Häufungspunkt und Berührpunkt einer Menge – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

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Motivation[Bearbeiten]

Wie im Artikel „Häufungspunkt einer Folge“ bereits erklärt wurde, muss zwischen dem Begriff des Häufungspunktes einer Menge und dem des Häufungspunktes einer Folge sorgfältig unterschieden werden. Im Folgenden wollen wir den Häufungspunkt einer Menge näher untersuchen. Daher soll der Begriff „Häufungspunkt“ in diesem Artikel als Häufungspunkt einer Menge verstanden werden.

Wie der Name Häufungspunkt einer Menge schon erahnen lässt, soll ein Häufungspunkt der Menge ein Punkt sein, um den sich die Elemente der Menge häufen. Diese vage Formulierung möchten wir etwas konkretisieren.

Wenn sich Elemente der Menge um den Punkt häufen, so sollten wir zumindest fordern, dass in jedem noch so kleinen offenen Intervall um den Punkt mindestens ein Element von liegt. Falls dies nicht der Fall wäre, würden wir eine kleine Zahl finden, so dass für jeden Punkt gilt: .

Punkt
Punkt

Das würde jedoch bedeuten, dass die Punkte aus dem Häufungspunkt nicht beliebig nahe kommen könnten, was jedoch unserer Intuition eines Häufungspunktes widersprechen würde.

Halten wir fest, dass wir mindestens Folgendes für einen Häufungspunkt der Menge fordern: Für jedes gibt es ein , sodass . Nun fragen wir uns, ob diese Definition ausreichend ist.

Betrachte man dazu die Menge als Beispiel. Nach der bisherigen Definition wäre ein Häufungspunkt der Menge . Dies wollen wir kurz überprüfen: Sei . Da ist, können wir direkt unser als Element der Menge hernehmen. Nun folgt, dass . Dies zeigt, dass ein Häufungspunkt unserer Menge wäre. Dies ist aber nicht wirklich zufriedenstellend, da sich die Elemente von nicht wirklich um häufen.

Um dieses Szenario zu vermeiden, verschärfen wir unsere Definition etwas. Wir nennen einen Häufungspunkt der Menge , falls für jedes ein von verschiedenes Element gibt, sodass gilt. Mit dieser Definition ist nun kein Häufungspunkt der Menge mehr. Dies ist ersichtlich, da wir für kein von verschiedenes Element der Menge finden, sodass gilt. Nachher werden wir sehen, dass aus dieser Definition schon folgt, dass es für jedes unendlich viele Elemente gibt, für die gilt.

Bisher haben wir gesehen, dass Mengen mit einem Element keine Häufungspunkte haben. Wie sieht es aus, wenn wir die Menge betrachten? Wie oben bereits bewiesen wurde, kann kein Häufungspunkt sein.

Hat die Menge dann überhaupt Häufungspunkte? Sehen wir uns zuerst das Intervall an. Sei also und . Egal wie klein ist, nach Definition des Intervalls wird immer entweder oder in liegen. Wir haben also gerade gezeigt, dass alle Punkte im Intervall Häufungspunkte sind.

Ein Häufungspunkt der Menge M
Ein Häufungspunkt der Menge M

Dies sind auch genau alle Häufungspunkte, da sämtliche Punkte außerhalb von in diesem Fall nicht durch Punkte aus angenähert werden können (Wie könnte man das durch eine geeignete Wahl von beweisen?). Könnte sich dieses Ergebnis ändern, wenn wir betrachten?

Wozu brauchen wir überhaupt Häufungspunkte? Später werden wir Ableitungen einer Funktion in einem Punkt definieren und dabei wird es wichtig sein, dass jeder Punkt ein Häufungspunkt ist, damit die Ableitung an diesem Punkt definiert werden kann.

Häufungspunkt einer Menge[Bearbeiten]

Nun schreibe man die vorherigen Überlegungen sauber auf.

Definition (Häufungspunkt einer Menge)

Eine Zahl ist Häufungspunkt einer Menge , wenn es für jedes ein Element gibt mit und .

Eigenschaften von Häufungspunkten[Bearbeiten]

To-Do:

Beweise noch etwas zu technisch.

