Verfahrensgrundrechte vor Gericht - Art. 101-103 GG

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Autor: Alexander Brade

Notwendiges Vorwissen: Grundrechtsfunktionen, Grundrechtsberechtigung, Prüfungsstruktur Freiheitsgrundrecht

Lernziel: Besonderheiten der Justizgrundrechte verstehen und anwenden können

Art. 101 und 103 GG enthalten grundrechtsgleiche Gewährleistungen, die zentrale rechtsstaatliche Grundsätze hinsichtlich des gerichtlichen Verfahrens aufstellen. Im Einzelnen handelt es sich um das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 I 2 GG), den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG), den Grundsatz „nulla poena sine lege“ (Art. 103 II GG) sowie das Verbot der Doppelbestrafung i.S.d. Art. 103 III GG.

A. Gesetzlicher Richter (Art. 101 I 2 GG)[Bearbeiten]

Art. 101 I 2 GG schreibt vor, dass niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf. Verbürgt ist damit ein verfassungsbeschwerdefähiges Recht, das in einem Rechtsstaat von entscheidender Bedeutung ist.

I. Einführung[Bearbeiten]

Art. 101 GG ist einheitlich zu lesen: Das Verbot von Ausnahmegerichten in Art. 101 I 1 GG konkretisiert ebenso wie dessen Absatz 2 die Garantie des gesetzlichen Richters.[1] Das hat zur Folge, dass ein Verstoß gegen Art. 101 I 2 GG auch dann vorliegt, wenn ein Ausnahmegericht oder ein Gericht für ein besonderes Sachgebiet (z.B. Disziplinargerichte und Berufsgerichte), das dazu nicht durch Gesetz legitimiert war, die betreffende Entscheidung gefällt hat.[2]

Klausurtaktik

In der Klausur spielt Art. 101 I 1, II GG keine Rolle; es kommt allein auf Art. 101 I 2 GG an.

II. Schutzbereich[Bearbeiten]

1. Sachlicher Schutzbereich[Bearbeiten]

Art. 101 I 2 GG gewährt nicht nur das Recht auf den – im Gesetzeswege bestimmten – zuständigen Richter, sondern auch das Recht auf einen Richter, der in jeder Hinsicht den Anforderungen des Grundgesetzes entspricht.

a) Begriff des Richters[Bearbeiten]

Richter i.S.d. Art. 101 I 2 GG ist jede:r staatliche:r Richter:in, d.h. alle Personen, die einem staatlichen Gericht angehören, unabhängig davon, ob es sich um Berufs- oder Laienrichter:innen handelt;[3] staatlicher Richter ist aufgrund seiner funktionellen Verschränkung mit der deutschen Gerichtsbarkeit auch der EuGH und damit seine Richterinnen und Richter[4]. Ausgenommen sind lediglich Richter:innen, die an privaten Gerichten wie z.B. Schiedsgerichten gem. §§ 1025 ff. ZPO oder Parteischiedsgerichten i.S.d. § 14 ParteiG tätig sind.

b) Gesetzliche Zuständigkeit[Bearbeiten]

Art. 101 I 2 GG verlangt, dass die Zuständigkeit des:der Richters:in für einen konkreten Fall im Voraus „möglichst eindeutig“[5] festgelegt ist. Das muss nicht zwangsläufig in Form eines Parlamentsgesetzes geschehen; „gesetzlich“ bedeutet in Rechtssätzen. Lediglich die „fundamentalen Zuständigkeitsregeln“[6], die sich heute im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) und den verschiedenen Prozessgesetzen (StPO, VwGO, ZPO, etc.) finden,[7] bedürfen nach der Wesentlichkeitslehre formeller Gesetze, die dann im Satzungswege, z.B. durch gerichtsinterne Geschäftsverteilungspläne, konkretisiert werden.

Weiterführendes Wissen

Das einschränkende Merkmal „möglichst eindeutig“ findet nach hiesiger Auffassung keine Stütze in Art. 101 I 2 GG. Insoweit heißt es zu recht: „Das Grundgesetz hat die Abwägung zwischen Genauigkeit und Praktikabilitätserfordernissen gerade nicht dem einfachen Gesetzgeber überlassen wollen, sondern verlangt von diesem [...] das Höchstmaß an Eindeutigkeit, das sich gesetzestechnisch erzielen lässt.“[8] Zurückhaltung zu üben ist daher bei der gesetzlichen Einräumung von Mehrfachzuständigkeiten sowie bei der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe in Zuständigkeitsnormen.

c) Unabhängigkeit und Unparteilichkeit[Bearbeiten]

„Ungesetzlich“ i.S.d. Art. 101 I 2 GG ist auch der:die Richter:in, dessen:deren Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht gewährleistet erscheint.[9] Es muss deshalb sichergestellt sein, dass der:die Richter:in sachlich und persönlich unabhängig agieren kann, Art. 97 GG. Dazu gehört, dass er:sie einem Weisungsrecht nicht unterliegt und dass seine:ihre grundsätzliche Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit gewährleistet ist,[10] nicht aber, dass er:sie hinreichend vor Überlastung geschützt ist[11].

Weiterführendes Wissen

Nicht gegen Art. 101 I 2 GG verstoße der Einsatz von Lebenszeitbeamt:innen als Richter:innen auf Zeit (§§ 17 Nr. 3, 18 VwGO).[12] Das überzeugt nicht: Dem:der Richter:in auf Zeit fehlt die von Art. 92 GG vorausgesetzte Neutralität objektiv deshalb, weil er:sie wegen des planmäßigen Wiederauflebens seines Beamtenstatus nach Beendigung des Richterverhältnisses mehr als unvermeidbar dem Einflussbereich der Exekutive unterliegt, über deren Akte er:sie als Verwaltungsrichter:in zu urteilen hat.[13]

2. Persönlicher Schutzbereich[Bearbeiten]

Das Recht auf den gesetzlichen Richter ist ein Jedermannsrecht. Ihm unterfallen daher alle natürlichen Personen, juristische Personen – sei es des In- oder Auslands[14] – sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts.[15] Das hat den Grund, dass die juristische Person des öffentlichen Rechts der Justizgewalt in einem Gerichtsverfahren genauso unterworfen ist wie jede andere natürliche oder juristische Person.[16]

III. Eingriff[Bearbeiten]

Der Eingriff liegt in der „Entziehung“ des gesetzlichen Richters, sei es, dass dieser daran gehindert wird, eine Sache zu verhandeln und/oder darüber zu entscheiden.[17] Entzogen werden kann der gesetzliche Richter zunächst durch die Legislative; Zweifel werfen daher Gesetzesnormen auf, die statt der Festlegung einer einzigen Zuständigkeit Mehrfachzuordnungen erlauben (vgl. §§ 7 ff. StPO).[18]

Eingriffe seitens der Exekutive sind zwar prinzipiell ebenfalls denkbar (z.B. Auflösung eines gerichtlichen Spruchkörpers per Erlass eines Justizministers[19]), gehören aber inzwischen der Vergangenheit an.

