Wir haben im Artikel Basis gesehen, dass jeder endlichdimensionale Vektorraum eine Basis besitzt. Das heißt, wenn
ein
-dimensionaler
-Vektorraum ist, gibt es eine Basis
von
. Also lässt sich jeder Vektor
eindeutig als Linearkombination der Basisvektoren
schreiben, d.h.
mit eindeutigen
.
Weiter wissen wir, dass Vektorräume mehr als eine Basis haben können. Sei
eine zweite Basis von
. Dann können wir
auch eindeutig als Linearkombination der
schreiben, d.h.
mit eindeutigen
.
Wir haben also zwei Darstellungen des Vektors
. Über die Basis
bekommen wir die Darstellung
und über die Basis
erhalten wir
.
Wie können wir die Basisdarstellung bezüglich
des Vektors
in die Darstellung bezüglich
überführen?
Diese Frage ist insbesondere interessant im Zusammenhang mit Abbildungsmatrizen. Abbildungsmatrizen erlauben uns, mit Koordinaten statt mit Vektoren von
zu rechnen. Die Koordinaten eines Vektors hängen aber immer von der gewählten Basis in
ab. Wir wollen eine einfache Möglichkeit, um Koordinaten beliebiger Vektoren bzgl. einer Basis
von
in Koordinaten bzgl. einer anderen Basis
von
umzurechnen.
Die Situation im
[Bearbeiten]
Um diese Frage zu ergründen, starten wir mit einem einfacheren Spezialfall. Als Vektorraum betrachten wir den
und setzen
als die (geordnete) Standardbasis
fest. Sei weiter
eine beliebige geordnete Basis des
. Wir müssen für
und
geordnete Basen benutzen, damit wir sinnvoll über die Abbildungsmatrizen sprechen können.
To-Do:
"Abbildungsmatrizen" verlinken auf eine Diskussion im Artikel zu Abbildungsmatrizen, wo diskutiert wird, dass wir hier geordnete Basen brauchen.
Ein Vektor
lässt sich in der Basis
wie folgt ausdrücken:
für eindeutig bestimmte
. Gibt es eine Methode, mit der wir die Koordinaten jedes Vektors
bzgl. der Standardbasis einfach in Koordinaten bzgl.
umrechnen können? Sei
ein Vektor, dessen Koordinaten bezüglich der Standardbasis
wir kennen. Wie können wir die Koordinaten
von
bzgl. der Basis
einfach aus den Koordinaten
von
bzgl. der Standardbasis
berechnen?
Wir wollen also eine Methode, um für gegebene
die zugehörigen
zu finden. Wir wollen die Abbildung
beschreiben, die jeden Vektor
auf seinen Koordinatenvektor
bzgl.
abbildet.
Diese Abbildung ist die Koordinatenabbildung
, die wir schon aus dem Artikel "Isomorphismus" kennen.
Um herauszufinden, wie der Vektor
ausgedrückt in der Basis
aussieht, müssen wir die Abbildung
beschreiben.
Wir wissen schon, dass
linear ist. Um die Abbildung zu beschreiben, können wir sie als Darstellungsmatrix ausdrücken.
Wir sind im
und wir setzen
in die Abbildung ein und wollen
herausbekommen. Also sind Input und Output der Abbildung
in der Standardbasis gegeben.
Deshalb benutzen wir die Standardbasis, um die Darstellungsmatrix von
anzugeben.
Dafür müssen wir
auf die Standardbasisvektoren
anwenden. Das heißt, wir müssen
bezüglich
darstellen.
Sei
eine ebensolche Darstellung. Die Koeffizienten
kann man durch Lösen eines linearen Gleichungssystems bestimmen.
To-Do:
Verlinken, sobald der Artikel zum Gleichungssytem fertig ist / an die Stelle verlinken, wo das für die Koordinatnenabbildung gemacht wird.
Dann ist
für
.
Damit erhalten wir die Abbildungsmatrix
Die Spalten von
bestehen also aus den Koordinatenvektoren der Standardbasisvektoren bzgl.
.
Weil unsere Abbildung von
nach
geht und wir
bezüglich der Standardbasis darstellen, erhalten wir
für alle
.
