Beweisarchiv: Topologie: Der Satz von Poincaré-Bohl impliziert den Satz von Poincaré-Brouwer.

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Beweisarchiv: Topologie

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Der Satz von Poincaré-Bohl, englisch Poincaré-Bohl theorem, ist ein Lehrsatz aus dem mathematischen Teilgebiet der Topologie, welcher den beiden Mathematikern Henri Poincaré (1854 - 1912) und Piers Bohl (1865 - 1921) zugerechnet wird. Der Satz behandelt eine grundlegende Eigenschaft des brouwerschen Abbildungsgrades für stetige Vektorfelder im euklidischen Raum.

Der Satz besagt:[1][2]

Gegeben seien eine offene und beschränkte Menge und dazu zwei stetige Abbildungen
  .[3]
Hierzu sei
die zugehörige Menge der Randpunkte sowie
die Menge aller Punkte, welche auf den Verbindungsstrecken zwischen - und -Bildpunkt dieser Randpunkte liegen.
Dann gilt:
Für jeden außerhalb liegenden Punkt, also für jeden Punkt , stimmen die brouwerschen Abbildungsgrade von und überein:
  .


Hierzu lässt sich nun allein durch einige elementare Schlussweisen - und im Anschluss an die Darstellung von Egbert Harzheim! - zeigen, dass aus dem Satz von Poincaré-Bohl durch Anwendung der Eigenschaften des Abbildungsgrades und eines einfachen geometrischen Hilfssatzes unmittelbar der berühmte Satz von Poincaré-Brouwer folgt, welcher folgendes besagt:[4]

Für jedes und für jede stetige Abbildung existiert ein und ein mit .

Beweis der Folgerung[Bearbeiten]

Für den Beweis benötigt man einen Hilfssatz.

Hilfssatz[Bearbeiten]

Der Hilfssatz lautet wie folgt:

Enthält im eine Sehne der abgeschlossenen Einheitskugel den Nullpunkt , so ist die Sehne ein Durchmesser mit antipodischen Endpunkten und .[5]

Der Beweis des Hilfssatzes geht wie folgt:

Nach Voraussetzung gilt für ein :

und damit

  (*)

und weiter

  .

Also ist

und damit

  .

Wegen (*) folgt dann sogleich

  .

Eigentlicher Beweis[Bearbeiten]

Für den Fall, dass eine Nullstelle hat, ist die Behauptung unmittelbar einsichtig.

Andernfalls betrachtet man zu die folgende auf der abgeschlossenen Einheitskugel von definierte stetige Abbildung:

mit

  .

Nun ist

und daher ist es nach dem Satz von Poincaré-Bohl unmöglich, dass

gilt.

Denn dann wäre ja mit der Inklusionsabbildung

und der Antipodenabbildung

die Gleichung

gegeben.

Da jedoch

gilt, gelangt man auf diesem Wege direkt zu einem Widerspruch!

Daher kann nur folgendes gelten:

Für mindestens ein muss

  oder   (**)

gegeben sein.

Nun ist stets

und daher stellt jede der beiden Verbindungsstrecken

und für

eine Sehne der Einheitskugel dar.

Nach obigem Hilfssatz folgt aus (**) daher:

Es ist   für mindestens ein   .

Wegen bedeutet dies aber:

und daher

 .

Indem man

gemäß (**) passend setzt, hat man alles gezeigt.

Quellen und Hintergrundliteratur[Bearbeiten]

  • P. Alexandroff, H. Hopf: Topologie. Erster Band (Reprint). 45, Chelsea Publishing Company, New York 1965.
  • Egbert Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1978, ISBN 3-534-07016-X. MR0533264
  • James M. Ortega, W. C. Rheinboldt: Iterative Solution of Nonlinear Equations in Several Variables. (Unabridged republication of the work first published by Acadmic Press, New York and London, 1970). 30, Society for Industrial and Applied Mathematics, Philadelphia 2000, ISBN 0-89871-461-3. MR1744713

Einzelnachweise und Fußnoten[Bearbeiten]

  1. P. Alexandroff, H. Hopf: Topologie I 1965, S. 459
  2. J. M. Ortega, W. C. Rheinboldt: Iterative Solution of Nonlinear Equations in Several Variables 2000, S. 157
  3. ist die abgeschlossene Hülle von   .
  4. Egbert Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie. 1978, S. 176–177 i. V. m. S. 87, 120, 166-167
  5. Der Hilfssatz beinhaltet die geometrisch-anschaulich leicht einzusehende Aussage, dass in einer Vollkugel des euklidischen Raums jede Kugelsehne, welche den Kugelmittelpunkt enthält, schon ein Durchmesser sein muss und dass somit die Sehnenendpunkte schon Antipoden sind.