Im Zentrum stehen daher Eingriffe durch die Gerichtsbarkeit selbst (etwa betreffend die Besetzung des erkennenden Gerichts oder die Handhabung von Vorlagepflichten).[20] Insoweit übt das BVerfG seine Gerichtsbarkeit indes zurückhaltend aus: Einen Eingriff in Art. 101 I 2 GG nimmt es nur dann an, wenn sich die Entscheidung des Gerichts bei der Auslegung und Anwendung einer Zuständigkeitsnorm so weit von dem sie beherrschenden Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen, offensichtlich unhaltbar oder gar ohne Bezug auf die maßgebliche Norm ist.[21] Die willkürfreie, lediglich fehlerhafte Anwendung von Verfahrensrecht (sogenannter „error in procedendo“), stelle demgegenüber noch keinen Verstoß gegen Art. 101 I 2 GG dar.[22] Diesen Vorgaben ist auch bei der Prüfung von gerichtsorganisatorischen Maßnahmen, namentlich bei der Aufstellung von Geschäftsverteilungsplänen, Rechnung zu tragen. Diese müssen die Zuständigkeitsverteilung schriftlich im voraus nach objektiven Kriterien regeln; Raum für Ermessen etwa seitens der Gerichtspräsidien ist insoweit nach hier vertretener Auffassung nicht.[23]

Examenswissen: Da der EuGH gesetzlicher Richter i.S.d. Art. 101 I 2 GG ist, kann auch eine Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht des Art. 267 III AEUV zugleich einen Verstoß gegen Art. 101 I 2 GG darstellen. Das BVerfG beschränkt sich insoweit aber (erneut) auf eine bloße Willkürkontrolle und hat dazu drei Fallgruppen entwickelt, die auch in der (Examens-)Klausur beherrscht werden müssen und jeweils einen Verstoß gegen Art. 101 I 2 GG darstellen:

  • 1. Grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht trotz ersichtlich entscheidungserheblicher unionsrechtlicher Fragestellung
  • 2. Bewusstes Abweichen von der Rechtsprechung des EuGH ohne Vorlagebereitschaft („Wir wissen es besser und lassen uns vom EuGH nichts sagen“.[24])
  • 3. Unvollständigkeit der Rechtsprechung des EuGH, wobei die Rechtslage weder von vornherein eindeutig („acte clair“) erscheint, noch durch die Rechtsprechung des EuGH in einer Weise geklärt ist, die keinen vernünftigen Zweifel offenlässt („acte éclairé“).[25]
Weiterführendes Wissen

Insbesondere diese dritte Konstellation begegnet gewissen Vorbehalten, da sie von der – parallelen – Rechtsprechung des EuGH[26] entscheidend abweicht: Das BVerfG verneint einen Verstoß gegen die Vorlagepflicht bereits dann, wenn das letztinstanzliche Gericht die entscheidungserhebliche Frage in zumindest vertretbarer Weise beantwortet hat (also unabhängig von ggf. existierenden Gegenstimmen etwa im Schrifttum).[27] Der EuGH geht demgegenüber – überzeugend – davon aus, dass eine Verletzung der Vorlagepflicht bereits dann vorliegt, wenn das betreffende Gericht eine unionsrechtliche Frage nicht vorlegt, die der EuGH bisher nicht geklärt hat und zu der unterschiedliche Auffassungen überhaupt vertretbar erscheinen (also unter Berücksichtigung eventueller Gegenstimmen).[28]

IV. Rechtfertigung[Bearbeiten]

Art. 101 I 2 GG ist nach seinem Wortlaut („niemand darf“) keiner verfassungsrechtlichen Rechtfertigung zugänglich. Verkürzungen des Schutzbereichs sind daher stets unzulässig, soweit sie die Eingriffsschwelle überschreiten.[29]

B. Rechtliches Gehör (Art. 103 I GG)[Bearbeiten]

Auch Art. 103 I GG enthält ein grundrechtsgleiches Recht, das mit der Verfassungsbeschwerde gem. Art. 93 I Nr. 4a GG geltend gemacht werden kann. Danach hat jedermann vor Gericht Anspruch auf rechtliches Gehör.

I. Einführung[Bearbeiten]

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das Gebiet des gerichtlichen Verfahrens. Die Vorschrift gilt daher für alle Formen (staatlicher) Gerichtsbarkeit i.S.v. Art. 92 GG und für alle Instanzen, nicht hingegen für das Verwaltungsverfahren, bei dem sich das Recht auf Anhörung aber z.B. aus dem Rechtsstaatsprinzip oder der Menschenwürdegarantie ergeben kann.[30] Art. 103 I GG gewährleistet, dass der:die Einzelne nicht bloßes Objekt eines gerichtlichen Verfahrens ist, sondern vor einer seine:ihre Rechte betreffenden Entscheidung zu Wort kommen und so auf das Verfahren sowie dessen Ergebnis Einfluss nehmen kann.[31]

Weiterführendes Wissen

Inzwischen ist durch das BVerfG geklärt, dass Art. 103 I GG auch die Gerichte selbst bindet.[32] Der Gesetzgeber war daher gehalten, mit der Anhörungsrüge (vgl. z.B. § 152a VwGO) ein Instrumentarium zu etablieren, dass es den (Fach-)Gerichten erlaubt, Gehörsverstößen selbst abzuhelfen, ohne dass BVerfG einschalten zu müssen.[33]

II. Schutzbereich[Bearbeiten]

1. Sachlicher Schutzbereich[Bearbeiten]

Zu diesem Zweck sind drei „Verwirklichungsstufen“ des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu unterscheiden: das Recht auf Information, das Recht auf Äußerung und das Recht auf Berücksichtigung.[34]

a) Recht auf Information[Bearbeiten]

Zunächst müssen alle Parteien über alles, was im jeweiligen Verfahren für die Rechtsfindung von Bedeutung ist, von Seiten des Gerichts her informiert sein. Dazu gehört z.B. die Kenntnisverschaffung über die Äußerungen der Gegenseite,[35] über von Amts wegen eingeführte Tatsachen und Beweismittel[36] (z.B. gerichtlicher Sachverständiger) sowie über das wesentliche prozessuale Geschehen und die vom Gericht beabsichtigte Verfahrensweise (z.B. Änderung in der Besetzung des Gerichts[37]).

b) Recht auf Äußerung[Bearbeiten]

Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet den Verfahrensbeteiligten außerdem das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern.[38] Das Recht bezieht sich lediglich auf die Eröffnung der Gelegenheit zur Äußerung, verpflichtet die Beteiligten aber nicht, von diesem Recht Gebrauch zu machen.[39]

Beispiel: Es steht den Äußerungsberechtigten daher frei zu entscheiden, ob sie Beweisanträge zur Sache stellen oder Ausführungen zur Rechtslage machen wollen.

c) Recht auf Berücksichtigung[Bearbeiten]

