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Go/ Taktische Konzepte/ Fangen

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Fangen hat als eigentliches Ziel, gegnerische Steine vom Brett zu nehmen. Im Spiel kann fangen aber auch bedeuten, die Steine nur zu jagen, bis sie mausetot sind (engl. dead as a doornail) und dann woanders zu spielen.

Manchmal ist es besser, sie noch am Leben zu lassen oder nur den schwächsten Teil der Gruppe abzutrennen. Der Gejagte bleibt dabei immer gefährlich. In seiner Verzweiflung kann er mächtige Kräfte erzeugen und sich gegen den Jäger wenden (Konterattacke).

Ein guter Go-Jäger verfolgt bei seinem Angriff mehr als ein Ziel. Kann er nicht alle Wildschweine töten, sollten sie zumindest aus dem Maisfeld vertrieben werden oder ein Anderes abgesichert werden.

Umstellen

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Dia 1
Dia 2
Dia 3

Die sorgfältige Auswahl eines Angriffsziel beinhaltet, dass die gegnerische möglichst schwach ist und die eigene Position stark. Daher ist ein sofortiges Kontaktspiel kontraproduktiv, da es dem Verteidiger ermöglicht, entlang des Angriffsteins seine Stellung zu verstärken. Der erste Schritt ist zunächst das Umstellen. Für die Errichtung eines festen, aber gleichzeitig kostengünstigen Gatters müssen die Pfosten richtig gesetzt sein.

Es gelten dabei die gleichen Tatsachen, wie beim Abstecken von Gebiet. Für direkte Verbindungen ist keine Zeit und sie sind ineffizient (Dia 1). Ebenso sicher ist das Gatter in Dia 2, wie man sich durch nachgespielte Fluchtversuche klarmachen kann. Egal in welche Richtung Weiß fliehen will, Schwarz kann die fliehenden Steine immer blocken.

Allgemein sind die möglichen Fluchtwege immer direkte oder diagonale Verbindungen (Dia 3). Die Steine, die die Pfosten des Gatters bilden müssen ebenfalls verbunden sein, wenn auch nicht zwangsläufig als Nobi oder Kosumi.

Für die Auswahl des richtigen Zugs finden drei Regeln in der genannten Reihenfolge Anwendung:

Dia 4
Dia 5
1. Keine neue Verbindung darf bereits angegriffen sein!

Spielt Schwarz wie in Dia 4 einen Nobi, ist der neu entstandene große Rösselsprung zu dem markierten Stein bereits von beiden weißen Steinen angegriffen. Weiß 2 zerstört diese Verbindung endgültig. Zwar ist Weiß damit noch nicht entkommen, aber Schwarz hat keinerlei Fortschritt zu verzeichnen. Die große Ausnahme von Regel 1 ist die Treppe (s.u.).

Richtig ist hier der 1-Punkt-Sprung, der zwei nicht angegriffene Verbindungen schafft (Dia 5). Notwendigerweise sind diese Verbindungen bedroht, aber das ist hinnehmbar.

Dia 6
Dia 7
2. Wähle die Verbindung, die dem Opfer am nächsten ist!

Gibt es mehrere Möglichkeiten ein nicht angegriffenes Gatter zu bilden, wählt man das engste. Schwarz könnte in diesem Beispiel auch wie in Dia 6 spielen. Gerade weil Schwarz in diesem Brettbereich stark ist, lockt dieser scheinbar effektivere Zug, um größeren Einfluss zu gewinnen. Entscheidend dagegen spricht die Unsicherheit. Weiß hätte jetzt noch Restleben. Mit Hilfstruppen von außen kann eine Flucht gelingen oder noch schlimmeres. Schwarz sollte schnell töten.

3. Setze den Stein, der die meisten Freiheiten hat!

Gibt es Züge, die hinsichtlich Regel 1 und 2 gleichwertig sind, ist der Zug mit den meisten Freiheiten zu spielen. In Dia 7 bildet Zug b zwei Keima-Verbindungen, während Zug a einen Kosumi und einen Ogeima baut. In der Summe sind diese Abstände etwa gleichwertig. Alle diese Verbindungen sind nicht angegriffen. Zug a hat aber 4, nicht nur 3 Freiheiten wie b, und ist damit zu bevorzugen. Mehr Freiheiten bedeuten mehr Schutz bei Gegenangriffen.

