Soziologische Klassiker/ Blumer, Herbert

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Biographie in Daten[Bearbeiten]

Blumer Herbert

  • geboren am 7. März 1900 in St. Louis, Missouri
  • gestorben am 13. April 1987, der Leichnam wurde nie gefunden
  • Seine Kindheit verbrachte Herbert Blumer in St. Louis, Missouri.
  • Er macht seinen A.B und A.M an der University of Missouri und arbeitete dort als Dozent.
  • 1928 : Doktorat an der University of Chicago. Dort war er auch Schüler von George H. Mead.
  • 1925-52: Lehrauftrag an der University of Chicago. Während dieser Zeit schlug er außerdem seine Laufbahn als Profi-Footballspieler ein.
  • 1930-35: Schatzmeister der  American Sociological Association. Blumer hatte zu diesem Zeitpunkt zahlreiche Gastprofessuren an Universitäten z.B: 1936 an der University of Michigan und 1939 and der University of Hawaii.
  • Ab 1934: Herausgeber der "Prentice-Hall sociology series".
  • Während des zweiten Weltkrieges diente Blumer als Verbindungsoffizier des Informationsdienst und des "Bureau of Economic Warfare". Zusätzlich übernahm er den Vorsitz des öffentlichen Ausschußes des "War Labor Board".
  • In den späten 30er Jahren übernahm Blumer Meads Kurse, da dieser wegen einer Krankheit nicht mehr unterrichten konnte.
  • Ab 1952 unterrichtete Blumer an der University of California, wo er auch das soziologische Institut leitete.
  • 1956 wurde Blumer, nach zahlreichen anderen Positionen, zum Präsidenten der American Sociological Association gewählt.
  • 1983 wurde er durch den Award for a Career of Distinguished Scholarship geehrt.

Blumer war Zeit seines Lebens sozial engagiert und versuchte soziale Probleme durch sein soziologisches Wissen zu lösen.

Theoriegeschichtlicher Kontext[Bearbeiten]

Anhänger der American Sociological Association, wie Robert E. Park, Louis Wirth, Florian Znaniecki, und andere amerikanische Soziologen, darunter auch John Dewey, William James, W.I. Thomas, Charles H. Cooley, beeinflussten Blumer in seinen Werken.

Herbert Blumer wurde bekannt durch sein Bestreben, den symbolischen Interaktionismus als eigenständiges soziologisches Paradigma zu etablieren. George H. Meads Gedanken zur Identitätsbildung und Interaktion bilden den Grundstock des symbolischen Interaktionismus.


Werke[Bearbeiten]

  • Movies and Conduct - 1933
  • An Appraisal of Thomas Znaniecki's: The Polish Peasant - 1939
  • Symbolic Interactionism: Perspective and Method - 1969


Das Werk in Themen und Thesen[Bearbeiten]

Blumer’s Werk „Symbolic Interactionism. Perspective and Methode” (1969) gilt als das Manifest des Symbolischen Interaktionismus und besteht aus 12 Aufsätzen, die in den 30er, 40er, 50er, und 60er Jahren entstanden sind. Der Begriff „Symbolischer Interaktionismus“ wurde 1937 von Blumer in einem Aufsatz eingeführt. In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erlangte dieser große Anerkennung, da der naturalistische Ansatz, welcher den Individuen Kreativität und einen eigenen freien Willen zuspricht, gut zur Stimmungslage der Flower-Power Generation passte. Aufbauend auf der Theorietradition von George Herbert Mead bildete Blumer eine Kritikplattform gegenüber der traditionellen Sozialpsychologie. Der Symbolische Interaktionismus stellte nunmehr ein konkurrierendes Paradigma zum funktionalistischen Mainstream dar.

  • Im ersten und zweiten Aufsatz fasst Blumer die Gedanken von Georg H. Mead in drei Prämissen zusammen:

1. Handlungen von Menschen beziehen sich immer auf die Bedeutung, die Objekte (vom Ball bis zu Mitmenschen) für sie haben. 2. Diese Bedeutung entwickelt sich aus sozialer Interaktion. 3. In interpretativen Prozessen werden diese Bedeutungen von Akteuren definiert.