Dem Gericht obliegt es, die Ausführungen der nach Art. 103 I GG Äußerungsberechtigten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, sie also angemessen zu berücksichtigen.[40] Voraussetzung dafür ist, dass die Richter stets präsent, aufnahmefähig und aufnahmebereit sind (sie dürfen nicht einschlafen!). Schließlich richtet sich der Anspruch aus Art. 103 I GG darauf, dass das Gericht im Rahmen seiner Entscheidungsbegründung auf den wesentlichen Parteivortrag eingeht; für die Entscheidung des Streitfalls (rechtlich und tatsächlich) Unerhebliches kann damit außen vor bleiben. Auch besteht grundsätzlich keine aktive Informationspflicht im Vorfeld der zu treffenden Entscheidung, etwa zu der vom Gericht für richtig erachteten Rechtsauffassung.[41]

2. Persönlicher Schutzbereich[Bearbeiten]

Art. 103 I GG gewährleistet nach seinem Wortlaut „jedermann“ Anspruch auf rechtliches Gehör. Sein Schutzbereich ist nicht auf natürliche Personen beschränkt, sondern erfasst wie schon Art. 101 I 2 GG „jede[n], der an einem gerichtlichen Verfahren als Partei oder in ähnlicher Stellung beteiligt ist oder unmittelbar rechtlich von dem Verfahren betroffen wird“[42]. Zu diesem Personenkreis gehören neben inländischen und – über Art. 19 III GG hinausgehend – ausländischen juristischen Personen[43] auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, und zwar unabhängig von ihrer sonstigen, ggf. fehlenden Grundrechtsfähigkeit.[44]

III. Eingriff[Bearbeiten]

Eingriffe sind alle Beeinträchtigungen des rechtlichen Gehörs, auf denen eine Entscheidung beruht, bei denen also nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Entscheidung bei ordnungsgemäßer Anhörung anders ausgefallen wäre.[45]

Beispiel: Versäumt es das Gericht, der beklagten Partei ein vor Prozessbeginn seitens der Klägerpartei eingeholtes Sachverständigengutachten zur Kenntnis zu bringen, liegt darin keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, soweit das Gutachten einen anderen Gegenstand hat und sich das Gericht bei seiner Entscheidung nicht darauf stützt.

Nicht um einen Eingriff handelt es sich außerdem dann, wenn ein zunächst unterbliebenes rechtliches Gehör in demselben Verfahren (u.U. erst in der Rechtsmittelinstanz) nachgeholt und damit geheilt werden kann.[46]

IV. Rechtfertigung[Bearbeiten]

Art. 103 I GG enthält keinen geschriebenen Gesetzesvorbehalt. Daher ist die verfassungsrechtliche Rechtfertigung allenfalls durch kollidierendes Verfassungsrecht denkbar; in Erwägung zu ziehen sind dabei vor allem die Belange der Rechtssicherheit und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege.[47]

Beispiel Nr. 1: Es ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den Zugang zu den Gerichten an Form- und Fristerfordernisse geknüpft hat, solange diese den Rechtsschutz nicht unzumutbar erschweren.[48] Insbesondere dürfen die Anforderungen an die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht überspannt werden.[49]

Beispiel Nr. 2: Geheimhaltungsinteressen, wie der verfassungsrechtliche Schutz von Betriebsgeheimnissen können Einschränkungen des Rechts auf Information in Einzelfällen rechtfertigen;[50] im Strafprozess kommt diese Ausnahme aber nicht zur Anwendung[51].

Klausurtaktik

In der Klausur spielt Art. 103 I GG eine ungleich geringere Rolle als in der Rechtspraxis. Werden Ausführungen zum rechtlichen Gehör ausnahmsweise erwartet, ist erstens zu beachten, dass der Gesetzgeber den mit Art. 103 I GG kollidierenden Belangen von Verfassungsrang bereits auf einfachgesetzlicher Ebene Rechnung zu tragen hat; insoweit kann sich dann „nur“ noch die Frage der verfassungskonformen Auslegung dieser Regelungen stellen. Zweitens ist darauf zu achten, dass nicht jeder Verfahrensverstoß zugleich einen Eingriff in Art. 103 I GG darstellt. Maßgeblich ist die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts. Eine Verfassungsbeschwerde wird folglich i.d.R. nur dann Erfolg haben, wenn der Verstoß offensichtlich ist, ein besonders intensiver Grundrechtsverstoß vorliegt oder die Bedeutung des Prozessgrundrechts aus Art. 103 I GG grundsätzlich verkannt worden ist.[52]

C. Nulla poena sine lege (Art. 103 II GG)[Bearbeiten]

Art. 103 II GG konkretisiert das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip im Bereich der staatlichen Strafgewalt. Danach kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

I. Schutzbereich[Bearbeiten]

1. Sachlicher Schutzbereich[Bearbeiten]

Der Grundsatz „nulla poena sine lege“ umfasst im Einzelnen das an den Gesetzgeber gerichtete Prinzip der Gesetzesbestimmtheit der Strafe, d.h. das Gesetzlichkeitsprinzip und das Bestimmtheitsgebot, das Rückwirkungsverbot sowie das an die Rechtsprechung gerichtete Analogieverbot.[53]

a) Begriff der Strafe[Bearbeiten]

Das BVerfG versteht unter Strafen staatliche Sanktionen, „die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient“.[54] Der Begriff ist demnach nicht auf Kriminalstrafen beschränkt; erfasst sein können auch Sanktionen im Ordnungswidrigkeitenrecht[55] sowie im Disziplinar- und Standesrecht[56], wobei die Bindung an die aus Art. 103 II GG folgenden Gewährleistungen dann weniger streng ausfallen soll[57]. Von vornherein aus dem Anwendungsbereich heraus fallen nach der Rechtsprechung des BVerfG dagegen Sanktionen präventiven Charakters, namentlich Maßregeln der Besserung und Sicherung wie z.B. die Sicherungsverwahrung oder die Therapieunterbringung.[58]

Weiterführendes Wissen

Dass sich die Rechtsprechung – im Unterschied zu Art. 103 III GG – bereits von einer streng formalistischen Sichtweise verabschiedet hat und deshalb eher dazu bereit scheint, auch Maßnahmen zu erfassen, die keine Strafe i.e.S. darstellen, sondern „lediglich“ wie eine Strafe wirken, ist zu begrüßen. Dabei darf man nach hier vertretener Auffassung aber nicht stehenbleiben: Es erscheint z.B. wenig konsequent, einerseits den Begriff der Strafe auszudehnen und andererseits den eigentlichen Garantiegehalt des Art. 103 II GG, das Bestimmtheitsgebot, für derartige strafähnliche Maßnahmen enger zu verstehen. Auch ist die Einordnung der Maßregeln der Besserung und Sicherung kritisch zu hinterfragen: Der EGMR hat für den Fall der Sicherungsverwahrung überzeugend herausgearbeitet, dass sich die Zwecke staatlichen Strafens teilweise überschneiden können und insbesondere nicht auf den Aspekt des Schuldausgleichs beschränkt sind. Zudem enthält die Maßregel der Sicherungsverwahrung, ungeachtet des Ziels der Vorbeugung, „eindeutig ein Element der Abschreckung“.[59]

b) Gesetzlichkeitsprinzip[Bearbeiten]

