Viele Dozenten stellen gerne Aufgaben, in denen die Konvergenz oder Divergenz einer Reihe bewiesen werden muss. Auf dieser Seite sammeln wir einige Tipps und Tricks, die dir bei solchen Aufgaben helfen. Sie zeigen auch exemplarisch, wie erfahrene Mathematiker Konvergenzaufgaben angehen. Anschließend werden wir diese Vorgehensweisen an mehreren Anwendungsbeispielen veranschaulichen.
Tipps zur Bestimmung des Konvergenzverhaltens[Bearbeiten]
Trivialkriterium überprüfen[Bearbeiten]
Überprüfe zunächst, ob du das Trivialkriterium anwenden kannst. Dieses besagt, dass jede Reihe
, bei der die Folge
nicht gegen null konvergiert, divergieren muss. Bestimme also zunächst den Grenzwert von
. Wenn dieser Grenzwert nicht existiert oder wenn dieser Grenzwert ungleich null ist, dann divergiert die Reihe
. Es kann allerdings vorkommen, dass die Bauart der Folge
zu kompliziert ist, um das Konvergenzverhalten ohne großen Aufwand feststellen zu können. In diesem Fall müssen wir auf die anderen Konvergenzkriterien zurückgreifen. Ist
eine Nullfolge, so müssen wir ebenfalls ein anderes Kriterium anwenden, da daraus nicht folgt, dass die Reihe
konvergiert. Das Trivialkriterium ist nur dazu geeignet, die Divergenz einer Reihe zu zeigen.
Leibnizkriterium bei alternierenden Reihen[Bearbeiten]
Bei alternierenden Folgen kann oft das Leibniz-Kriterium angewandt werden. Dieses besagt, dass jede Reihe der Form
oder der Form
konvergiert, wenn die Folge
eine monoton fallende Nullfolge ist. Wichtig ist, dass beide Eigenschaften (monoton fallend und Nullfolge) erfüllt sind. Ist
keine Nullfolge, so divergiert die Reihe nach dem Trivialkriterium. Ist
eine Nullfolge, jedoch nicht monton fallend, so kann die Reihe konvergieren oder divergieren. Dies muss mit einem der anderen Kriterien überprüft werden. Außerdem müssen wir beachten, dass wir mit dem Leibniz-Kriterium nur die Konvergenz und nicht die absolute Konvergenz der Reihe folgern können. Diese muss zusätzlich noch gezeigt bzw. widerlegt werden. Oftmals ist das mit dem Majoranten- bzw. Minorantenkriterium möglich.
Quotientenkriterium[Bearbeiten]
Bei Reihen der Form
lohnt sich oft eine Überprüfung mit dem Quotientenkriterium. Wenn
, dann konvergiert die Reihe nach dem Quotientenkriterium absolut. Ist
, dann divergiert die Reihe. Häufig konvergiert die Quotientenfolge
. Dann gelten Konvergenz- bzw. Divergenzaussagen mit
, statt
bzw.
. Gilt jedoch
, so ist keine Konvergenzaussage möglich und wir müssen andere Konvergenzkriterien in Betracht ziehen.
Wurzelkriterium bei Reihen über Potenzen[Bearbeiten]
Bei einer Reihe über einer Potenz der Form
oder
ist oft das Wurzelkriterium hilfreich. Dieses besagt, dass die Reihe absolut konvergiert, wenn
bzw.
ist. Ist
bzw.
, so divergiert die Reihe. Konvergiert die Folge
bzw.
, so gelten die entsprechenden Aussagen mit
, statt
. Ist der Limes Superior gleich
, dann ist das Wurzelkriterium, genau wie das Quotientenkriterium, nicht anwendbar.
Majoranten- und Minorantenkriterium[Bearbeiten]
Die beiden Kriterien lassen sich häufig bei Reihen der Form
anwenden, wobei
und
Polynomfunktionen sind. Das Quotienten- sowie das Wurzelkriterium versagen bei Reihen dieser Form. Als Majorante eignet sich häufig die konvergente Reihe
und als divergente Minorante die harmonische Reihe
. Ansonsten ist auch jede Reihe
mit
als Majorante und jede Reihe
mit
als Minorante geeignet. Um eine geeignete Majorante zu finden, müssen wir den Zähler
nach oben und den Nenner
nach unten abschätzen. Um eine geeignete Minorante zu finden, funktioniert es genau umgekehrt. Als Anhaltspunkt, ob die Reihe konvergiert oder divergiert, gilt die folgende Merkregel: Ist
, so konvergiert die Reihe und wir können das Majorantenkriterium anwenden. Gilt hingegen
, so divergiert die Reihe. In diesem Fall können wir das Minorantenkriterium anwenden. Dabei bezeichnet
bzw.
die größte Potenz des Polynoms
bzw.
