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Soziologische Klassiker/ Sombart, Werner

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Grundstruktur des Kapitels:

Biographie in Daten

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Abbildung 1: Werner Sombart

Sombart Werner

  • geboren am 19.01.1863 in Ermsleben (Harz)
  • gestorben am 18.05.1941 in Berlin


Eltern:

  • Vater: Anton Ludwig Sombart (1816-1898), aus reformierter Elberfelder Kaufherrn- und Ratsfamilie vermutlich hugenottischen Ursprungs; Rittersgutbesitzer und Mitbegründer des Vereins für Sozialpolitik
  • Mutter: Name nicht bekannt; niederdeutsch-holländische Herkunft

Geschwister:

      • Paul Sombart (1842 - 1908)
      • Georg Sombart (1843 - 1912)
      • Helene Sombart (1850 - 1930)

Verheiratet:

    • Erste Ehe (von 1888 - 1920): Felicitas Genzmer (1866 - 1920)
    • Kinder:
      • Clara Sombart (geb. 1891)
      • Gertrud Sombart (geb. 1893)
      • Charlotte Sombart (geb. 1895)
      • Eva Sombart (geb. 1896)
    • Zweite Ehe (ab 1922): Corina Leon (1892 - 1971)


Kinder:

      • Nicolaus Sombart (geb. 1923):studierte Philosophie, Staatswissenschaften und Kultursoziologie in Heidelberg, Neapel und Paris, promovierte bei Alfred Weber mit einer Dissertation über Die geistesgeschichtliche Bedeutung des Grafen Henri de Saint-Simon. , Bis 1983 zahlreiche Veröffentlichungen. Lebt heute als freier Schriftsteller in Berlin-Wilmersdorf.
      • Ninetta Sombart (geb. 1925): Malerin von religiös - esoterischen Bildwerken mit spezieller Farbtechnik


Chronologische Daten:

    • 1863: Am 19.Januar in Ermsleben am Harz als letztes von 4 Kindern geboren.
    • 1882: Ein Jahr Studium in Pisa.
    • 1883 - 1885: Studium von Jurisprudenz in Berlin; daneben in Berlin Wirtschafts- und Staatswissenschaften, Geschichte und Philosophie.
    • 1888: Promotion mit einer sozialökonomischen Studie über Die römische Campagna.
    • 1890: Nach zweijähriger Tätigkeit als Syndikus der Bremer Handelskammer berief Friedrich Althoff, Hochschulreferent im Preußischen Kulturministerium, den 27jährigen Sombart auf eine neu eingerichtete a.o. Professur nach Breslau wo er auch zum Mitdirektor des neu eröffneten Staatswissenschaftlichen-statistischen Seminars ernannt wurde.
    • 1892: Sombart wird in das Präsidium des Vereins für Socialpolitik aufgenommen.
    • 1896: Erste Niederschrift aus Vorträgen über Sozialismus und soziale Bewegung.
    • 1898: Nach dem Tod und der Erbschaft des Vaters zieht Sombart im Villenvorort Scheitning in ein Haus mit 14 zum Teil saalartigen Räumen um der wachsenden Bibliothek Raum zu verschaffen.
    • 1902: Die erste Auflage seiner Hauptwerkes Sombarts Der moderne Kapitalismus erscheint.
    • 1904: Vortragsreise mit Max Weber und Ferdinand Tönnies nach Rußland.
    • 1906: Berufung als Professor an die neugegründete Handelshochschule in Berlin. Es wird ihm jedoch das Recht Vorlesungen zu halten, verweigert. Die Werke Das Proletariat. Bilder und Studien. und Warum gibt es in den Vereinigten Staaten keinen Sozialismus? erscheinen.
    • 1907 - 1908: Sombarts angestrebte Reformen der SPD wurden blockiert und führten zu seiner politischen Isolierung. Mit Aufsätzen in der Zeitschrift Der Morgen verlieh er der (durch die Isolierung entstandenen) kulturpessimistischen Haltung in diesen Jahren Ausdruck, in denen er die Abkehr der Gebildeten aus der Politik verkündete.
    • 1909: Umzug nach Oberschreibenau im Riesengebirge in der sich Sombart neben Carl Hauptmann(Stadtbaumeister Hamburgs) eine Villa erbauen ließ.
    • 1909: Zusammen mit Max Weber und Georg Simmel wurde Sombart Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Soziologie
    • 1911 - 1913: In seinen Einzeluntersuchungen Die Juden und das Wirtschaftsleben (1911), Der Bourgeois (1913), Luxus und Kapitalismus (1913) und Krieg und Kapitalismus (1913) versuchte er alle Faktoren zu erforschen , die zur Ausbildung des Kapitalismus beigetragen hatten.
    • 1916: Zweite Auflage des Werkes Der moderne Kapitalismus (1916) erscheint. In insgesamt 6 Bänden behandelt Sombart vorkapitalistische und frühkapitalistische Wirtschaftsformen.
    • 1917: Nach einer zwei Jahre dauernden Auseinandersetzungen um die Nachfolge Adolph Wagners wurde Sombart zum Professor für wirtschaftliche Staatswissenschaften an der Berliner Universität berufen.
    • 1919: Berufung zum preußischen Geheimrat.
    • 1920: Seine erste Ehefrau Felicitas Genzmer stirbt.
    • 1921: Das Werk Luxus und Kapitalismus. erscheint.
    • 1922: Heirat mit der 29 Jahre jüngeren Corina Leon.
    • 1924: Zehnte Auflage von Sozialismus und soziale Bewegung erscheint. Darin manifestiert sich die innere Wandlung zum Anhänger der Konservativen Revolution.
    • 1927: Dritter Hauptband des Werkes Der moderne Kapitalismus erscheint. Darin beschreibt er das hochkapitalistische Wirtschaftssystem.
    • 1929: Aufsatz über Nationalökonomie erscheint.
    • 1931 - 1940: Trotz Emeritierung setzt Sombart seine Lehrtätigkeit fort.
    • 1932: Sombart wird Vorsitzender des Verein für Socialpolitik.
    • 1934: Das Werk Deutscher Sozialismus erscheint und wird von den nationalsozialistischen Machthabern als nicht der nationalsozialistischen Weltanschauung entsprechend abgelehnt.
    • 1938: Das gegen die Rassenlehre gerichtete Werk Vom Menschen erscheint. Die Nationalsozialisten behindern die Verbreitung des Werkes.
    • 1941: Am 18.Mai 1941 stirbt Werner Sombart in Berlin.

