Verfassungsgeschichte
Autor: Jan-Louis Wiedmann
Lernziel: Grobes Verständnis der Entwicklungsstufen zum modernen Verfassungsstaat des Grundgesetzes
Der moderne Verfassungsstaat des Grundgesetzes ist das Ergebnis einer langen Entwicklung, die geprägt war von langsamem Fortschritt und bitteren Rückschlägen. Die verschiedenen Etappen dieser Entwicklung (wenigstens im Groben) zu kennen, kann dabei helfen, die Verbürgungen unserer Verfassung zu verstehen und (durch historische Auslegung) richtig einzuordnen, sowie eine Wertschätzung für die Garantien des Grundgesetzes zu erlangen, die historisch eben nicht selbstverständlich waren.
A. Rechtsentwicklung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation
[Bearbeiten]I. Ausgangslage: Das „Alte Reich“
[Bearbeiten]Dass das heutige Deutschland einst ein „Flickenteppich“, bestehend aus mehreren hundert kleinen Territorialstaaten, war, dürfte aus dem Geschichtsunterricht bekannt sein. Über Jahrhunderte – genau genommen vom 9./10. Jahrhundert n. Chr. bis ins Jahr 1806 – waren die „deutschen Lande" nur in einem lockeren Herrschaftsverband miteinander verbunden, dem „Heiligen römischen Reich deutscher Nation“ (auch: „Altes Reich“).
Die Bezeichnung des Reiches als „heilig“ und „römisch“ brachte einerseits die Beziehung zur katholischen Kirche zum Ausdruck. Andererseits stellte sich das Reich in Bezug zum römischen Weltreich und betonte so den Anspruch, Großmacht zu sein.[1]
1. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation
[Bearbeiten]Die Verfassungsstruktur des alten Reichs lässt sich nur schwer fassen. Zeitgenossen sprachen gar von einem „irregulären und einem Monstrum ähnlichen Körper“.[2] Ohnehin kann von einer „Verfassung“ im modernen Sinn keine Rede sein.[3] Das heilige römische Reich deutscher Nation war zwar in einer Verfassung ; es hatte aber keine Verfassung im Sinne einer einheitlichen normativen Grundlage, die das staatliche Wesen umfassend regelt. Vielmehr gab es eine Reihe sog. Reichsgrundgesetze, die dem alten Reich seine Struktur gaben und sich im Laufe der Jahre auch veränderten.
An seiner Spitze stand ein Kaiser, der ab 1356 von sieben (später neun) Kurfürsten gewählt wurde. Sein Einfluss war indes gering, weil er in entscheidenden Fragen der Zustimmung des Reichstages bedurfte.[4] Dieser bestand aus Vertretern der im Reich vereinigten Territorien (sog. Reichsstände). Die Hauptaufgabe des Reichstags lag darin, Gesetze zu erlassen, wobei die Gesetzgebungsarbeit in keiner Weise mit dem heutigen Umfang an Gesetzgebung vergleichbar war.[5] Neben dieser Kooperation auf Reichsebene taten sich mehrere Reichsstände mitunter zu sog. Reichskreisen zusammen, um in regionaler Zusammenarbeit Aufgaben nachzugehen, die sie allein nicht hätten erfüllen können. Weiterhin fanden sich auf Reichsebene mit dem Reichskammergericht und dem Reichshofrat zwei Reichsgerichte.
Für die Bürger:innen in den deutschen Landen spielte das „Alte Reich“ ohnehin nur eine vergleichsweise geringe Rolle, die mit der Zeit weiter abnahm. Es verfügte weder über ein stehendes Herr, noch über einen eigenständigen Verwaltungsapparat und hatte überwiegend eine koordinierende, friedenssichernde Funktion.[6] Die Macht lag bei den Territorialstaaten. Dementsprechend spielten sich auch die entscheidenden verfassungsrechtlichen Entwicklungen auf dieser Ebene ab.
2. Die Lage in den Territorialstaaten
[Bearbeiten]Die Territorialstaaten waren Staaten im heutigen, modernen Sinn,[7] in denen sich ab dem 17. Jahrhundert die Herrschaftsform des Absolutismus abzeichnete. Die Herrscher:innen konnten ohne (rechtliche) Schranken – eben „absolut“ – ihren Willen durchsetzen.[8] Ab dem 18. Jahrhundert ging dieser Absolutismus aber zunehmend eine Allianz mit dem Gedanken der Aufklärung ein, was bereits entscheidende verfassungsrechtliche Fortschritte mit sich brachte.
Die aufgeklärt-absolutistischen Herrscher:innen – zu nennen sind hier insbesondere Friedrich der Große von Preußen und Maria Theresia von Österreich – machten es sich zum Ziel, ihre umfassende Herrschaftsmacht im Sinne der Vernunft und zum Wohle aller einzusetzen – was damals alles andere als selbstverständlich war.
Dieser aufgeklärte Absolutismus beförderte rechtliche Errungenschaften, die sich bis heute im Verfassungsrecht widerspiegeln. So gab die Regentschaft Friedrich des Großen den Anstoß für das Preußische Allgemeine Landrecht (PrALR von 1794), das wenige Jahre nach seinem Tod erlassen wurde. Dieses „Staats-Grundgesetz“[9] etablierte zahlreiche Rechtsinstitute, die wir bis heute kennen: Das Verbot rückwirkender Gesetze, die Religionsfreiheit oder den Gedanken der Aufopferung. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wurde erstmals im PrALR kodifiziert[10], wenngleich er seine heutige Bedeutung erst Jahrzehnte später erlangen sollte.[11].
Gleichwohl konnten Absolutismus und Aufklärung nur eine „Scheinehe"[12] eingehen. Denn die von der Aufklärung aufgestellte Forderung, staatliche Herrschaft zu rationalisieren und damit zu begrenzen, war mit der Herrschaftsform des Absolutismus nicht vereinbar. Deutlich wurde dies etwa im berühmten Müller-Arnold-Fall, in dem Friedrich der Große zugunsten eines armen Müllers in ein Gerichtsverfahren eingriff. Mit diesem „Machtspruch" brach Friedrich der Große mit seinem zuvor abgegebenen Versprechen, „niemals in den Lauf [eines] gerichtlichen Verfahrens einzuschreiten".[13]
3. Impulse aus dem Ausland
[Bearbeiten]Den entscheidenden Impuls für die Verfassungsentwicklung, die in den Territorialstaaten ab dem 19. Jahrhundert einsetzte, gaben dann aber zwei Entwicklungen aus dem Ausland: Die Unabhängigkeitserklärung der USA im Jahr 1776 einerseits und die französische Revolution im Jahr 1789 andererseits. In den USA wurde wenige Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung, im Jahr 1788, die erste moderne nationalstaatliche Verfassung der Welt ratifiziert.[14] Kurz darauf wurde ihr mit den zehn Zusatzartikeln („Amendments") ein umfassender Grundrechtekatalog hinzugefügt. In Frankreich erblickte mit der französischen Revolution der Gedanke der Volkssouveränität, also die Idee, dass alle Bürger (Frauen waren damals noch nicht mitgedacht) gleich sind und die Legitimationsgrundlage des Staates darstellen, das Licht der Erde.[15]
Ein wesentlicher Grundstein unseres heutigen Verfassungsverständnisses, der durch die US-amerikanische Verfassungsentwicklung zugrundegelegt wurde, ist die starke Stellung des Verfassungsgerichts, insbesondere seine Befugnis, Gesetze am Maßstab der Verfassung zu überprüfen und gegebenenfalls für nichtig zu erklären (judicial review). Eine solche Befugnis des „Supreme Court" war zwar nicht ausdrücklich in der US-amerikanischen Verfassung niedergeschrieben. Sie wurde allerdings kurz nach Erlass der Verfassung, im Jahr 1803, in der Entscheidung Marbury v. Madison vom Gericht selbst hergeleitet.[16] Es ging um einen Konflikt zwischen William Marbury und dem Regierungsmitarbeiter James Madison. Sie stritten darüber, ob Madison verpflichtet war, die Urkunde an Marbury herauszugeben, durch die dieser (noch vom letzten Präsidenten John Adams) zum Richter ernannt worden war. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass Marbury Anspruch auf Herausgabe der Ernennungsurkunde hatte.
Diese inhaltliche Entscheidung ist aber nicht der Grund für die Berühmtheit der Entscheidung „Marbury v. Madison". Dieser Grund liegt vielmehr in einer vorgeschalteten Frage: Das Gericht hatte zunächst darüber zu entscheiden, ob es für den Fall überhaupt zuständig war. Ein einfaches Bundesgesetz, der Judiciary Act von 1789, sah die Zuständigkeit des Supreme Court zwar vor; die Verfassung gab für eine entsprechende Zuständigkeit dagegen nichts her. Das Gericht stellte daher fest, dass zwei Rechtssätze (die Verfassung und der Judiciary Act) Aussagen über die Zuständigkeit des Gerichts trafen, die einander widersprachen. Dieser Konflikt sei dahingehend aufzulösen, dass die ranghöhere Norm, die Verfassung, Vorrang habe. Die Befugnis, diesen Vorrang der Verfassung vor dem einfachen Gesetz festzustellen, könne nur beim Supreme Court liegen. Damit war das richterliche Prüfungsrecht, ein prägendes Merkmal moderner Verfassungsstaaten, „erfunden". Für den konkreten Fall hieß dies, dass das Gericht über den Fall nicht rechtsverbindlich entscheiden durfte. Der arme Marbury sollte die Ernennungsurkunde daher nie ausgehändigt bekommen, obwohl er nach Ansicht des Gerichts eigentlich im Recht war.
