Zum Inhalt springen

Artikelplan erstellen – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

Aus Wikibooks

Was ist ein Inhaltsplan?

[Bearbeiten]

Das Schreiben eines Inhaltsplans ist eingebettet in unseren Artikelworkflow: Nachdem das Thema didaktisch aufbereitet wurde, entsteht der Inhaltsplan. Anschließend kann der Inhaltsplan ausformuliert werden zum fertigen Artikel.

Die Funktion des Inhaltsplans ist es, den Inhalt und die Gliederung des Artikels zu beschreiben. Aus dem Plan soll klar werden, was Schritt für Schritt in einem Artikel passiert. Auf dieser Grundlage soll es Autor*innen, die nicht selbst an der Erstellung des Plans beteiligt waren, möglich sein, den Artikel auszuformulieren.

Dazu hat der Inhaltsplan folgende Bestandteile:

  • die Gliederung des Artikels,
  • Motivationen und Überleitungen in Stichpunktform
  • alle Definitionen und Sätze bereits ausformuliert
  • Beispiele und Beweise als Skizzen

Um ein einfaches Ausformulieren zu ermöglichen, soll der Inhaltsplan auf Wikibooks vorliegen. Falls also die Planung an sich z.B. in einem Google-doc gemacht wurde, wird der fertige Inhaltsplan in den Artikel auf Wikibooks übertragen.

Ein fertiger Inhaltsplan kann so aussehen wie in den folgenden Artikel-Versionen: „Einführung in den Vektorraum“ und „Monomorphismus“.

Was ist die genetische Methode?

[Bearbeiten]

Um Begriffe und Konzepte zu erklären, nutzen wir die genetische Methode. Das Ziel der genetischen Methode ist es, dass Lernende Mathematik nicht als fertiges Produkt, sondern als einen lebendigen Prozess verstehen.

Die Bezeichnung kommt von dem altgriechischen Begriff „genesis”, was „Ursprung“ oder „Entstehung“ bedeutet. Durch die genetische Methode soll der Prozess der Entstehung von Mathematik sichtbar gemacht werden. Begriffe dürfen nicht leere, anschauungslose Objekte sein, sondern Lernende sollen sie als Antworten auf Fragen erkennen, als Lösungen von Problemstellungen und als Ausgangspunkt neuer Fragen. Dafür kann man die historischen Vorgänge vorstellen und anhand dieser aufzeigen, warum und wie Mathematiker die Begriffe erfunden haben. Für die genetische Methode muss aber nicht die tatsächliche Herkunft der Konzepte genutzt werden, man kann auch an das Vorverständnis und die Erfahrungswelt der Lernenden anknüpfen und neue Lerninhalte auf der Basis dieses Vorwissens entwickeln. Mathematik ist etwas, bei dem Lernende entdecken oder erfinden können, auch wenn es sich meist oder fast ausschließlich nur um Nacherfindungen handelt.

Zitat von Otto Toeplitz:

"Ich sagte mir: alle diese Gegenstände der Infinitesimalrechnung, die heute als kanonisierte Requisiten gelehrt werden, der Mittelwertsatz, die Taylorsche Reihe, der Konvergenzbegriff, das bestimmte Integral, vor allem der Differentialquotient selbst und bei denen nirgends die Frage berührt wird: warum so? wie kommt man zu ihnen? alle diese Requisiten also müssen doch einmal Objekte eines spannenden Suchens, einer aufregenden Handlung gewesen sein, nämlich damals, als sie geschaffen wurden. Wenn man an diese Wurzeln der Begriffe zurück ginge, würde der Staub der Zeiten, die Schrammen langer Abnutzung von ihnen abfallen, und sie würden wieder als lebensvolle Wesen vor uns erstehen."

Wie schreibt man einen Inhaltsplan?

[Bearbeiten]

Eine Geschichte finden

[Bearbeiten]

Am Anfang der Planung eines neuen Kapitels sollte eine Konzeption stehen. Das heißt, du solltest dir eine Geschichte überlegen, die zum neuen Begriff oder zum neuen Satz führen soll. Voraussetzung dafür ist, dass die Grundvorstellungen für die Begriffe/Sätze klar sind. Mindestens eine Grundvorstellung sollte in der Geschichte vorkommen.

Was macht eine gute Geschichte aus?

