Natur: Naturwissenschaft
Prinzipien der Naturwissenschaften
[Bearbeiten]- C.F.von Weizsäcker
„Andere Menschen mögen ahnen, glauben, bekennen; der Wissenschaftler forscht. Er glaubt nur dort, wo er mit der Forschung ans Ziel gekommen ist. Er glaubt nur, wo er weiß. Nun ist es unmöglich alles zu wissen, was man wissen möchte, ja was man wissen sollte. Deshalb liegt in der wissenschaftlichen Haltung, auch beim erfolgreichsten Forscher, stets eine Resignation, ein Verzicht.“
- Gotthold Ephraim Lessing
„Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist oder zu sein vermeinet, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen. Denn nicht durch den Besitz, sondern durch die Nachforschung der Wahrheit erweitern sich seine Kräfte, worin allein seine immer wachsende Vollkommenheit bestehet. Der Besitz macht ruhig, träge, stolz.“
- Herbert Spencer
„Und nun wollen wir die weitere bedeutende Tatsache nicht übersehen, dass die Wissenschaft nicht nur der Bildhauerei, Malerei, Musik und Poesie zugrunde liegt, sondern dass die Wissenschaft selbst poetisch ist. … Mit wissenschaftlichen Untersuchungen Beschäftigte zeigen uns beständig, dass sie nicht weniger lebhaft, sondern lebhafter als andere, die Poesie ihres Gebietes erfassen.“
Naturwissenschaften sind die Wissenschaften, die sich mit der unbelebten und belebten Natur beschäftigen.
Das Grundprinzip der Naturwissenschaft ist die Suche nach erklärbaren Ursachen aller Erscheinungen. Dabei schließt die Naturwissenschaft übernatürliche, willkürliche und wiederholbaren Experimenten widersprechende Ursachen aus und setzt ihre Hoffnung auf eine mathematisch beschreibbare, eindeutige Form der Wirklichkeit. Diese Auffassung erzeugt auch Kritik, da sie sich nicht beweisen lässt.
Die Naturwissenschaften versuchen, verlässliche und allgemein gültige Theorien (Naturgesetze) zu erstellen, die sich - gemäß dem weithin anerkannten Postulat des Kritischen Rationalismus - immer wieder der Kritik stellen und bei auftretenden Widersprüchen überarbeitet werden müssen.
Gebiete
[Bearbeiten]Zu den Naturwissenschaften gehören die:
Die Grenze zu den anderen Wissenschaften ist nicht scharf gezeichnet. So ist die Psychologie teils Naturwissenschaft, teils Geisteswissenschaft.
Die Mathematik ist, da sie keine empirischen Untersuchungen über die Wirklichkeit anstellt, keine Naturwissenschaft, sondern eine Strukturwissenschaft, deren Ergebnisse prinzipiell in allen Wissenschaften angewendet werden können. Allerdings bedienen sich insbesondere die Naturwissenschaften mathematischer Methoden und Ergebnisse.
Von den Naturwissenschaften unterschieden werden die Geisteswissenschaften. Daneben gibt es noch die Gesellschaftswissenschaften und die Ingenieurwissenschaften. Auch sie werden im allgemeinen nicht zu den Naturwissenschaften gezählt.
Die Naturwissenschaften sind selbst keine Weltanschauungen, jedoch begründen viele Menschen ihre eigene Weltanschauung mit der Naturwissenschaft.
Als einer der wichtigsten Begründer der (eher beobachtenden oder theoretischen) Naturwissenschaften und Naturphilosophie gilt Aristoteles. Als Begründer der experimentellen Naturwissenschaft kann man Galileo Galilei nennen.
Zunächst befanden sich die Naturwissenschaften in einer großen Nähe zur Philosophie. In der Antike waren die meisten Philosophen auch Naturwissenschaftler. Die durch Descartes, über Leibniz, Hobbes, John Locke und Hume eingeleiteten Veränderungen in der Frühen Neuzeit führten unter Abspaltung der Metaphysik zur Entstehung der Naturwissenschaften als Einzeldisziplinen.
Zeitliche Hierarchie der Naturwissenschaften
[Bearbeiten]Betrachtet man die Geschichte der Welt seit ihrer Entstehung mit dem Urknall, dann kann man dem geschichtlichen Ablauf auch die einzelnen Naturwissenschaften zuordnen.
Physik
[Bearbeiten]Am Anfang kurz nach dem Urknall gab es nur physikalische Objekte. Es herrschten nur die Gesetze der Physik. Alle anderen Naturwissenschaften haben in dieser Zeit noch keine Daseinsberechtigung, denn ihr Forschungsgegenstand taucht erst später auf.
