OpenRewi/ Grundrechte-Fallbuch

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Vorwort[Bearbeiten]

Grundrechte sind die zentralen Versprechen der Verfassung im demokratischen Rechtsstaat. Das einfache Recht gestaltet die grundrechtlichen Gewährleistungen näher aus und verleiht ihnen Kontur in vielfältigen Regelungsbereichen. Die Prüfung der Grundrechte ist daher nicht nur bezogen auf die Grundrechte-Vorlesung im Studium von großer Bedeutung, sondern betrifft die gesamte juristische Ausbildung. Gerade in hochumstrittenen, in der Rechtsgestaltung, Rechtsanwendung und Rechtsprechung umkämpften Fragen werden die Grundrechte mobilisiert. Sie sind Bezugspunkte für rechtliche und politische Debatten, die auch dieses Fallbuch aufgreift: vom Kopftuch-Verbot für Rechtsreferendar:innen über Klimaklagen bis zu rassistischen Beleidigungen am Arbeitsplatz.

In zehn Fällen werden Grundrechte behandelt, die besonders häufig Gegenstand von Prüfungen sind. Dieses Buch konzentriert sich auf die konkreten Ausarbeitungen von Lösungsvorschlägen. Abstraktes Wissen wird im OpenRewi Lehrbuch zu den Grundrechten vermittelt, das genau wie dieses Fallbuch frei zugänglich ist.

Unser Fallbuch ist „offen“ und das in alle Richtungen. Jedes Kapitel kann unter Open-Access-Bedingungen als statisches PDF der ersten Auflage auf der Homepage des Verlages heruntergeladen werden. Zugleich finden sich Work-in-Progress-Versionen aller Beiträge auch auf der Plattform Wikibooks. Alle Links aus der PDF-Version des Buches verweisen auf diese „Schreibwerkstatt“. Dort kann jeder Beitrag, jeder Satz, jedes Wort verändert, kommentiert und diskutiert werden. Das geht anonym, aber auch unter Nennung eines Namens oder Pseudonyms. Wir freuen uns über alle Änderungsvorschläge! Sofern möglich, werden wir diese direkt beantworten. Spätestens in die zweite Auflage des Buches fließen die Änderungen dann mit ein.

Die Kapitel in diesem Buch und jene ihres „digitalen Zwillings“ bei Wikibooks sind nicht deckungsgleich. Für die Verlagsversion haben wir die Texte nochmals überarbeitet und gekürzt. Bei Wikibooks werden Gedanken weiter ausgeführt oder um zusätzliche Informationen ergänzt. Über die Diskussionsseite und die Versionsgeschichte eines Artikels ist der Entstehungsprozess der Kapitel nachvollziehbar. Jeder Link ist eine Einladung für besonders Interessierte, sich an der Diskussion und Weiterentwicklung der Materialien zu beteiligen und in der Wikibooks-Version die Artikel aktiv zu ändern und zu kommentieren.

Alle unsere Materialien folgen dem didaktischen Konzept von OpenRewi. Dabei legen wir besonders Wert auf klare Sprache und Struktur. Unsere juristischen Fälle berücksichtigen ganz selbstverständlich eine diverse Sichtweise auf die Gesellschaft und reproduzieren keine Stereotype. Die Materialien folgen einem internen Prozess der Qualitätssicherung: Die Rückmeldungen aus dem offenen Peer-Review-Verfahren sind über die Diskussionsseiten der Wikibooks-Version der Kapitel dokumentiert.

Dieses Buch ist unter der Creative-Commons-Lizenz BY-SA 4.0 offen lizenziert. Es kann in Vorlesungen, Seminaren oder Lerngruppen frei weiterverwendet werden, sofern die (nicht komplizierten) Lizenzbestimmungen Beachtung finden. Langfristig soll hier eine Fallsammlung entstehen, die immer weiter wächst und aktualisiert wird. Wie das genau funktioniert, ist auf unserer Projektseite einsehbar. Wir möchten euch ermuntern: Vervielfältigt, kopiert und verteilt die Texte! Bringt sie in eure Arbeitsgemeinschaften, Lerngruppen und Diskussionsabende. Wir freuen uns auf einen interaktiven Austausch.