[Bearbeiten]

Das Ziel einer guten Geschichte ist es, den Prozess der Mathematik mit der genetischen Methode sichtbar zu machen. Es soll nichts vom Himmel fallen und keine fertigen Resultate einfach präsentiert werden. Die Geschichte soll den Gedankengang oder die Herleitung darstellen, mit der man zum neuen Konzept bzw. zur formalen Definition gelangt - so, wie ein*e Mathematiker*in sich ihn überlegt haben könnte. Das soll dem*der Leser*in ermöglichen, den Stoff selbst zu rekonstruieren und wiederzuentdecken. Dafür ist es wichtig, die Geschichte möglichst kleinschrittig zu erzählen und eine in sich schlüssige Heranführung zu finden, in der die Probleme oder Fragestellungen aneinander anknüpfen. Die Erzählung darf auch “Umwege” gehen. Zum Beispiel kann es manchmal sinnvoll sein, bei der Heranführung an eine neue Definition oder einen neuen Satz auch Zwischenüberlegungen mit in die Geschichte aufzunehmen, die im weiteren Verlauf korrigiert und erweitert werden.

Wichtig ist, dass der Formalismus, d.h. die formale Definition des Begriffs oder die mathematische Formulierung des Satzes, erst am Ende kommt. Begriffe müssen nicht von Anfang an formal korrekt definiert sein. Es ist in Ordnung, in der Geschichte Begriffe zuerst intuitiv zu benutzen und sie erst später zu formalisieren. Insbesondere muss ein Thema nicht von Anfang an vollständig behandelt werden, sondern kann später wieder aufgegriffen und neu dargestellt werden.

Wie findet man eine gute Geschichte?

[Bearbeiten]

Um eine gute Geschichte zu finden, solltest du dir bei jedem Begriff, jedem Satz und jedem Konzept überlegen, warum man diesen studieren sollte. Vielleicht hast du dir während deines Studiums bereits solche Geschichten überlegt, um zu erklären, was ein Begriff bedeutet und wieso man ihn braucht.

Zur Gestaltung einer neuen Geschichte kannst du dir auch ähnliche Fragen wie beim Finden der Grundvorstellungen stellen:

  • Was ist der Sinn und Zweck des Begriffs?
  • Welche Relevanz hat der Begriff / der Satz für die Mathematik?
  • Wieso wurde ein Begriff so und nicht anders definiert?
  • Welche realen Situationen verkörpern den Lerninhalt bzw. lassen sich mit seiner Hilfe erschließen?
  • Was sind Fragen, für welche die bisherigen Begriffe nicht mehr ausreichen?

Neues sollte möglichst innerhalb von schon bekannten Kontexten eingeführt werden. Dazu kannst du überlegen, ob und wie der neue Begriff/das neue Konzept an schon Bekanntes aus dem Alltag oder der Schule anknüpft. Insbesondere solltest du bereits jetzt bedenken, an welcher Stelle im Buch der Artikel sich befindet:

  • Welche Begriffe wurden bereits eingeführt und können verwendet werden?
  • Was ist der vorhergehende Artikel und wie knüpfe ich daran an?
  • Gibt es Begriffe, die ich benötige, die aber noch nicht eingeführt wurden?

Nutze die Grundvorstellungen, die vorher gefunden wurden, um eine verständliche Geschichte zu schreiben. Die stärkste Grundvorstellung ist wahrscheinlich der beste Ansatz für die Herleitung des Begriffs.

Um aus deinen Ideen eine Geschichte zu entwickeln, kannst du folgendermaßen vorgehen: Nehme den Begriff und schreibe ihn ans Ende einer Seite. Stell dir zum Beispiel vor, dass wir die formale Definition der Stetigkeit motivieren wollen. Wir schreiben also „Definition der Stetigkeit“ ans Ende einer Seite. Nun schreibst du einen Gedankengang auf, der dich zum Begriff der Stetigkeit und dessen formaler Definition führt. Dabei ist wichtig, dass dieser Gedankengang nachvollziehbar ist und auch nicht künstlich wirkt. Die Schritte zwischen den einzelnen Gedanken dürfen nicht zu groß sein.

