Biochemie und Pathobiochemie: Abbau gesättigter Fettsäuren
Allgemeines
[Bearbeiten]Fettsäuren werden zur Energiegewinnung vorwiegend in den Mitochondrien in der sog. β-Oxidation oxidiert. Dafür müssen die Fettsäuren zuerst mit Coenzym A aktiviert und mittels Carnitin über die innere Mitochondrienmembran in die Matrix geschafft werden.
Aktivierung der Fettsäuren zu Acyl-CoA im Zytosol
[Bearbeiten]⇓ | Subst. | ( ⇑ ) | Co. | Enzym | EC | EG | Erkr. |
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ATP
PPi |
Acyl-CoA-Synthetase | 6.2.1.3 | Lig | Unspezifische X-gebundene mentale Retardierung Typ 63 | |||
CoA-SH
AMP |
|||||||
Fettsäuren im Zytosol stammen aus der zelleigenen Biosynthese, aus der Lipolyse oder werden aus dem Blut aufgenommen. Damit sie weiterverstoffwechelt werden können müssen sie mit Coenzym A aktiviert werden.
Transport ins Mitochondrium
[Bearbeiten]Tr. | All. | ⇓ | Subst. | ⇑ | Co. | Enzym | EC | EG | Erkr. | ||||||||
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|
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+ Lang- kettige FS + T3,T4 |
- Malonyl-CoA | Carnitin-O- Palmitoyltransferase | 2.3.1.21 | Tr | CPT1A-Def., CPT2-Def. | ||||||||||||
Carnitin-Acylcarnitin- Translocase | CACT-Def. |
Der Abbau von Fettsäuren erfolgt überwiegend im Mitochondrium.
Da langkettige Fettsäuren die innere Mitochondrienmembran nicht überwinden können (die äußere Membran ist sehr durchlässig), wird die Fettsäure von CoA-SH auf Carnitin übertragen und nach Transport über die Membran wieder mit CoA-SH verestert. Die Bildung von Acyl-Carnitin durch die Carnitin-O-Palmitoyltransferase ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Fettsäureoxidation.
Die Carnitin-O-Palmitoyltransferase (CPT) wird durch Malonyl-CoA, dem Substrat der Fettsäurenbiosynthese gehemmt. Dadurch wird eine unsinnige gleichzeitige Aktivierung des Fettsäurenauf- und abbaus verhindert.
β-Oxidation
[Bearbeiten]Der Abbau ungesättigter Fettsäuren erfolgt überwiegend in der sog. β-Oxidation in der mitochondrialen Matrix:
⇓ | Subst. | ( ⇑ ) | Co. | Enzym | EC | EG | Erkr. |
---|---|---|---|---|---|---|---|
FAD | FAD | FAD | (VLC-)Acyl-CoA-Dehydrogenase | 1.3.8.8 | Ox | VLCAD-Def. | |
(MC-)Acyl-CoA-Dehydrogenase | 1.3.8.7 | MCAD-Def. | |||||
Acyl-CoA-Oxidase | 1.3.3.6 | Pseudoneonatale Adrenoleukodystrophie | |||||
(SC-)Butyryl-CoA-Dehydrogenase | 1.3.99.2 | SCAD-Def. | |||||
H2O
|
H2O
|
Enoyl-CoA-Hydratase | 4.2.1.17 | Ly | TFP-Def. | ||
NAD+ | NAD+ | NAD | LC-3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase (LCHAD) | 1.1.1.211 | Ox | TFP-Def., LCHAD-Def. | |
3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase | 1.1.1.35 | HADH-Def. | |||||
CoA-SH |
|
CoA-SH | Acetyl-CoA-C-Acyltransferase (β-Ketothiolase) | 2.3.1.16 | Tr | TFP-Def. | |
Acetyl-CoA-C-Acetyltransferase | 2.3.1.9 | alpha-Methylacetoaceturie | |||||
Der Abbau ungesättigter Fettsäuren erfolgt in der sog. β-Oxidation in der mitochondrialen Matrix. Die letzten drei Schritte werden z.T. von einem einzigen trifunktionellen Protein (TFP) katalysiert.
Die β-Oxidation umfasst vier Schritte. Zuerst wird das Acyl-CoA dehydriert (oxidiert), dann hydratisiert (Wasseranlagerung), noch ein weiteres mal dehydriert und zuletzt ein Acetyl-coA abgespalten. D.h. in einem Zyklus werden zwei Reduktionsäquivalente gewonnen (zwei Oxidationen) und die mit CoA veresterte Fettsäure wird um einen C2-Rest (Acetyl-CoA) gekürzt.
Geradzahlige Fettsäuren werden komplett zu Acetyl-CoA oxidiert. Bei ungeradzahligen Fettsäuren bleibt am Ende ein C3-Rest (Propionyl-CoA) übrig, der gesondert abgebaut wird.
