Gitarre: ein wenig Reharmonisierung
Jazzworkshop für Gitarre (Lektion 3)
[Bearbeiten]- Noch ein wenig Begleitung
C Am F G ||------0------0--0-|-----0------0--0-|----1-----1--1-|-----3-------3- ---3---|| ||o-----1------1--1-|-----1------1--1-|----1-----1--1-|-----0-------0- ---0--o|| ||------0------0--0-|-----2------2--2-|----2-----2--2-|-----0-------0- ---0---|| ||-----(2)-----2--2-|----(2)-----2--2-|-3----3-3------|----(0)-----(0) --(0)--|| ||o-3------3-3------|-0------0-0------|---------------|----(2)-----(2) --(2)-o|| ||------------------|-----------------|---------------|-3------3-3---- -------||
Wir haben hier eine simple Akkordverbindung. I-VI-IV-V (1-6-4-5). Diese enthält nur einen Quintfall zwischen G und C und klingt damit nicht besonders jazzig.
Wenn man dem F noch einen zusätzlichen Basston hinzufügt, und zwar ein D, dann erhält man ein F/D (F-Dur mit D im Bass) - und dies ist nichts anderes als ein Dm7.
Der Dm7 klingt dem F-Dur so ähnlich (er enthält ja alle Akkord-Töne von F-Dur), dass man F-Dur meist problemlos durch Dm7 austauschen kann. Durch diesen Basston erhalten wir eine typische Akkord-Progression I-VI-II-V (1-6-2-5) (Progression = Weiterführung einer Akkordfolge oder Melodienfolge).
- C Am Dm7 G
"Am" ist von C aus die Moll-Parallele. Dm7 ist von Am eine Quinte abwärts. G ist von Dm7 eine Quinte abwärts, und C ist von G eine Quinte abwärts. Durch nur einen Basston erhalten wir einen Quintfall-Turnaround. Ein Turnaround ist eine Akkordfolge, die wieder zu ihrem Ursprungs-Akkord zurückstrebt. Sehr oft wird sie immer wieder im Kreis gespielt. Ab dem Am-Akkord haben wir also eine Quintenkette bzw. einen Quintenfall.
- Am - Dm7 - G | C - Am - Dm7 - G
Auch alle anderen Akkorden werden mit Septimen (7er) aufgefüllt, wobei jeder Akkord jeweils die Töne verwendet, die von der C-Dur-Tonleiter vorkommen.
- Cj7 Am7 Dm7 G7
Diese spezielle Akkordfolge eignet sich sehr gut, um darüber frei mit der C-Dur-Tonleiter zu improvisieren.
Cmaj7 Am7 Dm7 G7 ||------0------0--0-|-----0------0--0-|----1-----1--1-|-----1-------1- ---1----|| ||o-----0------0--0-|-----1------1--1-|----1-----1--1-|-----0-------0- ---0---o|| ||------0------0--0-|-----0------0--0-|----2-----2--2-|-----0-------0- ---0----|| ||-----(2)-----2--2-|----(2)-----2--2-|-0----0-0------|----(0)-----(0) --(0)---|| ||o-3------3-3------|-0------0-0------|---------------|----(2)-----(2) --(2)--o|| ||------------------|-----------------|---------------|-3------3-3---- --------||
Diese I-VI-II-V (1-6-2-5)-Kette ist der Beginn von George Gershwin's Welterfolg "I Got Rhythm". Die Harmoniefolge wurde so oft kopiert und verhackstückt, dass man diesen Turnaround "Rhythm-Change" nennt. Es hat dabei also nicht direkt etwas mit Rhythmus zu tun, sondern mit dem Songtitel: "I got RHYTHM"
Dieselbe Akkordfolge mit Barré-Akkorden.
Cmaj7 Am7 Dm7 G7 ||------3------3--3-|-----5-------5----5--|-----5-------5----5--|-----3-------3----3----|| ||o-----5------5--5-|-----5-------5----5--|-----6-------6----6--|-----3-------3----3---o|| ||------4------4--4-|-----5-------5----5--|-----5-------5----5--|-----4-------4----4----|| ||-----(5)-----5--5-|----(5)-----(5)--(5)-|----(7)-----(7)--(7)-|----(3)-----(3)--(3)---|| ||o-3------3-3------|----(7)-----(7)--(7)-|-5------5-5----------|----(5)-----(5)--(5)--o|| ||------------------|-5------5-5----------|---------------------|-3------3-3------------||
- Vorteil an den Barré-Akkorden
die leichte Verschiebbarkeit - Schiebt man alles nur zwei Bünde weiter, hat man eine neue Tonart...