Gliederung entwerfen

[Bearbeiten]

Sobald die Grundidee des Artikels klar ist, kann eine Gliederung entworfen werden. Häufig bietet es sich an, mit dem folgenden groben Schema zu starten und dieses zu verfeinern und zu erweitern:

  • Motivation
  • Definition
  • ggf. Visualisierung / Weitere Erklärungen
  • Beispiele
  • Eigenschaften, wichtige Sätze
  • Aufgaben

Dies ist aber nur ein Vorschlag - du kannst die Gliederung auch anders gestalten. Wichtig ist, dass die Gliederung dem roten Faden der zuvor entwickelten Geschichte entspricht. Es hat sich bewährt, die Gliederung direkt im Artikel als Überschriften mit der geplanten Hierarchie zu erstellen.

Falls es zum Thema bereits alte Inhalte gibt, werden diese erst später genauer betrachtet (nächster Schritt). Zu Beginn ist es meist sinnvoll, sich vom alten Aufbau nicht zu sehr beeinflussen zu lassen. Stattdessen wird die neue Gliederung frei entwickelt, wie es dem Thema des Artikels am Besten entspricht. Sollte es alte Inhalte im Artikel geben, so kann man diese z.B. durch eine Überschrift erster Ebene (nur ein = ) abtrennen. Beispiel:

Zuerst kommt die neue Planung
== Motivation ==
== Definition ==
usw.
= Alter Inhalt =
== Motivation ==
alte Motivation und was sonst noch im Artikel stand

Ggf. alte Inhalte einflechten

[Bearbeiten]

Nun, da ungefähr klar ist, wie der Artikel in Zukunft aussehen soll, kann man sich den alten Inhalten zuwenden. Am Besten geht man diese Absatzweise durch und entscheidet:

Charakteristik des Inhalts Handlungsoptionen
Der Absatz ist von guter Qualität und passt in die neue Gliederung. Verschieben an den neuen Platz
Der Absatz ist von guter Qualität, passt aber nicht in die neue Gliederung.
  • Verschieben in einen anderen Artikel
  • Umformulieren, um es in den neuen Artikel einzupassen
  • Verschieben in den Abstellraum
Der Absatz ist von mäßiger Qualität und passt in die neue Gliederung. Abwägen, ob verbessern oder neu schreiben aufwändiger ist, je nachdem Löschen oder an den neuen Platz schieben.
Der Absatz ist von mäßiger Qualität und passt nicht in die neue Gliederung. Löschen

Ausnahme: Man kennt einen anderen Artikel, wo genau dieser Inhalt gebraucht wird. Dann dorthin verschieben und mit Todo zur Verbesserung versehen.

Der Absatz ist von schlechter Qualität. Löschen

Am Ende dieses Prozesses sollte der Abschnitt = Alter Inhalt = komplett leer sein. Die verbleibende Überschrift kann gelöscht werden.

Die Gliederung mit Inhalten füllen

[Bearbeiten]

Nun können die Gliederungspunkte mit Inhalt gefüllt werden. Als Richtschnur für den Detailgrad gilt:

  • Motivationen und Überleitungen in Stichpunktform
  • alle Definitionen und Sätze bereits ausformuliert
  • Beispiele und Beweise als Skizzen

Ein besonderes Augenmerk liegt immer auf der Motivation bzw. der Einführung von neuen Konzepten. Obwohl hier “nur” Stichpunkte gefragt sind, sollte man dabei relativ viel schreiben, damit unmissverständlich klar wird, welche Gedankengänge verfolgt werden. Das bedeutet, dass beim Ausformulieren jeder Stichpunkt nicht einen ganzen Absatz, sondern eher 1-2 Sätze ergeben sollte.

Zusätzlich sollte (z.B. als Todo) dokumentiert werden, welche Grundvorstellung hinter der Motivation steht. Falls bei der Artikelplanung viel diskutiert wurde, können auch wichtige Resultate dieser Diskussion festgehalten werden. Beides ist später bei der Ausformulierung hilfreich, um die Gedankengänge leichter nachzuvollziehen und Diskussionen nicht von vorne zu beginnen.

Motivation (für einen Begriff/Satz) finden

[Bearbeiten]

Um die Motivation oder Herleitung für einen Begriff oder einen bestimmten Satz zu finden, wählst du zunächst die am besten passende Grundvorstellung aus.