Treppe

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Die Treppe[1](jap. シチョウ shichō) ist eine Fangtechnik, bei der die Freiheiten einer gegnerischen Gruppe fortlaufend auf eins reduziert werden kann.

Dabei wird jede Zugkombination, die diese Definition erfüllt, Treppe genannt; auch wenn das entstehende Muster nicht wie eine Treppe aussieht.

Das Resultat einer Treppe ist entweder das Töten der gejagten Gruppe, wenn sie gegen den Rand oder eine eigene Mauer stößt oder sie kann fliehen, wenn auf ihrem Weg ein Treppenbrecher liegt.

Typische Treppe

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Dia 1 zeigt die typische, namensgebende Ausgangssituation für eine Treppe. Eine solche Spielsituation tritt häufig auf. Ein weißer Stein befindet sich am Schnittpunkt einer schwarzen Kette. Kann Schwarz den weißen Stein fangen?

Mit Schwarz 1 in Dia 2 wird der weiße Stein zunächst atari gesetzt. Weiß 2 erhöht seine Freiheiten wieder auf 2. Schwarz 3 setzt die weiße Gruppe erneut atari. Dieses Mal von rechts. Der Zug muss hier notwendigerweise von der rechten Seite erfolgen, da Weiß sonst entkommt. Der weitere Verlauf der Zugfolge ist in Dia 3 dargestellt.

Die weiße Gruppe kann gefangen werden, wenn die Treppe, wie in Dia 3 an den Rand stoßen wird. In einem Spiel würde eine solche Situation natürlich nicht durchgespielt. Weiß sollte nach Schwarz 1 in Dia 2 tenuki (woanders) spielen.

Gerade Treppe

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Eine gerade Treppe zeigt Dia 4. Das Zugprinzip und das Resultat ist das Gleiche wie bei einer klassischen Treppe.

Weite Treppe

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Dia 5 zeigt ein Beispiel für eine weite Treppe. Wie der Verlauf zeigt, reduzieren sich die weißen Freiheiten zunächst immer von 3 auf 2 bis die weite Treppe schließlich in eine normale Treppe übergeht.

Treppenbrecher

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Als Treppenbrecher (jap. シチョウ当り shichō-atari) werden Steine bezeichnet, die dem Verteidiger eine Flucht ermöglichen.

Der einfachste Fall (Dia 6) entsteht, wenn Schwarz aus strategischen Gründen Zug 5 nicht auf A setzt. Weiß auf A ist der Treppenbrecher. Schwarz hat jetzt zwar mehr Einfluss nach außen, aber die weißen Steine haben, verglichen mit der Ausgangssituation in Dia 1, drei statt zwei Freiheiten.

Dia 7 zeigt ein Standardbeispiel für zwei mögliche defensive Treppenbrecher. Wie der Verlauf in Dia 8 zeigt, verbindet Weiß 10 mit einem der beiden markierten Steine und kann entkommen.

Dia 9 zeigt mögliche offensive Treppenbrecher. Wie der Verlauf in Dia 10 zeigt, dient ein solcher Treppenbrecher als Angriffsstein gegen die jagenden Steine. Weiß 8 setzt Schwarz 5 ins atari und kann entkommen.

Treppen lesen

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Dia 11
"Wenn du die Treppe nicht erkennst, dann spiele kein Go"

In diesem Sprichwort spiegelt sich die elementare Bedeutung wieder, Treppen auslesen zu können. Die zwei relevanten Parameter dabei sind Fehleranzahl und Bedenkzeit. Komplettes Lesen aller Steine kostet viel Bedenkzeit. Die Verwendung von zeitsparenden Lesetricks führt leicht zu Fehlern.

