- Paarmengen und kartesisches Produkt (Kreuzprodukt)
Wie allgemein bekannt lässt sich die Lage eines Punktes in der Ebene durch zwei Zahlen beschreiben. Dazu benutzt man ein rechtwinkliges (kartesisches) Koordinatensystem mit einer
-Achse und
-Achse, die senkrecht aufeinander stehen. Bezeichnet man beispielsweise mit
den Abstand eines Punktes
von der
-Achse (dieser ist negativ, wenn
links der
-Achse liegt) und mit
man den Abstand eines Punktes
von der
-Achse (dieser ist negativ, wenn
unterhalb der
-Achse liegt), so wird durch das Zahlenpaar
die Lage des Punktes im Koordinatensystem beschrieben. Bei dem Zahlenpaar
ist die Reihenfolge wesentlich. So beschreiben beispielsweise die Zahlenpaare
und
unterschiedliche Punkte im Koordinatensystem, es gilt also
.
Diese Paarbildung wird mit den folgenden Definitionen auf allgemeine Mengen erweitert:
- Definition
- Seien
und
Mengen und sei
und ![{\displaystyle y\in N}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3a5e1bfd2099baef8022a00d3fb9838badb4ca99)
- geordnetes Paar:
heißt geordnetes Paar.
- Gleichheit von geordneten Paaren
Zwei geordnete Paare "
und
sind gleich" ⇔ "
und
"
- Paarmenge
Die Paarmenge (kartesisches Produkt, Kreuzprodukt) von
und
wird wie folgt definiert:
und ![{\displaystyle y\in N\rbrace }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/d7863ec56d80351f67f2d3b43d5421b0d32938ee)
Normalerweise spricht man nur von Paaren (statt von geordneten Paaren), die Reihenfolge der Elemente ist aber wesentlich.
Die Menge nennt man auch Rechteckmenge. Man kann die Elemente von in Form von Rechtecken im kartesischen Koordinatensystem aufschreiben. Hierzu folgendes Beispiel: und . Die dazugehörige Rechteckmenge lautet dann: Die Abbildung rechts veranschaulicht diese Rechteckmenge.
|
|
|
Rechteckmenge
|
In vielen mathematischen Sachverhalten stehen Objekte in bestimmten Zusammenhängen z. B. "
ist größer als
". Der Zusammenhang "
ist größer als
" kann auch in der ungewöhnlichen Weise "
steht in der Relation größer" dargestellt werden. Das Beispiel zeigt aber, wie der Begriff der Relation auf den Mengenbegriff zurückgeführt werden kann.
- Definition
und
seien Mengen.
heißt eine Relation zwischen
und
⇔
.
Ist
so ist
eine Relation auf
.
- Gilt
dann "erfüllen
und
die Relation
" oder "stehen in der Relation
". Oft wird hierfür auch "
" geschrieben.
Stellt man sich zwei Mengen und als Punktmengen in einer Ebene vor, kann man die Relation durch Verbindungslinien zwischen den in Relation stehenden Punktepaaren kennzeichnen. Ein Pfeil von einem zu einem bedeutet .
|
|
|
Relation zwischen und
|
Beispiel: Sei eine beliebige Menge. Durch ist eine Relation auf definiert: die Gleichheitsrelation. Diese lässt sich anschaulich als Diagonale darstellen.
|
|
|
Gleichheitsrelation
|
Beispiel:
und
und
ist groesser als
ist eine Relation zwischen
und
und definiert die oben erwähnte "Größer-Relation".
Viele Probleme lassen sich vereinfachen, indem man Objekte, die gewissen gemeinsamen Kriterien genügen, als äquivalent betrachtet, obwohl sie sich hinsichtlich anderen Kriterien unterscheiden können. Hierzu benutzt man in der Mathematik die Äquivalenzrelation.
- Definition
- Seien
eine Menge und
eine Relation auf
.
- Äquivalenzrelation:
ist eine Äquivalenzrelation auf
, wenn für alle
gilt:
- Reflexivität:
![{\displaystyle x\thicksim x}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/c408098f077753f2550a70b833d7252ed7832486)
- Symmetrie:
⇒ ![{\displaystyle y\thicksim x}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/b505456f6f384c65786abf4d366111e6eae900d4)
- Transitivität:
und
⇒ ![{\displaystyle x\thicksim z}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/6c8d76144ad0a96482fdf08b052cc2ae14ca0fa5)
- Äquivalenzklasse
Sei
eine Äquivalenzrelation auf
. Die Menge der zu
äquivalenten Elemente von
- nennt man die Äquivalenzklasse oder Faser von
bezüglich
. Das Element
heißt Repräsentant von
.
