Teilmenge und echte Teilmenge – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“
Beziehungen zwischen Mengen
[Bearbeiten]Stelle dir zwei Mengen und in einem Mengendiagramm vor. Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie diese beiden Mengen zueinander liegen können. und könnten sich überlappen, könnte komplett in liegen oder es gibt eine andere Lage zueinander. Einige dieser Zusammenhänge treten so häufig in der Mathematik auf, dass sie eigene Bezeichnungen bekommen haben. Diese sind:
Mengendiagramm | Bezeichnung |
---|---|
ist eine Teilmenge von | |
und sind disjunkte Mengen. |
Teilmenge
[Bearbeiten]Definition und Beispiele
[Bearbeiten]Wenn alle Elemente einer Menge auch Elemente einer Menge sind, so wird eine Teilmenge der Menge genannt. Hierfür schreibt man . Es ist also genau dann eine Teilmenge von , wenn sie einen Teil der Menge von umfasst. Betrachte hierzu die folgenden zwei Mengen:
Da alle Streichinstrumente auch Instrumente sind, sind alle Elemente von auch Elemente von . Damit ist eine Teilmenge von . Weitere Sprechweisen für sind:
ist eine Untermenge von
und
ist eine Obermenge von
Erläutern wir diese Sprechweise noch einmal an dem Beispiel von gerade eben. Zweifellos wird man erkennen, dass die Menge der Instrumente alle Streichinstrumente aus umfasst und darüber hinaus noch weitere Elemente enthält. Ordnen wir die Mengen und nun nach der Allgemeinheit ihrer Bezeichnung an (absteigend von allgemein nach spezifisch):
- Menge : Instrumente
- Menge : Streichinstrumente
„Instrument“ ist ein Oberbegriff für „Streichinstrumente“. Dementsprechend muss eine Obermenge von sein. Analog ist „Streichinstrumente“ ein Unterbegriff von „Instrumente“, weswegen auch eine Untermenge von ist. Du kannst es dir auch räumlich vorstellen: die Menge steht über und ist daher eine Obermenge von , während als Untermenge unter steht. Bei unterschiedlichen Mengen umfasst also die größere Obermenge die kleinere Untermenge.
Auch die gegenteilige Beziehung von zwei Mengen ist mathematisch darstellbar. Möchtest du etwa betonen, dass keine Teilmenge der Menge ist, so kannst du schreiben. Beispiel:
Fassen wir das bereits Gesagte in einer Definition zusammen:
Definition (Teilmenge)
Die Menge ist eine Teilmenge der Menge genau dann, wenn alle Elemente der Menge auch Elemente der Menge sind. Man schreibt , wenn eine Teilmenge von ist.
Es ist also:
Mit Erklärung:
Einige Beispiele:
Beispiel (Teilmenge)
Anmerkungen zu den Beispielen:
Beispiel 3: ist die Menge der natürlichen Zahlen und die Menge der ganzen Zahlen. Da jede natürliche Zahl auch eine ganze Zahl ist, ist eine Teilmenge von .
Beispiel 4: ist die Menge aller negativen, ganzen Zahlen. Da nicht negativ ist, ist und damit keine Teilmenge von .
Beispiel 5: Jede Menge ist Teilmenge von sich selbst (siehe spätere Verständnisfrage).
Das fünfte Beispiel zeigt exemplarisch, dass jede Menge Teilmenge von sich selbst ist. Es ist also für alle Mengen . Folglich:
Instrumente sind somit eine Teilmenge von Instrumente. Im ersten Moment mag dies ungewohnt klingen. Für die Mathematik hat sich diese Konvention aber als sinnvoll erwiesen, weil so unnötige Fallunterscheidungen, ob zwei Mengen gleich sind oder nicht, vermieden werden. Mit dem Begriff der echten Teilmenge (siehe unten) gibt es einen Begriff, der die Gleichheit der beiden Mengen ausschließt.
Verständnisfrage: Warum ist jede Menge Teilmenge von sich selbst?
Damit ist, muss nach Definition gelten:
Jedes Element aus ist auch Element aus
Dies ist aber für alle Mengen erfüllt.
