Gekommen um zu bleiben SV
Autor: Lars Wasnick
Schwierigkeitsgrad: Anfänger*innen/Fortgeschrittene
Lösungsvorschlag: Gekommen um zu bleiben
Sachverhalt
[Bearbeiten]Nach einer ganzen Weile kommt Bob Ende März 2022 wieder zu Ihnen in die Sprechstunde. Mit Ihrer Hilfe erlangte Bob die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 I AsylG, weiterhin besitzt er noch die pakistanische Staatsangehörigkeit. Den Asylantrag stellte er kurz nach seiner Einreise am 4.2.2019. Nach der erfolgreichen Verpflichtungsklage erteilte die zuständige Ausländerbehörde Bob am 23.11.2021 eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß §§ 25 II 1 Alt. 1, 26 I 2 AufenthG.
In der Zwischenzeit hat Bob eine Erwerbstätigkeit aufgenommen und finanziert sich seinen Lebensunterhalt mit seiner Arbeit vollständig selbst. Er nahm außerdem erfolgreich an einem Integrationstest teil und schloss diesen nachweislich bei einer hierfür zugelassenen Stelle insgesamt mit der Stufe B2 ab und erhielt vom BAMF daraufhin das „Zertifikat Integrationskurs“.
Bob möchte seinen Aufenthalt in Deutschland langfristig sichern und dauerhaft planen. Er möchte gerne eine Niederlassungserlaubnis bei der zuständigen Ausländerbehörde (ABH) beantragen, ist sich aber nicht ganz sicher, welche Voraussetzungen er alle erfüllen muss. Er habe aber mal gehört, dass es bereits möglich ist, nach drei Jahren eine solche Niederlassungserlaubnis zu erhalten.
Bearbeitungsvermerk:
Gehen Sie davon aus, dass der ABH keine Mitteilungen des BAMF für einen Widerruf oder eine Rücknahme der Flüchtlingsanerkennung vorliegen. Seine Niederlassungserlaubnis würde er gerne im April 2022 beantragen. Gehen Sie außerdem davon aus, dass Bob ohne ein erforderliches Visum eingereist ist.
Fallfrage
[Bearbeiten]Hat Bob einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis?
Abwandlung
[Bearbeiten]Ein paar Monate später erreicht Bob den Abschluss eines C1 Sprachniveautests und kommt nochmal zu Ihnen in die Sprechstunde. An der Sachlage zum Ausgangsfall hat sich sonst nichts geändert.
Allerdings lehnte die zuständige ABH seinen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ab. Grund hierfür sei, dass die Identität Bobs noch nicht geklärt sei, auch wenn er - was zutrifft - bisher nie über seine Identität getäuscht hat. Wie Bob Ihnen mitteilt, stimmt es, dass er ohne gültiges Reisedokument eingereist sei und noch immer keinen Pass besitze. Er zeigt Ihnen jedoch seinen "Reiseausweis für Flüchtlinge". Hierbei stellen sie fest, dass der Reiseausweis den Hinweis "Die angegebenen Personalien beruhen auf eigenen Angaben" enthält.
Bob führt weiter aus, dass es ihm als anerkannte geflüchtete Person nicht zumutbar sei, in der Botschaft seines Verfolgerstaates vorzusprechen.
Die ABH hingegen argumentiert, dass es ihm sehr wohl zumutbar sei, Kontakt zur Vertretung seines Heimatlandes aufzunehmen, es handle sich dabei lediglich um eine bürokratische Bagatelle, weshalb ihm kein Entzug der Flüchtlingseigenschaft drohe. Darüber hinaus sei es aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig und angemessen, dass seine Identität eindeutig und zweifelsfrei geklärt sei.
Im Wege Ihrer Recherche stoßen Sie auf ein Länderschreiben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) vom 12.08.2021. Das Länderanschreiben beinhaltet Anwendungshinweise für Ausländerbehörden zur Frage der Identitätsklärung für die Erteilung von Niederlassungserlaubnissen. Dabei erfolgt der Hinweis, dass das behördliche Ermessen im Fall einer Identitätsklärung in der Regel dahin auszuüben ist, dass von einer Identitätsklärung nicht abgesehen werden soll.
Fallfragen
[Bearbeiten]1. Hat Bob einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis?
2. Wäre der Fall anders zu entscheiden, wenn Bob subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 4 AsylG wäre und er daher nur eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 II 1 Alt. 2 AufenthG besitzen würde? Gehen Sie hier davon aus, dass Bob über fünf Jahre im Besitz seiner Aufenthaltserlaubnis ist.
Fußnoten
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