II. Das Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation
[Bearbeiten]Doch bis sich die Gedanken von moderner Verfassungsstaatlichkeit und Volkssouveränität in Deutschland durchsetzten, sollte noch einige Zeit vergehen. Zunächst reagierten die deutschen Herrscher:innen (und nicht nur diese) kriegerisch auf die Entwicklungen in Frankreich. Doch die sog. Koalitionskriege, in denen sich die Herrscher:innen Europas gegen das zunächst revolutionäre, später napoleonische Frankreich richteten, gingen zunächst zu Gunsten Frankreichs aus. Grund hierfür war wohl auch die Schwäche des „Alten Reichs“, das weder über ein eigenes Heer noch über die Macht verfügte, die Territorialstaaten zu einem einheitlichen Vorgehen zu motivieren. Als im Jahre 1806 23 Territorialstaaten dem Rheinbund unter Führung Napoleons beitraten und ihren Austritt aus dem Reich erklärten, war es schließlich so weit: Kaiser Franz II. erklärte nicht nur seine Abdankung als Kaiser, sondern auch das Erlöschen des Reiches – eine Erklärung, die ihm in dieser Weise rechtlich zwar nicht zustand, die aber dennoch faktische Wirkung entfaltete. Das heilige römische Reich deutscher Nation war fortan Geschichte.
B. Die Staats- und Verwaltungsreformen in den deutschen Staaten
[Bearbeiten]Wenngleich der Einfluss Napoleons nur eine Übergangserscheinung bleiben sollte,[17] hatte er doch entscheidende Bedeutung für die Rechtsentwicklung in den deutschen Staaten. Napoleon setzte in den Rheinbundstaaten progressive Ideen, etwa die bürgerliche Freiheit und Gleichheit, um. Im Königreich Westphalen kam es im Jahr 1807 sogar zur ersten modernen Verfassung Deutschlands (napoleonischer Konstitutionalismus).
Doch auch in den übrigen, nicht unter napoleonischem Einfluss stehenden Staaten setzte zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Phase der Reformierung ein. Es kam zu umfassenden Staats- und Verwaltungsreformen. Ein Beispiel hierfür sind die Stein-Hardenbergschen Reformen, die – benannt nach den Initiatoren Karl Freiherr von und zum Stein und Karl August von Hardenberg – zwischen 1807 und 1815 in Preußen umgesetzt wurden. Ausgehend von einer weiteren erschütternden Niederlage Preußens gegen das napoleonische Frankreich im Jahr 1806 setzten sich die preußischen Reformer das Ziel, die „Volkskräfte“ zu mobilisieren, indem sie einen Staat schafften, mit dem sich die Bürger identifizieren konnten.[18]So kam es zu einer umfassenden Liberalisierung der Gesellschaft: Ständische Schranken bei der Berufsausübung wurden ebenso abgeschafft wie Adelsprivilegien oder Erbuntertänigkeit. Gleichzeitig wurden das Bildungssystem, das Beamtentum und das Militär reformiert. Zudem wurde der Verwaltungsapparat effektiviert. So gehen unser heutiger hierarchischer Verwaltungsapparat, die nach Fachressorts spezialisierte Kollegialregierung (vgl. Art. 65 GG) und die kommunale Selbstverwaltung auf die Verwaltungsreformen im 19. Jahrhundert zurück. Dasselbe gilt für die Trennung von Verwaltung und Gerichtsbarkeit.
Bemerkenswert ist, dass die Staats- und Verwaltungsreformen nicht vom Volk erkämpft, sondern von der Regierung angestoßen wurden. Der Begriff der „Revolution von oben" bringt die Bedeutung der Reformen zwar gut zum Ausdruck, wird aber dennoch zum Teil abgelehnt, da die Maßnahmen allesamt auf legalem Weg durchgesetzt wurden.[19]
C. Deutscher Bund, Norddeutscher Bund, Deutsches Reich – Die deutsche Einigung
[Bearbeiten]Die weitere politische Entwicklung im heutigen Deutschland war von zwei grundlegenden Konflikten geprägt: Einerseits (1.) vom Konflikt um den Erlass von Verfassungen, andererseits (2.) von der deutschen Einigungsbewegung. Diese Entwicklung vollzog sich ab dem Jahr 1815 im institutionellen Rahmen des deutschen Bundes und mündete schließlich im Jahr 1871 in der ersten gesamtdeutschen Verfassung des Deutschen Reiches.
I. Der deutsche Bund
[Bearbeiten]Nachdem Napoleon in der Schlacht von Waterloo endgültig geschlagen worden war, wurde auf dem Wiener Kongress in den Jahren 1814/1815 über die Neuordnung Europas verhandelt. Die deutschen Territorialstaaten schlossen sich im Deutschen Bund zusammen. Hierbei handelte es sich – wie schon beim 'Alten Reich' – um einen lockeren Verbund souveräner Staaten. Dass der deutsche Bund gerade kein Bundesstaat im modernen Sinne war, wird u.a. dadurch deutlich, dass das einzige Bundesorgan, die Bundesversammlung, nicht mit Repräsentanten des Volkes, sondern mit Vertretern der Territorialstaaten besetzt war. Die Macht lag also auch weiterhin bei den Territorialstaaten, sodass sich die verfassungsgeschichtlich entscheidenden Entwicklungen (zunächst) weiterhin auf dieser Ebene abspielten.
1. Der Streit um den Erlass einer Verfassung
[Bearbeiten]Das gilt insbesondere für den Konflikt um den Erlass von Verfassungen. Hier herrschten in den verschiedenen Staaten unterschiedlichste Vorstellungen vor: Während einige (insbesondere süddeutsche) Territorialstaaten – unterstützt durch das Bürgertum – auf den Erlass möglichst moderner (Repräsentativ-)Verfassungen drängten, verschlossen sich reaktionäre Kräfte – allen voran der österreichische Außenminister Metternich – der Forderung nach einer herrschaftsbegrenzenden Verfassung oder wollten allenfalls eine altständische Verfassung erlassen, die alte Adelsprivilegien beibehielt. Entsprechend dieser unterschiedlichen Vorstellungen kam es in einigen Staaten schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum Erlass von Verfassungen, während insbesondere die Großmächte Österreich und Preußen der Forderung nach einer Verfassung erst im Jahr 1848 nachkamen.
Obwohl es bei dieser Verfassungsentwicklung stets nur um Verfassungen der Territorialstaaten ging, nahm der Deutsche Bund eine wichtige Rolle ein. Art. 13 der Deutschen Bundesakte (DBA) sah vor, dass alle Mitglieder des Bundes zum Erlass „altständischer Verfassungen“ verpflichtet waren. Was unter einer solchen, „altständischen“ Verfassung genau zu verstehen war, war freilich unklar. So entfachte sich schnell ein Streit darüber, ob Art. 13 DBA eine moderne Repräsentativverfassung forderte oder auch eine altständische Verfassung zuließ. Um Fakten zu schaffen erließen einige, insbesondere süddeutsche Staaten, schon bald nach Gründung des deutschen Bundes moderne Verfassungen (deutscher Frühkonstitutionalismus)[20]. In anderen Staaten kam es nach 1830 – Anlass gab die französische Julirevolution – zum Erlass von Verfassungen (mitteldeutscher Konstitutionalismus). Österreich und Preußen gelang es dagegen wegen ihrer wirtschaftlich florierenden Lage (vorerst), den Erlass einer Verfassung abzuwenden. Erst infolge der Märzrevolution ergingen auch hier Verfassungen.
Die damals erlassenen Verfassungen waren noch keine Verfassungen im modernen Sinn und unterschieden sie sich in vielfacher Weise.[21] Dennoch lassen sich zahlreiche der heutigen Verfassungsverbürgungen auf den Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts zurückführen. Da im 19. Jahrhundert insbesondere die Volksvertretungen eine stärkere Rolle erlangten, stammen vor allem parlamentsbezogene Verfassungsvorgaben aus jener Zeit: Zu nennen ist das freie Mandat, der Vorbehalt des Gesetzes oder der Grundsatz der Gesamtrepräsentation.[22]
Examenswissen: Gleichwohl dürfen diese damals entwickelten Grundsätze nicht unbesehen auf die heutige Zeit übertragen werden. Die Verfassungen des 19. Jahrhunderts waren von einem Dualismus (d.h. einem Gegenüber) zwischen Volksvertretung und dem souveränen Monarchen geprägt, der heute nicht mehr in dieser Form besteht. Während die Volksvertretung damals einen Gegenpol zum Monarchen darstellte, steht die Parlamentsmehrheit heute hinter der Regierung. Während die Volksvertretung damals lediglich zur Mitwirkung an monarchischen Entscheidungen berufen war, ist sie heute die Leitgewalt im Staat. Daher hat sich die Bedeutung der damals begründeten Grundsätze zum Teil verändert.[23]
2. Die Einigungsbewegung
[Bearbeiten]Der zweite prägende Konflikt drehte sich um die Einigung Deutschlands. Insbesondere die junge Generation war von der Idee eines geeinten Deutschlands begeistert und äußerte dies zunehmend offen. Die politische Forderung der deutschen Einigung wurde anfangs vor allem auf „Festen“ kundgetan; zu nennen ist insbesondere das Wartburgfest (1817) und das Hambacher Fest (1832). Mit der Zeit organisierten sich die politischen Bewegungen aber zunehmend. Die Entwicklung politischer Parteien kann daher auf die 40er Jahre des 19. Jahrhunderts zurückgeführt werden.