Art. 103 II GG enthält zunächst einen Gesetzesvorbehalt für das Strafrecht. „Gesetz“ meint dabei grundsätzlich ein Parlamentsgesetz, das die Strafbarkeit eines Verhaltens und die mögliche Strafe regelt.[60] Das schließt allerdings – im Unterschied zu Art. 104 I GG – nicht aus, dass das – strafbarkeitsbegründende – förmliche Gesetz durch Rechtsverordnung oder Satzung näher spezifiziert wird.[61]

Weiterführendes Wissen

Auch Verweisungen zur Ausfüllung von sogenannten Blankettstraftatbeständen auf unionsrechtliche Rechtsakte sind durch Art. 103 II GG nicht per se ausgeschlossen. Das Blankettstrafgesetz muss allerdings hinreichend klar erkennen lassen, worauf sich die Verweisung bezieht.[62] Dazu gehört, dass die Blankettstrafnorm die Regelungen, die zu ihrer Ausfüllung in Betracht kommen und die dann durch sie bewehrt werden, sowie deren möglichen Inhalt und Gegenstand genügend deutlich bezeichnet und abgrenzt.[63]

c) Bestimmtheitsgebot[Bearbeiten]

Das Bestimmtheitsgebot verpflichtet den Gesetzgeber, die Straftatbestände so genau zu fassen, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Lage sind, ihr Verhalten danach einzurichten.[64] Dies schließt die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen nicht aus, wobei die Rechtsprechung tendenziell großzügig agiert.

Beispiel: Das BVerfG hat selbst den äußert weit gefassten Straftatbestand der Untreue (§ 266 StGB) nicht beanstandet: Denn diese Strafnorm lasse das zu schützende Rechtsgut (das Vermögen) ebenso klar erkennen wie die besonderen Gefahren, vor denen der Gesetzgeber das Vermögen mit Hilfe des Tatbestandes bewahren wolle. Der Untreuetatbestand stehe außerdem einer konkretisierenden Auslegung nicht entgegen, die die Rechtsprechung in langjähriger Praxis umgesetzt und die sich in ihrer tatbestandsbegrenzenden Funktion grundsätzlich als tragfähig erwiesen habe.[65]

d) Rückwirkungsverbot[Bearbeiten]

Für das Strafrecht gilt ein striktes Rückwirkungsverbot, das über die insoweit aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Beschränkungen zugunsten des Vertrauensschutzes (Stichwort: echte vs. unechte Rückwirkung) der Betroffenen hinausgeht.[66] Art. 103 II GG verbietet also, jemanden auf Grund eines Gesetzes zu bestrafen, das zur Zeit der Tat noch nicht in Kraft war bzw. jemanden schärfer zu bestrafen, als zur Zeit der Tat gesetzlich bestimmt war.[67]

e) Analogieverbot[Bearbeiten]

Dadurch, dass Art. 103 II GG vorsieht, dass die Strafbarkeit durch ein geschriebenes Gesetz bestimmt sein muss, ist eine gewohnheitsrechtlich begründete Strafbarkeit ausgeschlossen. Ebenso scheidet eine strafbarkeitsbegründende Analogie zulasten des Täters aus; damit ist jede Rechtsanwendung gemeint, die – tatbestandsausweitend – über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht, wobei der Wortlaut als äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation aus der Sicht des:der Normadressaten:innen zu bestimmen ist.[68]

Beispiel: Gegen das Analogieverbot verstößt der von der Rechtsprechung zu § 240 StGB entwickelte „erweiterte“ Gewaltbegriff, der bei dem:der Täter:in keinen körperlichen Kraftaufwand und beim Opfer keine körperliche Krafteinwirkung verlangt, sondern psychischen Zwang genügen lässt.[69]

2. Persönlicher Schutzbereich[Bearbeiten]

Wie Art. 103 I GG gilt dessen Abs. 2 für „jedermann“, mithin auch für juristische Personen, soweit diese von Strafsanktionen i.S.d. Art. 103 II GG betroffen sein können.[70]

II. Eingriff[Bearbeiten]

Soweit die Legislative oder die Judikative hinter dem eben beschriebenen Schutzgehalt zurückbleiben, liegt ein Eingriff vor.[71]

III. Rechtfertigung[Bearbeiten]

Art. 103 II GG sieht keinen Gesetzesvorbehalt vor und ist nach der Rechtsprechung auch keiner Einschränkung durch kollidierendes Verfassungsrecht zugänglich.[72] Daher führen Eingriffe in Art. 103 II GG stets zu seiner Verletzung. Das leuchtet auch ein, da Art. 103 II GG sonst keinen über den in einem Rechtsstaat ohnehin zu beachtenden Geboten, namentlich dem Rückwirkungsverbot, dem Willkürverbot, dem Gebot der Normenklarheit und Normenbestimmtheit und der Wesentlichkeitslehre hinausgehenden Inhalt hätte.[73]

Weiterführendes Wissen

Der strikte Schutz von Vertrauen durch Art. 103 II GG wird allenfalls dann zurücktreten müssen, wenn der Träger der Staatsmacht (hier die frühere DDR) für den Bereich schwersten kriminellen Unrechts – hier die gezielte Tötung von unbewaffneten Flüchtlingen an der innerdeutschen Grenze – die Strafbarkeit durch Rechtfertigungsgründe ausschließt, indem er über die geschriebenen Normen hinaus zu solchem Unrecht auffordert, es begünstigt und so die in der Völkerrechtsgemeinschaft allgemein anerkannten Menschenrechte in schwerwiegender Weise missachtet.[74]

D. Ne bis in idem (Art. 103 III GG)[Bearbeiten]

Der Grundsatz „ne bis in idem“ i.S.d. Art. 103 III GG zählt ebenfalls zu den Justizgrundrechten. Er verbietet die mehrmalige Bestrafung einer Person wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze.

I. Einführung[Bearbeiten]

Der Gehalt des Art. 103 III GG lässt sich in drei Bedeutungsebenen abschichten[75]: Dazu zählt erstens das Verbot erneuter Bestrafung nach Ausschöpfung des Unrechts- und Schuldgehalts. Insoweit dient Art. 103 III GG in erster Linie der Freiheit und Würde des Betroffenen, wobei es wegen dieser speziellen Regelung keines Rückgriffs auf das in Art. 1 I GG verankerte Schuldprinzip sowie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bedarf. Demgegenüber wurzeln das ebenfalls in Art. 103 III GG enthaltene Verbot erneuter Bestrafung innerhalb des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat in Form eines „Nachschlags“ sowie das Verbot erneuter Strafverfolgung nach einem Freispruch in dem Gedanken der Rechtssicherheit, der insofern Vorrang vor der materiellen Gerechtigkeit (verstanden als Gebot ewiger Wahrheitserforschung) genießt[76]. Es ist daher – vorbehaltlich der Möglichkeit der Wiederaufnahme – hinzunehmen, wenn Straftäter irrig freigesprochen wurden oder eine zu milde Strafe erhalten haben.[77]

II. Schutzbereich[Bearbeiten]

1. Sachlicher Schutzbereich[Bearbeiten]

Im Rahmen des (sachlichen) Schutzbereichs ist insbesondere zu klären, was mit einer „Bestrafung auf Grund der allgemeinen Strafgesetze“ und mit dem (verfassungsrechtlichen) Tatbegriff gemeint ist.

