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Go/ Taktische Konzepte/ Joseki

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Unerfahrene Spieler werden jeden Kampf lange durchdenken, versuchen, alle Alternativen abzuwägen, etc. Somit wird jeder Kampf recht lange dauern. Je erfahrener die Spieler werden, desto mehr Muster sind ihnen vertraut, und sie erkennen Standardfolgen und deren Ausgänge. Besonders für Kämpfe um die Ecken und Seiten des Brettes haben sich viele Standardmuster gebildet, die als Joseki (jap. 定石) bezeichnet werden.

In vielen Büchern werden Joseki als Bestandteil der Eröffnung diskutiert. Zu beachten ist aber, dass sie auch Teil des Mittelspiels sein können, wenn das Brett bereits im Wesentlichen aufgeteilt ist.

Die Anzahl der Variationen ist riesig, so dass eine erschöpfende Kategorisierung unweigerlich ins Chaos führt. Das Diagramm zeigt die möglichen Startpunkte, wobei die fett markierten die am häufigsten[1] gespielten sind.

Eröffnungspunkte
  • A: 3-3 Joseki, Sansan (1%)
  • B: 3-4 Joseki, Komoku (43%)
  • C: 3-5 Joseki, Mokuhazushi (1%)
  • D: 6-3 Joseki, Omokuhazushi (<1%)
  • E: 4-4 Joseki, Hoshi (53%)
  • F: 4-5 Joseki, Takamoku (1%)
  • G: 6-4 Joseki, Otakamoku (<1%)
  • H: 5-5 Joseki, Gonogo (1 Spiel von 60 000 :)) )

Gerade als Anfänger ist es schwierig die Spiegelbildlichkeit zu erkennen. Die Nomenklatur mit Ziffern ist uneindeutig. Ein 3-4 Joseki ist natürlich das gleiche wie ein 4-3 Joseki. Es gibt also 8 Schnittpunkte, auf denen ein 3-4 Joseki seinen Ausgang nehmen kann. Eine gute Übung besteht darin, gelernte Zugfolgen zu spiegeln und/oder in einer anderen Ecke nachzulegen.

Angesichts der 55 Möglichkeiten[2] eines ersten Zugs ist die gespielte Bandbreite sehr gering. In älteren Partien findet man hin und wieder den Eröffnungszug auf den(m?) Tengen.

Hier folgt nun eine Übersicht über die am häufigsten[3] gespielten Anfangszüge und ihrer Fortsetzungen gegeben. Natürlich kann dabei auf keine letzte Wahrheit Anspruch erhoben werden. Sie soll lediglich als Orientierung dienen und ist allgemein gehalten. Die Zugentscheidung hängt immer von der Gesamtbrettstellung ab. Was hier als schlechter Zug bezeichnet wird, kann auch richtig sein, aber eben seltener.

Man muss sich klarmachen, dass die Zugfolgen, wenn sie von beiden Seiten korrekt gespielt werden, als Ergebnis für sich genommen ausgeglichen sind. Der Unterschied liegt im Nutzen eines Joseki für die Ganzbrettsituation. Der bessere Spieler nutzt nicht nur Fehler in der Zugfolge aus (was nebenbei gesagt im Spiel oftmals weniger Auswirkung hat), sondern kann vielmehr die gesamte Zugfolge in sein Konzept zwingen. Gute Kenntnis der Joseki sind also immer nur der erste Schritt für eine Verbesserung der Spielstärke.

Eine wichtige Leitfrage bei allen Joseki ist der gute Moment für tenuki. Charakteristisch für die Anfangsphase ist der unsichere Status aller Gruppen. Wer sich zu Beginn darauf versteift, seine Steine 100%ig abzusichern, verschenkt zu viele Steine. Kleine Züge in der Eröffnungsphase können sich im weiteren Spielverlauf bitter rächen.

Eröffnung am 3-3-Punkt

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Der Zug auf den 3-3 Punkt ist eine Sicherheitsvariante, die nicht besonders beliebt ist. Verglichen mit den anderen Möglichkeiten haben die Folgezüge eine kleine taktische Bandbreite. Eine Berechtigung hat er, wenn die Spielentwicklung auf ein Kampf um kleine Gebiete hindeutet.