Zum Aufbau des Buches[Bearbeiten]

Unsere Übungsfälle sollen auf das Lösen juristischer Klausuren vorbereiten. Wir haben sowohl Fälle für Anfänger:innen als auch Fälle, die auf das erste juristische Staatsexamen vorbereiten. Der jeweilige Schwierigkeitsgrad des Falles findet sich am Anfang eines jeden Kapitels.

Die überwiegende prozessuale Einkleidung der Fälle ist die für die Grundrechte typische Verfassungsbeschwerde, aber auch die Normenkontrolle wird behandelt. Teilweise streifen die Fallbeispiele staatsorganisationsrechtliche Themen – zur Vertiefung empfehlen wir die Lektüre des OpenRewi Lehrbuchs zum Staatsorganisationsrecht.

Alle Lösungsvorschläge werden ergänzt um didaktische Hinweise, die jeweils getroffene Entscheidungen für einen bestimmten Lösungsweg begründen. Wir haben uns bewusst gegen ein abstraktes vorangestelltes Kapitel zur Klausurtaktik entschieden. Stattdessen zeigen wir beispielhaft und detailliert anhand unseres ersten Falles, worauf es bei einer Klausurbearbeitung ankommt. Schritt für Schritt arbeiten wir heraus, wie von einem Sachverhalt bis zum Entwurf eines Lösungsvorschlags gearbeitet werden kann. Wir zeigen auf, welche Methoden wir entwickelt haben, um eine Lösungsskizze zu entwerfen und wie schließlich die Falllösung ausformuliert werden kann. Dafür konnten wir eine Studentin gewinnen, die den ersten Fall unter Klausurbedingungen gelöst hat. Ihre Bearbeitung stellen wir ebenso zur Verfügung wie eine ausführliche Korrektur der Autorin des Falls.

Natürlich wünschen wir uns, dass jede juristische Klausur durch die Klausursteller:innen sorgfältig ausgearbeitet und im Anschluss durch die Korrekturassistent:innen fair und gründlich bewertet wird. Die Realität sieht leider oft anders aus. Klausuren werden oberflächlich korrigiert und/oder alternative Lösungswege nicht akzeptiert. Lasst euch davon nicht entmutigen! Sucht das Gespräch mit Kommiliton:innen, erwägt eine Remonstration gegen die Benotung der Klausur und bittet bei den Klausursteller:innen um Feedback. Diese und viele andere gute Überlebenstipps finden sich im Buch „Examen ohne Repetitor“,[1] das wir auch schon in früheren Phasen des Studiums empfehlen.

Ihr könnt euch sicher sein: Alle haben an irgendeinem Zeitpunkt der Ausbildung eine Note zurückbekommen, mit der sie nicht zufrieden waren. Das heißt natürlich nicht, dass wir eure Enttäuschung und den Druck der juristischen Staatsexamen verharmlosen möchten. Diese Probleme sind real und bedürfen einer strukturellen Reform. Bis dahin hoffen wir, euch mit diesem Buch eine bestmögliche Unterstützung für den „Ernstfall“ an die Hand zu geben.

Am Ende des Buches findet sich ein Kapitel zum Thema Klausurkonzeption. Dieses richtet sich primär an wissenschaftliche Mitarbeiter:innen und andere Forschende, ist aber auch für Studierende interessant, da wir hier einen Blick in den Maschinenraum der Klausurerstellung eröffnen. An dieser Stelle gilt – wie bei allen Kapiteln von OpenRewi –, dass wir uns sehr auf die gemeinsame Diskussion und das Feedback von Kolleg:innen freuen.