Historischer Kontext

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  1. Russland:
    Sombarts Bedeutung in Russland wurde in dem Werk „Werner Sombart in Russland: Ein vergessenes Kapitel seiner Lebens- und Wirkungsgeschichte“ (2004) von Joachim Zweynert und Daniel Riniker aufgearbeitet. Dort gehörte er für Jahrzehnte zu den meistgelesenen ausländischen Gelehrten.

  2. Erster Weltkrieg (1914-1918):
    Die Politischen Ereignisse, die zum ersten Weltkrieg führten, zeigten bei Sombart große Wirkungen. Dies verdeutlicht auch das 1915 veröffentlichte heute als „Schmähschrift“ bezeichnete Werk Händler und Helden (1915). Darin bezog er eine ethnozentrierte Position in Bereichen wie deutsche Kultur und deutscher Militarismus. Er sah das deutsche Volk als Heldenvolk gegen England. An dieser „Kriegspsychose“ litten zur damaligen Zeit viele Gelehrte. Sombarts Ruf nahm durch diese Schrift großen Schaden, speziell über die Grenzen Deutschlands, zumal er die Schrift bis 1935 nicht aus dem Verkehr zog.

  3. Bildung des Nationalsozialismus:
    Sombart sah sich selbst als einer, der seinen eigenen Ruhm überlebt hat. Grund für diese pessimistische Äußerung ist, dass er als Wegbereiter des Nationalsozialismus bezeichnet wurde und heute noch bezeichnet wird. Basis für diese Beschuldigung bildet u.a. das Schlusswort der Schrift „Die Zukunft des Kapitalismus“ (1932) in dem er seine Hoffnung auf einen „Träger eines entschlossenen Willens“ bzw. eines „Einzelwillens" in der Art von Lenin oder Mussolini äußerte (vgl. vom Brocke, 1997, S. 53).
    In der Schrift „Deutscher Sozialismus“ (1934) bekannte er sich offen zum „Führerprinzip“. Einschränkend zu dieser Aussage soll erwähnt werden, dass für Sombart dieser von „einem obersten Führerwillen“, den er nur von Gott erhalten kann, geleitet werden soll.
    Seine in dem Werk „Die Juden und das Wirtschaftsleben“ (1911) geäußerte Bewunderung um die Leistung für die Juden für den Aufbau des europäischen Wirtschaftslebens musste als antisemitische Propaganda unfreiwillig dienen. Auch Hitler las dieses Werk.

