Biochemie und Pathobiochemie: Glycogenolyse und Stärkeabbau
Allgemeines
[Bearbeiten]Die Stärke der Pflanzen (Amylose und Amylopectin) und das tierische Glycogen stellen die kompakte Speicherform der Glucose dar. Sie bestehen aus langen Ketten von 1,4-α-verbundenen Glucosemolekülen, die sich über zusätzliche 1,6-α-gebundene Glucose-Moleküle verzweigen.
In Leber und Muskel gebildetes Glycogen dient im Körper als schnell verfügbarer Energie- bzw. Glucosespeicher.
Glycogen und Stärke aus der Nahrung werden im Verdauungstrakt von Amylasen, Glucosidasen und Isomaltasen zerlegt und dienen als exogene Kohlenhydratquelle.
Abbau von Kettenverzweigungen
[Bearbeiten]⇓ | Substrat | ( ⇑ ) | Co. | Enzym | EC | EG | Erkr. | |||
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α-Glucantransferase |
2.4.1.25 | Tr | GSD3 (Forbe, Cori) | |||||||
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H2O
α-D-Glucose |
Amylo-1,6-Glucosidase |
3.2.1.33 | Hyd | GSD3 (Forbe, Cori) | ||||||
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Zuerst wird die Amylose-Kette durch die α-Glucantransferase vom 1,6-gebundenen Glucose-Molekül (der Verzweigungsstelle) auf eine andere (bereits gekürzte) Amylose-Kette übertragen, also von einer 1,4- zu einer 1,4-Bindung. Das nun freistehende 1,6-gebundene Glucose-Molekül kann dann im 2. Schritt von der Amylo-1,6-Glucosidase abgespalten werden.
Freisetzung von Glucosemolekülen aus der (unverzweigten) Glycogenkette
[Bearbeiten]Tr. | Kov. | All. | ⇓ | Substrat | ( ⇑ ) | Co. | Enzym | EC | EG | Erkr. | ||
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+ Phos- phory- lierung (Leber) |
+ AMP |
Pi Glc-[1,4-α-D- Glycosyl]n-1-Glc |
Pyrid- oxal- phos- phat |
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2.4.1.1 | Tr | GSD5 (McArdle), GSD6 (Hers) | |||||
Phospho- glucomutase | 5.4.2.2 | Iso | GSD14, CDG1T | |||||||||
+ cAMP |
H2O
Pi |
Glucose-6-Phosphatase | 3.1.3.9 | Hyd | GSD1a (von Gierke) | |||||||
Die Freisetzung von Glucose-1-phosphat statt Glucose hat den Vorteil, dass die Glucose nicht erst wieder zum Glucose-6-phosphat mit ATP phosphoryliert werden muss, damit sie weiter verstoffwechselt werden kann. So kann ATP eingespart werden.
Glucoseabspaltung vom nicht-reduzierenden Kettenende her
[Bearbeiten]Sukkzessive Abspaltung terminaler 1,4-gebundener α-D-Glucose-Reste vom nicht-reduzierenden Ende her.
⇓ | Substrat | ⇑ | Co. | Enzym | EC | EG | Erkr. | |||
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H2O
Glycogen/Dextrin |
Glucan-1,4-α-Glucosidase | 3.2.1.3 | Hyd | |||||||
Aldose-1-Epimerase | 5.1.3.3 | Iso | ||||||||
Oligosaccharid
H2O |
Lysosomale α-Glucosidase (saure Maltase) |
3.2.1.20 | Hyd | (GSD2) Pompe) | ||||||
Intestinale Maltase-Glucoamylase | ||||||||||
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1,4-α-Spaltung von Stärke und Glycogen zu Dextrin durch Amylase im Verdauungstrakt
[Bearbeiten]⇓ | Subst. | ( ⇑ ) | Co. | Enzym | EC | EG | Erkr. | |||
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H2O
[1,4-α-D-Glycosyl]n |
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3.2.1.1 | Hyd | |||||||
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1,6-α-Spaltung von 1,6-α-Bindungen im Verdauungstrakt
[Bearbeiten]⇓ | Subst. | ( ⇑ ) | Co. | Enzym | EC | EG | Erkr. | |||
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H2O
α-D-Glucose (oder Dextrin) |
Isomaltase | 3.2.1.10 | Hyd | |||||||
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Eigenschaften von Glycogen und Stärke
[Bearbeiten]Pflanzliche Stärke setzt sich aus Amylose und Amylopectin zusammen. Amylose besteht aus Ketten von 250-300 Glucosemolekülen, die (wie Maltose auch) 1,4-α-glycosidisch verbunden sind. Amylopectin enthält zusätzlich noch an etwa jeder 25. Glucose eine 1,6-α-gebundene Glucose, wo sich dann die Kette verzweigt. Tierisches Glycogen entspricht weitgehend dem Amylopectin, ist allerdings noch stärker verzweigt (alle 6-10 Glucosereste). Durch die Verzweigungen entstehen große Makromoleküle.
Im tierischen Organismus findet der Auf- und Abbau von Glycogen vorwiegend in der Leber und im Muskel statt.
Abbau der Verzweigungen beim Glycogenabbau in Leber und Muskel
[Bearbeiten]Die Entfernung der Verzweigungen (Tab. 1) erfolgt, wenn durch die benachbarte Glycogenolyse die Verzweigungsstelle für die debranching-Enzyme zugänglich geworden ist. Dann kann die α-Glucantransferase angreifen und die 1,6-gebundene Kette bis auf das 1,6-gebundene Glucosemolekül 1,4-glycosidisch auf die andere Kette übertragen. Das einzelne 1,6-gebundene Glucosemolekül kann nach der Exponierung der 1,6-Bindung nun durch die Amylo-1,6-Glucosidase abgespalten werden.