a) „Allgemeine Strafgesetze"[Bearbeiten]

Art. 103 III GG beschränkt das Verbot der Doppelbestrafung auf die allgemeinen Strafgesetze. Damit ist wie bei Art. 103 II GG in erster Linie das Kriminalstrafrecht – sei es in Gestalt des Kern- oder des Nebenstrafrechts – gemeint.[78] Im Übrigen wird der Begriff des Strafgesetzes aber enger als bei Art. 103 II GG verstanden, da dessen Abs. 3 von seiner Formulierung her auf „allgemeine Strafgesetze“ begrenzt ist. Mit Rücksicht auf die Mütter und Väter des Grundgesetzes, die darunter „das eigentliche Strafrecht“[79] verstanden, sollen also z.B. Sanktionen aufgrund des Disziplinarrechts[80], des Berufsrechts, gerichtliche Ordnungsmaßnahmen sowie verwaltungsbehördliche Maßnahmen, die aus Anlass strafbaren Verhaltens verhängt werden,[81] von Art. 103 III GG nicht erfasst werden. Unklarheiten bestehen hinsichtlich des Ordnungswidrigkeitenrechts: So häufen sich in jüngerer Zeit die Stimmen, Art. 103 III GG insoweit zumindest analog anzuwenden.[82]

Weiterführendes Wissen

Ob sich diese – ausgesprochen enge – Sichtweise aufrechterhalten lässt, ist zweifelhaft. Namentlich die Rechtsprechung des EuGH zur Parallelnorm des Art. 50 GRCh erfasst auch Ordnungswidrigkeiten und andere Verwaltungsmaßnahmen mit strafähnlichem Charakter.[83] Es wäre auch im Sinne der Idee effektiven Grundrechtsschutzes auf eine rein formale Abgrenzung zwischen Kriminalstrafen und anderen Sanktionen zugunsten einer auf das Maß ihrer Annäherung in den Sanktionswirkungen zielenden Betrachtung zu verzichten. Dem stünde nach hiesiger Sichtweise auch nicht der abweichend zu Art. 103 II GG formulierte Wortlaut des Art. 103 III GG entgegen. Die Wendung „allgemeine Strafgesetze“ lässt sich nämlich auch als „alle Strafgesetze betreffend“ verstehen, ohne dass damit schon eine Vorfestlegung bezüglich des Kreises der erfassten (Straf-)Sanktionen getroffen wäre.[84]

b) Tatbegriff[Bearbeiten]

Das Doppelbestrafungsverbot greift nur ein, wenn dieselbe Tat vorliegt. Die h.M. orientiert sich bei der Interpretation dieses Begriffs am strafprozessrechtlichen Tatbegriff (vgl. §§ 155 I, 264 StPO).[85] Maßgeblich sei somit der „geschichtliche – und damit zeitlich und sachverhaltlich begrenzte – Vorgang, auf welchen Anklage und Eröffnungsbeschluss hinweisen und innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll.“[86] Richtig daran ist, dass der Tatbegriff nicht normativ, sondern faktisch zu bestimmen ist, es also auf die Einheitlichkeit des Lebenssachverhaltes ankommt. Neu eintretende Umstände – angenommen, dass Tatopfer verstirbt, nachdem bereits eine (rechtskräftige) Verurteilung des:der Täters:in wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) erfolgt ist – ändern demnach nichts am Vorliegen derselben „Tat“.

Weiterführendes Wissen

Etwas anderes soll für Dauer- und Organisationsdelikte gelten. So schließe die rechtskräftige Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) die Ahndung von Verbrechen, die zur Förderung der Ziele dieser Vereinigung begangen wurden und nicht Gegenstand des früheren Verfahrens waren, nicht aus.[87] Das überzeugt nach hiesiger Auffassung nicht: Art. 103 III GG nimmt gerade wegen des in ihm verankerten Vorrangs der Rechtssicherheit vor der materiellen Gerechtigkeit auch kriminalpolitisch unbefriedigende Ergebnisse in Kauf. Die Strafverfolgungsbehörden sind deshalb gehalten, alle Einzelakte einer Fortsetzungstat möglichst umfassend aufzuklären und entsprechend anzuklagen.

c) Transnationale Geltung[Bearbeiten]

Art. 103 III GG erkennt wegen der „Souveränität des nationalen Rechts“[88] nur das inländische Verbot der Doppelbestrafung an; er schließt also „nur“ eine mehrfache Strafverfolgung durch den deutschen Staat aus.[89] Eine darüber hinausgehende Rechtstellung kann sich in Einzelfällen allerdings aus Art. 50 GRCh ergeben, worauf sogleich zurückzukommen ist.

Weiterführendes Wissen

Grund zur Skepsis ist erneut der Schutzzweck des Art. 103 III GG: Es spielt aus der (insoweit maßgeblichen) Sicht des betroffenen Individuums keine Rolle, wo die erste Strafverfolgung stattgefunden hat. Die Eingriffsintensität einer zweiten Verfolgung nach ausländischer Aburteilung derselben Straftat wiegt ebenso schwer wie die Eingriffsintensität einer inländischen Doppelverfolgung.[90] Nimmt man den Umstand hinzu, dass der Wortlaut der Norm offen formuliert ist, erscheint ein transnationales Verständnis von Art. 103 III GG durchaus vorstellbar.[91]

2. Persönlicher Schutzbereich[Bearbeiten]

Art. 103 III GG ist seinem Wortlaut nach („niemand“) ein Jedermannsrecht.[92] Soweit juristische Personen überhaupt „bestraft“ werden können, werden sie also vom persönlichen Schutzbereich des ne bis in idem-Grundsatzes erfasst.

III. Eingriff[Bearbeiten]

Art. 103 III GG verbietet –– trotz des eigentlich anders lautenden Normtextes – nicht erst die „mehrfache Bestrafung“, sondern bereits jede erneute (Straf-)Verfolgung[93]. Dies dient nicht nur der Rechtsklarheit und dem effektiven Grundrechtsschutz, sondern hat vor allem historische Gründe.

Weiterführendes Wissen

Grund für die Einführung der Norm war es, Missbräuchen, wie sie in der Zeit des Nationalsozialismus vorgekommen waren, vorzubeugen.[94] Diese Missbräuche bestanden aber nicht in einer mehrfachen Bestrafung im eigentlichen Sinne, sondern in einer mehrfachen Verfolgung dergestalt, dass Freisprüche und angeblich zu niedrige Strafurteile aufgehoben worden sind und infolgedessen eine höhere Strafe verhängt wurde.[95]

Beispiel: Als Eingriff zu bewerten ist die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens zuungunsten des Angeklagten gemäß § 362 StPO. Die Wiederaufnahme zugunsten des Angeklagten (§ 359 StPO) stellt dagegen keinen Eingriff in den Schutzbereich von Art. 103 III GG dar.