Zuerst möchten wir den Zusammenhang zwischen Häufungspunkten von Mengen und Folgen darstellen.

Satz (Jeder Häufungspunkt einer Menge ist der Grenzwert einer Folge der Menge)

Ein Punkt ist genau dann ein Häufungspunkt der Menge , falls es eine Folge in gibt, für welche für alle und gilt.

Beweis (Jeder Häufungspunkt einer Menge ist der Grenzwert einer Folge der Menge)

Es ist zu beachten, dass die Aussage des Satzes eine Äquivalenz von Aussagen ist. Wir müssen also zwei Richtungen zeigen. Beginnen wir mit der Richtung von links nach rechts.

"": Sei ein Häufungspunkt der Menge . Für festes setzen wir Da ein Häufungspunkt ist, gibt es nun ein Element mit und Da dieses Element von und damit im Speziellen von abhängt, nenne ich es Nun verfahren wir so für jedes . Wir erhalten eine Folge Nun zeigen wir, dass diese Folge in der Tat gegen den Häufungspunkt strebt. Erinnern wir uns dazu nochmals an die Definition des Grenzwertes einer Folge. Sei beliebig. Wählen wir ein mit Sei nun , also auch Nun folgt nach Konstruktion unserer Folge Nach Definition des Grenzwertes zeigt dies, dass der Grenzwert der Folge der Häufungspunkt ist.

Nun beweisen wir die Richtung von rechts nach links.

"": Sei . Sei außerdem eine Folge in die gegen konvergiert und für die für alle gilt. Da gilt, gibt es ein mit . Außerdem gilt , was den Satz beweist.

Nun möchten wir rechtfertigen, dass ein Häufungspunkt einer Menge wirklich seinen Namen verdient hat und sich die Elemente der Menge um ihn häufen.

Satz (Die Elemente einer Menge häufen sich um die Häufungspunkte der Menge)

Sei ein Häufungspunkt der Menge . Für jedes gibt es eine Menge mit unendlich(!) vielen Elementen, sodass für alle gilt .

Beweis (Die Elemente einer Menge häufen sich um die Häufungspunkte der Menge)

Wir beweisen die Aussage per Widerspruch. Die Kontraposition lautet: Es gibt ein , sodass für jede unendliche Menge gilt: Es existiert ein mit . Diese Aussage kann nun auch in folgende Aussage umgeformt werden: Es existiert ein , sodass die Menge endlich ist. Warum? Hätte unendlich viele Elemente, dann müsste nach der Kontraposition ein mit existieren. Dies kann aber nach Definition von nicht sein. Nun wählen wir Da die Menge endlich ist und gilt Daraus können wir nun folgern, dass für alle mit gilt Dies jedoch widerspricht der Tatsache, dass ein Häufungspunkt von ist. ↯

Wie sieht es aus, wenn nur endlich viele Elemente enthält? Dann kann jede -Umgebung eines Häufungspunktes von nur endlich viele Elemente in enthalten. Somit ist unser zweiter Satz nicht erfüllt und wir folgern:

Satz (Endliche Menge hat keine Häufungspunkte)

Eine Menge mit endlich vielen Elementen hat keine Häufungspunkte.

Zur Übung könnte man sich überlegen, wie man diesen Satz direkt aus der Definition beweisen kann.

Berührpunkt[Bearbeiten]

To-Do:

Motivation von Berührpunkten fehlt

Wie wir gerade gesehen haben, gibt es Punkte, die keine Häufungspunkte sind, jedoch der Grenzwert einer Folge aus der Menge. Diese Punkte sind also fast Häufungspunkte. Sie liegen beliebig nahe an der Menge, jedoch häufen sich die Elemente der Menge nicht um sie. Um diese Punkte auch in einer Definition zu erfassen, führen wir das Konzept des Berührpunktes ein, welches eine Abschwächung eines Häufungspunktes ist.

Definition (Berührpunkt)

Sei eine Menge. Eine Zahl nennt man Berührpunkt der Menge , falls es eine Folge aus gibt, die gegen konvergiert.

Eigenschaften von Berührpunkten[Bearbeiten]

Lass uns jetzt ein paar einfache Eigenschaften von Berührpunkten beweisen. Aus der Definition sehen wir sofort, dass jeder Punkt einer Menge ein Berührpunkt dieser Menge ist.