    Sombarts unklare Position zur NSDAP mündete schließlich in einen wahrnehmbaren Rückzug, wie seine Schriften nach 1934 zeigen. (vgl. vom Brocke, 1997, S. 54ff).
    In dem Werk „Vom Menschen. Versuch einer geisteswissenschaftlichen Anthropologie.“ distanziert er sich deutlich von der NS-Rassenideologie. Der Vertrieb dieses Werkes wird von den Nationalsozialisten behindert.


Theoriegeschichtlicher Kontext

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  1. Prägende Persönlichkeiten des jungen Sombart:
    • Émile Zola (1840-1902): Sombarts erster Zugang zum Sozialismus, wohl noch vor seinem Studium, waren die gesellschaftskritischen Romane von Émile Zola. Zola begründete mit seinem Werk die Strömungen des Naturalismus. Dies bedeutet den Versuch, die Wirklichkeit mittels exakten naturwissenschaftlichen Methoden wiederzugeben, um so zu einer umfassenden Erkenntnis zu gelangen.
    • Otto Lang (1863-1936): Bereits während des Studiums war Sombart mit Begeisterung für die Arbeiterbewegung des Schweizers Otto Lang, der von 1898-1902 Parteipräsindent der Sozialdemokratischen Partei gewesen war.
    • Karl Marx (1818-1883): Die prägendste Persönlichkeit, die Sombarts wissenschaftliches Werk bis in die Jahre um 1920 begleitete, war Karl Marx. Sein späterer Lehrer Gustav Schmoller bezeichnete 1909 Karl Marx auch als Sombarts "Schicksal". Die intensive Beschäftigung mit Marx Werk brachte ihm den Rang als Marx-Kenner oder Bahnbrecher einer historisch-soziologischen Marxinterpretation. Sombarts Struktur und inhaltliche Gestalt der Kapitalismustheorie war bestimmt durch den Einfluss von Karl Marx. Unübersehbar speziell in den letzten Lebensjahren Sombarts ist jedoch die Distanzierung von Marx bis hin zur Gegnerschaft.
    • Friedrich Engels (1820-1885): Marx und Engels entwickelten gemeinsam den heute bezeichneten Marxismus. Dass sich Sombart nicht nur von Marx, sondern auch von Engels inspiriert fühlte, zeigt auch, dass er nach Engels Tod ein Buch über sein Werk (Friedrich Engels. Ein Blatt zur Entwicklungsgeschichte des Sozialismus) verfasste.

  2. Lehrende Persönlichkeiten:
    • Gustav Schmoller (1838-1917) und Adolph Wagner (1835-1917): Sombarts Stammväter, die das Erscheinungsbild der historischen deutschen Nationalökonomie prägten, waren Gustav Schmoller und Adolph Wagner. Sie waren führende Kathedersozialisten und Sombarts Hochschullehrer. Ihre Schwerpunkte waren Sozialreform und historische Analyse.
    • Karl Bücher (1847-1939): Weitere wissenschaftliche Prägungen erfuhr Sombart bei Karl Bücher. Speziell das Werk Die Entstehung der Volkswirtschaft. inspirierte ihn bei seinen Theorien der Eigenwirtschaft und Stadtwirtschaft.