Dieser Prozess der Interpretation und Definition führt dazu, dass Menschen ihre Handlungen an fortlaufende Handlungen anpassen.

  • Der dritte Aufsatz beschreibt die Gesellschaft als symbolische Interaktion. Soziale Ordnung stellt nur den Rahmen dar, in dem Akteure ihre Handlungen kreieren.
  • Die Aufsätze Vier bis Zwölf beschäftigen sich mit detaillierteren Fragen. So behandelt Blumer im sechsten Aufsatz die Studie „The Polish Peasant in Europe and America“ von Znaniecki, Florian und Thomas, William I .

Blumer diskutiert darüber hinaus die methodologische Probleme der Soziologie und grenzt sich klar von der traditionellen wissenschaftliche Methoden ab. Im Gegensatz zu der objektivistischen Vorgangsweise, plädierte Blumer für eine Methode, die auf strukturierte Fragebögen und statistische Datenanalysen verzichtet. Der Symbolische Interaktionismus geht nämlich von einer weiteren Ebene zwischen Subjekt und Objekt aus. Diese Ebene besteht aus dem subjektivem Prozess der Interpretation. Die Bedeutung, die Akteure Objekten zuteilen, wird durch andere Akteure bestätigt oder widerlegt. Also kann ein Akteur nicht alleine entscheiden, welche Bedeutung ein Objekt hat. Die Bedeutungszuteilung ist im ablehnenden, wie im zustimmenden Fall, ein Resultat der Interaktion. So werden die Bedeutungen von Handlungen durch den Verlauf der Interaktion bestimmt. Der Prozess der Symboldeutung ist eine dauernde wechselseitige Anpassung der Interpretationen der Akteure. Sobald Akteure Objekten Bedeutungen zuweisen, werden ihre Handlungen von deren Bedeutungen bestimmt.

Blumer entwickelt weiters ein Bewusstsein dafür, dass sich die Situativität des Handeln in der Moderne verändert hat und verweist auf die daraus resultierenden Probleme für die empirische Sozialforschung. Als einer der Ersten betritt er das neue empirische Feld, der "Massenkommunikation". Blumer beschreibt, wie die Strukturen sozialer Organisation loser werden und mit ihnen die Routinisierung abnimmt. Das soziale Handeln wird vernetzter und komplexer, dadurch verliert die Handlungssituation an Stabilität. Nach Blumers Auffassung reproduzieren sich die sozialen Organisationen einer Gesellschaft durch soziales Handeln. Es wird immer wichtiger, die Realität des sozialen Handelns immer wieder neu zu konstruieren, als sich an Normen und Regeln zu halten. Dadurch nimmt die Reziprozität des sozialen Handelns, die Gewissheit, dass die Interaktionspartner sich an gemeinsame Regeln halten, ab. Die Aufgabe der Rollenübernahme wird immer anspruchsvoller, da die kooperationssichernde Antwort, die dem generalisierten Anderen gegeben wird, mit dessen Komplexität (der, der sozialen Organisation einer Gesellschaft) riskierter und selektiver werden muss.

Das Phänomen der Massenkommunikation ist ein wichtiger Teil der Forschung im Symbolischen Interaktionismus. Blumer führte zwei Studien über die Wirkung von Kinofilmen durch. „Movies and Conduct“, “Movies, Delinquency and Crime”. Die Massenkommunikation bekam relativ viel Beachtung, da hier die interpretativen Prozesse der Rollenübernahme des generalisierten Anderen deutlich sichtbar und erkennbar werden.


Rezeption und Wirkung[Bearbeiten]

Blumer gilt als Begründer der Schule des Symbolischen Interaktionismus.


Literatur[Bearbeiten]

  • Kaesler, Dirk/Vogt, Ludgera [Hrsg.] (2000):
    "Hauptwerke der Soziologie"
    Stuttgart
  • Münch, Richard (2003):
    "Soziolgische Theorie, Band 2: Handlungstheorie"
    Frankfurt/ New York
  • Oesterdiekhoff, Georg [Hrsg.] (2001)
    "Lexikon der soziologischen Werke, 1. Auflage"