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Die medizinische Dissertation: Schreiben

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Schreiben der Rohfassung

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Sobald die Gliederung steht, kann man mit dem Schreiben des Textes beginnen.

Formale Regeln für die Textgestaltung (bei offiziellen Stellen erkundigen!):

  • Schriftart: Arial oder Serifen (wobei Arial meist sachlicher und wissenschaftlicher wirkt)
  • Schriftgröße: meist 11 oder 12 Punkt
  • Zeilenabstand: 1,5 Zeilen
  • Blocksatz
  • Tabellenüberschrift, Abbildungsunterschrift
  • Durchnummerierung der Tabellen und Abbildungen

Es gilt das Prinzip der Einheitlichkeit: Man sollte sich für eine bestimmte Gestaltungsweise entscheiden und diese dann über die gesamte Arbeit hinweg durchhalten.

Die Rohfassung sollte man möglichst zügig aufs Papier bringen, wobei man die rhetorischen Konstituenten (Publikum, eigenes Image, Gegenstand, Kontext) im Blick hat und – soweit möglich – die elementaren Prinzipien der rhetorischen Textgestaltung (Angemessenheit, Sprachrichtigkeit, Verständlichkeit, richtige Stilhöhe) beachtet. Es macht nichts, wenn die Rohfassung zahlreiche Fehler enthält und holprig zu lesen ist. Denn das Schreiben der Rohfassung bildet nur den ersten Schritt zum fertigen Text und macht nur etwa ein Viertel des gesamten Schreibprozesses aus. In mehreren Überarbeitungsschritten werden sowohl Inhalt als auch sprachlich-stilistische und äußere Form verbessert. Literaturbelege fügt man am besten sofort ein, um sie nicht zu vergessen; für geeignete Zitate (die in medizinischen Dissertationen gleichwohl nur selten verwendet und allenfalls zum Schmuck eingesetzt werden) reserviert man ggf. Platz, um sie später zu einzufügen.

„Ich“ oder „man“?

Manche Autoren empfehlen, „ich“ zu verwenden und sich nicht hinter unpersönlichen Ausdrücken zu verstecken. Eine solche Formulierung ist in wissenschaftlichen Texten jedoch eher ungewöhnlich und wirkt oftmals unpassend. Ein unpersönlicher Stil liest sich demgegenüber weniger spannend, dürfte im Rahmen von Dissertationen dem Gegenstand und der rhetorischen Situation jedoch eher angemessen sein.

Überarbeiten

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Nach der Erstellung der Rohfassung erfolgt die Überarbeitung der Rohfassung in mehreren Schritten. Dies ist ein langwieriger Prozess, der erfahrungsgemäß etwa mindestens dreimal so lang wie das Erstellen der Rohfassung dauert (abgesehen von der Einarbeitung zusätzlicher Veränderungswünsche des Doktorvaters/der Doktormutter).

Grobe Überarbeitung auf Absatzebene

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Hierbei geht es ausschließlich um inhaltliche Aspekte, wobei die Prinzipien „Angemessenheit“ und „Verständlichkeit“ im Vordergrund stehen: Ist der Text geeignet, die eigenen Intentionen zu erreichen? Sind die Textpassagen stimmig komponiert, so dass sie ein logisches und in sich geschlossenes Ganzes bilden? Was ist überflüssig, was wurde ausgelassen und sollte noch ergänzt werden? Wo ist der Sinnzusammenhang unklar, welche Passagen sind unverständlich? Sind die Übergänge zwischen den Sinnabschnitten weich, d. h. ohne große Sprünge?

Um große Sprünge zwischen Textabschnitten zu vermeiden, fügt man Überleitungen von einem Abschnitt zum nächsten ein, die darlegen, was im aktuellen Abschnitt behandelt worden ist und worum es im nächsten Abschnitt gehen wird. Ebenso lässt sich am Beginn eines Kapitels eine Vorschau auf dessen Inhalt anbringen. Dies sollte aber keine starre und schemenhafte Pflichtübung werden. Vielmehr kann die Überleitung oft knapp erfolgen; bei einer stimmigen Gesamtstruktur reichen oft schon aussagekräftige Überschriften als Überleitung oder Vorschau aus.