Weiterführendes Wissen

Die Frage, welche „Erstentscheidungen“ das Verbot der Mehrfachverfolgung überhaupt auslösen, ist damit aber noch nicht beantwortet. Eindeutig erfasst werden endgültige Sachentscheidungen, d.h. rechtskräftige (Straf-)Urteile verurteilender oder freisprechender Art. Umstritten ist dagegen, ob Art. 103 III GG auch bei sonstigen strafprozessualen Entscheidungen – sei es bei einer Einstellung nach §§ 153, 153a StPO oder bei einem Strafbefehl (§§ 409 ff. StPO), gegen den nicht rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist – zu berücksichtigen ist.[96] In aller Regel wird es auf diese Frage aber nicht entscheidungserheblich ankommen, da die Grundrechte so oder so Vertrauensschutz gewährleisten und das einfache Gesetzesrecht in beiden Fällen zumindest eine (beschränkte) Sperrwirkung anerkennt (§§ 153a I 1, 5, 373a StPO).

IV. Rechtfertigung[Bearbeiten]

Wird in den Schutzbereich des Art. 103 III GG eingegriffen, stellt sich die Frage nach der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieses Eingriffs. Da Art. 103 III GG seinem Normtext nach keinen Gesetzesvorbehalt enthält, ist die Schranke – im Unterschied zu Art. 103 II GG – im kollidierendem Verfassungsrecht zu suchen.[97] Danach kann der Eingriff mit der Erwägung gerechtfertigt werden, dass die materielle Gerechtigkeit (als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips i.S.d. Art. 20 III GG) durch die Aufrechterhaltung der Rechtskraft unerträglich beeinträchtigt würde. Vor diesem Hintergrund wird die Regelung zur Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens (§ 362 StPO) überwiegend für verfassungsrechtlich zulässig gehalten.[98] Anders wird es oftmals im Fall der gesetzlichen Erweiterung der Wiederaufnahmemöglichkeiten gesehen, da dann vom bei Inkrafttreten des Grundgesetzes geltenden Stand des Prozessrechts, an dem sich das BVerfG in seiner Rechtsprechung orientiert,[99] abgewichen werden würde. Dies zugrunde gelegt, erscheint die kürzlich beschlossene Erweiterung der StPO um einen Wiederaufnahmegrund zulasten rechtskräftig freigesprochener Mordangeklagter für den Fall des Vorliegens neuer Tatsachen oder Beweismittel, die zur sicheren Verurteilung führen würden,[100] verfassungsrechtlich kaum haltbar.[101].

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§ 362 StPO ist – weitergehend – bereits in seiner derzeit geltenden Fassung verfassungswidrig.[102] Richtigerweise gilt der Grundsatz „ne bis in idem“ ebenso wie Art. 103 II GG absolut, d.h. eine Rechtfertigung von Beeinträchtigungen seines Schutzbereichs ist prinzipiell ausgeschlossen.[103] Es ist kein Grund dafür ersichtlich, kollidierendes Verfassungsrecht als Schranke in Stellung zu bringen: Dem Grundrechtsgebrauch werden Schranken gezogen, um einen „wildwüchsigen Freiheitsgebrauch“[104] zu verhindern. Der Grundsatz „ne bis in idem“ gerät indes weder mit dem Freiheitsgebrauch anderer Grundrechtsträger noch mit den Interessen der Allgemeinheit in Konflikt. Insoweit ist nochmals daran zu erinnern, dass Art. 103 III GG eine einseitige und unbedingte Vorrangentscheidung zugunsten der Rechtssicherheit ist, die nicht durch Erwägungen materieller Gerechtigkeit überspielt werden darf.[105] Aus demselben Grund kennt der Rechtssatz „ne bis in idem“ keine, die Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten stützenden „immanenten Schranken“. Es ist daher mehr als problematisch anzunehmen, dass das zur Zeit der Entstehung des Grundgesetzes geltende Prozessrecht den Eingriff in Art. 103 III GG legitimiere[106] – ein Ansatz der dann bezüglich der Erweiterung der Wiederaufnahmemöglichkeiten erst recht versagen muss.

E. Europäische und internationale Bezüge[Bearbeiten]

Justizgrundrechte finden sich auch auf EU- und EMRK-Ebene: So fordern sowohl Art. 47 II 1 GRCh als auch Art. 6 I EMRK durch Gesetz errichtete Gerichte. Art. 6 I EMRK bildet auch den Dreh- und Angelpunkt für das rechtliche Gehör, dessen Gewährleistungsumfang weitgehend dem des Art. 103 I GG entspricht[107]. Hinter dem Schutzumfang von Art. 103 II GG zurück bleiben dagegen Art. 7 I EMRK und Art. 49 I GRCh. Dem Doppelbestrafungsverbot des Art. 103 III GG entsprechen schließlich Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK, das in Deutschland noch nicht ratifiziert worden ist, und Art. 50 GRCh.

Weiterführende Studienliteratur[Bearbeiten]

  • Kuch, Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG), Jura 2020, 228 ff.
  • Schroeder, Die Justizgrundrechte des Grundgesetzes, JA 2010, 167 ff.
  • Strauß, „Qual der Wahl“, JA 2019, 764 ff. (Examensklausur)

Zusammenfassung: Die wichtigsten Punkte[Bearbeiten]

  • Die Verfahrensgrundrechte (Art. 101, 103 GG) sind in einem demokratischen Rechtsstaat unverzichtbar.
  • Art. 101 I 2 GG ist besonders bei der Verletzung der Vorlageplicht an den EuGH gem. Art. 267 III AEUV von Relevanz.
  • Der Grundsatz „nulla poena sine lege“ enthält das Gesetzlichkeitsprinzip, das Bestimmtheitsgebot, das Rückwirkungsverbot sowie das Analogieverbot.
  • Art. 103 III GG verbietet Doppelbestrafungen – abgesehen vom Fall der Wiederaufnahme – kategorisch.

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Inhaltsverzeichnis des Buches[Bearbeiten]

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Abschnitt 1 - Allgemeine Grundrechtslehren