Die gesuchten Vorfaktoren
erhalten wir also durch
Die Matrix
ist nach unserer Konstruktion die Abbildungsmatrix
bezüglich der Standardbasis.
Verallgemeinerung auf beliebige endlichdimensionale Vektorräume[Bearbeiten]
In einem allgemeinen endlichdimensionalen Vektorraum
gibt es anders als im
keine Standardbasis. In dieser Situation haben wir zwei geordnete Basen
und
.
Weiter haben wir einen beliebigen Vektor
gegeben als Linearkombination
bzgl. der Basis
mit
. Die Koeffizienten
werden auch die Koordinaten von
bzgl.
genannt.
Entsprechend sind die Koordinaten bzgl. der Basis
gewisse Skalare
mit
.
Wir suchen eine Methode, um die Koordinaten
bzgl.
eines beliebigen Vektors
in die Koordinaten
bzgl.
umzurechnen. Wir benötigen also eine Abbildung
, die
auf
abbildet.
Wir kennen bereits die Koordinatenabbildungen
mit
und
mit
. Wir wollen aus
den Vektor
erhalten. Die Koordinatenabbildungen sind Isomorphismen. Also schickt
den Vektor
auf
und
bildet
auf
ab. Führen wir erst
und anschließend
aus, so erhalten wir eine Abbildung, die
auf
abbildet.
Unsere gewünschte Transformation wird also durch die lineare Abbildung
realisiert. Wir können dann, wie oben bei der Situation im
, die Abbildungsmatrix von dieser linearen Abbildung im
bezüglich der Standardbasis bestimmen. Diese Abbildungsmatrix ist dann
. Wenn wir uns an den Artikel Abbildungsmatrizen erinnern, ist dies aber das Gleiche, wie die Abbildungsmatrix
, wegen
.
Warum dieses Ergebnis für den Basiswechsel nicht so überraschend ist[Bearbeiten]
Wenn wir uns überlegen, was Abbildungsmatrizen machen, ist dies intuitiv folgendes:
Eine Abbildungsmatrix
verhält sich in gewisser Weise wie die zu ihr korrespondierende lineare Abbildung
: Dies sieht man darin, was es bedeutet,
auf einen Vektor
anzuwenden - also
zu berechnen. Wir können
als den Koordinatenvektor eines Vektors
bzgl.
auffassen. Auf diesen Vektor
wenden wir nun
an und erhalten
. Diesen stellen wir nun bezüglich
dar und erhalten den Koordinatenvektor
. Dieser ist das Ergebnis der Multiplikation
.
Genauer passiert folgendes: Wir nehmen einen Vektor
.
Was passiert, wenn wir
auf
anwenden? Wir bilden zuerst den Vektor
. Der Vektor
ist genau die Linearkombination bezüglich der Basis
mit den Vorfaktoren
und
ist der Koordinatenvektor von
bzgl.
. Dann wenden wir
auf
an und erhalten den Vektor
. Anschließend wird
in der Basis
ausgedrückt
. Nun erhalten wir nach der Definition von Abbildungsmatrizen:
.
In unserem Fall wollen wir den bezüglich
dargestellten Vektor
bezüglich
darstellen:
. Das heißt, dieser Vektor
an sich soll sich nicht ändern.
Aus den Vorfaktoren
wollen wir
bekommen. Wir starten also mit dem Vektor
, bilden den zugehörigen, bzgl.
dargestellten Vektor
, machen mit
nichts und bilden dann den Koordinatenvektor
bzgl.
. Das sieht dem Vorgehen von oben ähnlich. Da wir
nicht ändern, ist in unserem Fall
.
Damit sollte folgende Abbildungsmatrix die Aufgabe des Basiswechsels für uns übernehmen:
. Sie bildet die Vorfaktoren bzgl. der Basis
auf die Vorfaktoren bzgl. der Basis
ab.
Die Basiswechselmatrix hat noch viele andere Namen. Sie wird in der Literatur auch als Übergangsmatrix, Basisübergangsmatrix, Transformationsmatrix oder Koordinatenwechselmatrix bezeichnet.