Natürlich war die Einigungsbewegung starken Repressionen ausgesetzt. Insbesondere die Karlsbader Beschlüsse des Jahres 1819, die die Pressefreiheit stark einschränkten und die Universitäten unter staatliche Kontrolle stellten, sind in die Geschichte eingegangen. Hierdurch konnte die Forderung nach einer deutschen Einigung zwar vorübergehend, nicht aber dauerhaft aufgehalten werden. Im März 1848 entlud sich der Unmut der Bevölkerung schließlich in einer Revolution, der Märzrevolution. Diese Revolution brachte nicht nur den Gedanken der deutschen Einigung, sondern auch die Forderung nach dem Erlass einer Verfassung entscheidend voran.
II. Die Märzrevolution und die Paulskirchenverfassung
[Bearbeiten]Anlass für die Märzrevolution gab einmal mehr ein Geschehnis in Frankreich, die „Februar-Revolution" des Jahres 1848, die den dortigen König Louis Philippe zur Flucht nach England zwang. Der Grund dafür, dass es nun zum ersten Mal auch in Deutschland zu deutschlandweiten revolutionären Umtrieben kam, dürfte auch darin liegen, dass große Teile der Bevölkerung in prekären sozialen Bedingungen lebten.[24] Ihren Forderungen nach der Abschaffung von Freiheitsbeschränkungen, nach einem allgemeinen Wahlrecht, der nationalen Einigung und einer modernen Verfassung, trugen sie (gewaltsam) auf die Straße.
Zunächst schien es, als würde die Revolution Erfolg haben. In vielen deutschen Staaten kam es zur Einsetzung liberaler „Märzregierungen" und zur Garantie der Pressefreiheit. In der Frankfurter Paulskirche trat schließlich im Mai 1848 eine Nationalversammlung zusammen, um eine Verfassung für das geeinte Deutschland zu entwerfen. Doch während die Verhandlungen in der Paulskirche anhielten, bereiteten die Monarchen die (militärische) Wiederherstellung der alten Ordnung vor. Als die Verfassung im März 1849 letztlich fertiggestellt wurde, war ihre Umsetzung aufgrund der wiederhergestellten Macht der alten Elite de facto bereits ausgeschlossen. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV., dem von der Nationalversammlung die Kaiserkrone angetragen wurde, lehnte ab. Die Revolution war ebenso wie die Paulskirchenverfassung – spätestens jetzt[25] – gescheitert.
Dennoch stellte die Entwicklung im Rahmen der Märzrevolution entscheidende Weichen für die weitere deutsche Verfassungsentwicklung. Die Paulskirchenverfassung war – auch wenn sie nie in Kraft treten sollte – die erste gesamtdeutsche Verfassung national-bürgerlicher Prägung.[26] An ihr orientierten sich alle seitdem ergangenen Verfassungen von der Bismarck'schen Reichsverfassung bis zum Grundgesetz.[27] So lassen sich neben unserem Verständnis von Föderalismus auch die starke Stellung des BVerfG und zahlreiche Grundrechte auf die Verhandlungen in der Paulskirche zurückführen. Ein weiteres Phänomen, das in der Paulskirche erstmals abzeichnete, ist der Zusammenschluss von Abgeordneten zu Fraktionen. Die Fraktionsbindung in der Paulskirche war zwar noch nicht so streng wie heute. Die Fraktionen waren vielmehr lose Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die nach den Orten benannt waren, an denen die Mitglieder nach den Plenardebatten zusammentrafen („Casino", „Deutscher Hof", „Café Milani"). Zudem war rund ein Drittel der Abgeordneten fraktionslos. Gleichwohl lässt sich hier die Entwicklung zu einem Merkmal des modernen Parlamentarismus beobachten.
III. Der norddeutsche Bund
[Bearbeiten]Doch zunächst sollte es nach dem Scheitern der Märzrevolution zu einer weitreichenden Wiederherstellung ('Restauration') der alten Ordnung kommen, in der sich nicht der Parlamentarismus, sondern das monarchische Prinzip durchsetzte.
Dies zeigte sich vor allem im preußischen Verfassungskonflikt. Als das Abgeordnetenhaus Preußens sich weigerte, die notwendigen Mittel für die von König Wilhelm geplante Heeresreform zur Verfügung zu stellen, erklärte sich Otto von Bismarck dazu bereit, ohne parlamentarisches Budget zu regieren. Bismarck selbst legitimierte sein Vorgehen nicht mit einem Verfassungs-[28], sondern schlicht mit einem Macht-Argument: „Wer die Macht in Händen hat, geht dann in seinem Sinne vor, weil das Staatsleben auch nicht einen Augenblick stillstehen kann.“ [29] In der Verfassungsrechtslehre wurde das Verhalten Bismarcks seinerzeit aber auch mit der sog. Lückentheorie begründet, die ausdrücklich auf das monarchische Prinzip und damit auf ein rechtliches Argument Bezug nahm: Da der Konfliktfall zwischen Parlament und Monarch in der Verfassung nicht geregelt sei, müsse (zur Schließung dieser „Lücke" in der Verfassung) auf das monarchische Prinzip, wonach im Zweifel der Monarch zuständig ist, zurückgegriffen werden.[30] Tatsächlich war das budgetlose Regieren Bismarcks – so wird man heute feststellen müssen – wohl verfassungswidrig. Hierfür spricht auch, dass sein Verhalten im Jahr 1866 nachträglich vom Parlament legitimiert wurde. Seiner politischen Karriere hat der Verfassungsbruch freilich nicht geschadet, wie die folgenden Passagen zeigen werden.
Ein Wandel hin zu mehr Demokratie, aber auch zu mehr Verfassungsstaatlichkeit und deutscher Einheit trat erst im Jahr 1867 ein. Nachdem Österreich im Deutschen Krieg von 1866 Preußen unterlegen war, musste es der Neuordnung Deutschlands ohne eigene Beteiligung zustimmen. Mit diesem „Ausscheiden“ Österreichs war eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der deutschen Einigung eingetreten.
Die Zeit des Deutschen Bundes war vom sog. deutschen Dualismus, einem Gegenüber der Großmächte Preußen und Österreich geprägt gewesen, der letztlich auch der deutschen Einigung im Wege gestanden hatte. Das lag einerseits daran, dass Preußen sich mit einem starken Österreich nicht abfinden wollte, andererseits daran, dass Österreich ein Vielvölkerstaat war, dessen Bevölkerung sich nur in Teilen dem deutschen Volk zugehörig fühlte. Deshalb war eine deutsche Einigung unter Beteiligung Österreichs („großdeutsche Lösung") realpolitisch kaum umsetzbar.[31] Aus diesem Grund hatte die Rolle Österreichs im zu gründenden deutschen Reich schon in der Paulskirchenversammlung einen entscheidenden Streitpunkt ausgemacht.[32] Damals hatte man sich dafür entschieden, nur die „deutschen" Teile Österreichs ins Reich zu integrieren, gleichzeitig aber die Möglichkeit eines Beitritts der übrigen Teile offen gehalten.
Die Neuordnung Deutschlands ohne österreichische Beteiligung („kleindeutsche Lösung“ im Gegensatz zur „großdeutschen Lösung" unter Beteiligung Österreichs) erfolgte im Jahr 1867 mit der Gründung des Norddeutschen Bundes. Erstmals schlossen sich die Territorialstaaten nicht zu einem lockeren Staatenbund, sondern zu einem eigenständigen Bundesstaat zusammen. Dieser verfügte über eine eigene Verfassung und über ein demokratisch gewähltes Parlament, den Reichstag. Binnen kurzer Zeit sollte dieser Norddeutsche Bund – unter maßgeblicher Beteiligung des damaligen preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck – zum Deutschen Reich fortentwickelt werden.
IV. Die Reichsgründung 1871
[Bearbeiten]Bismarck, der seit Gründung des Norddeutschen Bundes als dessen Bundeskanzler fungierte, hatte den Bund von Anfang an nur als Übergangslösung angesehen. Sein Ziel war die Gründung eines „kleindeutschen“ Bundesstaates unter Einbeziehung auch der süddeutschen Staaten.
Doch bevor er dieses Ziel erreichen konnte, musste ein Hindernis beseitigt werden: Der Widerstand Frankreichs. Dies gelang Bismarck durch einen politischen Trick: Nachdem der preußische König in Bad Ems ein unerfreuliches Zusammentreffen mit einem französischen Gesandten gehabt hatte, veröffentlichte Bismarck einen Bericht über das Treffen, der so manipuliert war, dass er den französischen König bei der Ehre packte (sog. Emser Depeche). Frankreich erklärte Preußen – wie von Bismarck beabsichtigt – den Krieg. Nach dem Sieg Preußens war nicht nur das Problem französischen Widerstands gelöst; auch die süddeutschen Staaten, die einem Beitritt zum Norddeutschen Bund ursprünglich skeptisch gegenüber gestanden hatten, waren nun bereit, beizutreten.
Im Dezember 1870 war es schließlich so weit: Baden, Württemberg, Hessen-Darmstadt und Bayern treten dem Norddeutschen Bund (der nunmehr „Deutscher Bund" heißen sollte) bei. Kurz darauf wurde beschlossen, den Staat fortan als „Deutsches Reich" zu bezeichnen und am 18.1.1871 wurde der preußische König Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles zum 'Deutschen Kaiser' gekrönt. Das deutsche Reich war gegründet.