Abschnitt 2 - Aufbau der Prüfung eines Freiheitsgrundrechts

Abschnitt 3 - Grundrechtsschutz und Dritte

Abschnitt 4 - Verfahren, Konkurrenzen, Prüfungsschemata

Abschnitt 5 - Grundrechte im Mehrebenensystem

Abschnitt 6 - Einzelgrundrechte des Grundgesetzes

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Degenhart, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 101 Rn. 1.
  2. Näher zu Ausnahme- und Sondergerichten Otto, JuS 2012, 21 (23).
  3. Schroeder, JA 2010, 167 (170).
  4. Statt aller BVerfG, Beschl. v. 6.7.2010, Az.: 2 BvR 2661/06 = BVerfGE 126, 286 (315 ff.). Hufen, Staatsrecht II: Grundrechte, 7. Aufl. 2018, § 21 Rn. 24 betont zu recht, dass Art. 101 I 2 GG die Gerichte als solche, ihre Spruchkörper sowie die Einzelrichter adressiert.
  5. BVerfG, Beschl. v. 8.4.1997, Az.: 1 PBvU 1/95 = BVerfGE 95, 322 (329).
  6. BVerfG, Beschl. v. 18.5.1965, Az.: BvR 40/60 = BVerfGE 19, 52 (60).
  7. Näher Ipsen, Staatsrecht II, 23. Aufl. 2020, Rn. 900.
  8. Kunig/Saliger, in: von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 101 Rn. 31.
  9. St. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 10.7.1990, Az.: 1 BvR 984/87 = BVerfGE 82, 286 (298).
  10. Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 9. Aufl. 2020, § 49 Rn. 3a.
  11. Sachs, Verfassungsrecht II - Grundrechte, 3. Aufl. 2017, Kap. 34 Rn. 8 m.w.N.
  12. BVerfG, Beschl. v. 22.3.2018, Az.: 2 BvR 780/16 = BVerfGE 148, 69.
  13. BVerfG, Beschl. v. 22.3.2018, Sondervotum Hermanns, Az.: 2 BvR 780/16, Rn. 25 = BVerfGE 148, 133 (143).
  14. Dazu Kunig/Saliger, in: von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 101 Rn. 14 m.w.N.
  15. Koch, Jura 2020, 228 (231).
  16. Vgl. nur BVerfG, Urt. v. 16.1.1957, Az.: 1 BvR 134/56 = BVerfGE 6, 45 (49). Näher (auch zur älteren Rechtsprechung des BVerfG): Ipsen, Staatsrecht II, 23. Aufl. 2020, Rn. 898.
  17. Vgl. Kingreen/Poscher, Staatsrecht II: Grundrechte, 35. Aufl. 2019, Rn. 1227.
  18. Dazu Otto, JuS 2012, 21 (24).
  19. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.10.1952, Az.: 1 BvR 511/52 = BVerfGE 1, 439 f.
  20. Näher Koch, Jura 2020, 228 (234 ff.) (mit weiteren Beispielen).
  21. BVerfG, Urt. v. 16.1.1957, Az.: 1 BvR 134/56 = BVerfGE 6, 45 (53).
  22. Schroeder, JA 2010, 167 (170).
  23. So zutreffend Kingreen/Poscher, Staatsrecht II: Grundrechte, 35. Aufl. 2019, Rn. 1233.
  24. So Manssen, Staatsrecht II: Grundrechte, 17. Aufl. 2020, Rn. 835.
  25. Zuletzt BVerfG, Beschl. v. 4.3.2021, Az.: 2 BvR 1161/19 = BVerfG, DStR 2021, 777 (780) m.w.N. Zu diesen Fallgruppen auch Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 9. Aufl. 2020, § 49 Rn. 4a.
  26. EuGH, Urt. v. 6.10.1982, Rs. C-283/81, Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.
  27. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.7.2010, Az.: 2 BvR 2661/06 = BVerfGE 126, 286 (317).
  28. Im Ergebnis ebenso für eine Erhöhung der Prüfungsdichte des BVerfG: Bäcker, NJW 2011, 270 (272) und Schröder, EuR 2011, 808 (820 ff.).
  29. Vgl. nur Hufen, Staatsrecht II: Grundrechte, 7. Aufl. 2018, § 21 Rn. 27.
  30. Degenhart, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 103 Rn. 8 m.w.N.
  31. BVerfG, Beschl. v. 8.1.1959, Az.: 1 BvR 396/55 = BVerfGE 9, 89 (95).
  32. BVerfG, Beschl. v. 30.3.2003, Az.: 1 PBvU 1/02 = BVerfGE 107, 395 (401).
  33. Vgl. Classen, Staatsrecht II: Grundrechte, 2018, § 16 Rn. 60.
  34. So etwa Kingreen/Poscher, Staatsrecht II: Grundrechte, 35. Aufl. 2019, Rn. 1241.
  35. BVerfG, Beschl. v. 11.10.1978, Az.: 2 BvR 214/76 = BVerfGE 49, 325 (328).
  36. BVerfG, Beschl. v. 18.12.1962, Az.: 2 BvR 396/62 = BVerfGE 15, 214 (218).
  37. BVerfG, Beschl. v. 22.10.2015, Az.: BvR 2396/14, Rn. 6.
  38. BVerfG, Beschl. v. 19.5.1992, Az.: 1 BvR 986/91 = BVerfGE 86, 133 (144).
  39. Otto, JuS 2012, 412 (414).
  40. Degenhart, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 103 Rn. 28.
  41. Classen, Staatsrecht II: Grundrechte, 2018, § 16 Rn. 58. Zu sogenannten Überraschungsentscheidungen s. aber Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Werkstand: 78. EL September 2016, Art. 103 Abs. 1 Rn. 82 f.
  42. BVerfG, Beschl. v. 14.4.1987, Az.: 1 BvR 332/86 = BVerfGE 75, 201 (215).
  43. Sachs, Verfassungsrecht II - Grundrechte, 3. Aufl. 2017, Kap. 35 Rn. 2.
  44. Vgl. BVerfG, Beschl. 16.12.2014, Az.: 1 BvR 2142/11 = BVerfGE 138, 64 (83).
  45. So Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 9. Aufl. 2020, § 49 Rn. 6 m.w.N.
  46. Kingreen/Poscher, Staatsrecht II: Grundrechte, 35. Aufl. 2019, Rn. 1245.
  47. Schroeder, JA 2010, 167 (172).
  48. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.5.1991, Az.: 2 BvR 215/90 = BVerfG, NJW 1991, 2076.
  49. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.5.2004, Az.: 1 BvR 1892/03 = BVerfGE 110, 339 (341).
  50. Zum sogenannten in camera-Verfahren am Beispiel des § 99 II VwGO: Otto, JuS 2012, 412 (414 f. u. 417).
  51. BVerfG, Beschl. v. 9.9.2013, Az.: 2 BvR 533/13 = BVerfG, NStZ-RR 2013, 379.
  52. Manssen, Staatsrecht II: Grundrechte, 17. Aufl. 2020, Rn. 841.
  53. Degenhart, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 103 Rn. 53 m.w.N.
  54. BVerfG, Urt. v. 5.2.2004, Az.: 2 BvR 2029/01 = BVerfGE 109, 133 (167, 170), Hervorhebung nur hier.
  55. Vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 1.12.1992, Az.1 BvR 88 u.a. = BVerfGE 87, 399 (411).
  56. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.11.2002, Az.: 2 BvR 2202/01 = BVerfG, NJW 2003, 1030.
  57. Dazu: Radtke, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand: 15.11.2020, Art. 103 Rn. 22 m.w.N.