Eckabgrenzungen

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1: Kleine Eckabgrenzung
2: Große Eckabgrenzung
3: Weißer Angriff

Rösselsprünge sind die bevorzugten Eckabgrenzungen nach einem Sansan. Ein Kosumi auf b oder gar Abgrenzungen auf der zweiten Linie sind schlecht. Abgrenzungen entlang der dritten Linie (a) sind zu passiv, da ein direkter Angriff auf die Ecke ohnehin gut zu verteidigen ist. Weiß wird vornehmlich eine Annäherung auf der vierten Linie spielen (Dia 3) und dann bietet der Keima bzw. Ogeima mehr Möglichkeiten.

Annäherungen

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1: Hohe Annäherungen
2: Tiefe Annäherungen
3
4

Die Adjektive hoch und tief beziehen sich auf die Linie, auf die Weiß spielt. Allerdings gibt es mehr strategische Gemeinsamkeiten zwischen den nah (W2 mit-0 bzw. 1-1 Abstand) oder fern (W2 mit-0 bzw. 2-1 Abstand) gespielten Annäherungen.

Die nahen Annäherungen benötigen Unterstützung auf der angespielten Seite, um wirkungsvoll zu sein und nicht unter Druck zu geraten. Weiß 4 in Dia kann nur gespielt werden, wenn er auf den markierten Feldern Unterstützung bekommt. Ohne Hilfe muss Weiß sicher auf a spielen mit geringem Gebiet oder mit Risiko auf b, um ein ähnliches Gebiet wie Schwarz 3 zu beinflussen.

Die nahe Annäherung Weiß 2 in Dia führt zu einem Abtausch entlang der vierten Linie, der gutes schwarzes Gebiet macht. Der Einfluss von Weiß ist nur als gleichwertig zu betrachten, wenn er entlang der oberen Seite verstärkt wird.

5
6

Die fernen Annäherungen entblößen die strategische Schwäche der Unweglichkeit des Sansan. Weiß 2 in Dia 5 gibt die Richtung, in die Schwarz spielen muss, vor (a-d in der Reihenfolge der häufigsten Antwort). Ein Kontaktspiel hätte eine unvorteilhaft schwere Form von Schwarz zur Folge. Zug 4 gibt Weiß eine gute Position, um entweder Gebiet zu entwickeln oder die schwarze Ecke anzugreifen, wenn man davon ausgeht, dass entlang der rechten Seite weiße Steine liegen. Sonst hätte Weiß die Annäherung von unten gespielt.

Die in Dia 6 gezeigte Zange (jap. Hasami ハサミ) ist eine Möglichkeit für Schwarz sich dem fremden Diktat zu entziehen. Allerdings führt dieser Zug in der Regel zu einem Kampf mit ungewissem Ausgang, der den stärkeren Spieler bevorteilt.

Eine hohe Ogeima-Annäherung kann für Weiß auch sinnvoll sein, um eine totale Kontrolle einer Seite durch Schwarz zu verhindern (Dia 7). Mit Weiß will Weiß verhindern, dass sich Schwarz ausgehend vom 3-3 Punkt am rechten Rand in Richtung des markierten schwarzen Steins in der unteren Ecke entwickeln kann. In diesem Fall greift Weiß über die hohe Ogeima-Annäherung von unten den schwarzen 3-3 Stein an, woraufhin Schwarz den oberen Rand absichern muss, da sonst ein Doppelangriff von unten und von links auf den schwarzen-3 Stein droht. Mit Weiß 3 führt Weiß nun einen 2-Punkt-Sprung nach unten durch.

Bei solchen Angriffen sollte der Angreifer (hier also Weiß) immer darauf achten, dass eine solche 2-Punkt-Erweiterung möglich ist, da sonst Weiß nicht über genügend Raum am Rand verfügt, um später zwei Augen bilden zu können. Durch die beiden weißen Steine 1 und 3 konnte nun der schwarze markierte Stein erfolgreich von dem oberen 3-3 Stein getrennt werden.

Schulterschlag

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Im Folgenden wird der häufigste Angriff auf den 3-3 Punkt, der sogenannte Schulterschlag auf den 4-4 Punkt (Dia 1), vorgestellt.