Dmaj7 Bm7 Em7 A7 ||------5------5--5-|-----7-------7----7--|-----7-------7----7--|-----5-------5----5----|| ||o-----7------7--7-|-----7-------7----7--|-----8-------8----8--|-----5-------5----5---o|| ||------6------6--6-|-----7-------7----7--|-----7-------7----7--|-----6-------6----6----|| ||-----(7)-----7--7-|----(7)-----(7)--(7)-|----(9)-----(9)--(9)-|----(8)-----(5)--(5)---|| ||o-5------5-5------|----(9)-----(9)--(9)-|-7------7-7----------|----(7)-----(7)--(7)--o|| ||------------------|-7------7-7----------|---------------------|-5------5-5------------||
Damit es nicht langweilig wird, füllt der Jazzer gerne noch ein paar so genannte Optionstöne auf. Meistens sind es Töne, die auch zu der entsprechenden Tonleiter gehören.
- Beispiel
Cj7 = C E G H + <D> = Cj7/9 (weil D 9 Töne von C entfernt ist...)
- (das <D> wurde in der Tabulatur mit eckigen Klammern hervorgehoben.)
Für Am7 habe ich auf die schnelle keine sinnvolle Ergänzung gefunden, also begnügen wir uns hier mit der 7
(vielleicht findet ja ein anderer bis zur Fertigstellung des Workshops eine sinnvolle Alternative)
Dm7 funktioniert genau wie C-Dur:
- Dm7 = D F A C + <E> = Dm7/9
Beim G-Dur wurden gleich drei Töne aufgefüllt:
- G7 = G H D F + <A> = G7/9 + <C> = G7/9/11 + <E> = G7/9/11/13
Töne weglassen
[Bearbeiten]Da nicht alle 7 Akkord-Töne, die zu einem 13er-Akkord dazugehören, auf einer 6-saitigen Gitarre untergebracht werden können, müssen wir Töne weglassen. Dabei geht man immer einen Kompromiss ein, den ein Klavierspieler nicht zu machen braucht, da er es etwas leichter hat, die Töne auf die Tasten zu bringen. Aber auch er lässt mitunter einzelne Intervalle eines angezeigten Akkord weg:
- Die 1 (Grundton) kann wegfallen, wenn ein Bassist den Ton übernimmt. Manchmal kann man den Grundton auch weglassen, wenn er durch einen Slash-Akkord ersetzt wird. Man muss nur aufpassen, ob dadurch der Akkordcharakter nicht verändert wird.
- die 3 (Terz) muss bleiben, um den Dur bzw. Moll-Charakter deutlich zu machen. Außer man will ganz bewusst einen Quartvorhalt spielen (sus4).
- die 5 (Quinte) wird von unserem Ohr ergänzt, auch wenn diese gar nicht angeschlagen wird. Sie klingt auch als Oberton mit. Daher kann man die Quinte als erstes weglassen,
- die 7 (Septime) brauchen wir, um den Dominantcharakter deutlich zu machen. Nur zur Not (wenn die 9, 11 und 13 vorhanden sind, und wenn eine zusätzliche 7 grifftechnisch schwer zu realisieren ist,) könnte man auch mal auf diese verzichten. Man vergibt sich aber den drängenden, weiterführenden Charakter der Dominante.
- die 9 (None) gibt eine Klangfarbe dazu, die nicht unbedingt wichtig ist. Wenn es nicht gerade der Melodieton ist, den man mit spielen möchte, dann kann er wegfallen.
- eine 9b (kleine None) deutet oftmals eine Zwischendominante einer Moll-Tonart an. In solch einem Fall sollte das Ohr entscheiden, ob man auf die charakteristische Klangfärbung verzichten möchte.
- die 11 lassen wir nur dann stehen, wenn wir einen Quartvorhalt erzeugen möchten (bei dem fehlt die 3). Meist löst er sich zur 3 hin auf. Wenn 11 (bzw. 4) und 3 gleichzeitig erklingen, ergibt sich aufgrund des Halbtonabstandes ein Konflikt.