Die einfachen Fälle mit nur einem Treppenbrecher und ansonsten freier Bahn können problemlos gelesen werden. Ausgehend von der Grundkonstellation denkt man sich einen Korridor (Dia 11):

  • obere Grenze: Oberhalb von Stein A bis zur dritten Linie
  • untere Grenze: Neben Stein B bis zur zweiten Linie
  • Deckel: Zwei um einen Gitterpunkt versetzte Doppelfelder

Alle einzelnen, gegenerischen Steine in diesem Gebiet inklusive des Rands sind Treppenbrecher. Die Erklärung klingt etwas kompliziert, aber nach mehrmaligem Ausprobieren sieht man das automatisch. Zu beachten ist, dass oberhalb, wenn die Treppe nach unten läuft, natürlich unterhalb ist.

Schwieriger wird es, wenn die Treppe auf eine Freund-Feind-Steingruppe (Dia 12) läuft. In diesen Fällen gibt es kein verlässliches Hilfsschema. Allerdings kann die Bedenkzeit reduziert werden, indem man nur den ″Absatz″ der Treppe genau untersucht und die einzelnen Stufen aufgrund ihres regelmäßigen Muster ignoriert. Dafür eignen sich zwei Methoden:

  • Wie in Dia 13 gezeigt, verfolgt man nur das Zickzack-Muster der gegnerischen Steine bis zu einem Punkt A in der Nähe der Steingruppe. Jetzt ist Schwarz am Zug. Er muss auf a spielen, um die Verbindung zu verhindern und Weiß entkommt nach b.
  • Eine Parallelverschiebung der Steingruppe mit der Brettdiagonalen als Richtung (Dia 14).

Überhaupt keine Hilfe (und das ist der wichtigste Fall im Spiel) gibt es, wenn die Treppenstufen nicht regelmäßig sind und umgelenkt werden können. Noch schlimmer kann es werden, wenn angreifende Steine geschlagen werden, aber dennoch eine Fortsetzung möglich ist. Dann trennt sich die Spreu vom Weizen.

Strategische Überlegungen

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Verteidiger

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Für den Verteidiger ist die Entscheidung relativ einfach. Bei Zweifeln an der eigenen Lesefähigkeit immer den einzelnen Stein opfern, um Schlimmeres zu verhindern. Eine falsch gelesene Treppe ist in vielen Fällen vorentscheidend. Wird der Spieler gefangen, verliert er seine Steine und der Gegner macht gleichzeitig gutes Gebiet, das als Basis für weitere Ausdehnung und/oder Invasionen dient.

Ein gutes tenuki nach Schwarz 1 in Dia 12 ist in vielen Fällen ein potentieller Treppenbrecher, der gleichzeitig eine weitere Aufgabe (z.B. eine Eckerweiterung oder Eckannäherung) erfüllt.

Ein schönes, wenn auch konstruiertes Beispiel mit dem Namen ″Labyrinth″ stammt von Ralf Gering aus dem Jahr 1983[2] und zeigt was passieren kann, wenn man einen einzelnen Stein retten will.

Angreifer

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Dia 15

Die Überlegungen des Angreifers sind komplexer. Das Idealergebnis einer erfolgreichen Treppe wird der Gegner nicht spielen, wenn er nicht fehlerhaft gelesen hat. Spielt er tenuki, benötigt der Angreifer mindestens einen weiteren Zug, um den gegnerischen Stein zu fangen. Danach ist er aber meistens gote, was ein Nachteil ist.

Spielt der Angreifer (Schwarz in Dia 15) die Treppe, erlangt er zwar Einfluss nach außen, aber die Form seiner Steine ist unschön. Weiß hat an den markierten Punkten gleich mehrere gute Angriffspunkte für Doppel-atari. Gleichzeitig hat Weiß eine solide Gruppe mit gutem Augenpotential, die leicht zu verteidigen ist.

Ob Schwarz diese Treppe spielen sollte, hängt stark von der lokalen Umgebung oder sogar von der Ganzbrettsituation ab. Klar ist, dass die Nachteile von Schwarz mit zunehmender Treppenlänge wachsen. Daher ist für Schwarz oftmals ein Netz, das den weißen Stein lokal fängt, die bessere Alternative.


