen Arzt oder Apotheker und er darf nicht als Grundlage zur eigenständigen Diagnose und Beginn, Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten verwendet werden. Konsultieren Sie bei gesundheitlichen Fragen oder Beschwerden immer den Arzt Ihres Vertrauens! Wikibooks und Autoren übernehmen keine Haftung für Unannehmlichkeiten oder Schäden, die sich aus der Anwendung der hier dargestellten Information ergeben. Beachten Sie auch den Haftungsausschluss und dort insbesondere den wichtigen Hinweis für Beiträge im Bereich Gesundheit.