Schwarz sollte den Schulterschlag immer direkt mit einem Erweitern seines 3-3 Steins auf a oder b beantworten. Dieses Erweitern sichert einerseits den 3-3 Stein ab und greift gleichzeitig den weißen 4-4 Stein an. Die beste Antwort für Weiß ist ein Erweitern auf 2 (Dia 2). Weiß kann hierdurch seine Freiheiten erhöhen und gleichzeitig ein Ausbrechen von Schwarz verhindern. Der Keima-Satz auf Schwarz 3 sichert die Ecke für Schwarz und bereitet eine Eroberung des oberen Randes vor. Bis zu diesem Satz gibt nach dem Schulterschlag eigentlich keine sinnvollen Varianten für beide Seiten.

Nach dem schwarzen Keima gibt es für Weiß die beiden sinnvollen Alternativen a und b in Dia 2. Mit dem Ikken-Tobi auf a begrenzt Weiß das Eckgebiet von Schwarz und grenzt gleichzeitig ein eigenes Gebiet im Zentrum ab.

Mit Schwarz 2 in Dia 3 wird das schwarze Eckgebiet auch am rechten Rand nach unten abgesichert. Mit einem 2-Punkt-Sprung auf Weiß 3 begrenzt Weiß das schwarze Gebiet zum rechten Rand und orientiert sich gleichzeitig zum Zentrum.

Schwarz hat am Ende dieses Joseki ein sicheres Gebiet in der Ecke, in dem er ohne größere Probleme zwei Augen bilden kann. Weiß hat dagegen eine dominante Stellung zum Zentrum erreicht.Das Gebiet im Zentrum ist zwar noch nicht sicher, aber Schwarz wird es nun schwer haben, dort erfolgreich ein eigenes Gebiet aufzubauen. Somit ergibt sich eine relativ ausgewogene Situation für beide Seiten.

Dia 4 zeigt eine häufig gespielte Variante. Mit dem Hane Weiß 1 wird das schwarze Territorium nach unten begrenzt. Schwarz kann sich mit Schwarz 2 am oberen Rand weiter entwickeln. Weiß 3 erweitert etwas gierig in einem 3-Punkt-Sprung sein Gebiet nach unten. Ein Sprung um gleich 3 Punkte ist deshalb möglich, da die Erweiterung von einer Wand mit zwei Weißen Steinen ausgeht. Es gilt hier das bekannte Go-Sprichwort. Von 2 spring 3, von 3 spring 4.

5
6

Weitere Variationen zeigen Dia 5 und 6. Gemeinsam ist allen Varianten, dass Weiß bestimmt, wie groß der Austausch von Gebiet und Einfluss ist.

Schulterschlag mit Unterstützung

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Dia 1 zeigt einen Schulterschlag mit einem weißen Stein am rechten Rand. Welcher Zug ist für Schwarz die bessere Fortsetzung?

Dia 2 zeigt, den Fall nachdem Schwarz nach unten auf b erweitert hat. In diesem Fall führt der markierte Weiße Stein am Rand dazu, dass nach Weiß 5 eine natürliche Eroberung am rechten Rand erfolgt. Weiß spart so einen Satz. Dies ist von Nachteil für Schwarz.

Dia 3 zeigt die Situation, nachdem Schwarz nach links erweitert hat. Mit Schwarz unterwandert Schwarz den rechten Rand. Dies ist eindeutig besser für Schwarz als die Situation in Dia 2.

Eröffnung am 3-4 Punkt

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Der Komoku bietet genauso wie der Hoshi genug Stoff für ein eigenes Buch. Eine Beschränkung auf die statistisch häufigsten Varianten ist aber wenig gewinnbringend, da auch statistisch selten gespielte Zugfolgen in absoluten Zahlen häufig sind. Die hohe Bandbreite resultiert aus der "Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Stellung" des schwarzen Steins, der auf der einen Seite die vierte Linie besetzt und auf der anderen Seite die Dritte.