  58. BVerfG, Urt. v. 5.2.2004, Az.: 2 BvR 2029/01 = BVerfGE 109, 133 (167); BVerfG, Urt. v. 4.5.2011, Az: 2 BvR 2365/09 u.a. = BVerfGE 128, 326 (392 f.).
  59. So EGMR, Urt. v. 17.12.2009, M. v. Germany, Nr. 19359/04 = EGMR, NJW 2010, 2495 (2499). Näher dazu Ipsen, Staatsrecht II, 23. Aufl. 2020, Rn. 928a. Dennoch gegen eine Erweiterung des Art. 103 II GG um Maßregeln der Besserung und Sicherung etwa Brodowski, JuS 2012, 892 (893).
  60. Vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 7.12.2011, Az.: 2 BvR 2500/09 u.a. = BVerfGE 130, 1 (43).
  61. Im Einzelnen Nolte/Aust, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 103 Rn. 152 f.
  62. BVerfG, Beschl. v. 21.6.2016, Az.: 2 BvL 1/15 = BVerfGE 143, 38 (56).
  63. Zuletzt BVerfG, Beschl. v. 11.3.2020, Az.: 2 BvL 5/17 = BVerfGE 153, 310 (343).
  64. Ipsen, Staatsrecht II, 23. Aufl. 2020, Rn. 923.
  65. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010, Az.: 2 BvR 2559/08 = BVerfGE 126, 170 (200 f., 208 ff.)
  66. Sachs, Verfassungsrecht II - Grundrechte, 3. Aufl. 2017, Kap. 35 Rn. 21.
  67. Kingreen/Poscher, Staatsrecht II: Grundrechte, 35. Aufl. 2019, Rn. 1261.
  68. BVerfG, Beschl. v. 7.12.2011, Az.: 2 BvR 2500/09 u.a. = BVerfGE 130, 1 (43).
  69. BVerfG, Beschl. v. 10.1.1995, Az.: 1 BvR 718 = BVerfGE 92, 1 (14 ff.). Zustimmend Manssen, Staatsrecht II: Grundrechte, 17. Aufl. 2020, Rn. 844.
  70. Degenhart, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 103 Rn. 53.
  71. Schroeder, JA 2010, 167 (172). Zur Relevanz von Art. 103 II GG beim Handeln der Polizei: Hufen, Staatsrecht II: Grundrechte, 7. Aufl. 2018, § 21 Rn. 57.
  72. Vgl. BVerfG, Urt. v. 5.2.2004, Az.: 2 BvR 2029/01 = BVerfGE 109, 133 (171 f.).
  73. Vgl. auch Brodowski, JuS 2012, 892.
  74. BVerfG, Beschl. v. 24.10.1996, Az.: 2 BvR 1851 u.a. = BVerfGE 95, 96. Dazu näher Classen, GA 1998, 215 ff.
  75. Vgl. auch zum Folgenden Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2018, Art. 103 Abs. 3 Rn. 12 f.
  76. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.1.1981, Az.: 2 BvR 873/80 = BVerfGE 56, 22 (31 f.).
  77. Brodowski, JuS 2012, 892 (895).
  78. Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2018, Art. 103 Abs. 3 Rn. 21.
  79. von Doemming/Füsslein/Matz, JöR Bd. 1 (1951), 744.
  80. BVerfG, Beschl. v. 29.10.1969, Az.: 2 BvR 545/68 = BVerfGE 27, 180.
  81. Zu beidem Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Werkstand: 30. EL Dezember 1992, Art. 103 Abs. 3 Rn. 290 f. m.w.N.
  82. Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2018, Art. 103 Abs. 3 Rn. 21 m.w.N.
  83. EuGH, Urt. v. 20.3.2018, Rs. C-524/15, Rn. 26 u. 31 m.w.N. – Luca Menci.
  84. Näher Brade, AöR 146 (2021), 130 (150 f.).
  85. Vgl. nur Kunig/Saliger, in: von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 101 Rn. 68; Schroeder, JA 2010, 167 (173).
  86. BVerfG, Beschl. v. 15.10.2014, Az.: 2 BvR 920/14 = BVerfG, NJW 2015, 44 (47) m.w.N.
  87. Pohlreich, in: Bonner Kommentar, GG, Stand 194. EL, Nov. 2018, Art. 103 Abs. 3 Rn. 48; BVerfG, Beschl. v. 8.1.1981, Az.: 2 BvR 873/80 = BVerfGE 56, 22 (29 ff.).
  88. So z.B. Nolte/Aust, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 103 Rn. 200.
  89. Vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 17.1.1961, Az.: 2 BvL 17/60 = BVerfGE 12, 62 (66) (unter Berufung auf den bei Inkrafttreten des Grundgesetzes geltenden Stand des Prozessrechts). Die Rechtsprechung verweist stattdessen auf das rechtsstaatliche Gebot der Anrechnung, vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.3.1987, Az.: 2 BvM 2/86 = BVerfGE 75, 1 (15 f.).
  90. Vgl. Voulgaris, Transnationales „ne bis in idem“ zwischen staatlicher Schutz- und Achtungspflicht, 2013, S. 98 ff.
  91. So z.B. Endriß/Kinzig, StV 1997, 665 (666 f.). Näher Brade, AöR 146 (2021), 130 (163 ff.).
  92. Sachs, Verfassungsrecht II - Grundrechte, 3. Aufl. 2017, Kap. 35 Rn. 24.
  93. Ganz h.M., vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 17.1.1961, Az.: 2 BvL 17/60 = BVerfGE 12, 62 (66).
  94. Vgl. von Doemming/Füsslein/Matz, JöR Bd. 1 (1951), 741 u. 743.
  95. Schroeder, JuS 1997, 227 (228).
  96. Dazu Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Werkstand: 30. EL Dezember 1992, Art. 103 Abs. 3 Rn. 296 ff.; BVerfG, Beschl. v. 7.12.1983, Az.: 2 BvR 282/80 = BVerfGE 65, 377 (382 ff.) (Prüfung für Strafbefehl am Maßstab von Art. 3 I GG).
  97. Vgl. z.B. Pieroth in: Jarass/Pieroth, GG, 15. Aufl. 2018, Art. 103 Rn. 110.
  98. Kingreen/Poscher, Staatsrecht II: Grundrechte, 35. Aufl. 2019, Rn. 1282; Schroeder, JA 2010, 167 (174).
  99. Vgl. BVerfG, Urt. v. 18.12.1953, Az.: 1 BvR 230/51 = BVerfGE 3, 248 (252).
  100. Suliak, LTO v. 29.1.2021.
  101. Vgl. etwa Brade, ZIS 2021, 362 ff.; Marxen/Tiemann, ZIS 2008, 188 (191); Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2018, Art. 103 Abs. 3 Rn. 32. Für Verfassungskonformität dagegen Zehetgruber, JR 2020, 157 ff.
  102. So auch Neumann, in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 655 ff.
  103. Hufen, Staatsrecht II: Grundrechte, 7. Aufl. 2018, § 21 Rn. 66.
  104. Kingreen/Poscher, Grundrechte – Staatsrecht II, 35. Aufl. 2019, Rn. 263.
  105. Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Werkstand: 85. EL November 2018, Art. 103 Abs. 3 Rn. 62. Näher Brade, AöR 146 (2021), 130 (139 f., 167 ff.).
  106. So aber BVerfG, Urt. v. 18.12.1953, Az.: 1 BvR 230/51 = BVerfGE 3, 248 (252); BVerfG, Beschl. v. 17.1.1961, Az.: 2 BvL 17/60 = BVerfGE 12, 62 (66); Kunig/Saliger, in: von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 101 Rn. 78.
  107. Zum Gehalt des Art. 6 EMRK im Einzelnen z.B. Hufen, Staatsrecht II: Grundrechte, 7. Aufl. 2018, § 21 Rn. 50.