Es gibt mehrere Möglichkeiten die Stetigkeit einer Funktion zu beweisen:
- Verkettungssätze: Wenn die Funktion als Verkettung stetiger Funktionen dargestellt werden kann, ist sie nach den Verkettungssätzen stetig.
- Ausnutzung der lokalen Natur der Stetigkeit: Wenn eine Funktion in einer kleinen Umgebung um einen Punkt dieselbe Funktionsvorschrift wie die einer stetigen Funktion besitzt, dann muss sie an diesem Punkt auch stetig sein.
- Betrachtung des links- und rechtsseitigen Grenzwerts: Wenn man zeigen kann, dass der linksseitige und rechtsseitige Grenzwert einer Funktion an einer Stelle existiert und gleich dem dortigen Funktionswert ist, dann ist die Funktion an dieser Stelle stetig.
- Nachweis Folgenkriterium: Beim Folgenkriterium muss man zeigen, dass der Limes an der betrachteten Stelle in die Funktion gezogen werden kann. Für eine Folge
von Argumenten mit Grenzwert
muss also gelten
.
- Nachweis Epsilon-Delta-Kriterium: Für jedes
muss man zeigen, dass es ein
gibt, so dass für alle Argumente
mit Abstand kleiner als
von der betrachteten Stelle
die Ungleichung
erfüllt ist.
Verkettung stetiger Funktionen[Bearbeiten]
→ Hauptartikel: Komposition stetiger Funktionen
Allgemeine Beweisskizze[Bearbeiten]
Nach den Verkettungssätzen ist jede Komposition von stetigen Funktion wiederum eine stetige Funktion. Wenn also eine Funktion
als Verkettung stetiger Funktionen dargestellt werden kann, dann ist damit die Stetigkeit von
bewiesen. Ein Beweis dazu könnte folgende Form aufweisen:
Ein solcher Beweis sollte aber nur dann geführt werden, wenn die Verkettungssätze in der Vorlesung bereits bewiesen wurden.
Aufgabe (Stetigkeit einer verketteten Wurzelfunktion)
Zeige, dass folgende Funktion stetig ist:
Wie kommt man auf den Beweis? (Stetigkeit einer verketteten Wurzelfunktion)
Die gegebene Funktion ist eine Verkettung verschiedener Funktionen. Zunächst müssen wir die Grundfunktionen dieser Verkettung finden. Diese sind:



Die Funktion
kann dargestellt als:
Damit ist
eine Verkettung stetiger Funktionen und somit wieder stetig.
Ausnutzung der lokalen Natur der Stetigkeit[Bearbeiten]
Gegebenenfalls kann man ausnutzen, dass die Stetigkeit eine lokale Eigenschaft ist. Wenn eine Funktion nämlich in einer kleinen Umgebung um einen Punkt dieselbe Funktionsvorschrift wie die einer stetigen Funktion besitzt, dann muss sie an diesem Punkt auch stetig sein. Betrachte zum Beispiel die Funktion
mit
für positive Zahlen
und
für negative Zahlen
. Nehmen wir nun eine beliebige positive Zahl
. In einer hinreichend kleinen Umgebung um
ist
konstant
:
Da konstante Funktionen stetig sind, ist auch
an der Stelle
stetig. Analog kann man zeigen, dass
auch bei negativen Zahlen und damit insgesamt stetig ist. Im Beweis kann man schreiben:
Eine solche Argumentation kann oft bei Funktionen angewandt werden, die über eine Fallunterscheidung definiert sind. Unsere Funktion
ist hierfür ein gutes Beispiel. Schließlich ist sie definiert als:
Jedoch kann nicht bei allen Fallunterscheidungen allein mit der lokalen Natur der Stetigkeit argumentiert werden. Nehmen wir folgende Funktion
:
Für alle Stellen ungleich Null können wir so wie in diesem Abschnitt beschrieben einen Beweis formulieren, dass dort die Funktion stetig ist. An der Stelle
muss anders argumentiert werden. Hier könnte zum Beispiel der links- und rechtsseitige Grenzwert betrachtet werden.