Sehr langkettige Fettsäuren mit mehr als 18 C-Atomen werden zuerst in den Peroxisomen in Teilschritten der β-Oxidation gekürzt, bevor sie ins Mitochondrium verbracht werden. Im Unterschied zur mitochondrialen β-Oxidation werden die Elektronen dort ohne Energiegewinn auf molekularen Sauerstoff übertragen. Das dabei entstehende Wasserstoffperoxid (H2O2) wird durch die Katalase zu Wasser und Sauerstoff disproportioniert.
Energiebilanz
[Bearbeiten]Die Energiebilanz hängt von der Länge der Fettsäure ab. Hier ein Rechenbeispiel für Stearinsäure (C18H36O2).:
Aktivierung | Stearinsäure -> Stearyl-CoA | - 2 ATP (zwei energiereiche Bindungen, ATP -> AMP + PPi) |
β-Oxidation | Stearyl-CoA -> 9 Acetyl-CoA | 8 FADH2 + 8 NADH/H+ = 8 x 1,5 ATP + 8 x 2,5 ATP = + 32 ATP |
Citratzyklus | 9 Acetyl-CoA -> 18 CO2 | 9 x 1 FADH2 + 9 x 3 NADH/H+ + 9 ATP (GTP) = 9 x 1,5 ATP + 9 x 3 x 2,5 ATP + 9 ATP = + 90 ATP |
Aus einer Stearinsäure gewinnt die Zelle also 120 ATP (vergleiche 32 ATP bei Oxidation eines Glucose-Moleküls).(Anm.: Das Ergebnis hängt davon ab, welche Umrechnungsfaktoren man für die Umsetzung der Reduktionsäquivalente in ATP animmt, im o.g. Fall 1,5 für FADH2 und 2,5 für NADH/H+. Manche Lehrbücher rechnen mit den Faktoren 2 für FADH2 und 3 für NADH/H+. Die Bilanz ergäbe dann in unserem Fall 146 ATP.)
Pathobiochemie
[Bearbeiten]Genetische Defekte der beteiligten mitochondrialen Enzyme führen zu einer Verwertungsstörung von Fettsäuren. Diese stehen dann nicht mehr zur Energieversorgung der Zelle zu Verfügung und akkumulieren im Gewebe (Organverfettung). Beides beeinträchtigt die Organfunktion vor allem von Herz, Skelettmuskel, Nervensystem und Leber. Symptome treten meist nach Fastenperioden (Glucosemangel nach Aufbrauchen der Glycogenspeicher) oder in Zeiten erhöhten Energiebedarfs (Infektionen) auf, je nach Schwere des Enzymdefekts häufig schon in der Neonatalperiode oder im frühen Kindesalter. Typischerweise lässt sich dabei eine hypoketotische Hypoglykämie nachweisen.
Defekte können auch Enzyme in Peroxisomen betreffen (Acyl-CoA-Oxidase), die am Abbau sehr langkettiger und/oder ungesättigter Fettsäuren beteiligt sind. Diese manifestieren sich vor allem am Nervensystem.
Der häufigste Defekt des Fettsäurenabbaus ist die MCAD-Defizienz und betrifft damit den ersten Schritt der β-Oxidation.
Eine Besonderheit weist die LCHAD-Defizienz auf: Eine Stoffwechseldefekt des Feten kann hierbei in der Schwangerschaft eine Erkrankung der Mutter in Form einer sog. Gestose (wie z.B. das HELLP-Syndrom oder die akute Leberverfettung in der Schwaangerschaft, kurz AFLP) hervorrufen.
Literatur
[Bearbeiten]Disorders of fatty-acid oxidation (FAOD):
- Lindner M, Hoffmann GF, Matern D. “Newborn screening for disorders of fatty-acid oxidation: experience and recommendations from an expert meeting”. J. Inherit. Metab. Dis., 33:521–6, October 2010. DOI:10.1007/s10545-010-9076-8. PMID 20373143.
- Gregersen N, Andresen BS, Bross P. “Prevalent mutations in fatty acid oxidation disorders: diagnostic considerations”. Eur. J. Pediatr., 159 Suppl 3:S213–8, December 2000. PMID 11216903.
- Rinaldo P, Raymond K, al-Odaib A, Bennett MJ. “Clinical and biochemical features of fatty acid oxidation disorders”. Curr. Opin. Pediatr., 10:615–21, December 1998. PMID 9848022.
Weblinks
[Bearbeiten]- KEGG: Fatty acid metabolism - Homo sapiens (human)
- The chemical logic behind... fatty acid metabolism von Prof. Doutor Pedro Silva
Allgemeine Hintergrundfarbe für Substrate | Hintergrundfarbe Reaktionspfeile | „Schlüsselenzyme“ | |
Energiereiche Phosphate Reduktionsäquivalente | CO2 / HCO3− C1-Reste Stickstoff |
Abk.: Tr.: Transkriptionelle Regulation, Tl.: Regulation der Translation, Lok.: Regulation über die Enzymlokalisation, Kov.: Regulation durch kovalente Modifikation, All.: Allosterische Regulation, Koop.: Kooperativer Effekt, Co.: Cofaktoren, EC: Enzymklassifikation, EG: Enzymgruppe (Oxidoreductase, Transferase, Hydrolase, Lyase, Isomerase, Ligase), Erkr.: Assoziierte Erkrankungen.
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