Die Beurteilung dieser Reichsgründung ist rechtswissenschaftlich umstritten. Es stellt sich die Frage, ob das neue Reich lediglich eine Erweiterung des Norddeutschen Bundes (Identitätsthese) war oder ob es sich um etwas gänzlich Neues handelt. Stellt man auf den Willen der Beteiligten ab,[33] so wird man von letzterem ausgehen müssen.
Dieser neu gegründete Staat besteht – jedenfalls nach überwiegender Ansicht – bis heute fort. Zwar wurde er seit 1871 mehrfach – zunächst durch die Novemberrevolution 1918, später durch den Erlass des Grundgesetzes 1949 – auf eine neue Grundlage gestellt. Dennoch ist die Bundesrepublik Deutschland der selbe Staat wie das im Jahr 1871 gegründete Reich.[34] Deshalb übernimmt die Bundesrepublik Deutschland auch rechtliche Verantwortung für die Verbrechen, die im Namen des Deutschen Reichs begangen wurden.[35]
D. Verfassungsentwicklung nach 1871
[Bearbeiten]I. Die Verfassung des deutschen Reichs
[Bearbeiten]Wenige Wochen nach der Gründung des Reichs wurden seine vielfachen Rechtsgrundlagen zu einer einheitlichen Verfassungsurkunde, der Verfassung des Deutschen Reiches vom 16.4.1871 zusammengefasst. Es handelte sich um ein reines Organisationsstatut, das lediglich festlegte, welche Organe im neu geschaffenen Staat wie Entscheidungen treffen sollten.
Wie schon im Norddeutschen Bund gab es neben dem nationalen Parlament (Reichstag) den Bundesrat, in dem Vertreter der Gliedstaaten saßen, sowie das Präsidium. Letzteres stand dem preußischen König zu, der den Namen 'Deutscher Kaiser' führte. Das Amt des Reichskanzlers war – auch insoweit in Kontinuität zum Norddeutschen Bund – nicht als eigenständiges Verfassungsorgan ausgestaltet, sondern wurde vielmehr uneigenständig im Abschnitt über das Präsidium behandelt.
Dieser Verfassungsstruktur ließ sich kein einheitliches legitimatorisches Konzept entnehmen. Aufgrund Teilhabe des Parlaments auf Reichsebene, insbesondere im Bereich der Gesetzgebung, kann die Staatsgewalt nicht mehr (allein) auf die Herrscher der Gliedstaaten und das monarchische Prinzip zurückgeführt werden. Andererseits liegt es wegen der starken Rolle von Bundesrat und Kaiser fern, das Reich als parlamentarische Demokratie einzuordnen. Der Begriff der „eingeschränkten Monarchie"[36] bringt das Übergewicht monarchischer Elemente bei insgesamt ungeklärter legitimatorischer Grundlage treffend zum Ausdruck.
Das deutsche Reich war zudem weiterhin ein Bundesstaat. Hierbei wohnte der Reichsverfassung aber ein deutliches Übergewicht Preußens inne. Nicht nur war das Kaiseramt dem preußischen König vorbehalten; auch das Amt des Reichskanzlers wurde stets mit Preußen besetzt. Zudem hatte Preußen eine Sperrminorität im Bundesrat inne. Diese Hegemonie wirkte sich zunehmend auch kulturell aus: Die Einwohner Preußens legten zunehmend arrogante Verhaltensweisen gegenüber den Bürger:innen anderer Gliedstaaten an den Tag. Außerdem wurden Verhaltensweisen, die als „typisch preußisch" galten, immer überspitzter ausgelebt, was nicht zuletzt zu einer – folgenreichen – Militarisierung der Bevölkerung führte.
Die Reichsverfassung von 1871 wies bereits wesentliche Parallelen zur heutigen Verfassungsordnung auf. Nicht nur entspricht das föderale Konzept – von der Hegemonie Preußens einmal abgesehen – in vielen Punkten der heutigen bundesstaatlichen Struktur des Grundgesetzes. Mit den drei Verfassungsorganen Reichstag, Bundesrat und Reichspräsidium, sowie dem Amt des Kanzlers war auch schon der Grundstein für die heutigen Verfassungsorgane Bundestag, Bundesrat, Bundespräsident:in und Bundesregierung gelegt. Neben kleineren Abweichungen im Einzelnen gibt es aber auch entscheidende Unterschiede zwischen der Verfassung von 1871 und dem Grundgesetz. Ein Reichsgericht (als Vorläufer des BVerfG) sah die Verfassung noch nicht vor. Auch inhaltliche Vorgaben, etwa in Form eines Grundrechtskatalogs, waren der Reichsverfassung fremd. Damit blieb die Verfassung (aus heutiger Sicht) weit hinter dem zurück, was die Paulskirchenverfassung von 1848 vorgesehen hatte.
II. Verfassungsentwicklung unter Bismarck
[Bearbeiten]Die Reichsverfassung war wesentlich von Bismarck geprägt worden. Man bezeichnet sie deshalb auch als „Bismarck'sche Reichsverfassung". Als Reichskanzler sollte Bismarck dann auch die Geschicke des neuen Staates prägen.
Obwohl der Reichskanzler in der Verfassung gerade nicht als eigenständiges Verfassungsorgan, sondern uneigenständig im Abschnitt über das Reichspräsidium geregelt war, gab Reichskanzler Bismarck – jedenfalls zu Beginn – den Ton an. Er verhinderte nicht nur eine Vormachtstellung des Bundesrates, sondern stellte sich auch dem Herausbilden parlamentarischer Regierungsstrukturen entgegen. Mit der Zeit musste er allerdings neben sich sog. Staatssekretäre dulden, die in bestimmten Fachgebieten weitreichende Kompetenzen hatten. So entwickelte sich das Regierungssystem im Laufe der Zeit de facto zu einem kollegialen Regierungssystem unter Führung Bismarcks.[37]
Die Politik Bismarcks lässt sich mit dem bekannten Begriffspaar Zuckerbrot und Peitsche gut beschreiben. Einerseits trug Bismarck liberalen und sozialen Belangen in seiner Politik durchaus Rechnung. Zu nennen ist hier insbesondere die Einführung der Sozialversicherung (1883 - 1889). Andererseits ging er mit aller Härte gegen „Reichsfeinde" vor. Zu Beginn seiner Regentschaft waren dies vor allem Katholik:innen, die Bismarck mit einem sog. Kulturkampf überzog. Ab dem konservativen Machtwechsel des Jahres 1878 wendete er sich aber in erster Linie gegen die Sozialdemokraten, deren Vereinigungen durch die Sozialistengesetze (1878) verboten wurden. Doch auch andere Gruppen hatten unter der Regentschaft Bismarcks zu leiden. Außenpolitisch nahm Bismarck eifrig am Wettbewerb der europäischen Mächte um die Vormachtstellung teil.[38] Nicht nur annektierte er im Jahr 1871 Elsaß-Lothringen; er war auch – wenngleich kein überzeugter Anhänger des Imperialismus – Geburtshelfer des deutschen Kolonialreichs.[39] Hierdurch breitete sich in der Bevölkerung zunehmend ein Nationalismus und Militarismus aus, die mit Fremdenfeindlichkeit und – insbesondere in Ostpreußen – offenem Antisemitismus einhergingen.
III. Verfassungsentwicklung unter Kaiser Wilhelm II.
[Bearbeiten]Doch die starke Stellung des Reichskanzlers sollte sich ändern, als im Dreikaiserjahr 1888 der neue Kaiser Wilhelm II. seine Regentschaft antrat. Anders als sein Großvater Wilhelm I. legte Wilhelm II. wert darauf, das Land selbst zu regieren. Er wollte „sein eigener Minister und Kanzler sein."[40] Dieses gewandelte Selbstverständnis des Monarchen führte im März 1890 zur Entlassung Bismarcks.
Tatsächlich konnte der Kaiser seinen Selbstregierungsanspruch aber nicht verwirklichen. Nach dem Rücktritt Bismarcks gab es zwar keinen „starken Mann im Kanzleramt" mehr; vielmehr setzte sich zunehmend ein Regieren der Reichsleitung (Kanzler und Staatssekretäre) als Kollegialorgan durch. Vor allem aber nahm der Einfluss des Parlaments zu. Nicht nur kam es zur Jahrhundertwende zu wegweisenden Kodifikationen; insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) trat zu dieser Zeit in Kraft. Es kam auch zu einer faktischen Abhängigkeit der Reichsleitung vom Parlament. So wurden zunehmend Absprachen zwischen Parlamentsfraktionen und der Regierung abgeschlossen. 1913 wurde sogar die Möglichkeit eingeführt, Regierungshandeln parlamentarisch zu missbilligen. Zwar wurde ein parlamentarisches Regierungssystem, in dem die Regierung von der Unterstützung der Parlamentsmehrheit abhängt, noch nicht förmlich eingeführt. Dennoch war von einer faktischen „Parlamentarisierung der Reichsleitung“[41] die Rede.