Warnung
Die Namen Transformations- bzw. Übergangsmatrix bezeichnen in der Literatur manchmal auch Matrizen, die keine Basiswechselmatrizen sind.
Basiswechselmatrizen bei der Klassifikation linearer Abbildungen[Bearbeiten]
Wiederholung: Klassifikation linearer Abbildungen[Bearbeiten]
Wir haben im Artikel Raum der linearen Abbildungen gesehen, dass die linearen Abbildungen zwischen zwei endlichdimensionalen Vektorräumen
und
einen neuen Vektorraum
bilden. Gilt
und
, dann ist
.
Aus dem Einführungsartikel zu Matrizen wissen wir, dass Abbildungsmatrizen eine Möglichkeit sind, die
Informationen, die die lineare Abbildung beschreiben, effizient zu speichern.
Wir haben bereits in der 1-1-Korrespondenz zwischen Matrizen und linearen Abbildungen gesehen, dass wir Abbildungsmatrizen benutzen können, um lineare Abbildungen zu klassifizieren.
Wie sieht diese Klassifikation aus? Wenn wir geordnete Basen
von
und
von
wählen, können wir einer linearen Abbildung
die Matrix
zuordnen. Diese Zuordnung gibt uns einen Isomorphismus
nach Konstruktion der Vektorraumstruktur auf Matrizen. So können wir jede lineare Abbildung
von
nach
effizient durch die Matrix
darstellen.
Das Problem mit dieser Darstellung[Bearbeiten]
Diese Klassifikation der Abbildung hängt von der Wahl der geordneten Basen
und
ab.
Beispiel (Verschiedene Darstellungsmatrizen einer Abbildung)
Wir betrachten die Abbildung
Sei
die Standardbasis des
. Wir betrachten außerdem die geordneten Basen
und
. Dann ist
Da
gilt, sieht die Abbildungsmatrix von
bzgl.
und
wie folgt aus:
Führen wir die gleiche Rechnung mit den Basen
und
aus, erhalten wir
Damit ist die Abbildungsmatrix von
bzgl. der Basen
und
Somit sehen wir, dass
gilt.
Lösung des Problems[Bearbeiten]
Gegeben sind eine Abbildung
und geordnete Basen
und
von
sowie
und
von
. Wir stellen uns folgende Frage: Wie können wir die Darstellungsmatrix
in die Darstellungsmatrix
überführen?
Aus der Definition der Darstellungsmatrix wissen wir, dass für alle Vektoren
gilt
und
.
Diese Gleichung können wir einem Diagram veranschaulichen:
Bei diesen beiden Diagrammen ist es egal, welchen Weg man geht. Zum Beispiel ist es egal, ob wir mit
von
direkt nach
gehen oder den Umweg über
und
einschlagen. Entsteht bei jedem Weg die gleiche Abbildung, spricht man von einem kommutierenden Diagramm.
Wir können die beiden Diagramme zusammenfügen:
Auch dieses Diagramm kommutiert wieder. Das heißt, wenn man einen festen Start- und Endpunkt hat, ist es immer noch egal, welchen Weg man im Diagramm geht. Es kommt immer die gleiche Abbildung heraus.
Wenn wir links oben bei
starten, ist es also egal, welchen Weg wir nutzen, um zum
unten links zu kommen.
Wir können über
von
nach
gelangen oder zuerst
, dann
und schließlich
ausführen.
Folglich ist die Abbildung
gleich der Verknüpfung der Abbildungen
,
und
.
Wir haben nun gesehen, dass die Abbildung
in die Abbildung
überführt werden kann.
Ursprünglich wollten wir aber die Matrix
in die Matrix
überführen.
Wie kommen wir von der Abbildung
wieder zu der Matrix
?
Die Matrix
sieht kompliziert aus. Deshalb überlegen wir uns, wie wir diese Frage für eine allgemeine Matrix
beantworten können. Wir betrachten die zu
zugehörige lineare Abbildung
. Die Darstellungsmatrix der linearen Abbildung
bezüglich den Standardbasen des
und
ist wieder
.
