Beweisarchiv: Zahlentheorie: Analytische Zahlentheorie: Primzahlsatz

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Beweisarchiv: Zahlentheorie

Elementare Zahlentheorie: Kleiner Satz von Fermat · Satz von Euklid · Satz von Wilson · Vollständige Multiplikativität der p-adischen Exponentenbewertung
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Analytische Zahlentheorie: Irrationalität von · Primzahlsatz


Der Primzahlsatz macht eine asymptotische Aussage über die Anzahl der Primzahlen unterhalb einer gegebenen festen Zahl. Genauer gilt

,

worin und die Menge aller Primzahlen bezeichnen.

Der folgende Beweis des Primzahlsatzes kommt mit wenigen (funktionentheoretischen) Vorkenntnissen aus, nämlich

  • Cauchyscher Integralsatz,
  • Satz von Weierstraß über (lokal) gleichmäßige Konvergenz holomorpher Funktionenfolgen,
  • Konvergenz unendlicher Produkte,

und ist ansonsten vollständig.

Definition: Normale Konvergenz[Bearbeiten]

Gegeben seien holomorphe Funktionen . Die Reihe heißt normal konvergent auf , falls es zu jedem eine Umgebung von gibt sowie Zahlen mit für alle und .

Man beachte, dass die Schreibweise wegen der absoluten Konvergenz der Reihe und des riemannschen Umordnungssatzes erlaubt ist, da der Wert der Reihe unabhängig von der Summationsreihenfolge ist.

Weierstraßscher Majorantentest[Bearbeiten]

Ist die Reihe mit holomorphen Funktionen normal konvergent, so ist die Funktion holomorph und darf gliedweise differenziert werden.

Beweis[Bearbeiten]

Das folgt aus der lokal gleichmäßigen Konvergenz der Funktionenfolge und dem Satz von Weierstraß.

Partielle Summation[Bearbeiten]

Sei eine Folge komplexer Zahlen, eine streng monoton wachsende, unbeschränkte Folge reeller Zahlen und die Summe über diejenigen , deren Indizes der Bedingung genügen. Ist dann stetig differenzierbar, so gilt für alle reellen

Beweis[Bearbeiten]

Sei gewählt, so dass . Es ist für und für sowie . Es folgt

wie behauptet.

Satz[Bearbeiten]

Sei beschränkt und messbar. Weiter sei holomorph. Zudem gebe es eine holomorphe Fortsetzung von auf eine offene Obermenge von .

Dann existiert , und der Grenzwert hat den Wert .

Beweis[Bearbeiten]

Für setzen wir vermöge . Wegen der Beschränktheit und Messbarkeit von ist wohldefiniert. ist eine ganze Funktion, denn man beachte

Mit haben wir , also . Daraus folgt die Konvergenz des Differenzenquotienten, also die Holomorphie von .

Sei beliebig. Dann gibt es nach Satz von Heine-Borel ein , so dass auf holomorph fortsetzbar ist. Sei der orientierte Rand des konvexen, also einfach zusammenhängenden Gebiets . Dann gilt nach der cauchyschen Integralformel

Beachte nun für

Wir spalten den Weg in folgende zwei Teilwege und auf und schätzen separat auf beiden Wegen ab (die fehlenden zwei Punkte in spielen bei der Integration keine Rolle). Setze . Dann gilt für alle

und es folgt

welches für gegen null konvergiert. Nun müssen wir noch die Integrale

abschätzen. Fangen wir mit dem rechten Integral an. Da ganz ist, dürfen wir alternativ über integrieren, denn nach dem cauchyschen Integralsatz ändert sich das Integral nicht. Dann erhalten wir mit

und zusammen mit

welches für gegen null konvergiert. Wir erhalten somit insgesamt

Sei nun beliebig. Dann gibt es ein mit

Setze . Dazu gibt es ein geeignetes mit für alle . Aus der Dreiecksungleichung folgt daher , also .

Es bezeichne die Menge aller Primzahlen und . Für den Primzahlsatz untersuchen wir die Funktionen

für , für

Für ist nämlich und konvergent. Daher ist die definierende Reihe normal konvergent und somit eine auf holomorphe Funktion. Beachtet man für , so bekommt man auf dieselbe Weise die normale Konvergenz und Holomorphie von auf .

Lemma[Bearbeiten]

Es gelten die folgenden Aussagen:

  1. Es gilt für jede Primzahl und , und die Reihe ist auf normal konvergent.
  2. Es gilt die eulersche Produktformel
    für
  3. lässt sich holomorph auf fortsetzen.
  4. Es gibt ein mit für alle .
  5. für , und ist holomorph fortsetzbar auf eine offene Obermenge von .
  6. Es existiert .