  3. Prägende Zeitgenossen/Freunde:
    • Max Weber (1864-1920): Mit Max Weber fand Sombart Freundschaft und wissenschaftliches Interesse. Es ist heute schwer zu beurteilen, wer in den Jahren um 1920 bedeutender und bekannter im Bezug auf die Soziologie war. Ihre wissenschaftliche Lebenswerke beeinflussten sich beide in großer Weise. Weber und Sombart waren sich in Ihrer schroffen und verletztenden Art sehr ähnlich. Es verband sie eine gemeinsame Position um den Streit die Werturteilsfreiheit und die wissenschaftliche Darstellung des Geistes des Kapitalismus. Sombarts (verdienter) Durchbruch in die Reigen der bedeutenden Soziologen verhinderte im Vergleich zu Weber wohl der mehrmalige Wechsel der politischen Fronten und die kurzzeitige Sympathie zum NS-Regime.
    • Ferdinand Tönnies (1855-1936): Ähnlich wie Max Weber verband auch Ferdinand Tönnies mit Sombart nicht nur wissenschaftliches Interesse sondern auch persönliche Freundschaft. Sombarts Art, mit Fachkollegen besserwisserisch umzugehen, galt nicht für Tönnies. Sein Werk Gemeinschaft und Gesellschaft würdigt und lobt Sombart. Er nennt den neun Jahre älteren Tönnies einen Altmeister der Soziologie. Die große Freundschaft zwischen, Sombart, Weber und Tönnies zeigt auch die gemeinsame Vortragsreise 1904 nach Rußland.
    • Max Scheler (1874-1928): Deutscher Philosoph und Soziologe.
    • Lily Braun (1865-1914): Deutsche Schriftstellerin, Sozialistin und Frauenrechtlerin.
    • Heinrich Braun (1847-1911): Sozialdemokratischer Politiker und Publizist.

  4. Weitere Freundschaften:
    • Felix Dahn (1834-1912): Deutscher Professor für Rechtswissenschaften, Schriftsteller und Historiker.
    • Johann Freiherr von Mikulicz-Radecki (1850-1905): Einflussreicher Chirurg und der Begründer der Gastroskopie.
    • Albert Neisser (1855-1916): Deutscher Mediziner.
    • Georg Reicke (1863-1923): Deutscher Schriftsteller.
    • Walter Rathenau (1867-1922): Deutscher Industrieller und Politiker (Deutsche Demokratische Partei).
    • Robert Michels (1876-1936): Deutscher Soziologe.
    • Friedrich Naumann (1860-1919): Evangelischer Theologe und liberaler Politiker.
    • Kurt Breysig (1866-1940): Kulturhistoriker.
    • Arthur Binz (1866-1943): Deutscher Hochschullehrer und Chemiker.
    • Carl Schmitt (1888-1985): Deutscher Staatsrechtler und politischer Philosoph.
    • Romano Guardini (1885-1968): Philosoph und katholischer Theologe.

Werke

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  • 1888: Über Pacht- und Lohnverhältnisse in der römischen Campagna. Diss.phil. Berlin
  • 1888: Die römische Campagna. Eine socialökonomische Studie. Hrsg: Gustav Schmoller. Leipzig
  • 1888: Friedrich Engels(1820-1885). Ein Blatt zur Entwicklungsgeschichte des Sozialismus. Separat-Abdruck aus Die Zukunft. Berlin
  • 1896: Sicialismus und sociale Bewegung im 19.Jahrhundert. 10.neuberarb. Aufl. unter dem Titel Der proletarische Sozialismus (Marxismus).1924 Jena. Neudruck 1966 Wien, mit einem Vorwort von Nicolaus Sombart.
  • 1900: Dennoch! Aus Theorie und Geschichte der gewerkschaftlichen Arbeiter-Bewegung. Jena
  • 1902: Studien über die gewerbliche Entwicklung Deutschland.
  • 1902: Wirtschaft und Mode. Ein Beitrag zur Theorie der modernen Bedarfsgestaltung. Wiesbaden.
  • 1903: Die deutsche Volkswirtschaft im 19.Jahrhundert. Nachdruck als 8.Aufl. 1954 Darmstadt.
  • 1904: Die gewerbliche Arbeitsfrage. Leipzig.
  • 1904: Gewerbewesen. (2 Bde.)
  • 1904: Warum interessiert sich heute jedermann für Fragen der Volkswirtschaft und Sozialpolitik? Leipzig
  • 1906: Das Proletariat. Bilder und Studien. Die Gesellschaft, Bd. 1. Berlin: Rütten & Loening.
  • 1906: Warum gibt es in den Vereinigten Staaten keinen Sozialismus? Tübingen: Mohr.
  • 1908: Kunstgewerbe und Kultur. Berlin.
  • 1909: Das Lebenswerk von Karl Marx. Jena.
  • 1911: Die Juden und das Wirtschaftsleben. Leipzig: Duncker & Humblot.
  • 1916: Der moderne Kapitalismus. Historisch-systematische Darstellung des gesamteuropäischen Wirtschaftslebens von seinen Anfängen bis zur Gegenwart. Endgültige Ausg. 1916, Repr. 1969, Paperback-Ausg. (3 Bde. in 6): 1987 München: dtv.
  • 1912: Die Zukunft der Juden. Leipzig.
  • 1913: Der Bourgeois. Die Geistesgeschichte des modernen Wirtschaftsmenschen. München/Leipzig.
  • 1913: Liebe, Luxus und Kapitalismus. München: Duncker & Humblot.
  • 1913: Krieg und Kapitalismus.
  • 1930: Die drei Nationalökonomien. Berlin: Duncker & Humblot
  • 1934: Deutscher Sozialismus. Charlottenburg: Buchholz & Weisswange.
  • 1938: Vom Menschen. Versuch einer geisteswissenschaftlichen Anthropologie. Berlin: Duncker & Humblot.
  • 1956: Noo-Soziologie. Berlin: Duncker & Humblot.