- die 13 sollten wir als charakteristische Farbe behalten.
Also wichtig sind die Töne 1,3,7 und 13. Diese Intervalle sollte man nur dann streichen, wenn man grifftechnisch keine andere Möglichkeit hat. 5, 9, 11 können am ehesten unter den Tisch fallen. Man spielt dann einen abgespeckten 13er. Genau genommen hätten wir dann G7add13, üblicherweise schreibt man aber G13, der Jazzer weiß: 7 dazu, keine 11, die 5 und 9 nach Belieben.
Cmaj7/9 Am7 Dm7/9 G13 ||------3------3--3-|-----5-------5----5--|-----5-------5----5--|-----3-------3----3----|| ||o----<3>----<3><3>|-----5-------5----5--|----<5>-----<5>--<5>-|----<5>-----<5>--<5>--o|| ||------4------4--4-|-----5-------5----7--|-----5-------5----5--|-----4-------4----4----|| ||-----(5)-----5--5-|----(5)-----(5)--(5)-|----(7)-----(7)--(7)-|----(3)-----(3)--(3)---|| ||o-3------3-3------|----(7)-----(7)--(7)-|-5------5-5----------|----------------------o|| ||------------------|-5------5-5----------|---------------------|-3------3-3-------3----||
Anmerkung: Streng genommen ist der Dm7/9 hier ein D7sus2. Unglücklicherweise haben wir hier beim Hinzufügen des Optionstones die Terz geopfert, welche den Dur/Moll Charakters des Akkords bestimmt.
Die Optionstöne lassen sich oft verwenden, um die Folge des jeweils höchsten Tones melodisch sinnvoll zu gestalten: Gut klingt es, wenn der entsprechende Ton über mehrere Akkorde liegen bleibt oder wenn sich die Melodie in kleinen Schritten (= chromatisch) in eine Richtung bewegt.
Hier bleibt im ersten Takt, trotz wechselnder 4-stimmigen Akkorden, das D oben liegen; im zweiten Takt ist es das E.
Cmaj7/9 Am7/11 Dm7 G7 Cmaj7 Am7 Dm7/9 G13 ||-----------------------------|----------------------------|| ||------3-----3-----3-----3----|-----5-----5-----5-----5----|| ||------4-----5-----5-----4----|-----4-----5-----5-----4----|| ||------2-----5-----3-----3----|-----5-----5-----3-----3----|| ||------3-----------5----------|-----3-----------5----------|| ||------------5-----------3----|-----------5-----------3----||
Es wird später einmal eine Herausforderung sein, Melodie und Begleitung miteinander zu einem Solostück zu arrangieren.
Hörbeispiel
[Bearbeiten]- Nochmal alle Beispiele jeweils mit einer Wiederholung...
Kurze Zusammenfassung:
[Bearbeiten]- um ein Stück zu verjazzen, versuche man in den einfachen Akkordfolgen einen Quintenfall einzubauen.
- Akkorde werden mit 7er (oder j7er) aufgefüllt, wobei man meist die Töne der gerade vorherrschenden Tonart bevorzugt.
- Wenn es geht und passt, werden die 7er noch mit 9er, 11er und 13er ergänzt.
- Auch hier wählt man meistens die 7 / 9 / 11 / 13er, die auch in der Tonleiter vorkommen
- Mitunter können einzelne Intervalle unter den Tisch fallen, wenn diese grifftechnisch schwer zu realisieren sind, oder wenn man ein etwas sparsameren Klang (Voicing) haben möchte.
- Am ehesten kann die Quinte (5) wegfallen; je nach dem auch die 9 und oder die 11.
- Die wichtigen Töne 3 und 7 sollte man nach Möglichkeit spielen, damit der Akkord seine Funktion erfüllen kann.
- Die Akkordkombination I-VI-II-V wird mit all ihren Variationen auch Rhythm-Change genannt.
- Die Barré-Akkorde lassen sich leicht verschieben.
- Genauso einfach lassen sich ganze Akkordprogressionen verschieben.
Es muss nicht alles verstanden sein, denn die Lücken werden sich nach und nach schließen.
Und es sei vorab schon gesagt, auch mit einigen Wissenslücken in Sachen Harmonielehre kann man gute Musik machen. :o)