IV. Verfassungsentwicklung im ersten Weltkrieg
[Bearbeiten]Zur formellen Parlamentarisierung des Regierungssystems kam es erst, als sich gen Ende des Ersten Weltkriegs, im Oktober 1918, eine Kriegsniederlage abzeichnete (Oktoberreformen). Das Parlament trat so an die Spitze des Staates. Praktische Auswirkungen sollte dies zwar nicht mehr haben, wohl aber symbolische: Einerseits wurde den (demokratischen) Kriegsgegnern der Reformwille der Herrschenden unter Beweis gestellt. Andererseits übernahm das Parlament so nicht nur die Verantwortung für das gesamte Regierungshandeln, sondern auch die für den verlorenen Krieg. Diese Verschiebung der Verantwortung sollte für die weitere Entwicklung in Deutschland (tragische) Relevanz erlangen.
E. Die Weimarer Republik
[Bearbeiten]I. Entstehung der Weimarer Republik
[Bearbeiten]Zunächst aber überschlugen sich die Ereignisse. Als in Kiel und Wilhelmshafen der Marine trotz militärischer Chancenlosigkeit das Auslaufen befohlen wurde, kam es zur Meuterei (Matrosenaufstand vom 29.10.1918). Hiervon ausgehend brach in Deutschland die Novemberrevolution los, die den Kaiser am 9. November zum Abdanken zwang. Am selben Tag kam es nicht nur zu einem Austausch der Regierung, sondern – gleich doppelt – zu einem Wechsel der Staatsform. Kurz nachdem Philipp Scheidemann vom Reichstag die Republik ausgerufen hatte, tat es ihm Karl Liebknecht vom Balkon des Berliner Stadtschlosses gleich. Der 9.11. kennzeichnet also den Tag, an dem die Ära der Monarchie in Deutschland endete.
Der 9.11. scheint für Deutschland generell ein bedeutsames Datum zu sein. Man bezeichnet ihn daher landläufig auch als 'Schicksalstag der Deutschen'. Zahlreiche wichtige Ereignisse fielen auf diesen Tag: Neben der Ausrufung der Republik im Jahr 1918 fielen die Hinrichtung Norbert Blums, eines Anführers der Märzrevolution im Jahr 1848, die „Reichspogromnacht“ des Jahres 1938, sowie der Mauerfall im Jahr 1989 auf den 9. November.
II. Der Weg zur Weimarer Reichsverfassung
[Bearbeiten]Am 9.11.1918 riefen Liebknecht und Scheidemann zwar übereinstimmend eine „Republik" aus. Sie verbanden hiermit aber ganz verschiedene Vorstellungen. Während Liebknecht, Mitglied der sozialistischen „Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands" (USPD) und späterer Mitgründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), eine Räterepublik nach dem Vorbild Russlands vor Augen hatte, schwebte dem SPD-Mitglied Scheidemann eine parlamentarische Republik nach westlichem Vorbild vor.
Zunächst konnten die Meinungsverschiedenheiten beigelegt werden; im „Rat der Volksbeauftragten" übernahmen SPD und USPD unter Leitung Friedrich Eberts gemeinsam die Regierungsgeschäfte. In diesem Gremium wurden auch wichtige Weichen für die spätere Verfassungsordnung gestellt, indem eine Reihe von Grundrechten garantiert und ein allgemeines, freies und gleiches Wahlrecht implementiert wurde, das erstmals auch für Frauen galt. Bald aber nahm die Spaltung der revolutionären Kräfte ihren Lauf. Den Konflikt konnte die SPD für sich entscheiden. Die radikalere Forderung nach einer Räterepublik konnte weder friedlich – auf dem Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte –, noch gewaltvoll – durch den Spartakus-Aufstand des Jahres 1919 – durchgesetzt werden. Vielmehr war es die SPD, die im Januar 1919 als stärkste Kraft aus den Wahlen zur Nationalversammlung hervorging. Sie konnte dementsprechend den sich anschließenden Verfassungsgebungsprozess entscheidend prägen.
III. Die Weimarer Reichsverfassung
[Bearbeiten]In somancher Hinsicht knüpfte die WRV an die bisherige Verfassungskultur Deutschlands an. So wurde die föderale Tradition Deutschlands fortgeführt, wenngleich die Stellung der Länder und vor allem die Hegemonie Preußens abgeschwächt wurde. Andererseits brachte die WRV auch entscheidende Neuerungen, für die vielfach die Paulskirchenverfassung als Vorbild diente.[42]
Prägend war Art. 1 der WRV, der die Staatsform der Republik und die Volkssouveränität als legitimatorische Grundlage festgeschrieb. Die neue Verfassung etablierte – mit Einschränkungen – ein parlamentarisches Regierungssystem, indem auch politische Parteien eine gewichtige Rolle einzunehmen begannen. Neben dem Parlament kam aber auch dem Reichspräsidenten, der direkt vom Volk gewählt wurde, eine erhebliche Macht zu. Zudem wurde die Reichsregierung erstmals als Verfassungsorgan etabliert. Von grundlegenderer Bedeutung ist auch die Einrichtung eines Staatsgerichtshofs, wenngleich dessen Bedeutung weit hinter der des heutigen BVerfG zurückblieb. Zuletzt ist als entscheidende Neuerung gegenüber 1871 der umfassende Grundrechtekatalog hervorzuheben, der auch soziale Grundrechte enthielt.
Die rechtliche Verbindlichkeit der Grundrechte unter der WRV kann – entgegen landläufiger Überzeugung – nicht generell abgelehnt werden[43]. Vielmehr hing der Grad der Verbindlichkeit vom jeweiligen Grundrecht ab [44] Die im Vergleich zum Grundgesetz schwächere Wirkkraft der Grundrechte in der Weimarer Republik lässt sich daher nicht mit der fehlenden Rechtsverbindlichkeit der Grundrechte, sondern vielmehr mit der schwächer ausgestalteten Verfassungsgerichtsbarkeit, insbesondere mit dem Fehlen einer Verfassungsbeschwerdemöglichkeit begründen.[45]
IV. Das Scheitern Weimars
[Bearbeiten]Doch die erste Republik Deutschlands sollte nicht lange währen. Keine 14 Jahre dauerte es, bis die Nationalsozialisten durch ihre „legale Revolution“ an die Macht kamen. Vielfach wurde das Scheitern der Weimarer Republik auf (vermeintliche) Konstruktionsfehler der Verfassung zurückgeführt.
Und tatsächlich erweisen sich die Vorwürfe gegen die WRV (jedenfalls teilweise) als stichhaltig.
- Nicht halten lässt sich zwar die These, die direktdemokratischen Elemente hätten zum Scheitern der WRV geführt.[46] In der Weimarer Republik kam es gerade einmal zu 8 Volksabstimmungen, von denen die meisten schon an der ersten Hürde scheiterten. Hiermit kann der Untergang der Republik nicht begründet werden.
- Eine tatsächliche Schwäche der Verfassung kann aber darin gesehen werden, dass sie zur Instabilität der Regierungsverhältnisse beitrug. Im Ausgangspunkt waren mit dem parlamentarischen Regierungssystem zwar die Voraussetzungen für eine handlungsfähige Regierung geschaffen. Allerdings erlaubte die Verfassung ein sog. destruktives Misstrauensvotum, bei dem die bisherige Regierung aus dem Amt gehoben wird ohne dass eine neue bestimmt wird. Die zahlreichen Misstrauensvoten gegenüber Regierungen, deren Nachfolge ungeklärt war, trugen zu einer erheblichen Instabilität des Regierungssystems bei.[47]
- Die zentrale Schwachstelle der Verfassung lag in der Vormachtstellung des Reichspräsidenten.[48] Der Reichspräsident war nicht nur befugt, das Parlament nach eigenem Belieben aufzulösen. Art. 48 Abs. 2 WRV („Der Reichspräsident kann (…) die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen") verlieh ihm zudem quasi-diktatorische Notbefugnisse. Die Möglichkeit, das Parlament aufzulösen und die inhaltlichen Entscheidungen selbst zu treffen, ermöglichte es dem Reichspräsidenten, das Parlament mehr und mehr zurückzudrängen und gen Ende der Weimarer Republik sogar an diesem vorbeizuregieren.
Doch auch wenn es zutrifft, dass die WRV einige Mängel aufwies, so ist es doch nicht richtig, diese allein als verantwortlich für das Scheitern der Republik zu benennen. Eine monokausale Erklärung greift zu kurz; vielmehr spielten neben den Schwächen der Verfassung auch die wirtschaftliche Lage, außenpolitische Krisen und sogar schliches Pech (wie der frühe Tod des sozialdemokratischen Reichspräsidenten Ebert und des erfolgreichen Außenministers Stresemann) eine Rolle. [49] Der wohl entscheidendste Faktor aber war der fehlende Rückhalt der Verfassung in der Bevölkerung und bei den politischen Eliten.[50] Mit Reichspräsident von Hindenburg wurde die Republik ab 1925 von einem Mann geleitet, der sich zwar formell an die Verfassung gebunden fühlte, innerlich aber ein Anhänger der Kaiserzeit war.[51] Hinzu kamen die politischen Parteien, durch die das politische System von links und von rechts unter Druck gesetzt wurde. Der Beamtenapparat, der sich überwiegend nicht mit der jungen Republik identifizierte, tat sein Übriges.
Damit soll freilich nicht gesagt werden, dass die Weimarer Reichsverfassung von Anfang an zum Scheitert verurteilt war. Nach einer ersten schwierigen Phase (1919 - 1923), die u.a. von Hyperinflation, dem als ungerecht empfundenen Versailler Vertrag und der aufkeimenden „Dolchstoßlegende“ geprägt war, stabilisierten sich die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Mitte der 20er Jahre zunächst. Doch als 1929 die weltweite Wirtschaftskrise wirtschaftlichen Abschwung brachte, erlangten die politischen Ränder wieder mehr Zulauf. Damit hatte die letzte Phase der Weimarer Republik begonnen.