Es gibt verschiedene Herangehensweisen für eine Motivation. Suche dir den Ansatz aus, der dir am besten geeignet und am schlüssigsten erscheint. Hier sind ein paar Vorschläge für Herangehensweisen aufgelistet, die du ausprobieren kannst.

  • Abstraktion: Wähle verschiedene Beispiele, die alle der Definition entsprechen/den Satz erfüllen. Versuche zu erklären: Was haben diese Objekte gemeinsam? Wie kann man sie zusammenfassen? Warum beschreiben wir sie mit dem vorliegenden Begriff und nicht anders?
  • Spezifikation: Gehe von einem schon bekannten Begriff aus und ergänze dessen Definition. (Beispiele: Lineare Abbildung ergänzt um die Bedingung Bildraum=Urbildraum ergibt Endomorphismus; Endomorphismus ergänzt um Bijektivität ergibt den Automorphismus) Überlege dir: Was wird durch die Ergänzung erweitert? Wie hängt der neue Begriff mit dem alten zusammen?
  • Operative Begriffsbildung: Überlege dir, welche Handlungen oder Konstruktionen zum Begriff führen. (Beispiel: Die Handlungsaussage “Die Reihenfolge der Ausführung spielt keine Rolle” führt zum Begriff der Assoziativität.)

Je nach Herangehensweise ist es sinnvoll, die Motivation entlang eines einführenden Beispiels (oder mehrerer Beispiele) zu führen. Überlege dir, welche Beispiele dafür besonders geeignet sein könnten.

Beispiele

[Bearbeiten]

Beispiele sind für Lernende besonders hilfreich, um Abstraktes zu konkretisieren und damit besser zu verstehen.

Die Beispiele können verschiedenen Bereichen entspringen:

  • Geometrische Beispiele fördern die Anschaulichkeit und konkrete Visualisierung des Begriffs.
  • Beispiele aus der Realität sind besonders greifbar und können durch alltägliche Relevanz motivieren.

Zu banale Beispiele (etwa die leere Menge oder der Nullraum) sind oft weniger nützlich. Achte stattdessen auf eine hohe Bandbreite der Beispiele, um die Variation der Objekte, auf die sich der Begriff beziehen kann, gut abzudecken. Dies trägt dazu bei, dass von Lernenden der Begriff (und nicht einzelne spezielle Objekte) als wesentlich erkannt wird.

Übergabe zum Ausformulieren

[Bearbeiten]

Wir haben häufiger beobachtet, dass die Ausformulierung eines Artikels nicht mit dem ursprünglichen Inhaltsplan übereinstimmte. Manche Aspekte aus dem Inhaltsplan wurden weggelassen oder falsch interpretiert. Als Ergebnis mussten diese Artikel überarbeitet werden. Um das zu vermeiden, wollen wir folgenden Prozess in der Übergabe eines Inhaltsplans an andere Autor*innen etablieren:

Wir schreiben die Inhaltsplanung ausführlich. Es muss für Autor*innen, die nicht bei der Inhaltsplanerstellung dabei waren, klar sein, was gemeint ist. Der Inhaltsplan sollte unmissverständlich formuliert sein. Besonders der Anfang eines Artikels sowie die Einführungen und Motivationen von Begriffen müssen ausführlich geplant sein. Diese werden sonst leicht missverstanden.

Wir erläutern die Hintergedanken bestimmter Aspekte einer Erklärung direkt im Inhaltsplan. Dabei beantworten wir Fragen wie „Warum führen wir einen Begriff so ein?” oder “Wieso benutzen wir eine solche Anschauung?”. Wenn Autor*innen die Gedanken hinter einem Plan verstehen, werden sie bessere Artikel schreiben.

Die Autor*innen brauchen persönlichen Kontakt mit Leuten, die den Inhaltsplan gut kennen und die Ideen dahinter vermitteln können. Das sind zum Beispiel die Ersteller*innen von Inhaltsplänen oder Leute, die bei der didaktischen Ausarbeitung involviert waren. Wenn möglich, sollte der Kontakt persönlich (bspw. durch ein Telefonat) geschehen.

Es muss möglich sein, zeitnah Feedback zu geben. Bei der Vergabe von Aufgaben zur Artikelformulierung achten wir darauf, dass Feedbackgeber*innen Zeit dafür haben.