Übungsaufgaben zum Thema Treppe


Eine effektive Methode zum Fangen gegnerischer Steine sind die sogenannten Netze (jap. Geta ゲタ). Das Grundprinzip ist bei allen Netzen gleich. Die angreifenden Steine haben einen Überhang, der die gegnerischen Fluchtmöglichkeiten bereits in zwei Richtungen einschränkt. Der gute Zug (jap. Tesuji 手筋) besteht dann darin nicht Kontakt zu spielen, was eine Flucht in eine Richtung ermöglichen würde, sondern einen Blockstein zu legen, der ein Egalzug (jap. Miai 見合い) erzeugt.

Netze für einen Stein

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Eine typische Ausgangssituation für ein Netz sieht man in Dia 1. Das Fangen des weißen Steins in der schwarzen Ecke erfolgt durch Schwarz 1 auf Dia 2. Weiß hat nur noch die beiden Freiheiten a und b. Setzt Weiß auf a, so kann Schwarz einfach blocken, so dass Weiß nur noch eine Freiheit hat und im nächsten Zug gefangen werden kann. Es gibt nach Schwarz 1 kein Entkommen für Weiß aus dem Netz. Zu beachten ist, dass das Netz auch weiter gespannt werden kann, wie die Züge a in Dia 3 zeigen.


Netze für zwei Steine

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Das Netz funktioniert unter gleichen Voraussetzungen auch mit zwei weißen Steinen, die sich in einer schwarzen Umklammerung befinden. Diese Situation ist in Dia 1. Auch in diesem Fall kann Weiß nicht fliehen. Dia 2 zeigt, dass es hier kein Entkommen für die beiden weißen Steine gibt. Nach Weiß 2 blockt Schwarz mit 3 und die weiße Gruppe hat nur noch 2 Freiheiten, die Schwarz dann in den nachfolgenden Zügen erfolgreich reduzieren kann.

Netze für drei Steine

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Im Allgemeinen funktioniert ein Netz für drei oder mehr Steine nicht nach dem Muster oben. Allerdings kann es Brettsituationen geben, bei denen es möglich ist.

Krähennest

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Bekannt ist das Krähennest. Im Ausgangsbild (Dia 1) sieht es so aus als könnte Schwarz seine drei Steine retten, indem er zum Außenstein verbindet. Wie der Verlauf in Dia 2 zeigt, kann Weiß ein doppeltes Netz bilden und mit Weiß 9 auf der markierten Stelle fangen (Schwarz 8 ist auf 3).

Rösselsprungnetz

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Ein anderes Beispiel ist das Rösselsprungnetz (Dia 3). Auch hier kreiert Schwarz 1 ein doppeltes Netz. Spielt er allerdings zu kurz auf das markierte Feld, kann Weiß entkommen und Schwarz sieht am Ende schlecht aus (Dia 4).

Strategische Überlegungen

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Die Schwester des Netz ist die Treppe. In den meisten Situationen für einen oder zwei Steine besteht die Alternative zwischen den beiden Fangmethoden. Sie entsteht häufig wenn der Gegner (unüberlegt) schneidet. Ist der weiße Stein kein Schnittstein, ist der Aufwand ihn zu fangen zu hoch und man spielt woanders.

Bei Kageyama Toshiro[3] findet sich der Grundsatz den Stein in der Nähe zu fangen und nicht in der Ferne. Aus mehreren Gründen. Für eine Treppe benötigt man zwei Steine (und ist danach gote), ein Netz benötigt nur einen Stein. Treppen können brechen und der Verteidiger gewinnt Einfluss oder zumindest großes Aji. Die Fortsetzung am Angriffsstein hat beim Netz in der Regel die bessere Form.

Netze kann es natürlich auch in komplexeren Spielsituationen geben. Ein Beispiel zeigt Dia 5. Weiß 1 verhindert. dass Schwarz auf a erfolgreich ist.