____ _ ___/_ -> ___/_____ -> ________ α-Glucantransferase Amylo-1,6-Glucosidase
Abbau der 1,6-Verzweigungen im Verdauungstrakt
[Bearbeiten]α-1,6-glykosidische Bindungen werden im Dünndarm von der Isomaltase hydrolytisch gespalten (Tab. 5).
Abbau der Homopolysaccharidketten - 3 Varianten
[Bearbeiten]_ G1P _ Glc Bruchstücke _____ ______ ____________ ____ _ _____ ___ _ ____________ _____________ ______________ Phosphorylase Glucosidase α-Amylase
Aus der unverzweigten Glucose-Kette werden in Leber und Muskel sukzessive einzelne Glucosemoleküle direkt als Glucose-1-phosphat (ATP-Ersparnis!) von der Glycogen-Phosphorylase herausgeschnitten (Tab. 2) oder sie können durch die Glucosidase vom nicht-reduzierenden Ende her als Glucosemoleküle abgespalten werden (Tab. 3).
Mit der Nahrung aufgenommene pflanzlichen Stärke und Glycogen werden im Mund und Dünndarm durch α-Amylase (Tab. 4) und im Dünndarm durch α-Glucosidasen (Maltase, Tab. 3) an der α-1,4-glykosidischen Bindung hydrolytisch gespalten. Die α-Amylase hat ihr Aktivitätsmaximum im alkalischen Milieu und ist besonders im Sekret von Speicheldrüsen und Pankreas enthalten. Verbleibende α-1,6-glykosidische Bindungen werden von der Isomaltase abgebaut (Tab. 5).
Glycogenhaushalt
[Bearbeiten]Glycogen wird bezogen auf das Gewicht am stärksten in der Leber gespeichert. Glycogen stellt eine leicht verfügbare Glucosereserve dar. Die Leber ist für die Kohlenhydrate und Aminosäuren aus dem Verdauungstrakt, die über die Pfortader antransportiert werden, das erste Auffangbecken. Da wir unregelmäßig essen, Organe wie das Gehirn aber ständig Glucose brauchen wird der Blutglucosespiegel streng kontrolliert. Die Leber ist hier das zentrale Regulationsorgan, in dem sie Glucose als Glycogen speichert und sie bei Bedarf wieder freisetzt und auch über die Gluconeogenese neu bildet. Bezogen auf den Körpergesamtglycogengehalt findet sich das meiste Glycogen allerdings in der Skelettmuskelmasse. Der Skelettmuskel besitzt keine Glucose-6-Phosphatase-Aktivität und nutzt seine Glycogenspeicher daher nur für den Eigenbedarf (Glucose-6-phosphat kann die Zelle nicht verlassen).
Regulation
[Bearbeiten]Das Schlüsselenzym der Glycogenolyse ist die Glycogen-Phosphorylase. Allosterisch aktiviert wird das Enzym durch AMP, welches Energiemangel signalisiert. Allosterische Hemmer sind entsprechend ATP und Glucose-6-phosphat.
Die Leber-Isoform des Enzyms kann auch durch Phosporylierung eines Serin-Restes aktiviert werden. Die Phosphorylierung erfolgt durch die Phosphorylase-Kinase, die ihrerseits durch Phosphorylierung oder Ca2+-Calmodulin aktiviert wird. Aktivierung heißt es kommt zu einer Konformationsänderung des Enzyms. Die Glycogenolyse in der Leber wird stimuliert durch Glucagon (aus den A-Zellen des Pankreas) und Katecholamine (Adrenalin aus dem Nebennierenmark), die beide über membranständige G-Protein-gekoppelte Rezeptoren die Adenylatcyclase aktivieren (-> cAMP-Anstieg), sowie durch Glucokortikoide (aus der Nebennierenrinde). Insulin (aus den B-Zellen des Pankreas) wirkt als Gegenspieler und bremst den Glycogenabbau.
Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin
[Bearbeiten]Eine Erhöhung der α-Amylase im Serum kann auf eine Pankreatitis oder Sialadenitis hinweisen.
Pharmakologie
[Bearbeiten]Oral zugeführte α-Glucosidase-Hemmer wie die Acarbose hemmen im Dünndarm die Spaltung von Stärke in Glucose. Beim Diabetes mellitus Typ 2 können damit postprandiale Blutzuckerspitzen verhindert werden. Gastrointestinale Nebenwirkungen kommen durch die bakterielle Zersetzung der nicht resorbierten Kohlenhydrate im Dickdarm zustande.
Weblinks
[Bearbeiten]- KEGG: Starch and sucrose metabolism - Homo sapiens (human)
- The chemical logic behind... Glycogen synthesis and degradation von Prof. Doutor Pedro Silva
- RCSB PDB: Glycogen Phosphorylase
- RCSB PDB: Alpha-amylase
Allgemeine Hintergrundfarbe für Substrate | Hintergrundfarbe Reaktionspfeile | „Schlüsselenzyme“ | |
Energiereiche Phosphate Reduktionsäquivalente | CO2 / HCO3− C1-Reste Stickstoff |
Abk.: Tr.: Transkriptionelle Regulation, Tl.: Regulation der Translation, Lok.: Regulation über die Enzymlokalisation, Kov.: Regulation durch kovalente Modifikation, All.: Allosterische Regulation, Koop.: Kooperativer Effekt, Co.: Cofaktoren, EC: Enzymklassifikation, EG: Enzymgruppe (Oxidoreductase, Transferase, Hydrolase, Lyase, Isomerase, Ligase), Erkr.: Assoziierte Erkrankungen.
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