Chemie
[Bearbeiten]Sobald sich Protonen, Neutronen und Elektronen zu Elementen wie dem Wasserstoff vereinigten und der Wasserstoff und andere Elemente sich zu Molekülen zusammenschlossen, war die Chemie gefragt. Wer reagiert wann und wie schnell mit wem ? Was kommt dabei heraus ? All dies sind chemische Fragestellungen.
Biologie
[Bearbeiten]Auf der Erde kam es dann zu einer besonderen chemischen Entwicklung: zur chemischen Evolution. Aus sich immer wieder kopierenden Molekülen wurden schließlich die ersten Zellen. Das Leben begann circa vor 2 - 3 Milliarden Jahren auf unserer Erde. Ab diesem Zeitpunkt fängt das Forschungsgebiet der Biologie an. Was ist Leben ? Wie konnte es sich entwickeln und weiterentwickeln ? Das sind Fragen der Biologie.
Neurowissenschaften und Psychologie
[Bearbeiten]Mit der Entwicklung komplexer Nervensysteme fängt auch eine neue Stufe der Naturwissenschaften an. Diese Stufe beschäftigt sich mit der Informationsverarbeitung in Nervensystemen, speziell im menschlichen Nervensystem. An dieser Stelle wird dann auch die Grenze zu den Geisteswissenschaften erreicht. Die Grenze ist dabei nur unscharf zu ziehen.
Gesellschaftswissenschaften
[Bearbeiten]Ist schon die Erforschung des menschlichen Gehirn und Geistes über die Naturwissenschaften hinausgegangen, so gilt dies um so mehr für die Gesellschaftswissenschaften. Ihr Forschungsgebiet setzt historisch noch einmal später ein. Erst als die höheren Lebewesen anfangen größere Gesellschaften zu bilden, fängt das Untersuchungsgebiet der Soziologie, Politologie, Ökonomie und Rechtskunde an.
Diese Hierarchie bedeutet natürlich nicht, daß sich die einzelnen Naturwissenschaften auch in dieser zeitlichen Reihenfolge entwickelt haben. Betrachtet wird nur ihr Forschungsgegenstand. Zum Zeitpunkt des Urknalls jedenfalls ist die Soziologie oder die Biologie noch fehl am Platze.
Sehr wichtig ist die Tatsache, daß keine spätere und höhere Wissenschaft der darunterliegenden widersprechen darf. Es gibt beispielsweise keine neue Physik des Lebens, die der sonstigen Physik entgegengesetzt wäre. Auch Lebewesen unterliegen der Mechanik, Optik etc. Trotzdem hat jedes spätere Gebiet ganz neue Begriffe hervorgebracht und neue Forschungsgegenstände zu untersuchen, die zwar der darunterliegenden Wissenschaften nicht widersprechen, aber auch nicht trivial aus den Basiswissenschaften ableitbar sind. So läßt sich beispielsweise der Begriff der Art oder der Begriff der Sexualität nur über die Biologie selbst verstehen. Aus der Chemie und Physik heraus sind diese Begriffe nicht direkt verständlich und nicht direkt ableitbar.
Angewandte Gebiete
[Bearbeiten]Es gibt eine Reihe von Fachgebieten, in denen die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse angewendet werden, die sich auf die Naturwissenschaften berufen und die auch neue Erkenntnisse zu den Naturwissenschaften beigetragen haben. Zu diesen Fächern zählen:
- Technik und Handwerk mit all ihren Fächern
- Medizin
Beispiel für die Befruchtung der Naturwissenschaften aus einer Anwendung
[Bearbeiten]Guglielmo Marconi war ein Pionier der Funktechnik. Er ließ sich nicht von der gängigen naturwissenschaftlichen Meinung abhalten, den Funkverkehr über den Horizont hinaus erfolgreich zu probieren. Die korrekte Meinung der Experten war, daß sich Radiowellen gerade ausbreiten. Die Folgerung war falsch, dass deswegen eine Funkverbindung über den Atlantik unmöglich sei, denn man hatte nicht mit der Reflexion der Radiowellen an der Ionosphäre gerechnet. Seit 1890 beschäftigt sich Marconi mit der drahtlosen Telegrafie. Er begann mit Laborexperimenten auf dem Landgut seines Vaters. Am Ende entwickelte er erfolgreich einen Apparat, mit dem man Signale drahtlos bis zu 1,5 Meilen senden konnte. Er verlegte sein Labor auf die Kreideklippen der Insel Wight. 1899 kommt es zur ersten drahtlosen Verbindung über den Ärmelkanal. Am 12. Dezember 1901 gelang die erste transatlantische Funkübertragung.