Dia 5

Semeai (Fangwettlauf)

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Semeai ohne Seki

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Dia 1
Dia 2

Als Semeai (jap. 攻め合い) wird eine Spielsituation bezeichnet, bei der sich zwei gegnerische Gruppen gegenüberstehen und beide unsicher sind. Die Gruppen sind umstellt und können nicht mehr fliehen (Dia 1).

In diesem einfachen Beispiel haben die beiden Gruppen jeweils drei Freiheiten. Der Spieler mit dem ersten Zug wird das Semeai gewinnen, wenn er richtigerweise zuerst "außen" spielt. Hier meint außen nah zu den eigenen, umfassenden Steinen.

Für die richtige Beurteilung eines Fangwettlaufs gilt es zunächst die beteiligten Freiheiten zu zählen. Damit man aber nicht saftige mit mehligen Äpfeln vergleicht, ist eine Unterscheidung in der Qualität der beteiligten Freiheiten nötig.

Die in Dia 1 vorhandenen Freiheiten sind Außenfreiheiten, auf die die gegnerische Gruppe keinen Zugriff hat. Sie zählen immer nur für einen Spieler. Zusammen mit den unten erklärten Augenfreiheiten werden sie als exklusive Freiheiten oder Eigenfreiheiten beschrieben.

Innenfreiheiten stehen in Kontakt zu beiden Gruppen (rot in Dia 2). Zählen sie tatsächlich für beide bedrohten Gruppen, heißen sie geteilte Freiheiten. In Fällen, bei denen nur eine geteilte Freiheit vorhanden ist, tötet der Spieler mit sente. Vorausgesetzt er hat nicht den lustigen Einfall als erstes die geteilte Freiheit zu besetzen. Dann hätte der Gegner den ersten Zug in einer Situation mit gleicher Anzahl von exklusiven Freiheiten.

Dia 3

Die Unterscheidung in Außen- und Innenfreiheit ist verwirrend, da nicht alle Innenfreiheiten zwangsläufig geteilte Freiheiten sind, aber alle Außenfreiheiten exklusive Freiheiten sind.

In Dia 3 gibt es vier Innenfreiheiten, von denen nur die zwei rot markierten geteilt sind. Besetzt der Spieler in sente vor den gegnerischen Freiheiten zuerst eine der geteilten, vergibt er die Chance, die Gruppe zu fangen.

Dia 4

Ebenfalls trügerisch kann eine Stellung sein, bei der nicht nur die Anzahl der Freiheiten berücksichtigt werden muss. Dia 4 scheint auf den ersten Blick zu Gunsten des Spielers in sente auszufallen. Hier ist Schwarz jedoch tot. Die Besetzung der weißen Freiheit oben wäre gleichzeitig ein Selbst-Atari und Schwarz muss daher zunächst auf a verbinden, was natürlich gote ist. Wörtlich inkorrekt, aber semantisch korrekt, wird a oftmals als weiße Freiheit bezeichnet.

Dia 5
Dia 6

Die wertvollsten Freiheiten in einem Fangwettlauf sind gleichzeitig Augenpunkte (schwarze Freiheit in Dia 5) und heißen Augenfreiheit.

Wohlgemerkt von nur einem Auge. Besitzt eine Gruppe zwei Augen, ist der Gegner bereits tot. Besitzen beide Gruppen zwei Augen sind die Innenfreiheiten neutral und ein Fangwettlauf kann die jeweiligen Außenfreiheiten betreffen.

Auf den ersten Blick scheint Weiß hier eine Freiheit mehr zu besitzen, aber das Auge hat die magische Fähigkeit, Innenfreiheiten in Eigenfreiheiten zu verwandeln. Der Grund ist offensichtlich: Weiß kann nur innerhalb des Auge spielen, wenn der Augenpunkt die letzte Freiheit ist.

Somit hat Schwarz hier tatsächlich drei Freiheiten gegen zwei und gewinnt auch, wenn Weiß am Zug ist. Um einen Gleichstand zu erzielen, benötigt Weiß eine Außenfreiheit mehr (Dia 6). Jetzt gewinnt der Spieler mit sente.


Dia 7
Dia 8
Dia 9

Eine hinsichtlich der Beurteilung und Zählweise analoge Spielsituation zeigt Dia 7. Hier steht ein reiches Auge gegen ein armes[4].