Identität von Mengen zeigen
[Bearbeiten]Um die Identität zweier Mengen und zu zeigen, geht man häufig in zwei Schritten vor. Man zeigt zunächst, dass eine Teilmenge von ist, und später im zweiten Schritt, dass eine Teilmenge von ist. Für zwei Mengen und gilt nämlich folgende Äquivalenz:
Satz (Identität von Mengen)
Zwei Mengen und sind genau dann identisch, wenn eine Teilmenge von und eine Teilmenge von ist.
Verdeutlichen wir uns diese Tatsache erneut an einem Beispiel. Nehme hierzu die beiden Mengen:
Damit eine Teilmenge von ist, müssen alle Instrumente aus der ersten Menge auch in der zweiten enthalten sein. Analog müssen alle Instrumente der zweiten Menge auch in der ersten Menge enthalten sein, damit die zweite Menge eine Teilmenge der ersten Menge ist. Dies ist genau dann und nur dann möglich, wenn beide Mengen identisch sind.
Beweis (Identität von Mengen)
Nach dem Extensionalitätsprinzip für Mengen gilt:
Transitivität der Teilmengenbeziehung
[Bearbeiten]Es ist auch möglich, mehrere Teilmengenbeziehungen hintereinander aufzuführen:
Diese Schreibweise ergibt Sinn, weil aus und folgt, dass ist. Obige Teilmengenkette impliziert also:
Dieser Zusammenhang ist in allgemeiner Form auch im Bild rechts dargestellt. Die beschriebene Eigenschaft nennt man „Transitivität der Teilmengenbeziehung“:
Satz (Transitivität der Teilmengenbeziehung)
Die Teilmengenbeziehung ist transitiv. Das bedeutet, dass wenn und ist, auch ist.
Beweis (Transitivität der Teilmengenbeziehung)
Sei beliebig. Wegen ist . Wegen ist . Damit ist jedes Element aus auch Element aus , was zu beweisen war.
Echte Teilmenge
[Bearbeiten]Definition und Erklärung
[Bearbeiten]Ist eine Menge eine Teilmenge der Menge und , so nennt man eine echte Teilmenge der Menge . Um deutlich zu machen, dass eine echte Teilmenge von ist, schreibt man .
Definition (Echte Teilmenge)
Die Menge ist eine echte Teilmenge der Menge genau dann, wenn eine Teilmenge der Menge und nicht identisch mit ist. Die Schreibweise ist hierfür .
Oben haben wir bereits gesehen, dass jede Menge Teilmenge von sich selbst ist. Beispielsweise ist:
Beide Mengen sind identisch, da die darin enthaltenen Elemente exakt übereinstimmen. Umgangssprachlich sollte aber ein „Teil“ nicht identisch mit dem Ganzen sein. Um bei Teilmengen die Gleichheit beider Mengen auszuschließen, gibt es den Begriff der echten Teilmenge. Im obigen Beispiel liegt demnach keine echte Teilmenge vor. Anders ist es dagegen im folgenden Beispiel:
Der Unterschied wird anhand der Schreibweise deutlich:
Schreibweise | Bedeutung | Bemerkung |
---|---|---|
ist eine Teilmenge von | der Fall ist hier möglich | |
ist eine echte Teilmenge von | hier ist garantiert , es gibt also ein Element mit |
Hinweis
In mathematischer Literatur findet man auch die Schreibweise . Jedoch wird diese Schreibweise nicht in einer einheitlichen Definition gebraucht. So verwenden einige Autoren diese Schreibweise in der Bedeutung „ ist eine Teilmenge von “ und andere in der Bedeutung „ ist eine echte Teilmenge von “. Wegen dieser Uneindeutigkeit werden wir in diesem Buch auf diese Schreibweise verzichten.
Satz (echte Teilmengenbeziehung)
Ist eine echte Teilmenge von , so hat wenigstens ein zusätzliches Element, formalisiert:
Beweis (echte Teilmengenbeziehung)
Sei eine echte Teilmenge von . Dann ist insbesondere . Wäre , gälte und somit , da bereits ist. Also gilt , und nach den Umformungsregeln zum Negieren folgt daraus: .