Setzen wir nun die Matrix
für
ein. Die Darstellungsmatrix der Abbildung
bezüglich den Standardbasen ist genau
.
Wie wir schon gesehen haben, ist die Abbildung
gleich der Verknüpfung der Abbildungen
,
und
.
Also stimmt die Darstellungsmatrix der Verknüpfung von
,
und
bzgl. der Standardbasen mit
überein.
Wir können die Darstellungsmatrix der Verknüpfung aber auch anders ermitteln.
Im Artikel Matrizenmultiplikation haben wir gesehen, dass Verknüpfungen von Abbildungen genau der Multiplikation der jeweiligen Darstellungsmatrizen entsprechen.
Deshalb schreiben wir die Darstellungsmatrizen der verknüpften Abbildungen einzeln auf und multiplizieren sie dann.
- Wie wir für
schon gesehen haben, ist die Darstellungsmatrix von
bezüglich der Standardbasen von
und
wieder
.
- Die Darstellungsmatrix von
haben wir bereits oben hergeleitet, sie ist
. Das ist genau die Basiswechselmatrix
.
- Genauso ist die Darstellungsmatrix von
gegeben durch die Basiswechselmatrix
.
Multiplizieren wir diese drei Matrizen, erhalten wir die Matrix
. Also gilt
.
Das heißt, dass sich
aus
durch Linksmultiplikation mit
und Rechtsmultiplikation mit
berechnen lässt.
Transformation am Beispiel[Bearbeiten]
Wir wissen nun, wie wir Darstellungsmatrizen einer linearen Abbildung zu verschiedenen Basen ineinander überführen können.
Betrachten wir noch einmal das obige Beispiel.
Wir haben die lineare Abbildung
und die geordneten Basen
,
und
.
Die Matrix
haben wir bereits berechnet:
Wir wollen
durch Matrizenmultiplikation bestimmen, also durch
.
Wir müssen
und
bestimmen. Es gilt
, denn die Basis
ändert sich nicht.
Nun zur Berechnung der Basiswechselmatrix
:
Wir wissen
. Um diese Matrix zu bestimmen, müssen wir die Basisvektoren von
in der Basis
ausdrücken:
Also ist
Daraus folgt
Überzeuge dich davon, dass dieses Ergebnis mit dem von oben übereinstimmt.
Basiswechsel einer Darstellungsmatrix[Bearbeiten]
Wir haben die Basen
von
und die Basen
von
gegeben.
Sei
eine Abbildung mit der folgenden Abbildungsmatrix bzgl.
und
:
Wir wollen die Abbildungsmatrix von
bzgl. den Basen
und
bestimmen.
Das machen wir mit Matrizenmultiplikation
.
Dafür müssen wir zunächst die Basiswechselmatrizen
und
berechnen.
Beispiel (Basiswechsel einer Darstellungsmatrix)
Wir haben die Basen
und
von
und
und
Basen von
.
Sei
eine Abbildung mit der folgenden Abbildungsmatrix bzgl.
und
:
Wir wollen die Abbildungsmatrix von
bzgl. den Basen
und
bestimmen.
Das machen wir mit Matrizenmultiplikation
.
In den vorherigen Beispielen haben wir
und
bereits bestimmt. Also können wir einfach rechnen:
Die Abbildungsmatrix von
bzgl. den Basen
und
ist also
To-Do:
komplizierteres Bspl. evtl. mit Polynomen (z.B. Basiswechsel zwischen Monomen und Lagrange-Basis
To-Do:
Links genauer spezifizieren, sobald die entsprechenden Abschnitte durchgeplant sind.
- In den Beispielen haben wir gesehen, dass man häufig Gleichungssysteme lösen muss, um eine Basiswechselmatrix zu bereichnen. Dieses Lösen von linearen Gleichungssystemen werden wir im Bereich zu Gleichungssystemen und Matrizen systematischer betreiben.
- Wir haben jetzt gesehen, wie wir aus einem Basiswechsel eine Matrix bekommen. Die umgekehrte Frage, d.h. welche Matrizen zu Basiswechseln korrespondieren, werden wir im Artikel Inverse Matrizen behandeln.