Euer Team Grundrechte im September 2021

Didaktische Elemente[Bearbeiten]

Sowohl in der Wikibooks-Version als auch in der Druckversion finden sich grafisch hervorgehobene Textblöcke, die eine Einordnung des Wissens erleichtern sollen. Die Ebenen unterscheiden sich je nach Interesse und Zielgruppe. Grundwissen, Examenswissen und weiterführendes Wissen finden sich in unterschiedlich starken Ausprägungen in verschiedenen Teilen der Falllösungen.

Alle nicht besonders gekennzeichneten Texte halten wir für Grundwissen. Zielgruppe sind Kandidat:innen der Zwischenprüfungen. Hierauf bauen alle weiteren Ebenen auf. Grundwissen bedeutet für uns aber nicht, dass Studierende sämtliche Ausführungen in dem Fallbuch in diesen Textteilen parat haben müssen, um eine Klausur zu bestehen. Wir sehen dieses Wissen viel mehr als grundlegend, um ein hinreichendes Verständnis zu den Grundrechten zu erwerben.

Examenswissen: Danach kommt die Ebene des Examenswissens. An dieser Stelle werden spezifische Probleme erläutert, die typischerweise in Klausuren der Ersten Juristischen Prüfung oder den Schwerpunktbereichen zu bewältigen sind.

Weiterführendes Wissen

Wir wollen nicht nur eine sichere Orientierung in Klausuren geben. Häufig haben unsere Autor:innen eine starke Meinung zu den behandelten Themen. Solche finden sich in den Boxen zum „weiterführenden Wissen“. Ihr findet in diesen Boxen auch Ausführungen zu historischen Entwicklungen oder besonderes Detailwissen.

Klausurtaktik

Didaktische Einordnung eines Lösungsweges oder eines Elementes der Falllösung, das nicht zum ausformulierten Lösungstext gehört, steht in solchen Boxen zur Klausurtaktik.

In den Fußnoten finden sich Quellennachweise, die – wenn immer möglich – auf ebenfalls frei zugängliche Dokumente verweisen. Gerade bei Urteilen können die zugrundeliegenden Gedanken direkt nachgelesen werden. Soweit technisch möglich, verweisen wir auf die konkreten zitierten Randnummern, sodass ein Klick auf den Link direkt zur zitierten Passage führt.

Für alle im Buch enthaltenen Fälle gibt es Präsentationsfolien, die gerne benutzt (zum Beispiel in einer Arbeitsgemeinschaft) und verbessert werden dürfen. Wir benutzen dafür nicht PowerPoint sondern das Tool HackMD. Interessierte können sich gerne unter folien@openrewi.org melden.

Vorwort der Herausgeber:innen[Bearbeiten]

Ein Projekt wie dieses zu starten war ein gewagtes Experiment. Umso glücklicher sind wir mit dem Resultat. Das erste komplett frei lizenzierte Grundrechte-Fallbuch Deutschlands ist das Ergebnis eines engagierten Diskussionsprozesses vieler verschiedener Autor:innen in unterschiedlichen Phasen ihrer wissenschaftlichen Laufbahn. Das Buch kombiniert bewährtes Wissen und aktuelle Fragen mit neuen technischen Möglichkeiten. Die Offenheit und Kompetenz unserer Autor:innen, die kollegiale Zusammenarbeit auf Augenhöhe, das hohe Engagement und die Begeisterung aller waren eine echte Bereicherung.

Unsere Rolle als Herausgabe-Team in diesem agilen Projekt war und ist stark geprägt durch die organisatorische, koordinierende und strukturierende, aber auch moderierende Arbeit. Angefangen hat unsere Arbeit mit der Zusammenstellung des Teams. Dabei war es uns wichtig, dem nach wie vor geringen Anteil von Frauen beziehungsweise FLINTA* unter den Autor:innen von Lehrbüchern, Kommentaren und Zeitschriftenbeiträgen im Verfassungsrecht zu begegnen. Besonders freut es uns, dass wir unsere selbst gesetzte Quote von 50 % Frauen erreichen konnten.