In dieser Endphase traten die Konstruktionsfehler der Weimarer Reichsverfassung deutlich zu Tage. Das parlamentarische System, nach dem die Regierung vom Vertrauen des Parlaments abhängig ist, wurde durch die Praxis der Präsidialkabinette ausgehöhlt: Reichspräsident von Hindenburg setzte mit Brüning, von Papen und von Schleicher Reichskanzler ein, die keine Mehrheit im Parlament hinter sich hatten. Die Regentschaft dieser Präsidialkabinette war nur deshalb möglich, weil der Reichspräsident von seiner in Art. 48 Abs. 2 WRV vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machte, sog. „Notverordnungen" zu erlassen. Hierdurch wurde die parlamentarische Gesetzgebung obsolet. Zwar sah Art. 48 Abs. 3 WRV vor, dass derlei Notverordnungen vom Parlament außer Kraft gesetzt werden konnten. Dem konnte der Reichspräsident aber dadurch entgehen, dass er das Parlament auflöste und Neuwahlen ansetzte. Auf diese Weise wurde die Bedeutung des Parlaments in den Jahren 1930 bis 1932 immer weiter zurückgedrängt.[52] Aus heutiger Sicht kann bezweifelt werden, ob die Praxis der 'Präsidialkabinette' wirklich von der WRV gedeckt war.[53] Auch schon zu Zeiten der Weimarer Republik wurde dies in Frage gestellt.[54] Insoweit kann die Entwicklung nicht nur auf Konstruktionsfehler der Verfassung zurückgeführt werden; auch die fehlende Verfassungskultur der beteiligten Staatsorgane (und der Staatsrechtswissenschaft) spielte eine Rolle.[55]
Die fehlende Verfassungskultur, vor allem die fehlende verfassungsgerichtliche Kontrolle zeigte sich auch beim sog. Preußenschlag des Jahres 1932. Hier wurde – ebenfalls gestützt auf Art. 48 Abs. 2 WRV – die SPD-geführte Regierung Preußens durch die Reichsregierung ersetzt. Der hiergegen angerufene Staatsgerichtshof des Deutschen Reiches entschied dass das Vorgehen – mit einigen Einschränkungen – im Grunde rechtmäßig gewesen sei. Damit war die letzte Bastion der Opposition gefallen. Wenige Tage nach dem Preußenschlag zog die NSDAP mit 37,4 % der Stimmen als stärkste Kraft in den Reichstag ein. Das Verlangen Hitlers, Reichskanzler zu werden, wurde von Hindenburg zwar zunächst zurückgewiesen. Die stattdessen eingesetzte Reichsregierung unter Papen scheiterte allerdings nach knapp zwei Monaten. „Der Weg zu Hitler war frei".[56]
F. Die deutsche Katastrophe: Der NS-Staat
[Bearbeiten]I. Hitlers Weg zur Macht
[Bearbeiten]So kam es, dass Adolf Hitler am 30.1.1933 zum Reichskanzler ernannt wurde. Binnen kürzester Zeit gelang es ihm und seiner Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter Partei (NSDAP), eine diktatorische Herrschaft zu etablieren, die allein auf die Figur des „Führers“ zugeschnitten war. Während die historischen Entwicklungen bis zum Jahr 1933, die in den letzten Kapiteln beschrieben wurden (Konstitutionalisierung, nationale Einigung, Parlamentarisierung etc.), vielfach als Vorbild für das Grundgesetz gedient haben, kann die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft einzig und allein als abschreckendes Negativ-Beispiel gesehen werden. Das Grundgesetz ist daher der Gegenentwurf zum nationalsozialistischen Terror.[57]
Zahlreiche Verfassungsbestimmungen des Grundgesetzes stehen vor dem Hintergrund der historischen Erfahrung der NS-Herrschaft. An entsprechenden Stellen empfiehlt es sich, diesen historischen Hintergrund auch in die Klausur-Bearbeitung einzuarbeiten. Auf diese Weise kann die Bedeutung der betreffenden Verfassungsentscheidung unterstrichen werden. Zu den Grundentscheidungen des Grundgesetzes, die als Antwort auf die Gräueltaten der Nationalsozialisten bzw. auf die Schwächen der WRV zu verstehen sind, gehören:
- Die Entscheidung des Art. 79 III GG (sog. Ewigkeitsgarantie), einige Verfassungsgrundsätze für unverhandelbar zu erklären. Art. 79 III GG ist eine direkte Reaktion auf die von den Nationalsozialisten betriebene Aushöhlung der bestehenden Verfassungsordnung. Wenn daher in der Klausur ein zu prüfendes Gesetz Ähnlichkeiten etwa zum sog. Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten aufweist,[58] muss auf den historischen Hintergrund des Art. 79 III GG eingegangen werden.
- Die schwache Stellung der Bundespräsident:innen im Vergleich zum Reichspräsidenten der WRV. Bundespräsident:innen werden nach dem Grundgesetz nicht mehr direkt vom Volk, sondern von der Bundesversammlung gewählt. Mit dieser geringeren demokratischen Legitimation korrespondieren geringere Befugnisse: Das Notverordnungsrecht des Art. 48 II WRV wurde ersatzlos gestrichen. Auch bei der Ernennung der Bundeskanzler:innen und Minister:innen spielen die Präsident:innen eine untergeordnete Rolle. Insgesamt wird den Bundespräsident:innen vom Grundgesetz eine im Vergleich zur WRV neutrale Rolle zugemessen, was insbesondere beim „Klassiker-Streit" um das materielle Prüfungsrecht von Bundespräsident:innen bei der Ausfertigung von Gesetzen eine Rolle spielt.
- Die Betonung der Regierungsstabilität als verfassungsrechtlicher Idealzustand. Das Grundgesetz kennt mit der Vertrauensfrage ein Instrument, das die (Wieder-)Herstellung von Regierungsstabilität ermöglichen soll. Auch die Beschränkung auf konstruktive Misstrauensvoten steht vor dem Hintergrund der Instabilität des Weimarer Regierungssystems. Die historische Entwicklung ist daher von Bedeutung für die Auslegung der Art. 67 f. GG (insbesondere beim Streit um die Zulässigkeit sog. unechter Vertrauensfragen).
- Auch im Rahmen der Grundrechts-Prüfung kann die historische Erfahrung des NS-Regimes eine Rolle spielen. So ist etwa die Verbürgung der „Menschenwürde" als „unantastbar[es]" Grundrecht eine unmittelbare Reaktion auf das von den Nationalsozialisten begangene Unrecht. Sie bringt zum Ausdruck, dass – anders als im NS-Staat („Du bist nichts, dein Volk ist alles!") – nicht der einzelne für den Staat, sondern der Staat für das Individuum da ist. Unwürdige Behandlungen, die mit denen der Nationalsozialisten vergleichbar sind, sollen durch die Vorschrift ausgeschlossen werden. Die NS-Erfahrung kann u.U. aber auch zur Beschränkung der Grundrechte herangezogen werden. So hat das BVerfG entschieden, dass der Straftatbestand der Holocaust-Leugnung (§ 130 III StGB) verfassungskonform ist, weil das Grundgesetz einen Gegenentwurf zum NS-Staat darstellt.[59]
Um die absolute Herrschaft über Deutschland erlangen zu können, musste die geltende Verfassungsordnung außer Kraft gesetzt werden. Dies gelang den Nationalsozialisten, indem sie zunächst die Presse, später das Parlament, sodann die einzelnen Länder des Reiches und zuletzt die Zivilgesellschaft unter ihre Kontrolle brachten. Von entscheidender Bedeutung waren einerseits die sog. Schubladen-, andererseits die sog. Reichstagsbrandverordnung, durch die schon im Frühjahr 1933 wesentliche politische Grundrechte außer Kraft gesetzt wurden, andererseits das sog. Ermächtigungsgesetz, welches der Reichsregierung das Recht einräumte, Gesetze zu erlassen und die Verfassung zu ändern. Mit diesem Ermächtigungsgesetz war das parlamentarische Regierungssystem faktisch wieder abgeschafft. Hinzu kamen schließlich die sog. Gleichschaltungsgesetze, die die Regierungen der Reichsländer unter nationalsozialistische Kontrolle brachten. Als im August 1934 schließlich die Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten in der Person Hitlers vereint wurden, war die Machtübernahme vollbracht.
Der Prozess des nationalsozialistischen Machtausbaus wurde von der nationalsozialistischen Propaganda zwar als „legale“ und „nationale“ Revolution und als „Machtergreifung“ bezeichnet. Tatsächlich ist aber keine dieser Beschreibungen zutreffend. Das Vorgehen der Nationalsozialisten bewegte sich weder im Rahmen des geltenden Rechts,[60] noch wusste die NSDAP die Mehrheit der Deutschen hinter sich.[61] Auch die Bezeichnung als „Machtergreifung“ erweckt den Eindruck, als habe die NSDAP die Macht (gewaltsam) an sich gerissen. Tatsächlich handelte es sich vor allem zu Beginn der Regentschaft Hitlers eher um eine Übergabe der Macht an die NSDAP.[62] Einzig die SPD und – vor der Inhaftierung zahlreicher Abgeordneter – auch die KPD leisteten aktiven Widerstand. So ließ der Fraktionsführer der Sozialdemokraten, Otto Wels, am 24.3.1933 in der Krolloper verlauten: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen – die Ehre nicht!"[63]
II. Die nationalsozialistische Terrorherrschaft
[Bearbeiten]Nach welchen Rechtsregeln das von den Nationalsozialisten geschaffene „Dritte Reich" operierte, ist bis heute nicht abschließend geklärt.