Die Innenfreiheit zählt für Schwarz. Er kann durch die zusätzlichen Freiheiten des reichen Auges die weißen Außenfreiheiten besetzen kann, während Weiß die Innenfreiheit besetzen muss, um das Auge zu töten (Dia 8+9).

Schwarz hat in diesem Beispiel also 6 Freiheiten (5 für das reiche Auge + 1 Innenfreiheit). Weiß hat 5 Freiheiten (4 Außenfreiheiten + 1 Augenfreiheit). Mit einer weißen Freiheit mehr, gewinnt der Spieler in sente.

Dia 10

Wichtig für das Verständnis ist zu erkennen, dass das Charakteristikum eines reichen Auge auch dann wirkt, wenn es bereits teilweise aufgefüllt ist. Die Innenfreiheiten gehören immer dem "Oonakade" (jap. 大ナカデ). Ein schönes Beispiel hierfür zeigt Dia 10, entnommen aus der Sensei's Library[5].

Auf den ersten Blick scheint Weiß das Semeai klar zu gewinnen. Tatsächlich ist Weiß durch den Zauberspruch "Reiches Auge" bereits tot. Dieser Zauberspruch wirkt auch, wenn zwei unterschiedlich reiche Augen gegeneinander stehen. Ein "fast volles" 5er-Auge ist reicher als ein "leeres" 4er-Auge.

Bisher haben die vorgestellten Spielsituationen das Motto "siegen oder sterben".

Gemeinsam ist diesen Fangwettläufen, dass der unterlegene Spieler immer tenuki spielt und die Folgezüge in diesem Brettbereich als Ko-Drohungen in der Hinterhand behält. Je früher ein Spieler die Situation auslesen kann, desto mehr Ko-Drohungen hat er folglich. Bei großen Gruppen kann es für den Gewinner des Fangwettlaufs taktisch von Vorteil sein, die Stellung mit einem weiteren Zug klarer zu entscheiden und in gote zu enden. Dies gilt umso mehr, je komplexer die Stellung ist und der Status der umfassenden Gruppen unsicher ist.

Semeai mit Seki

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Nun wäre Go nicht als Spiel des Gleichgewichts und der Harmonie bekannt, wenn es nicht in vielen Brettstellungen einen befriedigenden Ausweg für den Unterlegenen gäbe. So auch hier. Der Rettungsanker für den Spieler, der den Fangwettlauf nicht gewinnen kann, heißt Seki. Die Grundvoraussetzung für ein Seki ist in zwei Fällen gegeben:

  • keine Gruppe hat ein Auge, aber es gibt mindestens zwei Innenfreiheiten
  • beide Gruppen haben jeweils ein Auge von gleicher Qualität (arm oder reich), nicht zwangsläufig die gleiche Anzahl von Augenfreiheiten

Gruppen ohne Auge

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Dia 1
Dia 2
Dia 3

Schwarz hat zwei Außenfreiheiten mehr und damit kann Weiß nicht mehr gewinnen (Dia 1). Mit sente kann Weiß allerdings ein Seki erreichen, wie die Zugfolge in Dia 2 zeigt. Umgekehrt tötet Schwarz am Zug (Dia 3).

Dieses Beispiel ist eine einfache Anwendung der grundsätzlichen Überlegung. Der Angreifer muss die geteilten Freiheiten besetzen, um den Verteidiger ins atari zu setzen und darf dabei nicht seine letzte Außenfreiheit verlieren. Dafür benötigt er einen Überschuss an Außenfreiheiten. Der Überschuss, wenn der Angreifer sente hat, entspricht dabei genau der Anzahl der geteilten Freiheiten, die er für atari besetzen muss. In Fällen ohne Augen ist diese Anzahl immer die Gesamtzahl der geteilten Freiheiten -1.