Das Werk in Themen und Thesen

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  1. Kapitalismus:
    Dieses Wort wurde im Deutschen in der Wissenschaft nicht etwa von Karl Marx oder Friedrich Engels erstmals eingeführt, sondern von Werner Sombart in dem Werk „Der moderne Kapitalismus“ (1902). Es war ein Versuch, den Begriff möglichst urteilsfrei zu beschreiben.
    In diesem Werk, das am Ende mehr als 2300 Seiten umfasste, teilte Sombart den Kapitalismus in Entwicklungsphasen Früh-, Hoch- und Spätkapitalismus ein.
    „Der moderne Kapitalismus“ ist als Ganzes kein soziologisches Werk, jedoch enthält es eine Reihe von möglichen Anknüpfungspunkten für eine soziologisch-theoretische Analyse, wie dies Johannes Weiss in Kaeslers „Hauptwerke der Soziologie“ beschreibt.
    • Frühkapitalismus:
      Im anbrechenden 14. Jahrhundert gab es eine entscheidende Veränderung in der frühen Phase des Kapitalismus: Der Schwerpunkt der Ökonomie verlagerte sich auf die Privatwirtschaft. Berufe differenzierten sich aus. Es entwickelt sich die „marktmäßige Ordnung“. Angebot und Nachfrage bestimmen die Preise.
    • Hochkapitalismus:
      Nach Erfindung der Dampfmaschine, neuer Web- und Spinnmaschinen sowie bessere Verfahren zur Eisen- und Stahlherstellung beginnt die Zeit der Massenproduktion, welche die Gesellschaft nachhaltig veränderte. Diese Produktionsweise erfordert hohen Kapitaleinsatz und große Zahl an Arbeitern. Die verarmte Landbevölkerung zieht in Massen in die Städte, was zu einer Welle der Urbanisierung führt. So wie bei den Waren, entwickelt sich auch bei den Arbeitskräften das System von Angebot und Nachfrage. Das Überangebot an Arbeitskräften führt zu niedrigen Löhnen. Um Überleben zu können, werden nun auch Kinder in die Fabriken geschickt. Der Mensch ist vom Individuum zum Produktionsfaktor geworden. Diese Form des Kapitalismus wird Manchester Liberalismus bezeichnet. Am Scheitelpunkt des Hochkapitalismus erkennen auch die Kapitalisten, dass die Verelendung ihrer Arbeitskräfte nicht zu ihrem Gunsten wirkt. Dadurch entsteht erstmals die soziale Frage. Fabrikbesitzer werden zu den ersten Sozialreformern. Erste Gewerkschaften entstehen. Herausstechend war Robert Owen (1771-1858), Fabrikbesitzer einer Baumwollspinnerei in Schottland. Er reguliert die Tagesarbeitszeiten , verbietet die Kinderarbeit und errichtet eine Mustersiedlung für die Arbeiter. Seine Motive dazu waren nicht ausschließlich altruistisch. Sah er doch in diesen Maßnahmen einen produktiveren Mitarbeiter.
      Das hat später wohl Otto von Bismarck (1815 – 1898) inspiriert, erster Kanzler des neuen Deutschen Reichs. Er war der Begründer der auch heute noch vorhandenen Sozialsysteme (Kranken-, Unfall-, Renten- und Invaliditätsversicherung).
    • Spätkapitalismus:
      Eine Besonderheit ist, dass die Gemeinschaft in wachsenden Umfang Kontrolle über die Betriebe ausübt. Es treten halb öffentliche Gebilde an die Stelle der freien Unternehmer. Arbeiter und Angestellte erhalten mehr Rechte. Gemeinschaftliche Prinzipien durchsetzten die kapitalistische Wirtschaft. Diese Phase hält bis heute an.
    • Grundzüge des Kapitalismus: Der Einzelne hat (im Vergleich zu anderen Systemen wie z.B. Kastensystemen) es in einem gewissen Rahmen in der Hand, seinen sozialen Status zu verbessern. Der soziale Status wird nicht mit der Geburt erworben. Durch den Umstand, dass der Status gewonnen oder verloren werden kann, kommt es zu Beschleunigung, Unruhe und Rationalisierung. Es entsteht der s.g. Tätigkeitsdrang. Er erfasst nicht nur Unternehmer, sondern wird zum Leitmotiv einer ganzen Epoche, welche bis heute andauert.
      Die vorkapitalistische Ordnung geprägt von der Ausgabenwirtschaft. So viel man ausgibt, so viel muss man einnehmen. Dem gegenüber steht das kapitalistische Erwerbsprinzip. Geld wird nicht mehr als Mittel zum Zweck verwendet sonder wird sein eigener Zweck. Geld wird um des Geldes wegen angehäuft. In der Ausgabenwirtschaft war die natürliche Grenze des Einkommens, die Ausgaben. Die Idee, mehr zu erwirtschaften, als man Ausgeben kann, war fremd. Es gab zwar zu dieser Zeit auch schon diesen Tätigkeitsdrang, nur wurde dieser auf anderen Betätigungsfeldern ausgelebt (z.B: Alchemie).
      Im Kapitalismus löst sich der Zweck des Wirtschaftens vom Menschen ab. Das Gewinnstreben in unendlich. Es gibt keine quantitative Begrenzung der wirtschaftlichen Aktivität. Gewinn wird an keinem Punkt sinnlos. Das verleiht dem Kapitalismus eine eigene Dynamik.