Beispiele
[Bearbeiten]Betrachte zunächst folgende Beispiele:
Beispiel (echte Teilmenge)
- ist keine echte Teilmenge der Menge
- ist keine echte Teilmenge der Menge
Anmerkungen zu den Beispielen:
Beispiel 3: Der hier dargestellte Zusammenhang wird auch oben bei dem Abschnitt zu Venn-Diagrammen schön illustriert.
Beispiel 4: Entspricht dem eingangs erwähnten Instrumentenbeispiel, lediglich werden hier Zahlen statt Instrumente gebraucht.
Um den Unterschied der Begriffe „Teilmenge“ und „echte Teilmenge“ deutlich zu machen, kannst du folgende Mengen betrachten:
ist eine Teilmenge von und weil zusätzliche Elemente besitzt, ist auch eine echte Teilmenge von . Außerdem ist auch eine Teilmenge von . Weil aber und identisch sind, ist keine echte Teilmenge von :
-
A ist eine echte Teilmenge von B
-
C ist keine echte Teilmenge von B
Verständnisfragen zur Teilmenge
[Bearbeiten]Verständnisfrage: Welche der folgenden Aussagen sind wahr?
Antwort:
- wahr
- falsch
- falsch
- falsch
Verständnisfrage: Es ist . Ist dann oder ?
Aus folgt, dass jedes Objekt , welches die Eigenschaft erfüllt, auch die Eigenschaft erfüllt. Damit ist die richtige Antwort.
Wenn du also mal zeigen möchtest, dass für zwei Mengen und die Beziehung erfüllt ist, so kannst du zeigen.
Verständnisfrage: Es seien und verschiedene Objekte. Welche der folgenden Aussagen ist wahr?
Zunächst sollte man sich vergegenwärtigen, was die einzelnen Mengen bedeuten:
- – die Menge, die die Objekte und als Elemente besitzt.
- – die Menge, die die Objekte und sowie die Menge als Elemente besitzt.
Nun kann der Wahrheitswert der einzelnen Aussagen bestimmt werden:
- – falsch, da die Menge kein Element von ist.
- – wahr, weil alle Elemente von auch Elemente von sind.
- – falsch, weil gleich ist und damit ist keine echte Teilmenge von .
- – wahr, weil ein Element von ist.
- – wahr, weil alle Elemente von , nämlich die Objekte und , auch Elemente von sind.
- – wahr, weil alle Elemente von , nämlich die Objekte und , auch Elemente von sind und weil ungleich ist.
Verständnisfrage: Lässt sich ein Beispiel für zwei Mengen und finden, für welche und gilt?
Ja. Es ist und für und .
Verständnisfrage: Gegeben sei die Menge . Welche der folgenden Aussagen ist wahr?
Antworten:
- wahre Aussage: ist in enthalten und damit ist eine Teilmenge von . Alternativ kann man auch argumentieren, dass jede Menge eine Teilmenge von sich selbst ist.
- falsche Aussage: Die Menge ist identisch zu und damit keine echte Teilmenge von .
- wahre Aussage: Die leere Menge ist Teilmenge jeder Menge.
- wahre Aussage: Die leere Menge ist Teilmenge von , aber nicht identisch mit . Damit ist die leere Menge eine echte Teilmenge von .
Verständnisfrage: Welche der folgenden Aussagen ist wahr?
Antworten:
- wahre Aussage: Die leere Menge ist Teilmenge jeder Menge und damit auch eine Teilmenge der leeren Menge.
- falsche Aussage: Keine Menge ist eine echte Teilmenge von sich selbst. Dies gilt auch für die leere Menge.
Verständnisfrage: Ist die echte Teilmengenbeziehung transitiv?
Ja, wenn und gilt, dann auch . Beweis: aus folgt und aus folgt . Mit der Transitivität von ergibt sich . Wegen gibt es ein mit . Da aber alle Elemente von in liegen, liegt . Also gilt: .