Beispiel:
Die oben erwähnte Gleichheitsrelation
ist die "klassische" Äquivalenzrelation. Reflexivität, Symmetrie und Transitivität sind die bekannten Eigenschaften der Gleichheit. Außerdem gilt für alle
:
. Die Äquivalenzklassen von
bezüglich
sind also Mengen mit genau einem Element, d.h.
.
In diesem Zusammenhang der Hinweis, dass eine Menge eine "Zusammenfassung wohl unterschiedener Objekte" ist.
Beispiel und Übung:
Etwas spannender ist schon die Entscheidung, ob es sich bei der Relation
und
oder
um eine Äquivalenzrelation handelt. Es ist also zu prüfen, ob
auf der Menge
reflexiv, symmetrisch und transitiv ist.
- Satz
- Sei
eine Äquivalenzrelation auf
, dann gilt
![{\displaystyle [x]\cap [y]\not =\emptyset \Leftrightarrow [x]=[y]}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/c4c9905e338a0c83b12fe93b4d92dcd9fe8fabc0)
- Beweis
- Sei
. Dann ist
und
, und wegen der Transitivität und der Symetrie gilt daher
. Für jedes
gilt daher
und wegen der Transitivität auch
. Daraus folgt
. Ganz analog zeigt man
. Damit gilt
.
- Dass
gilt ist klar.
Bemerkung: Dieser Satz besagt, dass Äquivalenzklassen disjunkt oder gleich sein müssen. D.h. eine Äquivalenzrelation auf der Menge
, bildet eine disjunkte Partition der Menge
.
Mengen kann man über die Teilmengenbeziehung "
" der Größe nach ordnen. Solche Ordnungen werden durch Eigenschaften wie Reflexivität, Antisymmetrie und Transitivität charakterisiert. Dies führt zu der sehr allgemeinen Definition der Ordnungsrelation.
- Definition
- Seien
eine Menge und
eine Relation auf
.
- Ordnungsrelation:
ist eine Ordnungsrelation auf
, wenn für alle
gilt:
- Reflexivität:
![{\displaystyle (x,x)\in R}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/b57679356d77704328a38db1864ad055a03d5644)
- Antisymmetrie:
und ![{\displaystyle (y,x)\in R\Rightarrow x=y}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/d01ebf2822ee2874df3f21bdf9717add382401d7)
- Transitivität:
und
- Ist
eine Ordnungsrelation auf
, so heißt das Paar
eine geordnete Menge und
eine Ordnung auf
. Die Namensgebung ist hier leider nicht sehr einheitlich. Man sagt statt Ordnung auch Halbordnung, Partialordnung oder teilweise Ordnung.
- Statt
schreibt man oft
, und auch, wie sicherlich vertraut,
(sprich
kleiner oder gleich
).
ist linear (total) geordnet, wenn für alle
gilt:
oder
.
- Definition
- Eine nichtleere Teilmenge
einer geordneten Menge
heißt Kette von
, falls
eine total Ordnung ist.
Die vertraute Schreibweise "
" könnte zu dem Fehlschluss verleiten, dass die Definition nur "gut bekannte" geordnete Mengen, wie z. B. die natürlichen Zahlen beschreibt. Das ist nicht der Fall, der Begriff ist viel allgemeiner. Das sollen die folgenden Beispiele verdeutlichen:
Beispiel:
Die oben erwähnte Gleichheitsrelation
ist eine Ordnungsrelation auf
.
Wie schon gesagt ist
eine Äquivalenzrelation, also ist sie reflexiv und transitiv. Falls
und
folgt aus der Definition der Gleicheitsrelation
, d. h. auch die Antisymmetrie ist erfüllt.
Beispiel und Übung:
Potenzmenge:
Sei
eine Menge und
die Potenzmenge von
. Durch
wird eine Ordnungsrelation auf
definiert. Beweisen lässt sich dies mit den Rechenregeln der Teilmengenbeziehung.
Zum Schluss dieses Abschnitts noch eine Übungsaufgabe, bei der vielleicht erst mit dem "zweiten Blick" klar wird, was hier eigentlich definiert wird:
Übungsaufgabe:
Zeige:
Sei
eine Menge und
eine Ordnung auf
.
Für jede Teilmenge
wird durch
eine Ordnung auf
definiert.
läßt sich also auf Teilmengen
einschränken.
Hinweise:
Es wird vorausgesetzt, dass
eine Menge und
eine geordnete Menge ist.
Sei nun
eine Teilmenge von
.
ist dann eine Relation auf
, bei der alle Elemente von
miteinander in Beziehung stehen, d. h. für alle
gilt
.
"
" steht als Symbol für die vorausgesetzte Ordnungsrelation, d. h. "
" symbolisiert eine Relation oder Teilmenge von
, also insbesondere ist "
" eine Paarmenge.