  2. Nationalökonomie:
    Im Werk „Die drei Nationalökonomien“ meldete sich Sombart schlichtend zum Methodenstreit in den Sozialwissenschaften zu Wort bei der Frage: Wer darf in der Wissenschaft Werturteile fällen? Sombart Position war, dass diese keine Urteile fällen darf. Sombarts differenzierte in richtende, ordnende und verstehende Nationalökonomie.
    • Richtende Nationalökonomie:
      Fällt Werturteile und ist somit nicht wissenschaftlich. Sie richtet sich nach dem, wie sie sein sollte in Bezug auf Gott oder der Vernunft des Menschen.
    • Ordnende Nationalökonomie:
      Obliegt der naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise und ist durch Demokratisierung, Differenzierung und Säkularisierung entstanden. Durch die verwendeten Mittel Mathematisierung, Quantifizierung und Elementarisierung kann sie nur messen, ordnen und beschreiben und muss auf die Wesenskenntnis verzichten.
    • Verstehende Nationalökonomie:
      Sombart unterscheidet 3 Arten des Verstehens: Sinnverstehen, Sachverstehen und Seelverstehen. Hier sieht Sombart in der Geistes – und Sozialwissenschaften Aufgaben zur Untersuchung in Hinsicht als soziales und kulturelles Phänomen.

  3. Luxus:
    Die Produktion der Luxusgüter revolutionierte die Ökonomie am nachhaltigsten und schnellsten - von Manufakturen bis zu Fabriken. Triebkraft hinter dieser Luxusgüterproduktion waren die Frauen am Hofe. Dadurch entstand der Kapitalismus auch aus der Liebe.

  4. Werturteilsfreiheit:
    Sombart nahm auch in dem Werk „Die drei Nationalökonomien“ als Vertreter der historischen Schule und des Prinzips der Werturteilsfreiheit kulturwissenschaftliche Positionen ein. Er verneinte ableitbare Gesetze oder vorausbestimmende Gesetzmäßigkeiten bei soziokulturellen Erscheinungsformen. Er sah diese viel mehr als Besonderheit in ihrer historischen Erscheinung. Diese Erscheinungen sah er als Produkte des freien Willens, als Schöpferakte des Geistes.