. Bei anderen Beispielen eignet sich die geometrische Reihe
mit
bzw.
als Majorante bzw. Minorante.
Entscheidungsbaum zur Bestimmung der Konvergenz und Divergenz[Bearbeiten]
Alle Tipps und Tricks haben wir für dich in einem Entscheidungsbaum zusammengefasst:
Anwendungsbeispiele[Bearbeiten]
Anwendungsbeispiel 1[Bearbeiten]
Betrachten wir zunächst die Reihe
Hier lautet die Koeffizientenfolge
Diese Folge ist eine Nullfolge.
haben wir für natürliche Zahlen
bereits bewiesen. Nach dem Sandwichsatz folgt damit auch
für
. Auch ist diese Folge nicht alternierend, da alle Folgenglieder positiv sind. Da es sich um eine Quotientenfolge handelt, liegt es nun auf der Hand, das Quotientenkriterium anzuwenden. Es gilt
Mit den Rechenregeln für Grenzwerte gilt nun
Nach dem Quotientenkriterium konvergiert somit unsere Reihe
(absolut). Fertig!
Anwendungsbeispiel 2[Bearbeiten]
Als nächstes sehen wir uns die Reihe
an. Hier ist
Diese Folge ist eine Nullfolge. Dies ist nicht so offensichtlich, wird aber klar, wenn wir
schreiben. Bedenken wir nun, dass
ist, so folgt auch
. Alternierend ist die Folge wieder nicht, da alle Glieder positiv sind. Es handelt sich wieder um eine Quotientenfolge. Allerdings besteht der Nenner aus dem Term
. Durch Ziehen der
-ten Wurzel vereinfacht sich dieser zu
. Ebenso vereinfacht sich der Zähler nach dem Wurzelziehen. Daher wenden wir hier das Wurzelkriterium an. Es gilt
Wegen
konvergiert die Reihe
nun (absolut).
Anwendungsbeispiel 3[Bearbeiten]
Als Drittes untersuchen wir die Reihe
auf Konvergenz. Wieder ist
eine Nullfolge. Denn
. Da die Folge alternierend ist, bietet sich das Leibniz-Kriterium an. Die Nullfolgeneigenschaft von
haben wir uns schon überlegt. Als nächstes müssen wir überprüfen, ob
auch monoton fallend ist. Es gilt für alle
:
Also ist
eine monoton fallende Nullfolge und die Reihe
konvergiert. Wir müssen sie nun noch auf absolute Konvergenz untersuchen.
Dazu überlegen wir, ob
konvergiert. Diese kann allerdings nicht konvergieren, denn es gilt
Da die harmonische Reihe
divergiert, divergiert auch die Reihe
. Nach dem Minorantenkriterium divergiert somit die Reihe
. Unsere Reihe
konvergiert daher nicht absolut.
Anwendungsbeispiel 4[Bearbeiten]
Als Viertes betrachten wir die Reihe
Hier ist die Koeffizientenfolge
mit
Diese hat die Form
(„Polynom durch Polynom“) mit
und
. Wegen
konvergiert die Reihe (absolut). Außerdem können wir wegen
die Koeffizientenfolge nach oben durch
mit
abschätzen. Dazu machen wir den Zähler größer und den Nenner kleiner. Es gilt
Da nun die Reihe
konvergiert, konvergiert auch die Reihe
(absolut).
Anwendungsbeispiel 5[Bearbeiten]
Als Letztes betrachten wir noch die Reihe
Dieses Beispiel soll veranschaulichen, dass bei alternierenden Reihen nicht immer zwangsläufig das Leibniz-Kriterium angewendet werden kann. Der Grund liegt in diesem Fall darin, dass die Koeffizientenfolge
mit
keine Nullfolge ist. Es gilt nämlich
Also ist
keine Nullfolge und damit gilt dies auch für
. Die Reihe
divergiert daher nach dem Trivialkriterium.