Wir sind mit einer Vision für ein offenes Grundrechte-Fallbuch gestartet, haben aber weder Themen vorgegeben, noch den Autor:innen das Schreiben bestimmter Abschnitte angetragen. Vielmehr haben wir im Autor:innenkollektiv diskutiert, welche zentralen Themen wir in diesem Fallbuch bearbeiten wollen, welche inhaltlichen Präferenzen bestehen und wie wir den Arbeitsprozess selbst strukturieren. In kreativen und energiegeladenen Diskussionen wurden die Inhalte immer wieder neu angeordnet und verfeinert. Geschrieben haben wir die Texte online auf Wikibooks in mehreren kurzen Schreibeinheiten (Book Sprints). Zwischen den einzelnen Book Sprints wurden die Texte in einem offenen Peer Review mehrfach gegenseitig gelesen und kritisch diskutiert. Einzelne Probleme wurden nicht nur bei unseren gemeinsamen Treffen, sondern vor allem in flexiblen Chatgruppen oder über die Kommentarfunktion in den Beiträgen selbst gelöst. Dieser Entstehungsprozess ist für Interessierte in den Versionsgeschichten der Artikel auf Wikibooks nachvollziehbar.

Dass es nie zu ernsthaften Auseinandersetzungen kam, verdanken wir dem Engagement und der Offenheit des ganzen Teams. Gerade in Zeiten der Covid-19-Pandemie war es eine tolle Erfahrung, über dieses Projekt mit so vielen Kolleg:innen aus unterschiedlichen Universitäten zusammenzukommen, neue Kontakte zu knüpfen und auch jenseits der Arbeitstreffen, zum Beispiel beim virtuellen Pubquiz, eine schöne Zeit miteinander zu verbringen.

Die Fälle wurden in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften zu den Grundrechten an der CAU Kiel im Sommersemester 2021 erprobt. Wir danken Marie Friese und Luca Knuth für die Umsetzung sowie den Studierenden für die hilfreichen und motivierenden Kommentare.

Der Wikimedia-Stiftung möchten wir herzlich dafür danken, dass sie dieses (und die weiteren Projekte bei OpenRewi) durch ein Fellowship für Maximilian Petras finanziell und durch organisatorische Beratung möglich gemacht haben.

Ebenfalls danken wir dem Alumni und Freunde der CAU e.V. für eine Unterstützung bei der Begleichung der „Open-Access-Gebühren“.

Darüber hinaus wäre so ein Projekt ohne die freie Infrastruktur von Wikimedia kaum möglich gewesen. Von der ersten Stunde an haben wir freundliche Hilfe durch die Freiwilligen der Wikibooks-Community erhalten. Wir wissen bis heute nicht, wer sich hinter den Pseudonymen verbirgt. Umso erfreulicher war ihr intensiver Einsatz. Besonders hervorheben möchten wir HirnSpuk für die Programmierung der schicken Vorlagen, sowie Yomomo und Jürgen für die Beantwortung vieler Fragen. Ohne das Export-Tool von Dirk und sein extra für uns programmiertes Skript hätten wir die Beiträge nie so einfach in das Verlagsmanuskript übertragen können.

Mit Blick auf die Rechtswissenschaft stimmt es hoffnungsvoll, Teil einer so interessanten und schnell wachsenden Community wie OpenRewi zu sein. Wir freuen uns schon jetzt auf all die Neuauflagen, Kommentare und zukünftigen Diskussionen.

Maximilian Petras & Dana-Sophia Valentiner



Inhaltsverzeichnis[Bearbeiten]

Zusatzmaterial / Weiterentwickelte Fälle[Bearbeiten]

Dieses Buch steht im Regal Rechtswissenschaft.

  1. Armbruster (et al.), Examen ohne Repetitorium, 5. Auflage 2021.