Eckabgrenzungen

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1: Eckabgrenzungen

Dia zeigt typische Shimari wie sie vom 3-4 Punkt zum Umschließen von Eckterritorien genutzt werden. Das Keima-Shimari auf a ist sehr sicher. Das Ogeima-Shimari auf b umschließt ein noch größeres Gebiet ist allerdings auch leichter angreifbar. Ein weiteres sehr häufig gespieltes Shimari ist der 1-Punkt-Sprung auf c. Diese Shimari sieht auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich aus. Es dient auch weniger der Eckeroberung als der Eroberung des rechten Randes. ausgehend von diesem 1-Punkt-Sprung folgt meist eine Erweiterung nach außen. Auf diese Weise können relativ große Gebiete erobert werden.

Selten sieht man den Keima auf e oder den Ikken-Tobi auf f, da wie im Folgenden gesagt wird, der weiße Angriff über die andere Seite erfolgt.

Annäherungen

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2: Annäherungen

In der Taxometrie wird wieder zwischen hohen und tiefen Annäherungen unterschieden, die sich auf die angespielte Linie beziehen. Hoch heißt dabei vierte Linie, tief bedeutet 3. Linie. Üblicherweise konzentriert sich Weiß auf die offene Seite, die durch die Asymmetrie des Komoku entsteht.

a-c haben den gravierenden Nachteil, das Schwarz die Ecke auf der offenen Seite gemütlich abgrenzen kann und Weiß dann in Zugzwang gerät, seinen einsamen Vorposten zu verstärken. Sinn machen diese Züge nur, wenn entlang der oberen Seite bereits ein Schwarzer herumdümpelt.

d ist eher ein Verminderungszug als eine Annäherung, während e kein Joseki ist.

Hohe Annäherung

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1: Schwarze Antworten

• a: Innenkontakt. Das häufigste Joseki

• b: Außenkontakt

• c: Rösselsprung

• d: Tiefe Zange

Innenkontakt
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1: Variante

Mit dem Innenkontakt Schwarz sichert Schwarz das Eckterritorium gegen Angriffe ab. Weiß antwortet mit einem Hane, das ein weiteres Ausdehnen von Schwarz verhindert und eine Antwort erzwingt.

Der Erweiterungssatz Schwarz hinterläßt kaum noch weißes Aji in der Ecke. Weiß könnte tenuki spielen und Schwarz dann ebenfalls.

Weiß dehnt den Einfluss zur Seite hin aus. Schwarz (a) ist die Kompensation entlang der rechten Seite. Auch jetzt ist das Ergebnis wieder ausgeglichen. Eine gute Fortsetzung für Weiß ist ein 3-Punkt-Sprung entlang der oberen Seite. Schwarz kann auch aggressiver auf a-c spielen, schwächt aber dabei die Ecke.

2: Variante 2
3: Variante 2

Weiß kann auch ein Tigerrachen (jap. Kaketsugi  カケツギ) spielen. Damit ist eine größere Erweiterung entlang der Seite möglich (Dia 2). Die Gegenerweiterung von Schwarz 8 droht eine Invasion auf a an, die Weiß 9 verteidigt.

Kann oder will Weiß nicht sofort verteidigen, hat Schwarz einen forcierten Angriff, den Weiß 2 verteidigen muss, um eine schwarze Verbindung auf a zu verhindern. Im Folgenden versucht Schwarz Territorium an der Seite zu gewinnen.

Weiß hingegen gewinnt mehr Zentrumseinfluss. Schwarz 5 schwächt die obere weiße Gruppe, so dass der Austausch0 mit 11 nötig wird, um die Schnittstelle b zu decken.

Schwarz kann in Dia ohne die Verteidigung W9 auf c spielen, um Einfluss nach innen zu gewinnen.

4: Variante 3

Anstatt des weißen Hane in Dia kann Weiß den Innenkontakt-Satz auch mit einem Stoß (jap. Tsukiatari 突き当たり) auf Weiß 3 in Dia 4 beantworten.

Schwarz 4 erweitert dann wie beim vorherigen Joseki zum rechten Rand. Der Hane-Satz auf Weiß 5 verhindert, dass sich Schwarz am rechten Rand nach unten erweitert. Schwarz 6 sollte von Anfängern auf a gespielt werden, um den schwachen Schnittpunkt der schwarze Eckstellung durch eine solide Eckverbindung zu ersetzen. Schwarz 6 auf b führt zu dem relativ komplizierten Nadare-Joseki (engl. Avalanche-Joseki).

Außenkontakt
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