Grundleistungen nach § 3 AsylbLG SV
Autor: Julian Seidl
Schwierigkeitsgrad: Fortgeschrittene
Zugehörige Lösung: Das gekürzte Existenzminimum
Sachverhalt
[Bearbeiten]Der afghanische Staatsangehörige A ist im März 2021 nach Deutschland eingereist und hat einen Asylantrag gestellt. Er ist in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht und teilt sich das Zimmer mit zwei weiteren Geflüchteten, mit denen ihn kein persönliches Näheverhältnis verbindet. Die Sanitärräume, ein Aufenthaltsraum sowie eine Gemeinschaftsküche stehen allen Bewohner*innen der Aufnahmeeinrichtung zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung. Nicht zuletzt aufgrund der Vielzahl von Nationalitäten unter den Bewohner*innen der Aufnahmeeinrichtung erweist sich die gemeinsame Organisation von Einkäufen und Freizeitaktivitäten als überaus schwierig.
Die Aufnahmeeinrichtung verfügt über einen Essenssaal, in welchem die täglichen Mahlzeiten an die Bewohner*innen ausgegeben werden. Darüber hinaus werden in der Unterkunft Wertgutscheine für den Kauf von Kleidung ausgegeben. Seit Beginn seines Aufenthalts in Deutschland erhält A Geldleistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 146,00 Euro monatlich. In dem Bescheid der zuständigen Sozialbehörde wird näher ausgeführt, dass es sich hierbei um Leistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf handelt. Der notwendige Bedarf sei bereits durch die in der Aufnahmeeinrichtung erbrachten Sachleistungen gedeckt. Es seien die Regelbedarfe nach § 3a I Nr. 2b AsylbLG zugrunde zu legen, da A zumutbar mit den anderen Bewohner*innen der Aufnahmeeinrichtung gemeinsam wirtschaften könne.
Fallfrage
[Bearbeiten]A kommt im Juni 2021 in die Sprechstunde der Refugee Law Clinic und bittet die Berater*innen, ihm den Bescheid und die darin angestellten Berechnungen zu erklären. Er möchte wissen, was sich hinter den Begriffen "notwendiger Bedarf" und "notwendiger persönlicher Bedarf" verbirgt und ob der Bescheid "in Ordnung" sei.
Abwandlung
[Bearbeiten]Als A zu seiner Anhörung im Rahmen des Asylverfahrens erscheint, fordert ihn die zuständige Sachbearbeiterin des BAMF unter Hinweis auf seine asylverfahrensrechtlichen Mitwirkungspflichten dazu auf, ihr das Handy kurzzeitig auszuhändigen. Es sei eine Handyauswertung erforderlich, um die Nationalität des A, der über keinen Pass verfügt, zweifelsfrei bestimmen zu können. A möchte nicht, dass seine private Kommunikation ausgelesen wird und weigert sich, der Aufforderung nachzukommen.
Kurze Zeit später stellt die zuständige Sozialbehörde in einem an A gerichteten Bescheid die zu gewährenden Geldleistungen ein. Zur Begründung wird ausgeführt, dass A seiner Mitwirkungspflicht aus § 15 II Nr. 6 AsylG nicht nachgekommen sei, wie es sich bereits ohne formale Feststellung anhand der durch das BAMF übermittelten Unterlagen ergebe. Daher seien A gemäß § 1a V 1 Nr. 4 i.V.m. I 2 AsylbLG nur noch Leistungen zur Deckung seines Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege zu gewähren. Diese Bedarfe würden in Form von Sachleistungen in der Aufnahmeeinrichtung erbracht. Geldleistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs seien nach dem Gesetzeswortlaut nicht mehr vorgesehen. Die Dauer der Leistungsminderung wird in dem Bescheid nicht befristet. A wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Anspruchseinschränkung nach § 1a V 2 AsylbLG endet, sobald er die geforderte Mitwirkungshandlung nachholt.
A möchte die Leistungskürzung nicht hinnehmen und fragt die Berater*innen der Refugee Law Clinic, ob das Handeln der Sozialbehörde rechtmäßig ist und wie er gegen den Bescheid der Sozialbehörde vorgehen kann.
Fußnoten
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