Eine Brettstellung ist zu Gunsten des Angreifer entschieden, wenn die Differenz aus Überschuss und geteilten Freiheiten -1 größer null ist. Die Stellung ist seki, wenn diese Differenz kleiner null ist. Ist die Differenz gleich null, entscheidet sente. Oder übersichtlicher:

Angreifer gewinnt Sente entscheidet Seki

Taktisch interessant ist der Fall eines entschiedenen Seki. Hier hat der Angreifer mögliche Ko-Drohungen, die im allgemeinen stärker als Ko-Drohungen des Verteidigers zu bewerten sind. Der lokale Punkteunterschied beim Ignorieren der jeweiligen Drohung ist gleich. Allerdings kann sich durch das Töten der verteidigenden Gruppe der Status von mehreren vormals angreifenden Gruppen ändern, während der Verteidiger eben nur den Status der bedrohten Gruppe ändern kann.

Gruppen mit Auge

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Die Augen müssen jeweils die gleiche Qualität haben. Sind die Augen von unterschiedlicher Qualität heißt es "siegen oder sterben", wobei sämtliche Innenfreiheiten dem reicheren Auge gehören.

Die Überlegung für einen Kampf auf "Augenhöhe" ist im Prinzip die gleiche wie bei Gruppen ohne Auge. Der Angreifer ist wiederum der Spieler mit mehr Eigenfreiheiten und ist damit am Leben. Hier sind die Eigenfreiheiten der beiden bedrohten Gruppen die Summe der jeweiligen Außen- und Augenfreiheiten.

Den Überschuss an Freiheiten muss der Angreifer dafür verwenden, die geteilten Freiheiten zu besetzen, um den Verteidiger ins atari zu setzen. Nur zählen diesmal alle geteilten Freiheiten für den Verteidiger, da er sich bis zuletzt an seinen letzten Augenpunkt klammern kann.

Die Besonderheit bei Fangwettläufen mit einem Auge betrifft Stellungen, bei denen die Anzahl der Eigenfreiheiten gleich ist. In diesem Fall ist der Angreifer, und damit der mit Sicherheit überlebende Spieler, derjenige mit sente. Der Spieler in gote wird immer dann ein Seki erreichen, wenn es mindestens eine geteilte Freiheit gibt. Die Beurteilung des Semeais erfolgt also zweistufig. In übersichtlicher Darstellung ergibt sich:


Mit diesem Rüstzeug bewaffnet kann man nun hübsch erfundene oder reale Stellungen auslesen, ohne gedanklich alle Steine setzen zu müssen. Dies bedeutet insbesondere in komplexen Spielsituationen eine erhebliche Zeitersparnis.

Beide Gruppen haben ein kleines Auge.
Die Beurteilung erfolgt also zweistufig.
Weiß hat 6 Eigenfreiheiten. Schwarz hat 4.
Weiß ist Angreifer → 6 - 4 - 2 = 0.
Sente entscheidet über Tod oder Seki.

Ist die Brettstellung entschieden (bspw. wenn Schwarz eine weiße Eigenfreiheit besetzt), spielen beide woanders. Ko-Drohungen behält - wie bei allen anderen Fangwettläufen auch - derjenige Spieler, der den Status der Brettstellung ändern kann.

Nach japanischen Regeln zählen Augenpunkte in Seki-Stellung nicht als Gebiet. Folglich sind gegnerische Steine innerhalb dieser Augen keine Gefangenen. Daher macht es hinsichtlich der Punktevergabe keinen Unterschied, ob man eine Außen- oder Augenfreiheit besetzt. Allerdings wird in den meisten Fällen ein Stein auf einer Außenfreiheit mehr Wirkung haben.

Fußnoten

  1. Der alternative Begriff Leiter (von engl. ladder) ist angesichts der Form irreführend. In deutschsprachiger Go-Literatur, bspw. bei Gerstorfer oder Dickfeld wird auch Treppe verwendet.
  2. https://groups.google.com/forum/#!topic/rec.games.go/pFPEscB-8QU
  3. Lehrstunden in den Grundlagen des Go
  4. In der Go-Literatur wird häufiger die Formulierung große und kleine Augen verwendent, die allerdings am Begriffsinhalt vorbei geht
  5. http://senseis.xmp.net/