Baustelle: Linksseitiger und rechtsseitiger Grenzwert[Bearbeiten]
To-Do:
Im Artikel Mathe für Nicht-Freaks: Grenzwert von Funktionen sollten die Begriffe des linksseitigen und rechtsseitigen Grenzwerts eingeführt werden. Danach sollte dieser Abschnitt ergänzt werden, indem beschrieben wird, wie man damit die Stetigkeit einer Funktion zeigen kann. Beispielhaft bei Funktionen mit Fallunterscheidungen.
→ Hauptartikel: Folgenkriterium der Stetigkeit: Folgenstetigkeit
Wiederholung: Folgenkriterium[Bearbeiten]
Allgemeine Beweisstruktur[Bearbeiten]
Stetigkeit mit Hilfe des Folgenkriteriums zeigen (Beweisschema)
Um die Stetigkeit einer Funktion an einer Stelle
zu beweisen, müssen wir zeigen, dass für jede Folge
von Argumenten mit
gilt, dass
ist. Dementsprechend könnte ein Beweis lauten:
Um die Stetigkeit der Funktion
zu beweisen, muss das Beweisschema etwas angepasst werden:
Folgenkriterium: Stetigkeit der Quadratfunktion beweisen
Graph der Quadratfunktion
Aufgabe (Stetigkeit der Quadratfunktion)
Zeige, dass die Quadratfunktion
stetig ist.
Beweis (Stetigkeit der Quadratfunktion)
Sei
. Wir betrachten nun eine beliebige Folge
, die gegen
konvergiert. Es ist
Bei der Quadratfunktion kann der Limes also immer hineingezogen werden, womit diese Funktion stetig ist.
Epsilon-Delta-Kriterium [Bearbeiten]
→ Hauptartikel: Epsilon-Delta-Kriterium der Stetigkeit
Wiederholung: Epsilon-Delta-Kriterium[Bearbeiten]
Allgemeine Beweisstruktur[Bearbeiten]
In Quantorenschreibweise lautet die Epsilon-Delta-Definition der Stetigkeit einer Funktion
an der Stelle
:
Diese Aussageform gibt eine allgemeine Beweisstruktur für Stetigkeitsbeweise mit dem Epsilon-Delta-Kriterium vor:
Beispielaufgaben und allgemeines Vorgehen[Bearbeiten]
Aufgabe (Stetigkeit der Quadratfunktion)
Beweise, dass die Funktion
mit
stetig ist.
Wie kommt man auf den Beweis? (Stetigkeit der Quadratfunktion)
Für den Beweis müssen wir zeigen, dass die Quadratfunktion an jeder Stelle
stetig ist. Nach der allgemeinen Beweisstruktur des Epsilon-Delta-Kriteriums wird ein beliebiges
vorgegeben. Wir müssen dann ein geeignetes
finden, sodass die Ungleichung
für alle
erfüllt ist.