Satz (Jeder Punkt einer Menge ist ein Berührpunkt dieser Menge)

Jeder Punkt einer Menge ist Berührpunkt von .

Beweis (Jeder Punkt einer Menge ist ein Berührpunkt dieser Menge)

Sei ein beliebiger Punkt. Nun müssen wir zeigen, dass es eine Folge aus gibt, die gegen konvergiert. Welche Folge könnte es sein? Wählen wir dafür die konstante Folge, für die jedes Folgeglied den Wert hat. Im Speziellen konvergiert diese Folge gegen und liegt in .

Nun kümmern wir uns um die Beziehung zwischen Berührpunkten und Häufungspunkten. Konkret stellen wir uns die Fragen: Ist jeder Häufungspunkt ein Berührpunkt? Ist jeder Berührpunkt ein Häufungspunkt? Die Antwort auf die erste Frage ist einfach:

Satz (Jeder Häufungspunkt ist ein Berührpunkt)

Jeder Häufungspunkt einer Menge ist Berührpunkt von .

Beweis (Jeder Häufungspunkt ist ein Berührpunkt)

Jeder Häufungspunkt von ist ein Grenzwert einer Folge in . Daher folgt sofort, dass jeder Häufungspunkt auch ein Berührpunkt von ist.

Kommen wir zur Antwort auf die Frage: Ist jeder Berührpunkt ein Häufungspunkt? Dafür denken wir an das Beispiel in der Motivation mit : Hier ist die Menge der Häufungspunkte leer, die Menge der Berührpunkte enthält aber mindestens den Punkt , wie wir gerade bewiesen haben. Es ist also bereits klar, dass die Menge der Häufungspunkte von strikt kleiner als die Menge der Berührpunkte sein kann. Können wir noch mehr sagen? Wenn wir uns nochmal genau die Definitionen von Häufungspunkten und Berührpunkten anschauen, dann sehen wir, dass diese sich nur darin unterscheiden, ob im Wertebereich der approximierenden Folge liegen darf oder nicht. Daher folgern wir:

Satz (Beziehung zwischen Häufungspunkt und Berührpunkt)

Jeder Punkt einer Menge ist genau dann Häufungspunkt von , wenn er Berührpunkt von ist.

Beweis (Beziehung zwischen Häufungspunkt und Berührpunkt)

Falls ein Berührpunkt von ist, dann gibt es eine Folge in , die gegen konvergiert. Daher folgt sofort, dass ein Häufungspunkt von ist. Nun nehmen wir an, dass ein Häufungspunkt von ist. Wie oben bewiesen folgt direkt, dass es eine Folge in mit für alle und gibt. Daher folgt, dass ein Berührpunkt von ist.

Beispiele[Bearbeiten]

Beispiel (Häufungspunkte und Berührpunkte von Intervallen)

Die Menge der Häufungspunkte eines beliebigen offenen Intervalls () ist das abgeschlossene Intervall . Ebenso ist die Menge der Berührpunkte von das abgeschlossene Intervall .

Beispiel (Berühr- und Häufungspunkte einer Vereinigungsmenge)

Die Menge der Berührpunkte von ist , während die Menge der Häufungspunkte das abgeschlossene Intervall ist.

Satz (Häufungspunkte der rationalen Zahlen)

Die Menge der Häufungspunkte der rationalen Zahlen ist .

Beweis (Häufungspunkte der rationalen Zahlen)

Sei ein Häufungspunkt von und sei . Da die rationalen Zahlen dicht in den reellen Zahlen liegen, gibt es ein mit und , was beweist, dass ein Häufungspunkt von ist. Dies zeigt ebenso, dass die Menge der Berührpunkte von die Menge der rationalen Zahlen ist.

To-Do:

Q ist dicht in R

Frage: Bestimme die Berühr- und Häufungspunkte folgender Teilmengen von .

  1. Berührpunkte: , Häufungspunkte:
  2. Berührpunkte: , Häufungspunkte:
  3. Berührpunkte: , Häufungspunkte:
  4. Berührpunkte: , Häufungspunkte: