Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

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Autor:innen: Jens Adam

Bis zum 13.06.1975 regelte § 142 StGB den Straftatbestand der "Verkehrsunfallflucht", bevor dieser durch das 13. Strafrechtsänderungsgesetz zum "unerlaubten Entfernen vom Unfallort" neugefasst wurde. § 142 StGB wird von der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht erfasst. Die praktische Relevanz der Vorschrift ist mit ca. 400.000[1] Unfallfluchten pro Jahr dennoch hoch.[2] 142 StGB wird daher richtigerweise als "Massendelikt" bezeichnet.[3] Im Jahr 2019 wurden insgesamt ca. 43.100 Taten nach § 142 StGB abgeurteilt, wobei ca. 99% der Fälle auf § 142 I StGB entfallen.[4] § 142 II StGB hat folglich in der Gerichtspraxis praktisch keinerlei Relevanz.

Nicht zu unterschätzen ist § 142 StGB im Hinblick auf seine Bedeutung als Delikt im Rahmen von Universitäts- oder Examensklausuren. In der juristischen Ausbildungsliteratur sowie in den universitären Vorlesungen wird dieser oftmals (leider) nur stiefmütterlich behandelt, was gerade aufgrund der relativ komplizierten Struktur des § 142 StGB umso bedauerlicher ist. Zwar wird § 142 StGB selten als "Klausuraufhänger" dienen, sondern viel mehr als mitunter kompliziertes Randproblem, jedoch macht gerade dies fundierte Kenntnisse der Struktur und des Telos des § 142 StGB notwendig.

Weiterführendes Wissen

§ 142 StGB ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht unbedenklich. Dies ergibt sich aus mehreren Aspekten:

  1. Konflikte mit dem Bestimmtheitsgebot nach Art. 103 II GG aufgrund der relativ schwammigen Tatbestandsfassung des § 142 StGB (so v.a. "eine den Umständen angemessene Zeit" gem. § 142 I Nr. 2 StGB und "unverzüglich" gem. § 142 II StGB)[5]
  2. Konflikte mit dem nemo-tenetur-Grundsatz nach Art. 20 III GG aufgrund der aktiven Vorstellungs- und Meldepflicht des Unfallbeteiligten: Hat der Unfallbeteiligte durch den Unfall zugleich eine Straftat begangen (z.B. gem. § 315c I Nr. 1a StGB wegen Trunkenheit), führen seine aktiven Pflichten dazu, dass er seiner eigenen Strafverfolgung Vorschub leistet (z.B. der dazugerufenen Polizei muss er Angaben zu seine Beteiligung und seinen Personalien machen, die dann seine Alkoholisierung bemerken).[6]

Über die Verfassungsmäßigkeit des § 142 StGB hat das BVerfG (zugunsten des § 142 StGB) in BVerfGE 16, 191 entschieden. Ausgeführt wurde hierbei lediglich, dass sich aus dem Verfassungsrecht nicht herleiten lasse, dass Selbstbegünstigung immer straflos bzw. erlaubt sein müsse. Dies ergebe sich schon aus einem Vergleich mit den Haftgründen der Flucht- bzw. Verdunkelungsgefahr. Vielmehr sei im Falle der Unfallflucht der Schutz der Verkehrsteilnehmenen vorrangig vor der Straflosigkeit der Selbstbegünstigung des Unfallbeteiligten.[7]

Beachte: In einer Klausur ist auf das Problem der möglichen Verfassungswidrigkeit des § 142 StGB nicht einzugehen. Das BVerfG - zusammen mit der h.L. - sieht § 142 StGB als verfassungsmäßig an. Dieser Ansicht sollte auch in einer Klausur kommentarlos gefolgt werden.

A. Rechtsgut und Deliktsnatur[Bearbeiten]

Um ein besseres Verständnis für die tatbestandliche Reichweite des § 142 StGB und dessen geschütztes Rechtsgut[8] zu schaffen, ist zunächst eine Betrachtung des situativen Zusammenhanges notwendig, in dem die Strafbarkeit des unerlaubten Entfernens vom Unfallort Anwendung findet:

  • aufgrund der Schnelligkeit und Komplexität des Straßenverkehrs besteht einerseits die erhöhte Gefahr des Eintritts von Sach- und Personenschäden (Schadensrisiko)
  • diese erhöhte Schadensgefahr wird andererseits flankiert von der im Straßenverkehr verringerten Möglichkeit der Beweissicherung zugunsten der Unfallbeteiligten aufgrund der Mobilität und Anonymität der Verkehrsteilnehmenden sowie dem durch den Unfall entstehenden Fluchtimpuls bzw. dem durch Anonymität entstehenden Fluchtanreiz[9] (Aufklärungsrisiko[10])
  • dem gegenüber steht jedoch ein besonderes Aufklärungsinteresse der Unfallbeteiligten, da im Rahmen von Straßenverkehrsunfällen regelmäßig hohe Schadenssummen im Raum stehen werden

Dem Straßenverkehr wohnt folglich nicht nur die erhöhte Gefahr eines Schadenseintritts inne, sondern auch die, dass die durch einen solchen Schadenseintritt entstehenden Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht bzw. nicht abgewehrt werden können. Gerade hier soll § 142 StGB eingreifen. Geschütztes Rechtsgut des § 142 StGB ist folglich das private Interesse des/der Geschädigten und Unfallbeteiligten an einer möglichst umfassenden Aufklärung des Unfallherganges mit dem Zweck, die Durchsetzung oder Abwehr von Schadensersatzansprüchen (z.B. aus § 823 BGB oder § 7 StVG) zu sichern und der Gefahr eines Beweisverlustes entgegenzuwirken.[11]. § 142 StGB soll gerade solche Feststellungen ermöglichen, die zur Klärung der durch einen Unfall (möglicherweise) entstandenen Schadensersatzansprüche notwendig sind und zwar in beide Richtungen: Sowohl zugunsten des-/derjenigen, der/die einen Schaden erlitten hat, d.h. einen Schadensersatzanspruch durchsetzen will, als auch zugunsten des-/derjenigen, der/die einen solchen (möglicherweise unberechtigt geltend gemachten) Schadensersatzanspruch abwehren will.[12]

Weiterführendes Wissen

Betrachtet man Fälle von Schadensverursachung, die außerhalb des Straßenverkehrs stattfinden, wird die Sonderrolle, die § 142 StGB einnimmt deutlicher erkennbar. So macht sich niemand strafbar, der bspw. im Zug aus Fahrlässigkeit ein Getränk über das Smartphone des/der neben ihm/ihr Sitzenden schüttet, dieses hierdurch zerstört und sodann - aus Angst Schadensersatz leisten zu müssen - die Flucht ergreift. Der/die Geschädigte trägt in solchen Fällen das Beweissicherungsrisiko. Diesem wird durch das Instrument des Strafrechts nicht entgegengewirkt. Dies ist (Stichwort: ultima-raio-Prinzip) auch richtig so, da solche Begegnungen des täglichen Lebens regelmäßig weder besonders schadensträchtig, noch die drohenden Schadenssummen besonders hoch sein werden. Aufgrund der o.g. Umstände erhöht sich dieses Risiko im Straßenverkehr (sowohl bzgl. des/der Unfallverursacher*in als auch bzgl. des/der Geschädigten) jedoch derart, dass es ungerecht erscheint, den/die Einzelne*n hiermit "allein zu lassen". Vielmehr muss dann das Strafrecht "helfend zur Hand gehen".
Aus dieser Erkenntnis lässt sich bereits eine Leitlinie für die tatbestandliche Auslegung des § 142 StGB gewinnen: Je eher der Unfall einem "normalen" zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignis zuzuordnen ist, desto weniger geschieht der Unfall "im Straßenverkehr".[13]

Folglich ist aufgrund dieses weit gefassten Rechtsgutes, das alle Unfallbeteiligten, d.h. sowohl den Geschädigten selbst als auch den unfallverursachenden Schädiger schützt, zu konstatieren, dass von § 142 StGB nicht nur die Fälle der "klassischen" Unfallflucht erfasst sind, in denen die Geltendmachung der durch den Unfall entstandenen, begründeten Schadensersatzansprüche des Geschädigten geschützt werden sollen.

Beispiel: Beim Einparken beschädigt T das Fahrzeug des O mit seinem PKW und richtet einen Sachschaden i.H.v. 2.000,- EUR an. Er fährt unbeobachtet umgehend davon, um mit dem Schaden nicht in Verbindung gebracht zu werden. Im Nachhinein kann eine Schadensverursachung des T nicht mehr nachgewiesen werden. O bleibt "auf ihrem Schaden sitzen".

Sondern auch solche, in denen es um das Aufklärungsinteresse des/der Unfallverursacher*in und dessen Schutz vor unbegründeter oder zumindest überhöhter Inanspruchnahme durch den Geschädigten geht.

Beispiel: An einer roten Ampel wartend, rollt T aus Unachtsamkeit auf die Heckstoßstange des vor ihm stehenden PKW der O auf. Diese ist aufgrund eines früheren Unfalls stark beschädigt. T möchte Beweisfotos machen, da sie befürchtet, dass ihre Schadensverursachung bei der weiteren starken Beschädigung der Heckstoßstange nicht mehr genau identifiziert werden kann. Dies lehnt O jedoch ab, da sie dringend zu einem Bewerbungsgespräch müsse. Man werde den Schadenshergang später schon irgendwie nachvollziehen. O fährt mit der nächsten Grünen Ampel davon. Wenige Wochen später erhält T ein Schreiben ihrer Haftpflichtversicherung, wonach O einen Schaden von 3.500, - EUR geltend mache, der durch deren Auffahren an der Ampel entstanden sei. Tatsächlich bewirkte das Auffahren der O lediglich einen Lackschaden, der mit einem Aufwand von ca. 120,- EUR leicht behoben werden könnte..

Diese Schutzzweckorientierung in beide Richtungen, d.h. sowohl zugunsten des Geschädigten als auch der anderen Unfallbeteiligten ergibt sich ausdrücklich aus § 142 I Nr. 1 StGB. Nicht erforderlich ist dabei, dass den Beteiligten durch den Unfall tatsächlich Schadensersatzansprüche entstanden sind. Seiner Natur nach handelt es sich bei § 142 StGB daher - entgegen seiner systematischen Einordnung bei den Delikten gegen die öffentliche Ordnung - streng genommen um ein (abstraktes[14]) Vermögensgefährdungsdelikt und daher insgesamt um ein Individualdelikt.[15] Nicht geschützt sind hingegen überindividuelle Belange, namentlich das öffentliche Interesse an der Zuführung des Unfallverursachers zur Strafverfolgung, das Allgemeininteresse an der Erfassung von Verkehrsunfällen oder die Sicherheit des Straßenverkehrs als solche.[16]


B. Tatbestand[Bearbeiten]

I. Überblick[Bearbeiten]

Der tatbestandliche Aufbau von § 142 StGB ist - gerade vor dem Hintergrund der verschiedenen Tathandlungen des § 142 I und II StGB - kompliziert. Dabei bietet sich folgendes Vorgehen an: Unabhängig davon, ob eine Strafbarkeit nach § 142 I oder II StGB geprüft wird, sind stets die folgenden drei Tatbestandsmerkmale zu prüfen:

  1. Das Vorliegen eines Unfalles im Straßenverkehr
  2. Die Eigenschaft des/der Täter*in als Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 V StGB
  3. Das Entfernen des/der Täter*in vom Unfallort
Weiterführendes Wissen
Strenggenommen ist die Deliktsüberschrift "unerlaubtes Entfernen vom Unfallort" nicht korrekt, da mit dem Entfernen nur die Tathandlung nach § 142 I StGB erfasst wird ("Ein Unfallbeteiligter, der sich [...] entfernt, bevor er [...]"). Dass sich nach § 142 StGB auch strafbar machen kann (nämlich nach Abs. 2 des § 142), indem er sich berechtigt vom Unfallort entfernt, jedoch nachträglich die Feststellungen nicht unverzüglich ermöglicht, gibt eine solche Überschrift nicht wider, was nicht gerade zum besseren Verständnis der Vorschrift beiträgt.


II. Unfall im Straßenverkehr[Bearbeiten]

Tatbestandsvoraussetzung des § 142 StGB ist zunächst das Vorliegen eines Unfalles im Straßenverkehr. Nur dann gelten die in § 142 I, II StGB genannten Pflichten der Unfallbeteiligten. Das Vorliegen eines Unfalles im Straßenverkehr ist damit praktisch die "sachliche Anwendungsvoraussetzung" für die strafbewehrten Pflichten des § 142 StGB.

Definition: Ein Unfall im Straßenverkehr ist ein plötzliches Ereignis im Straßenverkehr, das mit dessen typischen Gefahren in einem ursächlichen Zusammenhang steht und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat, der nicht ganz unerheblich ist.[17]

1. Nicht belangloser Personen- oder Sachschaden[Bearbeiten]

Grundvoraussetzung ist zunächst der Eintritt eines nicht belanglosen Personen- oder Sachschadens (Unfallschaden). Ein Schaden muss tatsächlich eingetreten sein, d.h. eine bloße Gefährdung von Personen oder Sachen (z.B. der aus §§ 315b, 315c StGB bekannter sog. "Beinaheunfall") genügt daher nicht.[18]. Ein Ereignis ohne Schaden kann auch keinen Schadensersatzanspruch auslösen, welcher dementsprechend durch eine Unfallflucht auch nicht vereitelt werden kann. Hier liegt gerade ein maßgeblicher Unterschied im Vergleich zur Voraussetzung der Unfallbeteiligung i.S.d. § 142 V StGB. Genügt hierfür die bloße Möglichkeit, dass das Verhalten des/der Täter*in im Zusammenhang mit dem Unfall steht, muss das Vorliegen eines Unfalles absolut feststehen; ein bloßer Unfallverdacht reicht nicht aus.

Beachte: Denkt der/die Täter*in, dass es zu einem Unfallschaden gekommen ist und entfernt sich dann vom (vermeintlichen) Unfallort, begeht er/sie einen untauglichen Versuch, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass ein Schaden nicht eingetreten ist. Da § 142 StGB jedoch keine Versuchsstrafbarkeit kennt, bleibt der/die Täter*in in solchen Fällen straflos (Bsp.: Beim Einparken glaubt A, dass er das vor ihm geparkte Fahrzeug des B berührt hat. Aus Angst Schadensersatz leisten zu müssen, flüchtet er. Ein von der Versicherung des A in Auftrag gegebenes Unfallsachverständigengutachten ergibt jedoch, dass ein Schaden am Fahrzeug des B nicht entstanden ist.)

a. Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schäden[Bearbeiten]

Der Schadensbegriff i.S.d. § 142 StGB erfasst grds. alle Positionen, die bei vernünftigem wirtschaftlichen Verhalten erforderlich sind, um den Geschädigten so zu stellen, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.[19] Hier kann zwischen zwei Schadensarten differenziert werden:

  1. Unmittelbaren Schäden (solche, die direkt, d.h. ohne ein zwischengeschaltetes Ereignis auf den schädigenden Verkehrsvorgang zurückgeführt werden können): Maßgeblich erfasst dies die Material- und Reparaturkosten sowie den merkantilen Minderwert
  2. Mittelbare Schäden (solche, die indirekt, d.h. erst durch ein zwischengeschaltetes Ergebnis, das auf den schädigenden Verkehrsvorgang folgt, zurückgeführt werden können): z.B. Bergungskosten, Kosten für die Ermittlung der Daten des Unfallverursachers, Abschleppkosten, Verdienstausfall, Kosten für ein Ersatzfahrzeug usw.

Die h.M.[20] schließt mittelbare Schäden aus dem Anwendungsbereich des § 142 StGB aus. Kommt es infolge eines Unfalles daher nur zu mittelbaren Schäden und entfernt sich der/die Unfallverursacher*in vom Unfallort, macht er/sie sich nach der h.M. mangels Unfallschadens nicht nach § 142 StGB strafbar (Bsp.: Infolge eines riskanten Überholmanövers des A auf der Landstraße kann die ihm entgegenkommende B diesem nur noch durch ein Herumreißen des Lenkrades ausweichen, infolge dessen sie mit ihrem PKW auf einen Acker abkommt und dort zum Stehen kommt. Das Fahrzeug bleibt unbeschädigt, muss jedoch vom Abschleppunternehmen des X aus dem Acker geborgen werden, was Kosten i.H.v. 250,- EUR verursacht).

b. Erheblichkeit des Schadens[Bearbeiten]

Wenn ein (unmittelbarer) Schaden eingetreten ist, muss überprüft werden, ob dieser auch erheblich, d.h. nicht völlig belanglos ist. Unstr. ausgeschlossen werden sollen sog. Minimalschäden, unabhängig davon, ob es sich bei diesen um Personen- oder Sachschäden handelt. Die Reduktion des § 142 auf die Fälle des Vorliegens erheblicher Schäden ergibt sich nicht aus dem Wortlaut des § 142 StGB (hier ist lediglich von einem "Unfall" im Straßenverkehr" und gerade nicht vom einem "erheblichen Unfall im Straßenverkehr" die Rede), sondern wird vielmehr aufgrund des Sinn und Zwecks des § 142 StGB in das Personen- bzw. Sachschadenserfordernis hineingelesen:
Die von den Unfallbeteiligten zu ermöglichenden Feststellungen dienen ja gerade dazu, dass der/die Geschädigte Schadensersatzansprüche gegen den/die Schädiger*in geltend machen bzw. abwehren kann. Ist der durch den Unfall eingetretene Schaden jedoch als so belanglos einzustufen, dass dessen Geltendmachung vernünftigerweise nicht zu erwarten ist, besteht auch kein Interesse daran solche Schadensverursachungen unter den Anwendungsbereich von § 142 StGB zu fassen.[21]

  • Bei Sachschäden werden unterschiedliche Wertgrenzen mit 25,-[22] bis 50,- EUR[23] (orientiert an der Grenze für geringwertige Sachen i.S.d. § 248a) oder sogar bis 150,- EUR[24] angesetzt[25]
  • Bei Personenschäden: harmlose Kratzer, leichte Schürfwunden[26], bloßes Beschmutzen mit Pfützenwasser[27] o.ä. (Einigkeit besteht insoweit, dass bei Vorliegen einer Gesundheitsschädigung bzw. körperlichen Misshandlung i.S.d. § 223 I StGB nicht mehr von einem unerheblichen Personenschaden auszugehen ist.

Beispiel: Radfahrer R übersieht, dass die vor ihm, in ihrem Auto fahrende A an einer roten Ampel bremst. R fährt der A auf die Heckstoßstange auf. An dieser entsteht ein leichter Reifenabrieb, der durch leichtes Polieren entfernt werden kann. R, der jedoch unter Termindruck steht, fährt davon.

Ob der eingetretene Schaden erheblich ist oder nicht, bemisst sich aus einer objektiven ex-ante-Perspektive, d.h. maßgeblich ist, welche Schadenshöhe im Unfallzeitpunkt unter Berücksichtigung der gewöhnlichen Lebensumstände abzeichnet. Unbeachtlich ist daher, wenn aufgrund nachträglich eintretender Umstände, der Schaden die Erheblichkeitsgrenze unterschreitet (z.B. ein Kumpel des Unfallbeteiligten repariert dessen beschädigte Stoßstange als "Freundschaftsdienst" umsonst und nicht für die eigentlichen Reparaturkosten i.H.v. 1.500,- EUR.
Das Vorliegen eines erheblichen Sach- oder Personenschadens wird i.d.R. unproblematisch sein. In einer Klausur sollte dessen Vorliegen dann nur knapp festgestellt werden. Sollte sich hierbei jedoch ein Problem ergeben, bietet es sich an, das Vorliegen eines erheblichen Schadens zuerst zu prüfen, da es dann u.U. schon nicht mehr auf die schwierige Frage ankommt, ob der Schaden auch mit den typischen Risiken des Straßenverkehrs in einem ursächlichen Zusammenhang steht. Dies kann dahinstehen, wenn der eingetretene Schaden ohnehin belanglos ist.

c. Keine Beschränkung auf Fremdschäden[Bearbeiten]

Nach dem o.g. Unfallbegriff ist das Vorliegen eines Schadens nicht auf Fremdschäden beschränkt (ausreichend ist der Eintritt "eines Personen- oder Sachschadens", nicht notwendig ist dagegen ein solcher, den ein anderer als der Unfallverursacher erlitten hat). Nach einem solchen weiten Schadensbegriff wäre ein Unfall folglich auch bei reinen Selbstschädigungen des Unfallverursachers gegeben; der Begriff des Unfalles ist folglich "personenunabhängig". Dies ist durchaus richtig, da auch bei reinen Selbstschädigungen des Unfallverursachers ein anderer Unfallbeteiligter ein Interesse an einer Feststellung des Unfallherganges haben kann, um vor der unberechtigten Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen geschützt zu werden. Nicht überzeugend ist daher, wenn teilweise vertreten wird, dass Schäden des/der Unfallverursacher*in von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 142 StGB herausgenommen werden.[28]

Beispiel: A hält mit seinem großen Geländewagen an einer roten Ampel. Der hinter ihm fahrende B übersieht den A und kollidiert frontal mit dem Heck seines Geländewagens. Beschädigt wird nur das Fahrzeug des B, da der massive Heckschutzbügel des PKW des A den Aufprall restlos aufgefangen hat. Als der muskulöse A aus seinem Fahrzeug aussteigt und böse Richtung des B blickt, flüchtet B aus Angst vor einer körperlichen Auseinandersetzung mit A vom Unfallort.

Denkbar ist hier durchaus, dass B im Nachhinein einen Schadensersatzanspruch gegen A geltend macht (z.B. mit der Einlassung, die Ampel sei nicht rot gewesen und A habe daher unberechtigt gebremst). Da B sich vom Unfallort entfernt hat, hat er die Beweismöglichkeiten des A geschwächt. Der Sinn und Zweck des § 142 StGB (Ermöglichen von Feststellungen, auch um sich vor unberechtigten Schadensersatzansprüchen zu schützen) ist damit durchaus erfüllt. Hier bereits das Vorliegen eines Unfalles abzulehnen, mit der Begründung, dass Eigenschäden des Unfallverursachers von vornherein von § 142 StGB nicht erfasst sind, würde folglich dem Telos der Norm widersprechen. Vorzugswürdig erscheint es hingegen eine teleologische Reduktion dergestalt vorzunehmen, dass die tatbestandlichen Pflichten des § 142 StGB dann entfallen, wenn durch den Unfall keine fremden Feststellungsinteressen betroffen sind, was der Fall ist, wenn nach den Umständen des Einzelfalles evident ist, dass fremde Ersatzansprüche nicht entstanden sind oder ein fremdes Beweissicherungsinteresse nicht besteht. In den Fällen des Eigenschadens des/der Unfallverursacher*in ist dies der Fall, wenn eine Teilnahme Dritter am Unfallgeschehen evident ausgeschlossen ist.

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2. "im Straßenverkehr"[Bearbeiten]

Gem. § 142 StGB muss der Unfall "im Straßenverkehr" erfolgen. Entsprechend der o.g. Definition ist dieses Erfordernis in zweifacher Hinsicht zu verstehen:

  1. Örtlicher Zusammenhang: der Unfall muss in räumlicher Hinsicht auf öffentlichem Verkehrsgrund stattgefunden haben
  2. sachlicher Zusammenhang: der Unfall muss in einem ursächlichen Zusammenhang mit den typischen Gefahren des Straßenverkehrs stehen
a. Örtlicher Zusammenhang[Bearbeiten]

Es werden nur Schadenseintritte erfasst, die in räumlicher Hinsicht im öffentlichen Straßenverkehr, d.h. auf öffentlichem Verkehrsgrund, stattgefunden haben. Der Begriff des öffentlichen Straßenverkehrs entspricht dem der §§ 315b, 315c, 315d und 316 StGB, sodass ergänzend auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Ein Schadenseintritt in sonstigen Bereichen (z.B. Schienen-/Luftverkehr oder auf Skipisten[29]) ist folglich von § 142 StGB nicht erfasst.

Der Begriff "öffentlicher Straßenverkehr" ist in zwei Richtungen zu verstehen:

  1. Erfasst sind zum einen alle dem allgemeinen Verkehr gewidmeten Straße, Wege, Plätze und Brücken, unabhängig davon, ob sie dem fließenden oder ruhenden Verkehr dienen. Hierzu gehört nicht nur die Fahrbahn selbst, sondern der gesamte räumliche Bereich, der für den Verkehr freigegeben ist, z.B. neben der Fahrbahn gelegene Fahrrad- und Fußgängerwege (sog. wegerechtlicher Öffentlichkeitsbegriff)[30]
  2. Erfasst sind allerdings auch solche Verkehrsflächen, die - ungeachtet der Eigentumsverhältnisse - aufgrund ausdrücklicher oder stillschweigender Duldung (Ob eine solche Duldung vorliegt, bemisst sich nicht nach dem tatsächlichen Willen des Verfügungsberechtigten, sondern allein nach den für etwaige Besuchende äußeren Umständen [z.B. Verbotsschilder, Schranken, Zufahrtssperren, Absperrketten, mit Codekarte abgesperrtes Rolltor usw.]) des Verfügungsberechtigten für die Benutzung durch jedermann oder jedenfalls durch eine nach allgemeinen Merkmalen bestimmte Gruppe von Verkehrsteilnehmenden dauernd oder vorübergehend zugelassen wird und von der Allgemeinheit zu diesem Zweck auch tatsächlich genutzt wird[31] (faktischer Öffentlichkeitsbegriff)

Nur der öffentliche Straßenverkehr ist von § 142 StGB erfasst, da dieser - im Gegensatz zum Verkehr auf privatem Grund - zum einen in größerem Maße schadensträchtig ist und es zum anderen regelmäßig an einer persönlichen Beziehung zwischen den Verkehrsteilnehmenden fehlen wird, sodass die Durchsetzung der aus dem Schadenseintritt entstehenden Schadensersatzansprüche entsprechend schwieriger sein wird. Nur im öffentlichen Straßenverkehr bestehen i.d.R. folglich die eingangs aufgezählten Gefahren, die eine Strafbewehrung der Unfallflucht gerade notwendig machen. Da es für den faktischen Öffentlichkeitsbegriff aber nicht auf die zugrundeliegenden Eigentumsverhältnisse ankommt, können grds. auch private Grundstücke unter den öffentlichen Straßenverkehr i.S.d. § 142 StGB fallen.

Beispiel :Tankstellengelände, Parkplätze bzw. Parkhäuser von Supermärkten/Einkaufszentren, Parkplätze von Gasthäusern usw.

Eine Fläche kann je nach Umständen des Falles zeitweilig zwischen öffentlichem und privatem Verkehrsbereich wechseln. Maßgeblich ist allein - entsprechend der o.g. Voraussetzungen -, ob nach den äußeren Umständen erkennbar ist, dass der Verfügungsberechtigte eine Nutzung als Verkehrsfläche für jedermann nicht mehr duldet.

Beispiel : Nach Ladenschluss werden auf dem Parkplatz der Supermarktkette L die Zufahrtsschranken geschlossen. Eine Zufahrt auf den Parkplatz mittels eines Kfz ist dann nicht mehr möglich. Die Zufahrtsschranken werden erst am nächsten Morgen mit Ladenöffnung ab 7:00 Uhr wieder geöffnet.

Eine Verkehrsfläche ist jedoch auch dann nicht-öffentlich, wenn deren Benutzung nur für bestimmte Personen oder nur für eine nach speziellen Merkmalen bestimmbare Personengruppe zugelassen ist. Eine solche Beschränkung entspricht dem Telos der Norm: Der Kreis an Nutzenden einer solchen Verkehrsfläche ist dann so klein, dass diese entweder untereinander oder zum Verfügungsberechtigten durch persönliche oder sachliche Beziehung verbunden sein werden; das Risiko mögliche durch einen Unfall entstehende Schadensersatzansprüche nicht geltend machen bzw. abwehren zu können, ist daher entsprechend geringer und wird (Stichwort: Strafrecht als ultima ratio) als nicht strafwürdig angesehen.[32]

Beispiel : Privates Parkgrundstück einer Hausgemeinschaft (dieses steht nur den Hausbewohner*innen und ihren Besucher*innen offen), Kasernen-/Flugplatzgelände (dieses steht nur Personen mit Zugangsberechtigung offen, Mitarbeitendenparkplatz (dieser steht nur den Mitarbeitenden offen)

Problematisch erscheinen jedoch Fälle, in denen sich nicht das ganze Schadensereignis im öffentlichen Verkehrsraum abspielt, sondern das unmittelbare Schadensereignis auf einem Privatgrundstück stattfindet, das nach den o.g. Ausführungen auch nicht Verkehrsraum ist.

Beispiel 1: T fährt auf nasser Fahrbahn zu schnell in eine Kurve ein, sodass er von der Straße abkommt, die Hecke des O durchschlägt und den wertvollen Apfelbaum, der auf dessen Privatrundstück steht beschädigt.

Beispiel 2: A hat sich verfahren und möchte auf der Straße wenden. Hierzu fährt er rückwärts in die Einfahrt des B, die auf seinem Privatgrundstück liegt und beschädigt dessen in der Einfahrt stehendes Fahrzeug.

In beiden Fällen erfolgt der eigentliche Schadenseintritt (jeweils die Kollision des Fahrzeugs) auf dem Privatgelände des Unfallopfers. Bei diesem handelt es sich auch nicht um faktischen Verkehrsraum, sodass nach den bisherigen Ausführungen ein Unfall im Straßenverkehr eigentlich abzulehnen wäre. Dies würde jedoch zu zufälligen Ergebnissen und damit einhergehend zu Strafbarkeitsunsicherheiten führen.

b. Sachlicher Zusammenhang[Bearbeiten]

Der Schadenseintritt muss nicht nur räumlich auf öffentlichem Verkehrsgrund stattgefunden haben, sondern muss auch in einem sachlichen (= funktionalen) Zusammenhang mit dem öffentlichen Straßenverkehr stehen. Notwendig hierfür ist, dass sich in dem Schadenseintritt gerade eine typische Gefahr des Straßenverkehrs realisiert hat, d.h. der Schadenseintritt stellt sich gerade als Auswirkung des allgemeinen Verkehrsrisikos dar.[33] Die Notwendigkeit eines solchen sachlichen Zusammenhanges ist nichts anderes als eine teleologische Reduktion des Tatbestandes, die notwendig ist, um eine völlig ausufernde Anwendung des § 142 StGB zu verhindern. Nicht erfasst werden sollen Schadenseintritte, die einen lediglich zufälligen Zusammenhang mit dem öffentlichen Verkehrsraum aufweisen. Würde man solche Fälle nicht vom Anwendungsbereich des § 142 StGB ausschließen, verstieße dies gegen den Telos der Norm.

Beispiel 1: Bauarbeiter B restauriert auf einem Baugerüst stehend eine Hausfassade. Dabei fällt ihm ein schwerer Hammer vom Baugerüst, der ein am Straßenrand geparktes Fahrzeug beschädigt.

Beispiel 2: Auf einem öffentlichen Parkplatz zersticht T die Autoreifen seines ihm untreuen Exfreundes O.

Beispiel 3: X, an einer roten Ampel wartend, sieht wie sein verhasster Arbeitskollege Z vor ihm die Straße überquert. Er entscheidet sich dazu Z umzubringen und überfährt ihn. Z ist auf der Stelle tot.

In all diesen Fällen geschieht die Schadensverursachung durchaus in einem örtlichen Zusammenhang mit dem Straßenverkehr, da sich alle Unfälle im öffentlichen Verkehrsraum abspielen, jedoch lässt sich in diesen Fällen nur schwerlich feststellen, dass diese auch Ausfluss der typischen Gefahren des Straßenverkehrs sind. Mangels sachlich Zusammenhang liegt folglich schon kein "Unfall im Straßenverkehr" vor. Hieraus ergibt sich jedoch die umgekehrte Frage: Wann realisiert sich in einem Schadenseintritt eine typische Gefahr des Straßenverkehrs? Unstreitig zu den typischen Risiken des Straßenverkehrs gehört die Fortbewegung der Verkehrsteilnehmenden. Ein Schadenseintritt, der hierauf beruht, steht daher unproblematisch in sachlich-funktionalen Zusammenhang mit dem öffentlichen Straßenverkehr.

Beispiel: T in seinem Auto übersieht die O, die gerade dabei ist, den Zebrastreifen zu überqueren. O kann dem T nicht mehr ganz ausweichen und wird an der linken Schulter vom Fahrzeug des T getroffen. Sie erleidet mehrere Rippenbrüche. T, der Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen hat, flüchtet vom Unfallort. Die Körperverletzung der O entstand hier gerade infolge der Fortbewegung des T in seinem Fahrzeug. Eine typische Gefahr des Straßenverkehrs hat sich daher unstr. realisiert.

Problematisch ist dagegen, ob sich auch bei Schadenseintritten, die im ruhenden bzw. stehenden Straßenverkehr entstehen, ein dem Straßenverkehr typisches Schadensrisiko niederschlägt.

Beispiel 1: A und B haben beim Baumarkt Baumaterial (u.a. 3m lange Holzbalken) eingekauft. Als sie diese in ihren Transporter einladen wollen, stößt A mit einem Holzbalnekn gegen einen hinter ihnen geparkten PKW. An diesem entsteht ein Schaden iH.v. 1.100,- EUR. A und B fahren davon.[34]

Beispiel 2: T will bei seinem Auto die Reifen wechseln. Hierzu hebt er sein Auto an der Vorderachse mit einem Wagenheber an und entfernt beide Vorderreifen. Da die Straße leicht abschüssig ist, rutscht das Auto vom Wagenheber und beschädigt dabei ein anderes Fahrzeug. T montiert schnell wieder beide Vorderreifen und parkt sein Auto um, sodass er mit dem Schaden nicht in Verbindung gebracht werden kann.[35]

Beispiel 3: G hat gerade im Supermarkt seinen Wocheneinkauf erledigt, den er nun in den Kofferraum seines Autos laden will. Er bemerkt dabei nicht, wie der Einkaufswagen auf dem abschüssigen Parkplatz wegrollt und in einen parkenden PKW einschlägt. Es entsteht ein Sachschaden i.H.v. 500,- EUR. G fährt davon.

Die Grenzziehung zwischen straßenverkehrstypischen und straßenverkehrsatypischen Risiken stellt sich - gerade bei Schadenseintritten im stehenden bzw. ruhenden Verkehr - als äußerst schwierig dar. Es hat sich eine kaum mehr zu überblickende und teilweise widersprüchliche Kasuistik und Meinungsvielfalt herausgebildet, deren Durchdringung praktisch aussichtslos erscheint. Gut vertretbar erscheint es daher, wenn eine typische Gefahr des Straßenverkehrs lediglich dann angenommen wird, wenn das Schadensereignis in Zusammenhang mit der Fortbewegung wenigstens eines/einer der Beteiligte*n zutun hat, denn die Fortbewegung stellt unstr. eine typische Schadensgefahr des Straßenverkehrs dar.[36]

c. Vorsätzliche Schadensherbeiführung[Bearbeiten]

Umstr. ist weiterhin, ob ein Unfall im Straßenverkehr auch dann vorliegen kann, wenn die Schadensherbeiführung vorsätzlich erfolgte. Hier können sich verschiedene Konstellationen ergeben, die streng voneinander zu trennen sind.

d. Grund der Schadensverursachung[Bearbeiten]

Nach h.M. ist für das Vorliegen eines Unfalles im Straßenverkehr nicht notwendig, dass der Schadenseintritt zwischen (Kraft-)Fahrzeugen entstehen muss (auch wenn in praktischer Hinsicht hierin natürlich der Hauptanwendungsfall bestehen wird). Erfasst wird auch eine beachtliche Anzahl an Fällen, in denen es zu einer Schadensverursachung kommt, in denen jedoch ein (Kraft-)Fahrzeug nicht vorkommt.

Beispiel: Zusammenstöße zwischen Fußgängern, Fahrradfahrern, Inline-Skatern, Reitern, .

Noch willkürlicher gestaltet sich die Lage bei Schadensverursachungen im ruhenden Verkehr.

Ein solches Verständnis, das den Anwendungsbereich des § 142 StGB derart stark ausdehnt, ist jedoch "mit Vorsicht zu genießen" und durchaus nicht unumstritten. Hier sei an die eingangs gemachten Ausführungen zum geschützten Rechtsgut des § 142 StGB erinnert. § 142 StGB soll ja gerade die im Vergleich zu den Begegnungen des täglichen Lebens stark erhöhten Schadens- und Aufklärungsrisiken kompensieren. Vor diesem Hintergrund insbesondere den Zusammenstoß zwischen Fußgängern als "Unfall im Straßenverkehr" zu werten, wirkt fast schon absurd.[37] Es wird daher - mit guten Argumenten - vertreten, dass ein Unfall im Straßenverkehr i.S.d. § 142 StGB die Beteiligung zumindest eines Fahrzeuges voraussetzt. Eine solche Ansicht hat übrigens auch den eindeutigen Wortlaut des § 142 StGB auf ihrer Seite, ist in dessen 1. Absatz doch gerade die Rede davon, dass der Unfallbeteiligte "Feststellungen seiner Person, seines Fahrzeuges (!) und der Art seiner Beteiligung" zu ermöglichen hat.

Beachte: In einer Klausur kann "guten Gewissens" der Ansicht gefolgt werden, die eine Fahrzeugbeteiligung für das Vorliegen eines Unfalles im Straßenverkehr nicht voraussetzt, befindet man sich damit doch auf der Seite der h.M.

III. Unfallbeteiligter[Bearbeiten]

Bei dem/der Täter*in muss es sich um einen Unfallbeteiligten i.S.d. § 142 V StGB handeln. Nur diese*r kann sich wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar machen. § 142 StGB ist daher ein echtes Sonderdelikt.[38] Die Tathandlungen des § 142 I, II StGB können nur vom dem-/derjenigen begangen werden, der/die als Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 I, II StGB verpflichtet wird.[39] Nach der Legaldefinition aus § 142 V StGB ist Unfallbeteiligter jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann. Erforderlich ist also nicht, dass der/die Täter*in den Unfall tatsächlich mitverursacht oder mitverschuldet hat. Ausreichend ist der Verdacht der/die Täter*in könnte bei der Verursachung des Unfalles mitgewirkt haben. Auch wenn sich ex-post (z.B. im Rahmen eines Zivilprozesses) herausstellt, dass der/die Täter*in kausal nichts zur Unfallentstehung beigetragen hat, bleibt es bei einer Strafbarkeit nach § 142 StGB, sofern er/sie seine/ihre aus § 142 I, II StGB folgenden Pflichten nicht erfüllt hat.[40] Zu fragen ist daher: Wann kann das Verhalten des/der Täter*in nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben? Notwendig ist insoweit eine ex-ante-Betrachtung. Ausreichend ist, dass nach dem äußeren Anschein ("nach den Umständen") der nicht ganz unbegründete Verdacht einer irgendwie gearteten - nicht notwendig schuldhaften oder verkehrswidrigen - (Mit-)Verursachung besteht.[41] Unfallbeteiligter können nicht Kraftfahrer*innen, sondern auch andere Verkehrsteilnehmende sein (z.B. Radfahrer*innen, Fußgänger*innen, Beifahrer*innen usw.) aber (nach herrschender, jedoch nicht unbestrittener[42] Ansicht) auch Nichtverkehrsteilnehmende (vgl. Wortlaut von § 142 V: "Unfallbeteiligter ist jeder...")

Beispiel: A wohnt an einer Landstraße. Da ihn der laute Verkehr nervt, entschließt er sich zu rächen. Den vorbeifahrenden O blendet er aus seinem Schlafzimmerfenster hinaus mit einem Laserpointer. O verliert daraufhin die Kontrolle über seinen PKW und kollidiert mit einem Baum neben der Fahrbahn.

1. Anwesenheit am Unfallort zur Unfallzeit[Bearbeiten]

Unfallbeteiligter kann nach h.M. nur derjenige sein, der zur Unfallzeit am Unfallort anwesend ist.
Die Notwendigkeit der Anwesenheit am Unfallort folgt aus einem Rückschluss aus § 142 I StGB: Dieser statuiert eine strafbewehrte Wartepflicht des Unfallbeteiligten am Unfallort, damit dieser die notwendigen Feststellungen ermöglichen kann. Nur wer auch am Unfallort anwesend ist, kann sich auch in strafbarer Weise von diesem entfernen. Unfallbeteiligter kann daher nicht sein, wer nicht am Unfallort anwesend ist. Präzisiert wird dies von der h.M. richtigerweise dahingehend, dass eine Anwesenheit des Unfallbeteiligten am Unfallort in dem Zeitpunkt nötig ist, in dem der Unfall passiert. Ein späteres Hinzukommen zum Unfallort, um diesen sodann wieder zu verlassen, löst nach h.M. folglich keine Strafbarkeit nach § 142 I StGB aus. Hierfür spricht, dass ansonsten ein*e Unfallverursacher*in, der/die später an die Unfallstelle zurückkehrt, gegenüber dem-/derjenigen schlechter gestellt würde, der/die trotz Kenntnis vom Unfall bewusst nicht an den Unfallort zurückkehrt.[43]

Bekanntes Lehrbuchbeispiel: A hat sein Fahrzeug verkehrswidrig in einer Kurve abgestellt. Dadurch konnte der in seinem PKW ankommende B die Kurve nicht einsehen und übersah den in die Kreuzung ebenfalls einfahrenden C, mit dem er kollidierte. A kehrte wenige Minuten nach dem Unfall zwischen B und C zu seinem Fahrzeug zurück. Schnell setzte sich A - von den inzwischen streitenden B und C unbemerkt - in sein Auto und fuhr davon.

2. Einschränkung der Unfallbeteiligung[Bearbeiten]

Geht es um die Prüfung des Unfallbeteiligten im Rahmen einer Strafrechtsklausur, bietet sich hierbei folgende Prüfungsreihenfolge an [44]:

  1. Handelt es sich bei dem/der Täter*in um einen "echten Unfallbeteiligten", d.h. hat dieser/diese tatsächlich zur Verursachung des Unfalls beigetragen, bedarf es dann keiner Ausführungen mehr bzgl. einer vermuteten Unfallbeteiligung des/der Täter*in
  2. Ist dies nicht der Fall, d.h. der/die Täter*in hat tatsächlich nichts zur Verursachung des Unfalles beigetragen, ist zu prüfen, ob der/die Täter*in zumindest als "vermuteter Unfallbeteiligter" gem. § 142 V StGB nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen hat

Beachte: Diese Prüfungsreihenfolge ergibt sich aus logischen Aspekten. § 142 V StGB fasst den Begriff des Unfallbeteiligten wie gezeigt weit. Sogar derjenige, der aufgrund der äußeren Umstände nur möglicherweise zum Unfalleintritt beigetragen haben kann, ist erfasst. Das heißt aber auch gleichzeitig, dass der-/diejenige, der/die tatsächlich zur Verursachung des Unfalls beigetragen hat, als "echter Unfallbeteiligter" erst recht von § 142 V erfasst ist. Die echte Unfallbeteiligung ist ein "mehr" im Vergleich zur vermuteten Unfallbeteiligung des § 142 V StGB. Beim echten Unfallbeteiligten besteht nicht nur die Möglichkeit der Unfallverursachung, sie steht sogar fest. Der Vorteil an dieser Prüfungsreihenfolge ist bestechend: Handelt es sich bei dem/der Täter*in schon um einen echten Unfallbeteiligten, entgeht man dem Problem der sehr unklaren Beurteilungskriterien hinsichtlich der Bestimmung des vermuteten Unfallbeteiligten.

1. Echter Unfallbeteiligter[Bearbeiten]

Echter Unfallbeteiligter ist zunächst jeder, dessen Verhalten tatsächlich zur Verursachung des Unfalles im Straßenverkehr beigetragen hat.[45] Der Begriff der Verursachung ist im Sinne der conditio-sine-qua-non-Formel zu verstehen, d.h. das Verhalten des/der Täter*in darf nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der Unfall entfällt.

Beachte: Hier sei nochmals an die Weite des § 142 StGB erinnert, die sich auch im hier verwendeten Begriff der Unfallverursachung widerspiegelt. Den Unfall "verursacht" - anders als im umgangssprachlichen Gebrauch - folglich nicht nur der-/diejenige, die bspw. an der roten Ampel dem/der Vorausfahrenden auffährt o.ä., d.h. der/die Schadensverursacher*in, sondern auch der/die Geschädigte, da dessen/deren Verhalten (das Bewegen im Straßenverkehr) gleichsam kausal für den Eintritt des Unfalles ist.

Aufgrund der bekannten Uferlosigkeit der conditio-Formel (würde man diese nicht begrenzen, wäre theoretisch sogar der Autohersteller, der den PKW hergestellt hat, der in den Unfall verwickelt ist, echter Unfallbeteiligter) muss diese beschränkt werden. Dies geschieht wie folgt:

  1. Unfallverursacher kann nur sein, wer als Verkehrsteilnehmer*in am Unfall mitgewirkt hat, da nur so ein Bezug zur konkreten Unfallsituation entsteht, wobei dies gem. § 1 StVO ein verkehrserhebliches Verhalten, d.h. ein Einwirken auf den Verkehrsvorgang mit der Absicht sich am Straßenverkehr beteiligen zu wollen, erfordert.[46]
Weiterführendes Wissen
Nach der erstgenannten Voraussetzung kommen nur Verkehrsteilnehmer*innen als echte Unfallbeteiligte in Betracht. Welche Konsequenzen dies hat lässt sich an einem Beispielsfall verdeutlichen:

T steht auf einer Autobahnbrücke und blendet den unter ihm fahrenden Verkehr mit einem Laserpointer. Dabei trifft er das Auge der ihm in ihrem PKW entgegenkommenden O, die sich erschreckt und ihr Steuer herumreißt und in die Leitplanke kracht. Zwar bleibt O selbst unverletzt, ihr Auto erleidet jedoch einen Totalschaden. T, der sieht was er angerichtet hat, flüchtet.[47]

T könnte nach dem oben gesagten nicht als echter Unfallbeteiligter eingestuft werden, da er mangels Beteiligungsabsicht im Straßenverkehr kein Verkehrsteilnehmer ist. Teilweise wird daher auf die Eigenschaft als Verkehrsteilnehmer*in verzichtet und stattdessen auch Nichtverkehrsteilnehmer*innen miteinbezogen.[48] Dies hätte zwar den "Vorteil", dass sich auf diese Weise hier eine Strafbarkeit des T gem. § 142 I StGB konstruieren ließe, jedoch scheint dies im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 142 StGB bedenklich. § 142 StGB soll ja gerade die sich aus dem Straßenverkehr folgenden Schadens- und Aufklärungsrisiken abmildern. Wirkt ein Außenstehender auf den Straßenverkehr ein, steht dies jedoch in keinem Zusammenhang mit diesen Risiken. Der Anwendungsbereich von § 142 StGB würde ansonsten in bedenklicher Weise überdehnt werden. Nach der hier vertretenen Ansicht werden Nichtverkehrsteilnehmer*innen daher aus dem Anwendungsbereich des § 142 StGB ausgeschlossen.[49]

2. Vermuteter Unfallbeteiligter[Bearbeiten]

Bemisst sich die Entscheidung darüber, ob eine Person als Unfallbeteiligter in Betracht kommt oder nicht nach der bloßen Möglichkeit der Unfall(mit-)verursachung, muss folglich geklärt werden, auf welche Kriterien eine solche Einschätzung gestützt werden kann. Nicht vergessen werden darf dabei Folgendes: Die Einordnung als Unfallbeteiligter führt zur Auslösung der strafbewehrten Pflichten i.S.d. § 142 I, II StGB, d.h. die Entscheidung darüber, ob eine Person Unfallbeteiligter ist oder nicht, hat immense Konsequenzen. Umso bedauerlicher ist es, dass hinsichtlich der Beurteilungskriterien keine Klarheit gibt.[50] Einigkeit besteht insoweit nur darüber, dass es auf den äußeren Schein der Unfallsituation ankommt.</ref>

IV. Tathandlungen des § 142 I, II StGB[Bearbeiten]

Unabhängig davon, ob eine Strafbarkeit nach § 142 I oder § 142 II StGB geprüft wird, muss stets geprüft werden, ob sich der/die Unfallbeteiligte vom Unfallort entfernt hat.

1. Begriff des Unfallortes[Bearbeiten]

Notwendig ist daher zunächst die Klärung dessen, was unter "Unfallort" zu verstehen ist, da nur dann geprüft werden kann, ob sich der/die Täter*in auch von diesem entfernt hat.

Bzgl. der Bestimmung des Unfallorts kann folgende Differenzierung getroffen werden:

  1. Unfallort ist unproblematisch die eigentliche Unfallstelle: Erfasst ist der Ort, an dem sich der Unfall ereignet hat (beim Regelfall der Fahrzeugbeteiligung ist dies folglich der Ort, an dem beide Fahrzeuge miteinander kollidiert sind) sowie der Bereich, in dem die beteiligten Fahrzeuge nach der Kollision zum stehen gekommen sind (z.B. nach einer Kollision auf der Autobahn rollen beide Unfallfahrzeuge noch ca. 50m aus)
  2. Unfallort ist nach h.M. allerdings auch der räumliche Nahbereich um die eigentliche Unfallstelle: Voraussetzung ist, dass der Aufenthalt des/der Unfallbeteiligten an dieser Stelle noch in einem erkennbaren Zusammenhang mit dem Unfall steht, was sich anhand der objektiven Sicht der an der eigentlichen Unfallstelle zurückgebliebenen feststellungsbereiten Personen ergibt

Bei der Bestimmung des Unfallortes sollte auch Folgendes beachtet werden: Je größer man den Bereich des Unfallortes fasst, desto eher handhabt man § 142 StGB in restriktiver Weise, da der Unfallbeteiligte dann eine weitere räumliche Distanz zu überwinden hat, damit von einem Entfernen gesprochen werden kann. Dagegen führt ein enges Verständnis vom Begriff des Unfallortes zu einer extensiven Handhabung des § 142 StGB, da er Unfallbeteiligte eben gerade eine geringere Distanz zu überwinden hat, so dass ein Entfernen schneller vorliegt.[51] Der Unfallort kann wie ein Kreis verstanden werden, der um die eigentliche Unfallstelle als "Epizentrum" gezogen wird. Der Unfallbeteiligte entfernt sich vom Unfallort, indem er aus diesem Kreis ausdringt. Je nachdem wie groß oder klein dieser Kreis gezogen wird, führt dies folglich zu einer restriktiveren oder eben extensiveren Handhabung des § 142 StGB.

2. Entfernen vom Unfallort[Bearbeiten]
3. Die Pflichten des § 142 I, II StGB[Bearbeiten]

Steht fest, dass sich der/die Täter*in als Unfallbeteiligte*r vom Unfallort entfernt hat, kann mit einer Differenzierung zwischen § 142 I und II StGB begonnen werden. Statuiert sind hier eine Reihe an Pflichten, die den Täter als Unfallbeteiligten treffen. Eine Strafbarkeit ergibt sich dann, wenn dieser seinen aus § 142 I, II StGB folgenden Pflichten nicht nachkommt. Hierbei ist systematisch vorzugehen: Zunächst ist § 142 I Nr. 1 vor Nr. 2 StGB und - sofern sich hieraus eine Strafbarkeit nicht ergibt - § 142 II StGB zu prüfen.
Im Einzelnen ergeben sich für § 142 StGB folgende Möglichkeiten strafbewehrter Pflichtverletzung:

  1. § 142 I Nr. 1 StGB: Der/die Täter*in entfernt sich vom Unfallort ohne die zu treffenden Feststellungen zu ermöglichen, obwohl feststellungsbereite Personen am Unfallort anwesend sind
  2. § 142 I Nr. 2 StGB: Der/die Täter*in entfernt sich vom Unfallort ohne die zu treffenden Feststellungen zu ermöglichen, wobei zwar keine feststellungsbereiten Personen am Unfallort anwesend sind, der/die Täter*in jedoch nicht den Ablauf der Wartefrist abwartet
  3. § 142 II Nr. 1 StGB: Der/die Täter*in entfernt sich vom Unfallort nach Ablauf der Wartefrist i.S.d. § 142 I Nr. 2 StGB, ermöglicht jedoch die zu treffenden Feststellungen nicht unverzüglich nach seinem Sich-Entfernen.
  4. § 142 II Nr. 2 StGB: Der/die Täter*in entfernt sich gerechtfertigt oder entschuldigt vom Unfallort, unabhängig davon, ob feststellungsbereite Personen anwesend sind oder nicht, ermöglicht jedoch die zu treffenden Feststellungen nicht unverzüglich nach seinem Sich-Entfernen.
a. § 142 I Nr. 1 StGB[Bearbeiten]

Bestraft wird hiernach, wer sich als Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt, ohne die in § 142 I Nr. 1 StGB normierten Pflichten zu erfüllen, obwohl feststellungsbereite Personen bereits im Unfallzeitpunkt am Unfallort anwesend sind (dies ergibt sich aus einem Rückschluss aus § 142 I Nr. 2 StGB) oder vor Ablauf der Wartefrist am Unfallort eintreffen. Welche Pflichten dies sind, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 142 I Nr. 1 StGB:

  1. Aktive Vorstellungspflicht
  2. Passive Anwesenheits-/Feststellungsduldungspflicht

Wer also seiner aktiven Vorstellungspflicht und seiner passiven Feststellungsduldungs-/Anwesenheitspflicht gegenüber einer feststellungsbereiten Person nachgekommen ist, der macht sich nicht gem. § 142 I Nr. 1 StGB strafbar. Ausgeschlossen ist dann auch eine Strafbarkeit gem. § 142 I Nr. 2 StGB (da feststellungsbereite Personen anwesend sind, greift § 142 II Nr. 2 StGB nicht) und gem. § 142 II StGB (der Täter hat bereits alle Pflichten erfüllt). Scheidet folglich eine Strafbarkeit gem. § 142 I Nr. 1 StGB durch Erfüllung der betreffenden Pflichten aus, scheidet eine Strafbarkeit gem. § 142 StGB gänzlich aus.

1) Aktive Vorstellungspflicht
Die aktive Vorstellungspflicht des Unfallbeteiligten und ihr genauer Pflichteninhalt ergibt sich aus dem Wortlaut des § 142 I Nr. 1 StGB ("bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten [...] durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist [...]").
Inhaltlich erschöpft sich die Vorstellungspflicht nach h.M. darin, dass der Täter gegenüber der feststellungsbereiten Person anzugeben hat, dass ein Unfall geschehen[52] ist und er an diesem möglicherweise i.S.d. § 142 V StGB beteiligt ist.[53] Eine mögliche Verletzung der Vorstellungspflicht ergibt sich daher nur dann, wenn das Unfallereignis oder die Unfallbeteiligung verleugnet wird (z.B. der Täter äußert sich dahingehend, dass er nur Zeuge des Unfalls gewesen sei).
Nicht verpflichtet hingegen ist der Täter, Auskünfte dahingehend zu machen, die über den zuvor genannten Umfang hinausgehen, z.B. dass er den Unfall verursacht hat oder sogar dass er am Unfall Schuld ist. Dies würde ansonsten das ohnehin schon durch § 142 I Nr. 1 StGB tangierte Selbstbelastungsverbot in verfassungswidriger Weise verletzen.[54]

Weiterführendes Wissen

Nach einer teilweise vertretenen Ansicht trifft den Täter hinsichtlich seiner Vorstellungspflicht dagegen ein wesentlich umfangreicherer Pflichtenkatalog, der sich an § 34 I Nr. 5 StVO orientiert. Hiernach kommt dem Täter eine umfassende Vorstellungspflicht bzgl. wahrheitsgemäßer Auskunft über Name, Adresse, Halter, Versicherung usw. zu.

Die aktive Vorstellungspflicht kann jedoch auch entfallen, nämlich wenn die Unfallbeteiligung des Täters ohnehin schon bekannt ist, z.B. weil sich dies konkludent aus den Umständen des Falles ergibt.[55] Dies wird in der Praxis der häufigste Fall sein. Eigenständige Relevanz hat die Vorstellungspflicht daher v.a. dann, wenn feststellungsbereite Personen erst nach dem Schadenseintritt aber noch vor Ablauf der Wartefrist eintreffen. Da diese vom unfallbedingten Schadenseintritt - infolge ihrer Abwesenheit - selbst nichts mitbekommen haben, wird es nötig sein, dass sich der Täter als Unfallbeteiligter vorstellt.
Möglich erscheint zudem, dass der Täter - z.B. aus Angst vor straf- oder zivilrechtlichen Konsequenzen - Falschangaben macht. Hier muss folgendes beachtet werden: Nur soweit die aktive Vorstellungspflicht des Täters reicht, ist er auch zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet, d.h. lügt der Täter über seine mögliche Rolle als Unfallbeteiligter und (!) entfernt sich dann vom Unfallort, hat er seiner Vorstellungspflicht nicht genügt und macht sich daher nach § 142 I Nr. 1 StGB strafbar. Eine Falschangabe bzgl. der Vorstellung als Unfallbeteiligter ist daher wie eine Nichtangabe zu werten, sodass sich nach § 142 I Nr. 1 StGB strafbar macht, wer eine Falschangabe bzgl. seiner Eigenschaft als Unfallbeteiligter tätigt und sich dann vom Unfallort entfernt. Nicht relevant hingegen sind Falschangaben, die sich nicht auf die Vorstellungspflicht des Täters beziehen. Da diese gerade nicht Gegenstand dessen Vorstellungspflicht sind, kann eine Falschauskunft hierüber auch nicht dazu führen, dass er seine Pflicht nicht erfüllt.

Beispiel: Nachdem A an einer roten Ampel dem vor ihm haltenden B aufgefahren ist, gibt sich A zwar als Unfallbeteiligter zu erkennen, nennt gegenüber B jedoch einen falschen Namen und sagt, dass er bestens versichert sei, sodass sich B keine Sorgen über eine Reparatur seines Fahrzeuges machen müsse. Da Name des Täters und dessen Versicherungsstatus nicht Gegenstand der Vorstellungspflicht sind, ist eine diesbezügliche Täuschung auch unschädlich für deren Erfüllung.

Umstritten sind hingegen Fälle, in denen der Täter seine Vorstellungspflicht verletzt, sich jedoch vom Unfallort erst entfernt, sobald keine feststellungsbereiten Personen mehr anwesend sind.

Beispiel: A fährt in seinem Auto den B an, der gerade einen Zebrastreifen überquert. B wird durch den Aufprall auf den Boden ohnmächtig. Nachdem B wieder aufwacht, gibt sich A als Ersthelfer aus, der mit dem Unfall selbst jedoch nichts zu tun hat - B hatte nicht gesehen, dass A es war, der ihn umgefahren hat - und wartet, bis B von dem von ihm gerufenen Krankenwagen abgeholt wird, bevor er sich vom Unfallort entfernt.

Im Zeitpunkt des Sich-Entfernens vom Unfallort durch A war keine feststellungsbereite Person mehr anwesend, sodass A auch eine aktive Vorstellungspflicht eigentlich nicht verletzen kann. Eine Strafbarkeit gem. § 142 I Nr. 1 StGB würde daher eigentlich ausscheiden, sodass stattdessen nur eine Strafbarkeit nach § 142 II Nr. 2 StGB in Betracht käme.[56] Die h.M. bejaht hingegen auch in solchen Fällen eine Strafbarkeit nach § 142 I Nr. 1 StGB und bringt hierfür folgendes (überzeugendes) Argument vor: § 142 I Nr. 1 StGB dient gerade dazu, dass durch die Vorstellung des Täters als Unfallbeteiligter für die feststellungsbereiten Personen die Möglichkeit besteht, diejenigen Beweise zu sammeln, die nötig sind, um eine Geltendmachung bzw. Abwehr von Schadensersatzansprüchen zu ermöglichen. Dies vereitelt jedoch sowohl derjenige, der sich sogleich vom Unfallort entfernt, ohne sich als Unfallbeteiligter zu erkennen zu geben, wie derjenige, der seine Eigenschaft als Unfallbeteiligter verschleiert und wartet, bis keine feststellungsbereiten Personen mehr anwesend sind.[57]


2) Passive Feststellungsduldungs-/Anwesenheitspflicht
Zudem muss der Täter ausweislich des Wortlautes des § 142 I Nr. 1 StGB die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeuges und der Art seiner Beteiligung (d.h. der Umstände, die der Geschädigte benötigt, um seine zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche geltend machen zu können) ermöglichen. Die Anforderungen an den Täter hierfür sind jedoch sehr gering. Gem. § 142 I Nr. 1 StGB wird vom Täter lediglich die bloße Anwesenheit am Unfallort verlangt. Vom Täter wird folglich lediglich verlangt, dass er rein passiv duldet, dass andere Personen am Unfallort die notwendigen Feststellungen treffen können. Eine aktive Mitwirkung durch den Täter ist daher nicht notwendig.
Es stellt daher keine Verletzung der Feststellungspflicht dar, wenn sich der Täter gegenüber weiteren Unfallbeteiligten weigert seinen Personalausweis oder Führerschein vorzuzeigen, Telefonnummer herauszugeben, Angaben zur eigenen Versicherung zu machen usw. Weigert sich der Täter der feststellungsbereiten Person die Möglichkeit zu eröffnen, die entsprechenden Feststellungen zu treffen, sodass diese die Polizei hinzuzieht, besteht die Anwesenheitspflicht solange, bis die Polizei die notwendigen Feststellungen getroffen hat.

Weiterführendes Wissen

Betrachtet man den Wortlaut von § 142 I Nr. 1 StGB, indem davon die Rede ist, dass der Täter durch seine Anwesenheit zugunsten der anderen Unfallbeteiligten Feststellungen bzgl. seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung ermöglichen muss und berücksichtigt man nach dem o.g. dann, dass den Täter eine aktive Aufklärungspflicht nicht trifft, sondern er wirklich nur anwesend sein muss, gelangt man zu dem Schluss, dass die bloße Anwesenheit des Täters allein den weiteren Unfallbeteiligten nicht in die Lage versetzt, die Geltendmachung berechtigter Schadensersatzansprüche zu ermöglichen oder die Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche zu verhindern. Durch die bloße Anwesenheit des Täters, hat dieser streng genommen "nichts gewonnen" (Derjenige, der einen Schadensersatzanspruch geltend machen will, hat ja nicht einmal eine ladungsfähige Anschrift des Täters, da sich dieser straflos weigern darf, Name und Anschrift preiszugeben). Regelmäßig bedarf es daher der Hilfe der Polizei, welche - notfalls durch Zwangsmaßnahmen - berechtigt ist, die Feststellungen zu treffen, die für Durchsetzung bzw. Abwehr von Schadensersatzansprüchen nötig sind (so z.B. Maßnahmen zur Identitätsfeststellung gem. §§ 163b, 163c StPO).

Nach h.M. ist ebenfalls unschädlich, wenn der Täter am Unfallort Handlungen vornimmt, die eine Aufklärung des Unfallgeschehens erschweren, auch wenn damit u.U. die Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen des Geschädigten verschlechtert wird (z.B. Beseitigen von Bremsspuren, Entfernen von Lackabrieb am gegnerischen Fahrzeug, Wegbringen des Unfallfahrzeuges usw.).[58]

3) Anwesenheit/Erscheinen feststellungsbereiter Personen § 142 I Nr. 1 StGB findet nur Anwendung, wenn feststellungsbereite Personen am Unfallort anwesend sind. Dies ergibt sich aus einem Rückschluss aus § 142 I Nr. 2 StGB ("[...] ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen"). Denkbar sind dabei zwei Fälle: Zum einen, dass feststellungsbereite Personen schon im Zeitpunkt des Unfalles anwesend sind und zum anderen, dass diese erst nach dem Schadenseintritt aber vor Ablauf der Wartefrist am Unfallort eintreffen.

b. § 142 I Nr. 2 StGB[Bearbeiten]

Ist im Unfallzeitpunkt keine feststellungsbereite Person am Unfallort anwesend, muss der Täter gem. § 142 I Nr. 2 StGB eine "angemessene Zeit" warten, bevor er sich vom Unfallort entfernen darf. Treffen während dem Lauf der Wartefrist feststellungsbereite Personen am Unfallort ein, greifen wieder die Pflichten i.S.d. § 142 I Nr. 1 StGB. Zu beachten ist zudem Folgendes: Sollte der Täter auch nach Ablauf der Wartefrist noch am Unfallort anwesend sein und treffen feststellungsbereite Personen erst nach Ablauf der Wartefrist ein, gelten nach h.M. wieder die Pflichten aus § 142 I Nr. 1 StGB. Begründet wird dies damit, dass Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB unabhängig nebeneinander stehen, d.h. der Ablauf der Wartepflicht sperrt nicht die Pflichten aus § 142 I Nr. 1 StGB, sodass diese auch dann wiederaufleben können, wenn feststellungsbereite Personen auch erst nach Ablauf der Wartefrist noch am Unfallort eintreffen und dort auf den noch anwesenden Täter stoßen. [59]
Allerdings ist hier folgendes zu beachten: Wenn der Täter eine angemessene Zeit wartet, bevor er sich vom Unfallort entfernt, vermeidet er lediglich eine Strafbarkeit gem. § 142 I Nr. 2 StGB. Ihn trifft dann jedoch die Pflicht der nachträglichen Ermöglichung der Feststellungen gem. § 142 II Nr. 1 StGB.
Es stellt sich daher die Frage, was unter einer "angemessenen Zeit" zu verstehen ist, d.h. wie lang die Wartefrist ist, bevor sich der Täter vom Unfallort entfernen darf. Die Wartefrist beginnt im Zeitpunkt es Schadenseintrittes. Ihre Länge bestimmt sich nach h.M. nach den Umständen des Einzelfalles, wobei wiederum folgende Aspekte Berücksichtigung finden:

  • Schwere des Unfalls/Höhe des eingetretenen Schadens
  • äußere Umstände (Tageszeit, Witterungsverhältnisse, Verkehrsdichte, Unfallort)
  • Interessen des Täters (z.B. dringende berufliche Interessen, gesundheitliche Risiken[60])

Beispiel: Busfahrer B beschädigt in einer engen, viel befahrenen Straße gegen 13:15 Uhr mit seinem Linienbus den Außenspiegel des PKW der A. Hierbei entsteht ein Schaden i.H.v. 1.200,- EUR. Nachdem B ca. 5 Minuten abgewartet hat, ohne dass A zu ihrem Auto zurückgekehrt ist, verlässt er den Unfallort. Die Höhe des eingetretenen Schadens, der Unfallort und die Unfallzeit wirken sich hier wartezeitverlängernd aus. Dagegen wirken sich die beruflichen Interessen des B (er muss - schon im Interesse der Fahrgäste - seinen Fahrplan einhalten) aber wiederum der Unfallort (es handelt sich um eine enge, vielbefahrende Straße, d.h. ein lange wartender Bus stellt ein erhebliches Verkehrshindernis dar) wartezeitverkürzend aus. Insgesamt erscheint, gerade aufgrund des hohen Unfallschadens, eine Wartezeit von 5 Minuten wohl zu kurz, sodass sich B gem. § 142 I Nr. 2 StGB strafbar gemacht hat.

Nicht wartezeitverkürzend wirken sich dagegen Ersatzmaßnahmen aus (z.B. Visitenkarte o.ä. an der Windschutzscheibe)

c. § 142 II Nr. 1 StGB[Bearbeiten]
d. § 142 II Nr. 2 StGB[Bearbeiten]

V. Subjektive Tatbestandsvoraussetzungen[Bearbeiten]

Einzige subjektive Tatbestandsvoraussetzung ist, dass der Täter vorsätzlich handeln muss, wobei eventualvorsätzliches Handeln ausreichend ist. Er muss wissen bzw. billigend in Kauf nehmen, dass ein nicht unerheblicher Sach- oder Personenschaden entstanden ist, bei dem er als Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 V StGB in Betracht kommt.

C. Rechtswidrigkeit[Bearbeiten]

D. Schuld[Bearbeiten]

Hinsichtlich der Schuld gelten die allgemeinen Regeln, d.h. die Schuld des/der Täter*in entfällt, wenn ein Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgrund vorliegt.

Von Relevanz ist insbesondere der Verbotsirrtum gem. § 17 StGB. Ein solcher liegt vor, wenn der/die Täter*in zwar den Sachverhalt gänzlich erfasst, jedoch einem Wertungsirrtum unterliegt aufgrund dessen ihm/ihr die Einsicht fehlt Unrecht zu tun.[61]

Beispiel 1: U rammt nachts gegen 2:00 Uhr auf einem einsamen Waldparkplatz beim Ausparken ein neben ihm geparktes Auto und beschädigt dessen Frontstoßstange. U erkennt dies, ist jedoch der Meinung, dass ihn um diese Uhrzeit und an einem derart verlassenen Ort keine Wartepflicht treffen könne. Er nimmt sich vor, den Sachverhalt am Morgen der Polizei zu melden und fährt davon.[62]

Beispiel 2: Der O, die in ihrem PKW an einer roten Ampel wartet, rollt der T mit einem PKW auf die Heckstoßstange auf. Da sie ein dringendes Bewerbungsgespräch hat, sagt sie zu T nur knapp, sie werde sich später bei ihm melden und fährt davon. Dabei denkt sie, dass nur denjenigen eine Wartepflicht treffe, der den Unfall auch verursacht hat.[63]


E. Konkurrenzen[Bearbeiten]

F. Aufbauschema zu § 142 StGB[Bearbeiten]

Weiterführende Studienliteratur[Bearbeiten]

Zusammenfassung: Die wichtigsten Aspekte des § 142 StGB[Bearbeiten]

Dieser Text wurde von der Initiative für eine offene Rechtswissenschaft OpenRewi erstellt. Wir setzen uns dafür ein, Open Educational Ressources für alle zugänglich zu machen. Folge uns bei Twitter oder trage dich auf unseren Newsletter ein.

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Inhaltsverzeichnis des Buches[Bearbeiten]

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Einführung zum Besonderen Teil

Erster Teil: Nichtvermögensdelikte

1. Kapitel: Straftaten gegen das Leben

§ 1: Mord und Totschlag, §§ 211, 212

§ 2: Tötung auf Verlangen, § 216

§ 3: Fahrlässige Tötung, § 222

§ 4: Aussetzung, § 221


2. Kapitel: Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit

§ 5: Einfache Körperverletzung, § 223

§ 6: Gefährliche und schwere Körperverletzung, §§ 224, 226

§ 7: Fahrlässige Körperverletzung, § 229

§ 8: Körperverletzung mit Todesfolge, § 227

§ 9: Beteiligung an einer Schlägerei, § 231

§ 10: Körperverletzung im Amt, § 340


3. Kapitel: Straftaten gegen die persönliche Freiheit

§ 11: Nötigung, § 240

§ 12: Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, §§ 113 ff.

§ 13: Freiheitsberaubung, § 239

§ 14: Erpresserischer Menschenraub und Geiselnahme, §§ 239a, 239b


4. Kapitel: Urkundendelikte

§ 15: Urkundenfälschung, § 267

§ 16: Fälschung technischer Aufzeichnungen und beweiserheblicher Daten, §§ 268, 269

§ 17: Mittelbare Falschbeurkundung, § 271

§ 18: Urkundenunterdrückung, § 274


5. Kapitel: Straßenverkehrsdelikte

§ 19: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, § 315b

§ 20: Gefährdung des Straßenverkehrs, §§ 315c, 315d

§ 21: Trunkenheit im Verkehr, § 316

§ 22: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142


6. Kapitel: Brandstiftungsdelikte

§ 23: Einfache Brandstiftung, § 306

§ 24: Schwere und besonders schwere Brandstiftung, §§ 306a, 306b

§ 25: Brandstiftung mit Todesfolge, § 306c

§ 26: Fahrlässige Brandstiftung, § 306d

§ 27: Herbeiführen einer Brandgefahr, § 306f


7. Kapitel: Beleidigungsdelikte

§ 28: Beleidigung, § 185

§ 29: Üble Nachrede, § 186

§ 30: Verleumdung, § 187


8. Kapitel: Straftaten gegen die Rechtspflege

§ 31: Aussagedelikte, §§ 153ff

§ 32: Falsche Verdächtigung und Vortäuschen einer Straftat, §§ 164, 145d

§ 33: Strafvereitelung und Strafvereitelung im Amt, §§ 258, 258a


Zweiter Teil: Eigentums- und Vermögensdelikte

9. Kapitel: Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Diebstahl und Unterschlagung

§ 34: Sachbeschädigung, §§ 303 ff.

§ 35: Hausfriedensbruch, § 123

§ 36: Einfacher Diebstahl, § 242

§ 37: Besonders schwerer Fall des Diebstahls, § 243

§ 38: Qualifikationen des Diebstahls, §§ 244, 244a

§ 39: Unterschlagung, § 246


10. Kapitel: Betrug und Untreue

§ 40: Betrug, § 263

§ 41: Computerbetrug, § 263a

§ 42: Untreue, § 266

§ 43: Weitere examensrelevante Delikte des 22. Abschnitts, §§ 266b, 265a, 265


11. Kapitel: Raub und Räuberischer Diebstahl

§ 44: Einfacher Raub, § 249

§ 45: Schwerer Raub, § 250

§ 46: Raub mit Todesfolge, § 251

§ 47: Räuberischer Diebstahl, § 252

§ 48: Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, § 316a


12. Kapitel: Erpressung und Räuberische Erpressung

§ 49: Erpressung, § 253

§ 50: Räuberische Erpressung, § 255


13. Kapitel: Anschlussstraftaten

§ 51: Begünstigung, § 257

§ 52: Hehlerei, § 259

§ 53: Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte, § 261


Fußnoten[Bearbeiten]

  1. MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 15
  2. Diese Zahl muss in Relation zu den ca. 2,7 Millionen Verkehrsunfällen pro Jahr (davon ca. 2,3 Millionen nur Sachschäden) in Deutschland gesehen werden, vgl. Statistisches Bundesamt, Statistiken zum Thema Straßenverkehrsunfälle 2021 (abrufbar im Internet: www.destatis.de).
  3. Fromm, NVZ 2018, 5; LK-StGB/Herb, 13. Aufl. 2021, § 142 Rn. 4.
  4. Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 3, 2019, S. 44.
  5. Geppert sieht den Tatbestand des § 142 StGB vor diesem Hintergrund als verfassungsrechtlich grenzwertig an, vgl. Geppert, Blutalkohol 1986, 158; für die Verfassungswidrigkeit des § 142 Hahn, NJW 1976, 509 f.
  6. Vor diesem Hintergrund wird teilw. vertreten, dass hieraus zugunsten des Unfallbeteiligten ein Beweisverwertungsverbot zum Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung folgen müsse, vgl. Seebode, JA 1980, 497 f.; Reiss, NJW 1980, 1806.
  7. BVerfGE 16, 191 (193 f.).
  8. Dies gilt natürlich nur, sofern man der Rechtsgutstheorie folgt, vgl. hierzu vertiefend Roxin/Greco, Strafrecht AT, Bd. 1, 5. Aufl., 2020, § 2 Rn. 2 ff.
  9. MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 1; Duttge, JR 2001, 181 (183) m.w.N.
  10. NK-StGB/Kretschmer, 5. Aufl. 2017, § 142 Rn. 8 m.w.N.
  11. Vgl. nur BGHSt 12, 253 (258); 29, 138 (142); LK-StGB/Herb, 13. Aufl. 2021, § 142 Rn. 1.
  12. BT-Drs. 7/2434, S. 5.
  13. MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 2; vgl. auch Zopfs, ZIS 2016, 426.
  14. Abstrakt, da es für eine Strafbarkeit nach § 142 StGB nicht darauf ankommt, dass es tatsächlich zu einer Verschlechterung bzgl. der Möglichkeit der Geltendmachung oder Abwehr der durch den Unfall entstandenen Schadensersatzansprüche gekommen ist (z.B. im späteren Zivilprozess stellt sich heraus, dass schon kein Schaden entstanden ist oder eine Dash-Cam das Kennzeichen des flüchtigen Unfallverursachers aufgenommen hat o.ä.
  15. Aufgrund seines Charakters als Individualdelikt handelt es sich bei § 142 StGB übrigens um ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 II BGB, vgl. BGH DAR 1981, 85.
  16. Verzichten die Unfallbeteiligten daher auf die notwendigen Feststellungen - dies ist eine Frage der rechtfertigenden Einwilligung - und steht folglich nur die Bestrafung des/der Unfallbeteiligten im Raum, hat § 142 StGB keinen Anwendungsbereich, vgl. Blum, SVR 2007 Heft 5, 163 (164).
  17. Rengier, StrafR BT II, 22. Aufl. 2021, § 46 Rn. 2; MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 25; Sch/Sch-StGB/Sternberg-Lieben, 30. Aufl. 2019, § 142 Rn. 6; Hohmann/Sander, StrafR BT, 4. Aufl. 2021, § 33 Rn. 5; Wessels/Hettinger/Engländer, StrafR BT I, 42. Aufl. 2018, § 22 Rn. 1113; AK-StGB/Burhoff, 2. Aufl. 2015, § 142 Rn. 4; LK-StGB/Herb, 12. Aufl. 2021, § 142 Rn. 12.
  18. Sch/Sch-StGB/Sternberg-Lieben, 30. Aufl. 2019, § 142 Rn. 6; NK-StGB/Kretschmer, 5. Aufl. 2017, § 142 Rn. 34.
  19. LK-StGB/Herb, 12. Aufl. 2021, § 142 Rn. 23.
  20. SSW-StGB/Ernemann, 4. Aufl. 2019, § 142 Rn. 7; Matt/Renzikowski, StGB, 2013, § 142 Rn. 7.; Sch/Sch-StGB/Sternberg-Lieben, 30. Aufl. 2019, § 142 Rn. 12/13; MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 25; inzw. auch LK-StGB/Herb, 12. Aufl. 2021, § 142 Rn. 23; a.A. noch LK-StGB/Geppert...
  21. Blum, SVR 2007 Heft 5, 163 (164); Hohmann/Sander, StrafR BT, 4. Aufl. 2021, § 33 Rn. 13; AK-StGB/Burhoff, 2. Aufl. 2015, § 142 Rn. 5.
  22. Wessels/Hettinger/Engländer, StrafR BT I, 42. Aufl. 2018, § 22 Fn. 74.
  23. vgl. u.a. OLG Nürnberg NZV 2007, 535.
  24. NK-StGB/Kretschmer, 5. Aufl. 2017, § 142 Rn. 35.
  25. Das Ansetzen von festen Wertgrenzen erscheint jedoch bedenklich, da es sich nur schlechterdings anhand einer bestimmten Schadenshöhe festmachen lässt, ob die Geltendmachung bzw. die Abwehr von Schadensersatzansprüchen zu erwarten ist, vgl. Magdowski, Die Verkehrsunfallflucht in der Strafrechtsreform, 1980, S. 77.
  26. OLG Hamm - 3 Ss 201/58.
  27. BayObLG - 1 St 339/57.
  28. MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 28; SSW-StGB/Ernemann, 4. Aufl. 2019, § 142 Rn. 8.
  29. a.A. Kleppe, NJW 1967, 2193 ff; beachte jedoch: Nach Art. 24 VI Nr. 4 LStVG (Landesstraf- und Verordnungsgesetz des Landes Bayern) begeht eine Ordnungswidrigkeit, wer sich bei Skiunfällen entfernt ohne die zu § 142 I StGB identischen Pflichten zu erfüllen.
  30. vgl. hierzu ausführl. LK-StGB/Herb, 12. Aufl. 2021, § 142 Rn. 6.
  31. MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 32 m.w.N.
  32. Grundlegend hierzu BGH NJW 1961, 1124.
  33. BGHSt 24, 382 (383).
  34. AG Berlin-Tiergarten NJW 2008, 3728.
  35. OLG Köln VRS 65 (1983), 431.
  36. SK-StGB/Stein, 9. Aufl. 2019, § 142 Rn. 12; MüKo-StGB/Zopfs, § 142 Rn. 34.
  37. abl. auch LK-StGB/Herb, 12. Aufl. 2021, § 142 Rn. 17; SK-StGB/Stein, 9. Aufl. 2019, § 142 Rn. 12.
  38. Sch/Schr-StGB/Sternberg-Lieben, 30. Aufl. 2019, § 142 Rn. 20.
  39. NK-StGB/Kretschmer, 5. Aufl. 2017, § 142 Rn. 46.
  40. Vor diesem Hintergrund wird die Verfassungsmäßigkeit des § 142 StGB teilw. bezweifelt, vgl. NK-StGB/Kretschmer, § 142 Rn. 21 m.w.N.
  41. BGH NJW 1960, 2060 (2061); OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 86 (86 f.); OLG Köln NStZ-RR 1999, 251; OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 278.
  42. a.A. NK-StGB</Kretschmer
  43. Rengier, StrafR BT II, § 46 Rn. 10; i.E. eine solche Einschr. jedoch ablehnend LK-StGB/Herb, 12. Aufl. 2021, § 142 Rn. 31.
  44. Eine ähnliche Differenzierung nimmt Kretschmer vor, vgl. NK-StGB/Kretschmer, 5. Aufl. 2017, § 142 Rn. 47; Sch/Schr-StGB/Sternberg-Lieben, 30. Aufl. 2019, § 142 Rn. 21a.
  45. vgl. auch NK-StGB/Kretschmer, 5. Aufl. 2017, § 142 Rn. 47.
  46. NK-StGB/Kretschmer, 5. Aufl. 2017, § 142 Rn. 49.
  47. Weiteres Beispiel (nach NK-StGB/Kretschmer, 5. Aufl. 2017, § 142 Rn. 49): Arbeiter A reinigt mit einem Sandstrahlgerät eine Autobahnbrücke, die er unsachgemäß gegen umherfliegenden Sandstaub abgesichert hat. Infolgedessen gerät der Sandstaub auf die darunterliegende Autobahn und führt zu einer Sichtverschlechterung für die Verkehrsteilnehmer*innen. Hierdurch kommt es zu einem Unfall, bei dem der O leicht verletzt wird.
  48. So Sch/Schr.-StGB/Sternberg-Lieben, 30. Aufl. 2019, § 142 Rn. 21a.
  49. so auch Magdowski, Die Verkehrsunfallflucht in der Strafrechtsreform, S. 110; a.A. LK-StGB/Geppert, § 142 Rn. 36.
  50. MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 36.
  51. In diese Richtung auch Brüning, ZJS 2008, 148 (150).
  52. Dass sich die Vorstellungspflicht auch auf die Angabe, dass ein Unfall überhaupt geschehen ist, wird von einer M.M. abgelehnt.
  53. MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 59;
  54. LK-StGB/Herb, 12. Aufl. 2021, § 142 Rn. 93.
  55. Eisele, StrafR BT I, 4. Aufl. 2017, Rn. 1196.
  56. ...
  57. MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 62.
  58. Weiterführender Hinweis: Zwar mag in solchen Fällen § 142 StGB ausscheiden, dennoch begeht der Täter in solchen Fällen zumindest eine Ordnungswidrigkeit gem. §§ 34 III, 49 I Nr. 29 StVO.
  59. MüKo-StGB/Zopfs, 4. Aufl. 2021, § 142 Rn. 77; Wessels/Hettinger/Engländer, 42. Aufl. 2018, StrafR BT I, Rn. 1121.
  60. Hier ist jedoch sorgsam zu prüfen, ob nicht schon eine Rechtfertigung i.S.d. § 34 StGB in Betracht kommt (z.B. Beschädigung eines anderen Fahrzeuges beim Ausparken, um eine schwerverletzte Person ins Krankenhaus zu bringen).
  61. Eine anschauliche Übersicht über diverse mögliche Verbotsirrtümer findet sich bei Himmelreich, DAR 2007, 44 (46).
  62. Zum Irrtum über die Dauer und Umfang der Wartepflicht vgl. Sch/Schr.-StGB/Sternberg-Lieben, 30. Aufl. 2019, § 142 Rn. 79 m.w.N.
  63. Zum Irrtum darüber, dass nur denjenigen eine Wartepflicht treffe, der den Unfallschaden zu ersetzen habe vgl.