Um ein geeignetes
zu finden, setzen wir zunächst in den Term
die bekannte Funktionszuordnung
ein:
Den Term
können wir kontrollieren. Daher ist es sinnvoll, den Term
so umzuformen bzw. nach oben abzuschätzen, dass
auftaucht. Hierzu bietet sich die dritte binomische Formel an:
Aus unserer Voraussetzung, dass
gelten soll, können wir den Ausdruck nach oben abschätzen:
Da das
, welches wir suchen, nur von
und
abhängen darf, stört uns die vorhandene Abhängigkeit von
in
. Um diese Abhängigkeit zu eliminieren, können wir den Faktor
geschickt nach oben abschätzen. Dabei verwenden wir einen unscheinbaren – aber häufig verwendeten – "Trick": Wir subtrahieren an geeigneter Stelle ein
und addieren es wieder, so dass der Term
entsteht:
Damit wir den Betrag
erhalten, nutzen wir die Dreiecksungleichung. Den Term
können wir wieder nach oben durch
abschätzen:
Durch geschicktes Umformen und Abschätzen haben wir so erhalten:
Mit dieser Ungleichung sind wir fast am Ziel. Wenn wir
so geschickt wählen, dass
ist, wird unsere Zielungleichung
erfüllt. So könnten wir die "Mitternachtsformel" bei der quadratischen Gleichung
anwenden, um eine passende Wahl von
zu finden. Der Term
kann durch eine weitere Abschätzung jedoch vereinfacht werden. Hierzu können wir ausnutzen, dass wir beliebige Bedingungen an das
stellen können. So folgt aus der Bedingung
, dass
ist und damit gilt:
Somit führt auch
zum Ziel. Diese Ungleichung können wir umstellen, um eine zweite Bedingung für
zu finden (unsere erste Bedingung lautet
):
Wir haben zwei Bedingungen für
gefunden:
und
. Beide Bedingungen sind erfüllt für
. Diese Wahl treffen wir im finalen Beweis und führen die Abschätzungen so, wie wir sie gerade gefunden haben.
Beweis (Stetigkeit der Quadratfunktion)
Sei
beliebig und sei
. Wenn
erfüllt ist, dann folgt:
Damit haben wir gezeigt, dass die Quadratfunktion stetig ist.
Folgenkriterium: Betragsfunktion[Bearbeiten]
Aufgabe (Stetigkeit der Betragsfunktion)
Beweise die Stetigkeit der Betragsfunktion.
Epsilon-Delta-Kriterium: Lineare Funktion[Bearbeiten]
Aufgabe (Stetigkeit einer linearen Funktion)
Beweise, dass die lineare Funktion
mit
stetig ist.
Epsilon-Delta-Kriterium: Verkettete Betragsfunktion[Bearbeiten]
Aufgabe (Beispiel für Stetigkeitsbeweise)
Zeige, dass folgende Funktion an der Stelle
stetig ist:
Wie kommt man auf den Beweis? (Beispiel für Stetigkeitsbeweise)
Wir müssen zeigen, dass zu jedem
ein
existiert, so dass für alle
mit
die Ungleichung
erfüllt ist. Dabei ist bei uns
. Somit können wir über
den Term
kontrollieren. Zunächst können wir den Term
der Zielungleichung
vereinfachen:
Unser Ziel ist es, durch Abschätzungen nach oben und Umformungen möglichst viele Ausdrücke
„herzustellen“, da wir diese wegen
abschätzen können. Die nächsten Schritte erfordern ein wenig Erfahrung mit Epsilon-Delta-Beweisen um „zu sehen“, wie man vorgehen sollte. Um die Betragsstriche innerhalb der äußeren Betrags loszuwerden, können wir die Ungleichung
benutzen. Eine Möglichkeit ist folgende:
Nun wird der Term
für
nicht mehr beliebig klein und somit ist unsere Abschätzung nicht zielführend. Besser ist es, wenn wir vor der Anwendung der Ungleichung
die Gleichung
verwenden:
Wir erkennen die dritte binomische Formel und können schreiben:
Und weiterhin wegen
:
Da das
, welches wir suchen, nur von
und
abhängen darf, stört uns die vorhandene Abhängigkeit von
in
. Dazu müssen wir den Ausdruck
geschickt nach oben abschätzen. Da wir nur ein bestimmtes
für unseren Beweis angeben müssen, um die Zielungleichung zu erhalten und beliebige Bedingungen an das
stellen zu können, setzen wir
. Dies ist eine willkürliche Wahl (analog funktioniert auch
usw). Was ergibt sich nun aus dieser Festlegung?
Es muss weiterhin gelten:
. Wegen
folgt
. Damit gilt durch Umstellen der Ungleichung:
. Es folgt somit
und damit
:
Da wir zeigen wollen, dass
wählen wir
so, dass
ist. Dadurch erhalten wir:
Wir haben auf unserem Rechenweg zwei Bedingungen für das
gefunden (
und
). Diese fassen wir zusammen durch:
. Damit können wir unseren Beweis aufschreiben.