Aus den beiden Paarmengen
und
wird dann der Durchschnitt "
" gebildet. Dieser Durchschnitt ist wieder eine Paarmenge. Und genau für diese Paarmenge soll gezeigt werden, dass sie eine Ordnungsrelation, d. h. reflexiv, antisymmetrisch und transitiv, ist.
Im Folgenden werden ausgezeichnete Elemente geordneter Mengen bezüglich gegebener Teilmengen beschrieben. Diese Begriffe werden in der Analysis und auch vielen anderen Gebieten der Mathematik häufig verwendet.
- Definition
sei eine geordnete Menge und
eine Teilmenge von
:
- "
heißt Maximum oder größtes Element von
" :
"
und
gilt
"
- "
heißt Minimum oder kleinstes Element von
" :
"
und
gilt
".
- Satz
- Eine Teilmenge einer geordneten Menge besitzt höchstens ein Maximum (Minimum).
- Beweis
- Seien also
und
Maxima von
. Dann gilt
und
(
ist Maximum) sowie
(
ist Maximum). Daraus folgt wegen der Antisymmetrie der Ordnungsrelation sofort
.
Eine geordnete Menge muss kein Maximum oder Minimum besitzen, z.B. die Menge
, besitzt weder ein Maximum noch ein Minimum, obwohl sie geordnet ist.
Da Maximum und Minimum einer Teilmenge
eindeutig bestimmt sind (vorausgesetzt sie existieren!) definiert man weiter:
- Definition
- Sei
eine Teilmenge einer geordneten Menge
und
sei ein Maximum von
, so setzt man: ![{\displaystyle max\ N:=x(min\ N:=x)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/eeac19ed814b59532a18e9bea281a27e994517c1)
Im Allgemeinen existieren zu einer Teilmenge
einer geordneten Menge
weder Minimum noch Maximum. Für solche Teilmengen
ist die obige Definition nicht anwendbar. Mit der folgenden Definition erweitert man die Menge der "möglichen Elemente" indem man auch Elemente der Menge
zuläßt.
- Definition
sei eine geordnete Menge und
eine Teilmenge von ![{\displaystyle M}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/f82cade9898ced02fdd08712e5f0c0151758a0dd)
- "
heißt obere Schranke von
" :
"
und
gilt
"
- "
heißt untere Schranke von
" :
"
und
gilt
"
- Sei
ist obere Schranke von
.
"
heißt nach oben beschränkt" :
"
, d. h.
hat (mindestens) eine obere Schranke"
- Sei
ist untere Schranke von
.
"
heißt nach unten beschränkt " :
"
, d. h. "
hat (mindestens) eine untere Schranke"
- "
heißt beschränkt " :
"
ist nach oben und unten beschränkt"
Falls ein minimales Element der Menge
ist obere Schranke von
existiert, so ist es nach dem oben bewiesenen Satz eindeutig und dieses Element nennt man dann Supremum von
. Die Existenz eines solchen Elementes ist jedoch keinesfalls gesichert und im "Einzelfall" nachzuweisen. Erst nachdem dieser Nachweis geglückt ist, dürfen also die folgende Definitionen benutzt werden:
- Definition
sei eine geordnete Menge und
eine Teilmenge von ![{\displaystyle M}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/f82cade9898ced02fdd08712e5f0c0151758a0dd)
- "
heißt Supremum oder kleinste obere Schranke oder sup
von
" :
"
" .
- "
heißt Infimum oder größte untere Schranke oder inf
von
" :
"
"
- Satz
sei eine geordnete Menge,
eine Teilmenge von
und
. Dann gilt:
und
und ![{\displaystyle x\in N}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/1a76d49a16447f70b00dd86a78bd94916b0514e1)
und
und ![{\displaystyle x\in N}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/1a76d49a16447f70b00dd86a78bd94916b0514e1)
muss im Gegensatz zum
nicht zur Teilmenge
gehören. Ein Beispiel hierfür ist die Menge
(
steht für die Menge der reellen Zahlen). Später werden wir solche Beispiele genauer untersuchen.
Zum Schluss dieses Abschnitts wird noch der Begriff der Wohlordnung eingeführt. Ein Beispiel für eine wohlgeordnete Menge sind die natürlichen Zahlen mit der "natürlichen" Ordnung. Dagegen sind die "normalen" Ordnungen der ganzen oder positiven reellen Zahlen nicht wohlgeordnet.
- Definition
- Eine Ordnung
auf einer Menge
heißt Wohlordnung :
mit
existiert
.
►___weiter: Funktionen
▲___zum Inhaltsverzeichnis
◄___zurück: Mengen