Beweis[Bearbeiten]

  • Beachte zunächst für und . Also ist und die Summanden der Reihe wohldefiniert. Für alle mit gilt . Für ist für alle . Es folgt somit , falls . Nun ist wegen holomorph auf . Also ist endlich und somit für alle . Für alle haben wir damit . Wegen der Konvergenz von folgt daraus die behauptete normale Konvergenz von .
  • Wir zeigen erst die Konvergenz des unendlichen Produkts. Es ist . Wegen 1. und der Charakterisierung der Konvergenz unendlicher Produkte ist das unendliche Produkt konvergent. Da seine Faktoren sämtlich sind, muss daher auch der Wert des unendlichen Produkts sein.
Nach dem Fundamentalsatz der Arithmetik lässt sich jede natürliche Zahl auf eindeutige Weise als Produkt von Primzahlen schreiben. Es folgt somit für alle
Für konvergiert der erste Summand gegen , während der zweite Summand gegen null konvergiert. Also muss der Wert des konvergenten unendlichen Produkts sein.
  • Für gilt nämlich
Da jedes Integral auf holomorph ist, müssen wir lediglich zeigen, dass die Reihe rechts normal auf konvergiert. Sei hierzu und , dann gilt nach dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung
womit wir die gewünschte holomorphe Fortsetzung konstruiert haben.
  • Beachte hierfür gemäß dem binomischen Lehrsatz für alle
also . Es folgt für alle
und somit für ein geeignetes . Sei nun beliebig und mit . Dann folgt
  • Für ist . Also dürfen wir bilden, und es gilt
Wir dürfen die Reihe wegen der normalen Konvergenz nach 1. gliedweise differenzieren und erhalten zunächst nur für
Die Reihe rechts ist auf normal konvergent. Sei hierfür und . Es ist für . Nun haben wir für hinreichend große Primzahlen . Damit ist
für alle
und die Reihe normal konvergent. Somit ist holomorph auf . Insbesondere gilt
nach dem Identitätssatz auf . Weil nach 3. sogar auf meromorph fortsetzbar ist, ist auf meromorph fortsetzbar.
Wir zeigen nun die Holomorphie von im Punkt . Es ist mit einer holomorphen Funktion . Nach 3. gibt es holomorphe Funktionen mit und auf . Es folgt
Dieser Ausdruck ist in stetig ergänzbar. Also ist holomorph in .
Wir müssen nur noch nachweisen, dass für und gilt. Sei hierzu beliebig. Sei die Ordnung der Nullstelle von in . Es ist also zu zeigen. Weiter bezeichne die Nullstellenordnung von in . Nach 3. ist . Es folgt
mit einer in holomorphen Funktion
Nach Definition von gibt es in holomorphe Funktionen mit und , wobei . Es folgt
für . Also bekommen wir
wobei der zweite Grenzwert natürlich analog zum ersten Grenzwert gezeigt wird. Für ist . Weil in eine Nullstelle der Ordnung hat, ist und somit . Also hat in ebenfalls eine Nullstelle der Ordnung und in eine Nullstelle der Ordnung , und wir erhalten analog
Beachte nun die Ungleichung
Multiplikation mit und Grenzübergang impliziert , also , wie behauptet.
  • Nach 5. ist holomorph auf einer Obermenge von . Um auszurechnen, beachte man für mit Hilfe der partiellen Summation und 4.
also mittels der Substitution . Damit ist
für
Nach 4. ist beschränkt. Aus obigem Satz bekommen wir die Konvergenz von .

Der Primzahlsatz[Bearbeiten]

Es gilt

und .

Beweis[Bearbeiten]

  • Angenommen, es wäre . Wähle ein . Nach Lemma, 6., gibt es ein mit für alle . Nach Wahl von gibt es ein mit . Da monoton wachsend ist, folgt
Wäre hingegen , so wähle ein . Nach Lemma, 6., gibt es ein mit für alle . Nach Wahl von gibt es ein mit . Da monoton wachsend ist, folgt
also der gewünschte Widerspruch .
  • Es ist nämlich
also . Andererseits ist für jedes
Nun ist für hinreichend große nämlich nach Lemma, 4.,
Also ist , und wir erhalten .

Literatur[Bearbeiten]

  • Peter Bundschuh: Einführung in die Zahlentheorie. Springer, 5. Auflage, 2002.
  • Don Zagier: Newman's Short Proof of the Prime Number Theorem. The American Mathematical Monthly, 104, 705-708, 1997.

Wikipedia-Verweis[Bearbeiten]