Verbreitet ist die Beschreibung als „Doppelstaat", in dem rechtsförmige Handlungen eines „Normenstaates“ (Gerichtsurteile, Gesetze etc.) und willkürliche Akte eines „Maßnahmestaats“ nebeneinander standen.[64] Tatsächlich lässt die Herrschaftsrealität im „dritten Reich" die Trennung zwischen Willkür und rechtsförmigem Staatshandeln aber kaum zu; das Wort des 'Führers' war Gesetz.[65]
Fest steht aber, dass dem nationalsozialistischen Staat die Rassenideologie zugrunde lag, nach der die „nordisch-arische Herrenrasse“ in einem ewigen „Rassenkampf" stünde. Diese Grundüberzeugung machte es notwendig, das Volk als Ausgangspunkt jedes politischen Handelns zu machen („Du bist nichts, dein Volk ist alles"). Die politische Herrschaft war geprägt vom Gedanken der „Volksgemeinschaft". Dieses Bild eines homogenen „Volkskörpers" machte jede Beschränkung staatlicher Befugnisse obsolet; es legte vielmehr die Grundlage für ein zweites zentrales Prinzip, das den nationalsozialistischen Staat prägte: Das Führerprinzip. Hiernach war der „Führer" Adolf Hitler Inhaber einer Gewalt, die über Staat und Verfassung stand und durch nichts beschränkt war. Hitler beanspruchte Gehorsam gegenüber allen staatlichen und gesellschaftlichen Kräften. Sein Wort war Gesetz.[66] Ergebnis dieses Systems waren unvorstellbare Gräueltaten wie die „Euthanasieaktionen", bei denen Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung ermordet wurden oder der Holocaust, dem rund sechs Millionen Juden zum Opfer fielen. Am Ende der nationalsozialistischen Herrschaft lag nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa infolge des 2. Weltkriegs in Trümmern.
G. Verfassungsentwicklung nach dem zweiten Weltkrieg
[Bearbeiten]Nach dem Zusammenbruch der deutschen Staatlichkeit im Jahr 1945 war die Zukunft des deutschen Staates zunächst ungewiss. Da das Deutsche Reich keine Staatsgewalt mehr ausüben konnte, war nicht einmal klar, ob es überhaupt noch einen deutschen Staat gab.[67] Jedenfalls lag die Zukunft Deutschlands nach der bedingungslosen Kapitulation gänzlich in den Händen der Alliierten, die Deutschland ab 1945 besetzten.
Doch auch diese fanden keine klare Antwort auf die Frage nach der Zukunft Deutschlands. Nachdem auf der Konferenz von Jalta (1945) zunächst noch die „Zerstückelung" Deutschlands in mehrere kleine Staaten beschlossen worden war, gingen die Alliierten nach Kriegsende bald dazu über, Deutschland als einheitlichen Staat in vier Besatzungszonen zu organisieren. In diesen Besatzungszonen vollzogen sich auch die ersten Schritte des staatlichen Wiederaufbaus. So wurden zunächst auf lokaler Ebene Bürgermeister eingesetzt. Bald wurden auch die späteren Bundesländer mit modernen Verfassungen ausgestattet, die allerdings stets unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Besatzungsmächte standen. Generell lässt sich sagen, dass die Besatzungsmächte nach dem Krieg die Staatsgewalt in der Bundesrepublik innehatten; daran hat sich auch mit Erlass des Grundgesetzes zunächst nichts geändert.[68] Seine vollständige Souveränität sollte Deutschland erst mit dem Vier-Plus-Zwei-Vertrag des Jahres 1990 zurückerlangen. Doch schon vorher war die Souveränität – mit Ausnahme einiger Vorrechte der Besatzungsmächte, von denen mit der Zeit immer zurückhaltender Gebrauch gemacht wurde – mit dem Deutschlandvertrag des Jahres 1952 weitgehend zurückerlangt worden.[69] Die Gründung des west-deutschen Staates aber erfolgte schon im Jahr 1949.
Der eskalierende Ost-West-Konflikt führte dazu, dass sich die West-Alliierten (USA, Vereinigtes Königreich, Frankreich) im Sommer 1948 darauf einigten, in ihren Besatzungszonen einen „West-Staat" gründen zu lassen. Sie machten zwar einige Vorgaben über die Verfassung des zu gründenden Staates – es musste sich um einen demokratischen und föderalen Verfassungsstaat handeln. Im Übrigen legten sie den Inhalt der Verfassung aber in die Hand des Verfassungskonvents.
So wurde denn auch im Herbst 1948 auf der Herreninsel des Chiemsees ein beratender Verfassungskonvent abgehalten, der einen Entwurf für die spätere Verfassung enthielt ('Herrenchiemseekonvent'). Hierauf aufbauend tagte vom 1. September 1948 bis Mai 1949 der 'Parlamentarische Rat' als verfassungsgebende Versammlung.
Die Verhandlungen des Parlamentarischen Rats waren von einer Patt-Situation der großen Parteien (SPD und CDU) geprägt. Beide stellten gleich viele Mitglieder. Dies ist ein entscheidender Grund für die juristische Nüchternheit des Grundgesetzes und dafür, dass entscheidende Fragen (etwa solche über das Wirtschaftssystem der Bundesrepublik) vom Grundgesetz unbeantwortet bleiben und in die Hände des Gesetzgebers gegeben werden. Viele der Männer, die die Geschicke der Bundesrepublik prägen sollten, waren schon Mitglieder des Parlamentarischen Rates – dazu gehörten der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer und der erste Bundespräsident Theodor Heuss. Häufig vergessen wurde in der Nachkriegszeit aber, dass mit Friederike Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel auch vier „Mütter des Grundgesetzes" im Parlamentarischen Rat vertreten waren. Die Vorschrift des Art. 3 II 1 GG („Männer und Frauen sind gleichberechtigt") wurde gegen den Widerstand zahlreicher männlicher Abgeordneter von Selbert durchgesetzt.
Am 23.5.1949 trat das Grundgesetz – die Bezeichnung als „Verfassung" mied man bewusst, um den (nur west-)deutschen Staat als Übergangserscheinung zu kennzeichnen – in Kraft, nachdem die alliierten Besatzungsmächte einige Vorbehalte durchgesetzt und nachdem mit Ausnahme des bayerischen alle Landesparlamente zugestimmt hatten. Kurz darauf konstituierten sich die bundesrepublikanischen Verfassungsorgane (Bundestag, Bundesrat, Bundespräsident:in und Bundesregierung; das Bundesverfassungsgericht trat erst 1951 erstmals zusammen). Die Bundesrepublik Deutschland in ihrer heutigen Form war ins Leben getreten.
Angesichts dieser Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes wird immer wieder über die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland gestritten. Gegen die Legitimität wird der Einfluss der Besatzungsmächte auf den Prozess der Verfassungsgebung angeführt, sowie der Umstand, dass es kein Verfassungsreferendum gab. Insoweit ist tatsächlich zuzugeben, dass der Erlass des Grundgesetzes nicht über jeden legitimatorischen Zweifel erhaben ist. Dies ändert gleichwohl nichts an der Legitimität des deutschen Staates und seiner Verfassung. Die Legitimität einer Verfassungsordnung kann nicht (nur) an den Umständen der Gründung festgemacht werden – tatsächlich kommen wohl die meisten Verfassungsordnungen unter „illegitimen" Umständen (Revolution, Krieg etc.) zustande.[70] Entscheidender Gradmesser ist die Akzeptanz der Verfassungsordnung in der Bevölkerung.[71] Insoweit legt die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen in der Bundesrepublik Deutschland, sowie die feste Verfassungskultur ein deutliches Zeugnis über die Akzeptanz und Legitimität der Verfassungsordnung des Grundgesetzes ab.[72]
Auch der Vergleich mit dem kurze Zeit später gegründeten ost-deutschen Staat (DDR), der weder über freie Wahlen, noch über eine intakte Verfassungskultur verfügte und schließlich im Jahr 1989 durch die „friedliche Revolution" zu Fall gebracht wurde, bekräftigt die Legitimität der west-deutschen Verfassungsordnung. Zwar verfügte auch die DDR über eine Verfassung, die – jedenfalls dem Wortlaut nach – an die Verfassungskultur der Weimarer Verfassung anknüpfte.[73] Im „real-existierenden Sozialismus" konnte die Verfassung sich aber nicht behaupten, sondern diente i.e.L. als (Schein-)Legitimation der DDR.[74]
Das Grundgesetzt knüpft in vielerlei Hinsicht an die lange Tradition deutscher Staatlichkeit an. Es greift die rechtsstaatlichen Verbürgungen auf, die im 19. Jahrhundert erkämpft wurden, schreibt die föderale Geschichte Deutschlands fort, die bis in die Zeit des „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation" zurückreicht und führt das parlamentarische Regierungssystem wieder ein, das erstmals durch die Weimarer Reichsverfassung von 1918 implementiert wurde. Gleichzeitig zieht es entscheidende Lehren aus der Erfahrung des nationalsozialistischen Terrorregimes. Dies kommt schon in seiner ersten Vorschrift zum Ausdruck, die die „Würde des Menschen" für unantastbar erklärt und damit klarstellt, dass der Staat um des Menschen Willen da ist. Mit seiner Geltungsdauer von über 70 Jahren ist das Grundgesetz schon heute die am längsten währende Verfassung, die es in Deutschland je gab. Seit dem Beitritt der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zum Grundgesetz im Jahr 1990 handelt es sich auch wieder um eine gesamt-deutsche Verfassung. Der Schluss liegt nahe, dass sie auch die beste Verfassung ist, die Deutschland je hatte. Das sollte Motivation genug sein, die einzelnen Verbürgungen unserer Verfassung in den nächsten Kapiteln dieses Buchs näher kennenzulernen.
