Wir hatten die Transportgleichung betrachtet und danach die Fundamentallösung der Laplacegleichung hergeleitet. Mit dieser konnten wir im Ganzraum die Lösung der Poissongleichung beweisen. Dann hatten wir die Mittelwerteigenschaft harmonischer Funktionen gezeigt und das Maximumprinzip harmonischer Funktionen eingeführt. Wir hatten daraufhin die Harnacksche Ungleichung hergeleitet und bewiesen, dass harmonische Funktionen unendlich oft differenzierbar sind. Wir hatten dann Schranken für die Ableitungen harmonischer Funktionen gezeigt und mit diesen bewiesen, dass harmonische Funktionen analytisch sind, sich also lokal durch ihre Tayorreihe darstellen lassen.
In diesem Kapitel suchen wir eine Lösungsformel für das Dirichletproblem der Poissongleichung, d.h. für
Dafür definieren wir uns die Greensche Funktion aus der Fundamentallösung und den vielen Lösungen des Randwertproblems für alle
Damit erhalten wir eine Darstellungsformel für die Lösung
Wir haben dabei das Problem der Lösung übergewälzt auf und schauen uns in den folgenden Kapiteln zwei spezielle Mengen an: Für den Halbraum und die Kugel können wir dann explizite (!) Lösungsformeln für angeben, die Beweise sind allerdings technisch langwierig. Die Lösungen finden direkt Anwendung z.B. in der Physik in der Elektrostatik.
Gebiete mit -Rand
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Beweis
Sei beliebig und . Da die Poissongleichung erfüllt, erhalten wir mit der Greenschen Formel und dann über Aufteilung des Integrationsbereiches
Mathe_für_Nicht-Freaks: Buchanfang_Maßtheorie_by_Richard4321/ Der_Satz_von_Stokes
wobei ein Minuszeichen im zweiten Term auftritt, weil der äußere Normalenvektor aus dem Gebiet in die Kugel hinein zeigt. Wir teilen den letzten Term auf in zwei Terme, die wir getrennt untersuchen wollen
Es gilt . Zudem ist der Gradient von differenzierbar und damit stetig und damit beschränkt auf dem kompakten Rand ist. Wie wir im Kapitel Mathe_für_Nicht-Freaks: Buchanfang_Partielle_Differentialgleichungen_by_Richard4321/ Die_Poissongleichung_im_Ganzraum#Die Lösung_der_Poissongleichung_im_Ganzraumfall
gezeigt haben folgt
Wir haben im Kapitel der Fundamentallösung Mathe_für_Nicht-Freaks:_Buchanfang_Partielle_Differentialgleichungen_by_Richard4321/ Die_Fundamentallösung_der_Laplacegleichung#Eigenschaften_der_Fundamentallösung den Gradienten von bewiesen, d.h.
Mit der Verschiebung
ergibt sich mit zweimaligem Anwenden der Transformationsformel Mathe_für_Nicht-Freaks: Buchanfang_Maßtheorie_by_Richard4321/ Die_Transformationsformel#Die_Transformationsformel
wobei der letzte Grenzübergang mit der Stetigkeit von schon bewiesen wurde im Kapitel
Mathe_für_Nicht-Freaks:_Buchanfang_Partielle_Differentialgleichungen_by_Richard4321/ Die_Poissongleichung_im_Ganzraum#Die_Lösung_der_Poissongleichung_im_Ganzraumfall
Das ergibt insgesamt
und damit mit für die Behauptung. Da stetig ist, ist es auf dem kompakten beschränkt. Das verbleibende Integral geht gegen Null, wie wir gezeigt haben im Kapitel Mathe_für_Nicht-Freaks:_Buchanfang_Partielle_Differentialgleichungen_by_Richard4321/ Die_Poissongleichung_im_Ganzraum#Die_Lösung_der_Poissongleichung_im_Ganzraumfall
Die Definition der Greenschen Funktion
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Definition
Sei offen. Zu jedem betrachte die Anfangswertaufgabe
Das ergibt für jedes ggf. eine Funktion . Ist diese in , so nennt man
die Greensche Funktion. Für diese gilt
Wir geben also als Randwert die Fundamentallösung vor und lösen für jedes die Poissongleichung. Die Greensche Funktion wird auf dem Rande Null.
heißt die Korrektorfunktion. Für beschränktes ist die Korrektorfunktion wegen der Eindeutigkeit der Lösung der Poissongleichung eindeutig, wenn sie existiert. Damit ist auch die Greensche Funktion eindeutig. Wegen
folgt
und
ist harmonisch: es ist von der Klasse .
Auf dem Rand gilt außerdem
Darstellung der Lösung der Poissongleichung mittels der Greenschen Funktion
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Satz
Es sei offen und beschränkt mit -Rand und sei eine Lösung der Randwertaufgabe
mit . Zudem existiere die Greensche Funktion auf mit für . Dann gilt
WENN wir eine Lösung vorliegen haben UND die Greensche Funktion existiert, erhalten wir hier eine simple Darstellungsformel: zwei Integrale. Alles entscheidet sich also über die Greensche Funktion, die wir für zwei Spezialfälle in folgenden Kapiteln ermitteln werden.
Satz (Symmetrie der Greensche Funktion)
Sei offen und beschränkt mit -Rand. Existiert die Greensche Funktion auf mit , so ist sie symmetrisch, d.h. für alle mit gilt
Beweis (Symmetrie der Greensche Funktion)
Seien mit . Setze
Da die Greensche Funktion harmonisch ist in der ersten Komponente und Null wird auf dem Rand, gilt
Wähle so klein, dass die -Kugeln um und sich nicht schneiden und ganz in enthalten sind
und setze
Mit der Greenschen Formel
Mathe_für_Nicht-Freaks: Buchanfang_Maßtheorie_by_Richard4321/ Der_Satz_von_Stokes
gilt unter Aufteilung des Integrales, wobei sich das Vorzeichen durch Umkehrung des äußeren Normalenvektors ergibt
Das ergibt
Da harmonisch ist, ist seine stetige Ableitung auf dem kompakten beschränkt
Mit der Definition von
rechnen wir weiter, da stetig ist und somit auf dem kompakten beschränkt
Den Limes für den Fall zeigt man mit der Regel von L'Hospital:
lässt sich stetig in zu fortsetzen:
Das war der zweite Term der linken Seite. Nun zerlegen wir den ersten Term der linken Seite mit zu
Wobei der linke dieser Terme im ersten Beweis dieses Kapitels gezeigt wurde (er hieß )und der rechte Term gegen Null geht, da stetig und damit beschränkt ist.
Insgesamt gilt
Völlig analog beweist man
Das ergibt
und damit die Symmetrie von .