  5. Noo-Soziologie:
    In Sombarts Noo-Soziologie wird das Geistige des Menschen im kulturellen Raum betont. So verstand Sombart seine „Allgemeine Soziologie” auch als eine Form von Basiswissen für alle Kulturwissenschaften. Die Nationalökonomie war für ihn auch Soziologie, da er alle gesellschaftlichen Prozesse vom jeweiligen Wirtschaftssystem beeinflusst sah.


Rezeption und Wirkung

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  1. Wirkung auf seine Zeitgenossen:
    Sombart beeinflusste als rastloser Lehrer nahezu zwei Generationen im Bereich der Nationalökonomie und hatte demzufolge große
    Wirkung auf zahlreiche Studenten und Wissenschaftler. Er hatte jedoch nie eine eigene Schule gegründet.

    Er füllte Hörsäle mit mehr als 1000 Personen und wurde auch über die Grenzen der Wissenschaft als einer der bekanntesten
    Nationalökonomen seiner Zeit gefeiert. In dieser Zeit publizierten auch Max Weber und Ferdinand Tönnies, die damals jedoch
    eher nur in Fachkreisen bekannt waren.

    Seine Wirkung war schon zu seinen Lebzeiten auch in Ländern, in denen der Kapitalismus noch nicht in dem Maße Einzug genommen hat,
    bekannt. Beispiele wären Türkei, Rumänien oder Russland.

  2. Schüler und Beeinflusste:
    • Talcott Parsons (1902 - 1979): Parsons erhielt seinen Doktortitel 1927 in Heidelberg für eine Dissertation über Max Weber und Werner Sombart.
    • Emil Ludwig (1881 – 1948): Deutscher Schriftsteller
    • Ferdinand Fried (1899 – 1966): Deutscher Journalist
    • Otto Strasser (1897 – 1974): Nationalsozialistischer Politiker
    • Karl Barth (1886 – 1968): Schweizer Theologe
    • David Ben Gurion (1886 – 1973): Israelischer Staatsmann
  3. Bedeutung in der Gegenwartssoziologie:
    Sombart wurde lange in der deutschen wissenschaftlichen Diskussion übergangen. Heute sind es eher italienische oder französische Historiker, sowie manch österreichischer Soziologe, welche auf Sombarts Werk wieder aufmerksam machen.

    Die Einführung der heute noch gebräuchlichen Begriffe Früh-, Hoch- und Spätkapitalismus und der des Wirtschaftssystems werden neben der erstmaligen Verwendung des Begriffes Kapitalismus Sombart verdankt.

    Sombart ist neben Max Weber in der wissenschaftlichen Diskussion u.a. bei folgenden Themen wieder präsent:
    • Die ökonomische Theorie und die Ursachen der Städtebildung
    • Die Rolle des Unternehmers
    • Die Zukunft des Handwerks in der Industriegesellschaft


Literatur

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  • Appel, Michael [Hrsg.] (1992):
    "Werner Sombart : Historiker und Theoretiker des modernen Kapitalismus"
    Marburg. Metropolis.
  • Backhaus, Jürgen [Hrsg.] (2000):
    "Werner Sombart (1863 - 1941) - Klassiker der Sozialwissenschaften : eine kritische Bestandsaufnahme"
    Marburg. Metropolis
  • Sieferle, Rolf-Peter (1995):
    "Die konservative Revolution : fünf biographische Skizzen; (Paul Lensch, Werner Sombart, Oswald Spengler, Ernst Jünger, Hans Freyer)"
    Frankfurt am Main. Fischer
  • Vom Brocke, Bernhard (1997):
    "Sombarts "Moderner Kapitalismus" : Materialien zur Kritik und Rezeption"
    München. Dt. Taschenbuch-Verl
  • Zweynert, Joachim [Hrsg.] / Daniel Riniker (2004):
    "Werner Sombart in Rußland : Ein vergessenes Kapitel seiner Lebens- und Wirkungsgeschichte"
    Marburg. Metropolis.


Internetquellen

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