Weiterführende Studienliteratur
[Bearbeiten]- Thiele, Der konstiuierte Staat, 2021.
- Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Auflage 2021.
Zusammenfassung: Die wichtigsten Punkte
[Bearbeiten]- Die Verfassungsverbürgungen, die heute im Grundgesetz niedergeschrieben sind, sind Ergebnis einer langen Entwicklung. Der Stein, der das moderne Verfassungsdenken ist, geriet durch die US-amerikanische Unabhängigkeitserklärung und die französische Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts ins Rollen.
- In Deutschland sollte es lange dauern, bis die Werte von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten Anschluss fanden.
- Hierbei vollzog sich die Entwicklung mit dem Heiligen römischen Reich deutscher Nation und dem Deutschen Bund zunächst in losen Zusammenschlüssen zahlreicher Territorialstaaten. In diesen Territorialstaaten wurden mit den Staats- und Verwaltungsreformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts und dem Erlass erster Verfassungen aber wichtige Schritte in Richtung moderner Verfassungsstaatlichkeit genommen.
- Ein erster Versuch der nationalen Einigung unter einer liberalen Verfassung scheiterte 1849. Die damals ausgearbeitete Paulskirchenverfassung sollte das spätere Verfassungsdenken in Deutschland dennoch prägen.
- Mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde die nationale Einigung vollzogen. Mit der Bismarck'schen Reichsverfassung erging auch eine erste deutschlandweite Verfassung, die allerdings – anders als die Paulskirchenverfassung – nicht mehr den Geist des Liberalismus atmete.
- Nach dem ersten Weltkrieg entstand mit der Weimarer Republik (1918 - 1933) erstmals ein liberaler und demokratischer deutscher Staat, der aber allzu bald zugrunde ging.
- Er wich der nationalsozialistischen Diktatur, in der alle rechtsstaatlichen und demokratischen Errungenschaften der Vergangenheit zugunsten eines menschenverachtenden Unrechtsregimes aufgegeben wurden.
- Nach Ende des zweiten Weltkriegs kam es 1949 – nach einigen Jahren der Herrschaft durch die alliierten Besatzungsmächte – zum Erlass des Grundgesetzes und zur Etablierung der Bundesrepublik Deutschland in ihrer heutigen Form.
Fußnoten
[Bearbeiten]- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 4 Rn. 97.
- ↑ Pufendorf, De statu imperii Germanicii, 1667 (zit. nach Denzer [Hrsg.], Samuel von Pufendorf, Die Verfassung des Deutschen Reiches, 1994, S. 1999).
- ↑ Für eine präzisere Begriffsbestimmung des modernen Verfassungsbegriffs siehe Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 93 ff.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 4 Rn. 102.
- ↑ Welches Gewicht die Gesetzgebung im „Alten Reich“ hatte, wird heute unterschiedlich beurteilt, vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 4 Rn. 105 m.w.N.
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 127 f.
- ↑ Thiele, Der kostituierte Staat, 2021, S. 127. Zu einer Begriffsklärung des „Staats im modernen Sinn“ siehe auch S. 29 ff.
- ↑ Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 4 Rn. 113.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 5 Rn. 147.
- ↑ Huber, in: HbVerfR, 2021, § 6 Rn. 6.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 23 Rn. 908 f.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 5 Rn. 143.
- ↑ Volz (Hrsg.), Die Werke Friedrich des Großen, Bd. 7: Antimachiavell und Testamente, 1912, S. 118.
- ↑ Die Einordnung als älteste moderne Verfassung der Welt hängt natürlich vom Verständnis des Begriffs der „modernen Verfassung" ab. Die Einordnung folgt hier dem Verfassungsbegriffs Alexander Thieles (Der konstituierte Staat, 2021, S. 42 ff.), der – im Anschluss an Dieter Grimm (Deutsche Verfassungsgeschichte 1776 - 1866, 4. Auflage 2015, S. 12) – eine Verfassung darüber definiert, dass sie (1.) die staatliche Herrschaft erst begründet, (2.) dieselbe umfassend reguliert, (3.) universell gilt und (4.) autonom erlassen wurde.
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 115.
- ↑ Hierzu Heun, Der Staat 42 Nr. 2 (2003), 267 ff.
- ↑ Im Jahr 1812 verschwand etwa sein Rheinbund einfach von der Bildfläche, Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 6 Rn. 190.
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 157.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 7 Rn. 210.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 7 Rn. 245.
- ↑ Thiele, Der konstitutierte Staat, 2021, S. 187 ff.
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 193, 197.
- ↑ Vgl. Huster/Rux, in: BeckOK GG, 48. Ed. 15.8.2021, Art. 20 Rn. 172. 1.
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 199 ff.
- ↑ Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 11 Rn. 345.
- ↑ Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. II, 3. Aufl. 1986, S. 821.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 11 Rn. 335.
- ↑ So aber Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, 192
- ↑ O. von Bismarck, Rede vor dem Abgeordnetenhaus vom 27.1.1863, in: Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. II, 3. Aufl. 1986, Dokument Nr. 51, S. 55 (57).
- ↑ Hierzu Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 244 f. Die Bezeichnung als „Lückentheorie" ist hierbei allerdings nicht zutreffend, da mit dem monarchischen Prinzip gerade auf einen (vermeintlichen) Grundsatz der Verfassung und nicht auf ein außerrechtliches Prinzip zurückgegriffen wurde, vgl. Kaiser, Ausnahmeverfassungsrecht, 2020, S. 98
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 11 Rn. 333.
- ↑ Eingehend zu den verschiedenen Positionen Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 11 Rn. 334.
- ↑ So Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 256.
- ↑ BVerfG, Urt.v. 31.7.1973, Az.: 2 BvF 1/73 = BVerfGE 36, 1 (16); Waldhoff, JuS 2021, 289 (292).
- ↑ Waldhoff, JuS 2021, 289 (292).
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 13 Rn. 448.
- ↑ Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 14 Rn. 432, 466.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 14 Rn. 452.
- ↑ Zimmerer, APuZ 13/2015, 33 (35 f.).
- ↑ Huber, Verfassungsgeschichte IV, 2. Aufl. 1982, S. 330.
- ↑ So der gleichnamige Aufsatz von Anschütz, DJZ 1917, 697 ff.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 16 Rn. 517.
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 317 f.
- ↑ Dreier, APuZ 16-17/2019, 19 (22 ff.).
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 315.
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 319 f.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 16 Rn. 529.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 16 Rn. 532 ff.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 17 Rn. 570 ff.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 17 Rn. 573 ff.; vgl. auch Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 316 f.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 17 Rn. 552.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 17 Rn. 561.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 17 Rn. 560; Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 313. Art. 48 Abs. 2 WRV war als eng auszulegende Notstandsbefugnis des Präsidenten konzipiert. Eine weitreichende Parallelgesetzgebung am Parlament vorbei hätte auf sie nicht gestützt werden dürfen.
- ↑ Siehe Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 17 Rn. 560.
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 313.
- ↑ Willoweit/Schlinker, Verfassungsgeschichte, 8. Aufl. 2019, § 38 Rn. 24.
- ↑ BVerfG, Beschl. v. 4.11.2009, Az.: 1 BvR 2150/08 = BVerfGE 124, 300.
- ↑ Vgl. etwa den Fall „Klimanotstand" des „Hauptstadt-Fälle-Projekts der Freien Universität Berlin.
- ↑ BVerfG, Beschl. v. 4.11.2009, Az.: 1 BvR 2150/08 = BVerfGE 124, 300.
- ↑ Vgl. etwa für das Ermächtigungsgesetz Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 320 ff; H.A. Winkler, Der lange Weg nach Westen Bd. II, 1. Auflage 2000, S. 12 f.
- ↑ Tatsächlich konnten die Nationalsozialisten selbst im März 1933, als sie ihren Machtapparat schon weitgehend ausgebaut hatten, nur knapp 44 % der Stimmen gewinnen, vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 18 Rn. 602.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 18 Rn. 638.
- ↑ Vgl. etwa die Zusammenstellung der Friedrich-Ebert-Stiftung, https://www.fes.de/adsd50/otto-wels.
- ↑ Fraenkel, Der Doppelstaat, 2. Aufl. 2001.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 19 Rn. 644 f.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 19 Rn. 644.
- ↑ Zur Diskussion um den völkerrechtlichen Status des deutschen Reichs nach Ende des zweiten Weltkriegs siehe Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl- 2021, § 20 Rn. 697 ff.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 20 Rn. 728.
- ↑ Zum Ganzen Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 23 Rn. 846 ff.
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 76, 302
- ↑ Thiele, Der konstituierte Staat, 2021, S. 76.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 21 Rn. 797.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Auflage 2021, § 21 Rn. 804 sprechen von einer liberalen Verfassung mit starkem sozialistischen Einschlag.
- ↑ Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 19. Aufl. 2021, § 21 Rn. 808.