Die Methoden der Naturwissenschaften
[Bearbeiten]- Beobachtung
- Dokumentation
- Beschreibung
- Abbildung
- Messung
- Experiment
- Theoriefindung
- Kritik
- Skepsis
- Wiederholung
- Abstraktion
- Vereinfachung
- Zergliedern und Zerlegen
- Zusammenbauen
- Simulation
Die sozialen (und unsozialen) Methoden der Naturwissenschaften
[Bearbeiten]- allein oder im Team forschen
- Ergebnisse und Zusammenfassungen veröffentlichen
- Verheimlichen
- Diskutieren
- Loben
- Kritisieren
- Kongresse besuchen
- wissenschaftliche Bücher, Zeitungen und WWW-Beiträge lesen
- Witze machen
- Abschreiben
- Nachmachen
- Variieren
- Überprüfen
- Wiederholen
- Patentieren
- Geld einsammeln
- Mitarbeiter finden
- Mitarbeiter motivieren
- Sympathisanten finden
Kritik an den Naturwissenschaften
[Bearbeiten]Siehe dazu das Kapitel Kritik an den Naturwissenschaften.
Zitate
[Bearbeiten]- Der Wissenschaftler arbeitet, wie alle Organismen, mit der Methode von Versuch und Irrtum. Der Versuch ist eine Problemlösung. Der Irrtum, oder genauer die Irrtumskorrektur, ist in der Evolution des Pflanzen- und Tierreichs gewöhnlich die Ausmerzung des Organismus; in der Wissenschaft die Ausmerzung der Hypothese oder Theorie. - Karl Raimund Popper,
- Wenn man eine Theorie hat, die weder etwas erklärt noch etwas vorhersagt, dann hört man auf, Wissenschaft zu machen. Kosmologe Lee Smolin vom Perimeter Institute in Waterloo, Kanada,
- Alles Leben ist Problemlösen, Erkenntnistheorie und Frieden Karl Popper
- Ohne Spekulation gibt es keine neue Beobachtung. Charles Darwin
- Auch die Wissenschaft hat ihre Apostel, ihre Märtyrer, ihre Gesetzgeber, ihren Katechismus, und sie dringt überall ein. - Über die Wissenschaft und das Leben , Francesco de Sanctis (1817-1883)
- Der Glaube schwindet, und es entsteht die Philosophie. - Über die Wissenschaft und das Leben , Francesco de Sanctis (1817-1883)
- Der Beginn aller Wissenschaften ist das Erstaunen, dass die Dinge sind, wie sie sind. Aristoteles
- Das Ziel der Wissenschaft ist es immer gewesen, die Komplexität der Welt auf simple Regeln zu reduzieren. Benoit Mandelbrot
- Es geht alles mit rechten Dingen zu!
- Die naturwissenschaftliche Frage ist die logische Hypothese, welche von einem bekannten Gesetz durch Analogie und Induction weiterschreitet; die Antwort darauf gibt das Experiment, welches in der Frage selbst vorgeschrieben liegt. ... Die Naturforschung setzt also Kenntnis der Thatsachen, logisches Denken und Material voraus; diese drei, in methodischer Verknüpfung, erzeugen die Naturwissenschaft. Rudolf Virchow
- Jeder Fortschritt, den eine Kirche in dem Aufbau ihrer Dogmen macht, führt zu einer ... Bändigung des freien Geistes; jedes neue Dogma ... verengt den Kreis des freien Denkens ... Die Naturwissenschaft umgekehrt befreit mit jedem Schritte ihrer Entwickelung ... Sie gestattet ... dem Einzelnen in vollem Maße wahr zu sein. Rudolf Virchow
- Zu den Menschen zu gehören, die ihre besten Kräfte der Betrachtung und Erforschung objektiver, nicht zeitgebundener Dinge widmen dürfen und können, bedeutet eine besondere Gnade. Wie froh und dankbar bin ich, dass ich dieser Gnade teilhaftig geworden bin, die weitgehend vom persönlichen Schicksal und vom Verhalten der Nebenmenschen unabhängig macht. Aber diese Unabhängigkeit darf uns nicht blind machen gegen die Erkenntnis der Pflichten, die uns unaufhörlich an die frühere, gegenwärtige und zukünftige Menschheit binden. Albert Einstein
Zeitschriften
[Bearbeiten]Siehe Natur:_Literatur#Zeitschriften