Epsilon-Delta-Kriterium: Hyperbel[Bearbeiten]
Aufgabe (Stetigkeit der Hyperbelfunktion)
Beweise, dass die Funktion
mit
stetig ist.
Wie kommt man auf den Beweis? (Stetigkeit der Hyperbelfunktion)
Das grundlegende Muster bei Epsilon-Delta-Beweisen bleibt erhalten. Wir wollen die Implikation
zeigen. Als Erstes setzen wir das ein, was wir bereits wissen und formen etwas um:
Wir wissen, dass nach Voraussetzung
gilt. Also:
Da die Wahl von unserem
nur von
und
abhängen darf, müssen wir in diesem Fall
geschickt abschätzen, um die Abhängigkeit von
zu eliminieren. Hierzu betrachten wir
.
Wie kommen wir auf die Bedingung
? Wir schieben an dieser Stelle eine kurze Erklärung ein, in der wir die Wahl
erklären: Wir benötigen eine
-Umgebung, die innerhalb des Defintionsbereichs unserer Funktion liegt. Hätten wir die Bedingung
gewählt und dabei den Punkt
betrachtet, so würden wir auf folgendes Problem stoßen:
Der größte
-Wert mit
ist
und der kleinste ist
. Jedoch liegt
nicht im Definitionsbereich der Funktion
. Vor allem liegt
in diesem Bereich, wo
nicht definiert ist.
Eine geschickte Wahl des
, so dass die
-Umgebung die
-Achse nicht berührt, ist
. Denkbar sind auch:
,
oder
.
Wegen
und unserer Voraussetzung, dass
ist
. Darüber kommen wir zur Abschätzung:
. Wir können nun schreiben:
Somit erhalten wir den Zusammenhang:
Da wir
zeigen wollen, wählen wir
. Einsetzen zeigt, dass wir dadurch die Zielungleichung
zeigen können.
In der ganzen Herleitung haben wir zwei Bedingungen für
gefunden:
und
. Im Beweis setzen wir deswegen
, um beide Bedingungen zu erfüllen.
Epsilon-Delta-Kriterium: Verkettete Wurzelfunktion[Bearbeiten]
Aufgabe (Epsilon-Delta-Beweis für Stetigkeit einer Wurzelfunktion)
Beweise mit der Epsilon-Delta-Definition der Stetigkeit, dass folgende Funktion stetig ist:
Wie kommt man auf den Beweis? (Epsilon-Delta-Beweis für Stetigkeit einer Wurzelfunktion)
Wir müssen zeigen, dass für jedes
ein
existiert, so dass alle
mit
die Ungleichung
erfüllen. Hierzu betrachten wir zunächst die Zielungleichung
und schätzen den Betrag
geschickt nach oben ab. Da wir den Term
kontrollieren können, schätzen wir
so nach oben ab, dass wir den Betrag
erhalten. Wir suchen also eine Ungleichung der Form
Dabei ist
irgendein von
und
abhängiger Term. Der zweite Faktor ist kleiner als
und kann damit durch eine geschickte Wahl von
beliebig klein gemacht werden. Eine solche Abschätzung ist folgende:
Wegen
ist:
Wenn wir
so klein wählen, dass
ist, folgt die Zielungleichung
. Jedoch hängt
von
ab und diese Abhängigkeit würde sich auf
vererben und wir dürfen
nicht in Abhängigkeit von
wählen. Deswegen müssen wir die Abhängigkeit des ersten Faktors von
eliminieren. Dies erreichen wir, indem wir den ersten Faktor nach oben so abschätzen, dass wir eine Ungleichung der Form
erreichen. Eine solche Umformung ist:
Wir haben sogar
unabhängig von
gemacht, was nicht nötig gewesen wäre. Somit haben wir die Ungleichung
Wir brauchen nun die Abschätzung
, damit die Zielungleichung
erfüllt ist. Die Wahl von
ist hierfür ausreichend.