Verständlichkeit steigern:

Die Verständlichkeit lässt sich durch formale und inhaltliche Kniffe zusätzlich steigern:

  • Auf formaler Ebene:
    • Einfügen von Zwischenüberschriften
    • Hervorhebung (z. B. durch Kursivschrift) von Kernbegriffen oder Worten mit besonderer Betonung
    • Einfügen von Zeilenumbrüchen zwischen verschiedenen Sinnabschnitten.
  • Auf inhaltlicher Ebene:
    • Vor- und Rückgriffe
    • Zusammenfassungen (z. B. in Form eines „Fazit“), die die Kernthesen und -ergebnisse des Kapitels enthalten (Esselborn-Krumbiegel 140 f.)

Mittelfeine Überarbeitung auf Satzebene

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Hierbei wird der Text im Hinblick auf die rhetorischen Kriterien „Verständlichkeit“ und „(syntaktische) Sprachrichtigkeit“ geprüft: Welche Sätze sind unschön formuliert? Welche Sätze sollte man syntaktisch umstellen? An welchen Stellen ist der Text unverständlich? Wo wird der Leser ermüdet? Drückt der Text seinen Inhalt auf kurze, klare und präzise Weise aus?

Elementare Stilkunde:

Einige zentrale Prinzipien für verständliches Schreiben, die von diversen Stilfibeln empfohlen werden:

  • Hauptsachen in Hauptsätze
  • Aktiv vor Passiv
  • Schachtelsätze oder zu lange Sätze vermeiden

Eine gute Prüfung auf Verständlichkeit und guten Satzbau ist lautes Lesen.

Feine Überarbeitung auf Wortebene

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In dieser Phase der Überarbeitung geht es um das rhetorische Prinzip „Sprachrichtigkeit (der verwendeten Wörter)“: Sind immer die besten Begriffe zur Beschreibung von Sachverhalten verwendet worden, treffen die Begriffe die Sache? Sind die Wörter korrekt geschrieben?

Gegenlesen lassen:

Nach einer gewissen Zeit der Arbeit an einem Text wird man „textblind“, d. h. man neigt aufgrund von Gewöhnung dazu, selbst offensichtliche orthographische und Tippfehler zu übersehen. Daher sollte man die Arbeit von Freunden und Bekannten lesen lassen, die der Rechtschreibung kundig (und des kritischen Durchdenkens mächtig) sind, um Schreibfehlern auf die Spur zu kommen (und kritische inhaltliche Rückmeldungen von ihnen zu erhalten).

Überprüfung von formalen Elementen

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Zum Schluss überprüft man die formalen Elemente der Arbeit im Hinblick auf deren Richtigkeit und einheitliche Verwendung: Sind die Zitate, Literaturstellen, Verweise, Tabellen- und Abbildungsnummerierungen etc. korrekt angegeben? Obwohl es immer häufiger verlangt wird, sollte man auch aus eigenem Interesse eine Plagiatssoftware, wie zum Beispiel w:en:ithenticate verwenden. Bei wissenschaftlichen Artikel in Fachjournalen ist dies heutzutage Standard. Stimmen alle Zahlenangaben mit dem dazu veröffentlichten Artikel überein? Sind Zahlen einheitlich mit Komma als w:Dezimaltrennzeichen? Werden bestimmte Termini in der Arbeit auf einheitliche Weise verwendet? Sind alle Ankürzungen beim ersten mal ausgeschrieben und tauchen auch in der Abkürzungsliste auf? Sind Seitenränder und Bündigkeit auf allen Seiten eingehalten? Wird überall die gleiche Schriftart in der gleichen Größe verwendet?

Entsprechend der klassischen Rhetoriktheorie würde anschließend die stilistische Umformung bestimmter Textstellen (Schmuck, „Ornatus“) erfolgen, um sie gezielt hervorzuheben. Doktorarbeiten sind jedoch einem schlichten Stil verpflichtet und sollen ihren Gegenstand möglichst sachlich und schnörkellos darstellen, so dass dieser Überarbeitungsschritt weitgehend entfällt. Eine stimmige Struktur, gute Lesbarkeit, orthographische Korrektheit und formale Einheitlichkeit sind hier Schmuck genug. Dennoch ist an manchen Stellen (etwa im Ausblick) zu überlegen, ob nicht die eine oder andere Passage durch syntaktische Umstellung, stilistische Umformung oder durch Zitate hervorzuheben und wirkungsvoller zu gestalten ist. Generell gilt jedoch der Grundsatz: „Weniger ist mehr.“